Konkurrenzvorteile durch Hirndoping?
„Mit etwas Verzögerung gegenüber der Entwicklung im angelsächsischen Sprachraum kommt seit einigen Jahren auch in Deutschland und Europa eine Debatte um das so genannte “Hirndoping” in Gang. Diskutiert werden insbesondere die Fragen, in welchem Umfang Menschen heute ohne medizinische Notwendigkeit leistungs- und stimmungssteigernde Mittel zu sich nehmen und wie dies moralisch und politisch zu beurteilen ist. Sehr viel wichtiger ist aber die Frage, weshalb Menschen dies tun…“ Artikel vom 16. Februar 2016 von und bei Patrick Schreiner ![]()
- Aus dem Text: „… In neoliberalen Gesellschaften haben Menschen schlicht zu funktionieren – geistig, emotional, körperlich, ästhetisch. Erfolg, Anerkennung und ökonomische Teilhabe sind daran geknüpft, gegenüber anderen geistig die Nase vorn zu haben, körperlich fitter zu sein und besser auszusehen. So zeigt die zweite DAK-Studie, dass Hirndoping vor allem bei jenen Erwerbstätigen verbreitet ist, die ihre Gefühle im Griff haben müssen, die an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbeiten oder deren Arbeit keine Fehlertoleranz kennt. Ein Ergebnis, das nicht überraschen kann. Der Weg zum (vermeintlichen) persönlichen Glück ist zunehmend daran gebunden, fitter, besser, kontrollierter, schneller, schöner, konzentrierter, vernetzter, fleißiger als andere zu sein. (…) Im Kapitalismus gehen Menschen eben nicht freiwillig Arbeitsverträge ein, sondern nur, weil sie andernfalls ihre soziale oder bisweilen gar biologische Existenz aufs Spiel setzen. Sie akzeptieren schlechte, das Hirndoping befördernde Arbeitsbedingungen, weil sie im Extremfall ins Nichts zu fallen drohen. Und dies im marktradikalen, neoliberalen Kapitalismus nochmal in besonderem Umfang. Hier von Freiwilligkeit zu sprechen, ist bestenfalls naiv. Die Frage ist also nicht, ob Hirndoping verboten werden soll oder nicht, ob es moralisch zu verurteilen ist oder nicht. Die Frage ist, wie Lebens- und Arbeitsbedingungen geschaffen werden, in denen alle Menschen ohne persönliche Nachteile Hirndoping ablehnen können…“