[Fachkräftemangel] Probleme bei Stellenbesetzungen? Unattraktive Arbeitsbedingungen sind oft wichtiger Grund!

Arbeitsmarktpolitik - Montage von Toldi„Viele Betriebe haben Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Auch aus Sicht von Betriebs- und Personalräten ist das ein großes Problem, zeigt eine repräsentative Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Die Beschäftigtenvertreterinnen und -vertreter weisen aber auch auf einen wichtigen Grund hin, den Unternehmensleitungen eher selten nennen: unattraktive Arbeitsbedingungen wie niedrige Bezahlung oder ungünstige Arbeitszeiten. Je nach Qualifikationsprofil der offenen Stellen sehen ein Viertel bis ein Drittel der Befragten darin den wichtigsten Faktor für Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung in ihrem Betrieb. (…) Besonders hoch ist der Anteil mit 80,2 Prozent im Gesundheitswesen und mit 72,2 Prozent im Baugewerbe…“ Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 4. Juli 2022 externer Link zum WSI-Report Nr. 76 vom Juli 2022 externer Link von Elke Ahlers und Valeria Quispe Villalobos zum Fachkräftemangel in Deutschland, siehe dazu:

  • Von Einzelhandel bis Logistik: Wie Unternehmen den Fachkräftemangel verursachen New
    „… Die Meldungen gleichen sich – seien es gekürzte Öffnungszeiten im Handel, weniger Öffnungstage im Restaurant oder das verzweifelte Warten auf einen Servicetechniker. Die Begründung ist meist Fachkräftemangel. (…) Über die Gründe für die jetzigen Probleme sagen die Unternehmen und ihre Lobbyisten wenig. Ein Beispiel: Outsourcing. Der Begriff spielte bereits 1996 bei der Diskussion um ein „Unwort des Jahres“ eine große Rolle. Die Jury sprach von einem „Imponierwort, das der Auslagerung/Vernichtung von Arbeitsplätzen einen seriösen Anstrich zu geben versucht“. Denn das Ziel ist die Auslagerung von bisher in einem Unternehmen selbst erbrachten Leistungen an externe Firmen. Diese sollen Arbeiten mit niedrigeren Löhnen durchführen, meist ohne Tarifvertrag. Als wichtiger Bereich für diese Kostensenkung wird dabei oft „Logistik“ genannt – es geht um die Verteilung von Vorprodukten oder Waren im Betrieb, an andere Produktionsstätten oder an Kunden. Forderungen von Gewerkschaften, dieses Outsourcing gesetzlich zu unterbinden oder stärker zu reglementieren, lehnten Manager von vorneherein ab. „Der Staat soll sich heraushalten“, war die einfache Logik der Unternehmenslobbyisten. Ganze Branchen haben sich so entwickelt: Firmen, die Logistik für große Unternehmen übernehmen. Die Folgen sind heute an vielen Stellen spürbar. Wer mit Vertretern dieser Logistik-Spezialisten spricht, hört häufig „wir finden keine Leute!“. Was bei den niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen mit Nacht- oder Wochenendarbeiten Außenstehende nicht verwundert. (…) Um Abhilfe zu schaffen, hat die Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen ein neues Projekt „Helfende Hände“ ins Leben gerufen. So sollen ungelernte Arbeitskräfte in sechs Monaten zu Helfer in der Energie- und Gebäudetechnik fortgebildet werden. „Schmalspurqualifizierungen helfen nicht“, kritisiert der DGB Niedersachsen. Um die komplexen Aufgaben der Klimatransformation zu meistern, bedarf es gut ausgebildeter Experten. (…) Allerdings bilden immer weniger Betriebe aus, sodass viele junge Menschen unter Ausbildungslosigkeit leiden, kritisieren die Gewerkschafter. Neben mehr Ausbildungsplätzen kommt es auch darauf an, ausgebildete Fachkräfte stetig weiterzuqualifizieren. Wie schlecht die Arbeitsbedingungen in vielen Branchen sind, spielt in Medienberichten zu „Fachkräftemangel“ selten eine Rolle. Zu den fünf Berufen mit den schlechtesten Bewertungen im aktuellen DGB Ausbildungsreport gehören: Kauffrau/-mann im Einzelhandel, Hotelfachfrau/-mann, Köchin/Koch, nur knapp darüber liegt der Beruf als Verkäuferin/Verkäufer. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich seit Jahren, sowohl bei der Zufriedenheit als auch bei der Ausbildungsqualität. Es sind genau die Branchen, die am lautesten über den Fachkräftemangel klagen. Langes Warten auf Handwerkerhilfe, geschlossene Läden, fehlende Medikamente – ob ein Wirtschaftssystem, das derartige Probleme bereitet, überhaupt das richtige ist, damit beschäftigt sich das Risikomanagement nicht. Eine Frage, die Manager nicht umtreibt, kann für die Mehrheit der Menschen aber eine wichtige sein.“ Beitrag von Marcus Schwarzbach vom 28. August 2023 bei Telepolis externer Link

Siehe auch: Wann wenn nicht jetzt? Fachkräftemangel als Chance

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=202470
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