Newsletter am Freitag, 3. November 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen) Newsletter die WICHTIGSTEN der neu veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Iran » Gewerkschaften

Mahmoud Salehi nach der Dialyse festgenommen: Das iranische Regime will ihn für ein weiteres Jahr ins Gefängnis werfen

Mahmoud Salehi, langjähriger Aktivist der Bäckergewerkschaft von Sanandaj und wichtiger Mitbetreiber verschiedener Versuche, alternative Gewerkschaften im Iran zu vernetzen, ist ein kranker Mann. Neben Herzproblemen ist er auch nierenkrank und muss regelmäßig zur Dialyse ins Krankenhaus. Was das kapitalistische Mullah-Regime nicht davon abhält, ihn zu verfolgen: Am 28. Oktober 2017 wurde er, beim Verlassen des Krankenhauses in Saqez, Provinz Kurdistan, von vier Zivilagenten festgenommen. In dem Beitrag „Mahmoud Salehi arrested and re-imprisoned for one more year“ am 30. Oktober 2017 bei Workers Iran externer Link wird berichtet, dass die Agenten seiner Frau nicht einmal erlaubten, ihn zum Gericht zu begleiten. Dort sei ihm mitgeteilt worden, seine Verurteilung sei von neun auf ein Jahr reduziert worden, er werde aber sofort ins Gefängnis gebracht, um die Strafe anzutreten – eine Verurteilung, die ihm nicht bekannt war. Bekannt für alle ist aber, dass ein so kranker Mann ein Jahr im Gefängnis nur schwer überleben kann, auch dem Regime und den TäterInnen (unter den Entführern war auch eine Frau). In dem Beitrag werden auch der Werdegang Salehis und seine Aktivitäten für eine unabhängige Gewerkschaftsbewegung kurz nachgezeichnet – und, natürlich, zur Solidarität aufgerufen (Adressen für Protestmails sind ebenfalls beinhaltet). Siehe dazu auch den Solidaritätsaufruf des alternativen gewerkschaftlichen Netzwerks für Solidarität und Kampf, dem LabourNet Germany angehört und den Verweis auf unsere Rubrik für Mahmoud Salehi im LabourNet-Archiv

2. Internationales » Polen » Soziale Konflikte

Polnische Ärzte beenden Protest-Hungerstreik: Weitere Aktionen beginnen

Nach der Beendigung ihres Wechsel-Hungerstreiks betonten die protestierenden polischen Äetzinnen und Ärzte, sie würden ihre Aktionen trotz der Versprechungen der Regierung fortsetzen: „Die Nachwuchsmediziner würden nur noch die gesetzlich erlaubte Stundenzahl arbeiten, kündigte der Verband der Assistenzärzte am Montag in Warschau an. Der Organisation zufolge unterschreiben viele der sogenannten Residenzärzte bei Arbeitsantritt eine Klausel, die sie zu zusätzlicher Arbeit verpflichte. »Diese Klausel werden wir nun massenhaft verweigern«, sagte der Vizevorsitzende der Vereinigung der Nachwuchsmediziner, Jaroslaw Bilinski, in Warschau. Der Verband beklagt zu wenig Geld und Personal. Mehrere Mediziner seien in diesem Jahr bereits an Überarbeitung gestorben. Mit den rechtswidrigen Arbeitsbedingungen sei nun Schluss, sagte Bilinski. »Wir hören auf, erschöpft zu sein und Löcher im System zu stopfen.« Er fügte hinzu: »Wir beenden den Hungerprotest, aber nicht den Kampf um die Idee.« „ – aus dem Beitrag „Polnische Ärzte beenden Hungerstreik“ am 01. November 2017 in der jungen welt externer Link, worin nochmals unterstrichen wird, dass die Regierungsversprechungen zur Erhöhung der Ausgaben fürs Gesundheitssystem der bisher beschlossenen weiteren Kürzung dieser Ausgaben im Haushalt 2018 entgegen stehen.

3. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Amazon » Dossier: Kampagne „Make Amazon Pay-Block Blackfriday“ am 24.11.17 – Aktionswoche zur Unterstützung der Streikenden bei Amazon

Offener Brief – von Amazon Beschäftigten an ihre Kolleg*innen

Wir schreiben Euch diesen Brief. Wir, das sind Arbeiterinnen und Arbeiter aus verschiedenen Amazon-Versandzentren in Deutschland, Polen, Frankreich und England. Vor mehr als zwei Jahren haben wir uns entschlossen, regelmäßig grenzübergreifende Treffen zu organisieren, um uns auszutauschen. Diese Treffen haben in mehreren Ländern stattgefunden – mit Beschäftigten von Amazon (u.a. aus FRA1, ORY1, LEJ1, POZ1, BER3, LTN2), darunter Leiharbeiterinnen und -arbeitern, Mitglieder verschiedener Gewerkschaften und solche, die in keiner Gewerkschaft sind, und Unterstützerinnen und Unterstützer. Wir denken, dass wir unsere Arbeitsbedingungen nur verbessern können, wenn wir uns über die Grenzen hinweg organisieren. Wir brauchen einen Austausch über die tägliche Arbeit, über die Tricks, die die Firma einsetzt, um den Arbeitsdruck zu erhöhen, und über wirksame Mittel und Formen, mit denen wir kollektiv darauf reagieren konnen. Wir laden Euch – Amazon-Beschäftigte, Kurierfahrer und -fahrerinnen, die fur Amazon ausliefern, Leiharbeiterinnen und -arbeiter – ein, an diesem Austausch teilzunehmen. (…) Der Austausch über diese Fragen stärkt unsere Position im Betrieb. Wenn es Streiks oder andere Mobilisierungen von unserer Seite gibt, kann Ama- zon nicht mehr so leicht Bestellungen an andere Lager weiterreichen und uns dort zwingen, schneller zu arbeiten. (…) Langfristig konnen diese Mobilisierungen nur erfolgreich bleiben, wenn sie nicht nur in wenigen Lagern oder einem Land stattfinden. Wir organisieren deshalb gemeinsame Aktionen über die Grenzen hinweg…“ Offener Brief veröffentlicht von blackfriday am 30. Oktober 2017 externer Link

  • Der Brief entstand im Rahmen der Diskussionen unter internationalen Amazon Arbeiter*innen über “Make Amazon Pay” und wird in den nächsten Wochen an verschiedenen Amazon Standorten verteilt, soll auch gerne in der dort verfügbaren pdf-Version ausgedruckt und am nächsten Standort verteilt werden. Es gibt eine extra-Version für den Berliner Standort am Kudamm-Karree, denn ein Bündnis ruft zum Abschluss der Aktionswoche Make Amazon Pay am 24. November zur Kundgebung am Amazon-Lager im Kudamm-Karree auf.

4. Branchen » Automobilindustrie » PSA Peugeot Citroën » Dossier: PSA kauft Opel – “Eigentlich kann es uns egal sein, welches Emblem wir auf den Arbeitsanzügen tragen, Hauptsache die Konditionen stimmen” (Info der GoG Nr. 1 vom Juni 2000)

Strategie eines Neuntklässlers: Auch unter der Regie des französischen PSA-Konzerns setzt Opel auf Arbeitsplatzvernichtung, um aus den roten Zahlen zu kommen

„Die Angst geht um bei Opel – wieder einmal. Seit vielen Jahren folgt bei dem Autohersteller ein Abbauplan auf den anderen. Die Zahl der Jobs an den deutschen Standorten sank unter der Direktion des US-Mutterkonzerns General Motors (GM) seit Anfang der 1990er Jahre von mehr als 50.000 auf noch etwa 19.000. Die Fabriken in Antwerpen und Bochum wurden dichtgemacht, die Löhne so weit gekürzt, dass sie mittlerweile unter dem Flächentarif der Metallindustrie liegen. Wer gehofft hatte, mit der Opel-Übernahme durch den französischen PSA-Konzern (Peugeot/Citroën) im August werde alles besser, sieht sich bitter enttäuscht. Statt dessen werden die nächsten Einschnitte angekündigt. Nach Äußerungen von PSA-Chef Carlos Tavares zu urteilen, könnten sie noch radikaler ausfallen als die bisherigen. (…) Statt Alarm zu schlagen und die Belegschaften auf entschlossene Gegenwehr vorzubereiten, richtete Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug seine Kritik vor allem gegen den früheren Eigentümer General Motors. Ursachen der Probleme bei Opel seien »insbesondere die überkomplexen GM-Plattformen, auf denen die Fahrzeuge stehen, und die überzogenen GM-Prozessvorgaben für die Werke«, sagte er gegenüber dpa am 21. Oktober. Über 80 Prozent der Entscheidungen für Opel seien seinerzeit am GM-Sitz in Detroit getroffen worden. »Das ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Opel und PSA«, glaubt Schäfer-Klug. Womöglich sind die Vorgaben aus Frankreich weniger detailliert. Es sieht im Moment aber nicht danach aus, als würden sie auch weniger rigoros ausfallen.“ Artikel von Daniel Behruzi bei der jungen Welt vom 1. November 2017 externer Link

5. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Kultur und/vs Freizeitwirtschaft

Arbeitskampf im SO36: Linker Anspruch und Wirklichkeit. Im berühmten Musikclub SO36 gibt es Zoff zwischen Beschäftigten und Geschäftsleitung

Acht Stunden pro Monat mit 72 Euro Entlohnung. Darum ging es am Mittwoch bei einem Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Berlin. Vom finanziellen Streitwert her eine banale Angelegenheit, politisch aber dennoch brisant: Angeklagt war nicht irgendein Unternehmen, sondern der weit über Berlin hinaus bekannte Club SO36. Ganz konkret ging es um eine Klage eines Beschäftigten des Clubs, der seit dem 12. Mai dieses Jahres bei Lohnfortzahlung freigestellt ist und auf tatsächliche Beschäftigung klagt. Ergebnis des Termins war, dass sich die Anwälte der beiden Parteien untereinander auf eine Abfindung verständigen sollen. (…) Das SO36 ist ein Club, den auch viele linke bis linksradikale Gruppen nutzen: Sogenannte Solipartys haben dort genauso einen Platz im Programm wie Veranstaltungen der postautonomen Linken. Auch wenn das SO36 den Ruf hat, ein Kollektivbetrieb zu sein, beschreibt es sich selber als »Verein mit politischem Anspruch, flachen Hierarchien und basisdemokratischen Entscheidungsprozessen«….“ Bericht von David Rojas Kienzle vom 02.11.2017 beim ND online externer Link

  • Siehe zum Hintergrund: Konfliktchronologie SO36
    Im Dezember 2016 wendeten sich FAU-Mitglieder, welche im SO36 arbeiteten, an die FAU Berlin. Der Konflikt einer unabhängigen Betriebsgruppe mit der SO36-Geschäftsführung war in Kündigungen für die Mitarbeiter*innen geendet. Wir dokumentieren die Entwicklung…“ Chronik der Ereignisse (2015-2017) von und bei der FAU Berlin externer Link zum Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Berlin am 01. November 2017 – Gewerkschafter klagt auf „tatsächliche Beschäftigung“ im SO36.

6. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Gesundheitswesen » Konflikte und Arbeitskämpfe im Gesundheitswesen in diversen Kliniken » Charité Berlin » „Vitamin C“ – Das Betriebsflugblatt der Sozialistischen Arbeiterstimme an der Charité

Vitamin C vom 2. November 2017: Arm trotz Arbeit, obdachlos trotz leerer Wohnungen

Darin u.a.: „Warten auf Jamaika? „Was ist verdi und was wollen wir erreichen?“ Wem dieser Tagesordnungspunkt für die nächste CFM-verdi-Klausur ein wenig orientierungslos klingt, dem geben die neuesten Erklärungen vom verdi-Bundes-Bsirske weiteres Futter für Bedenken. Wir kämpfen also für Entlastung durch mehr Personal an den Kliniken – außer da, wo die Arbeitgeber Bereitschaft zu Gesprächen signalisieren – da verhandeln wir sie gnadenlos an die Wand. Und statt weiter über Arbeitskampf spricht Kollege Vorsitzender lieber über „Forderungen an die Koalitionsverhandlungen“. Klingt beinahe so, als wären wir als Streik-Tiger gestartet und enden als Bettvorleger vor dem Kanzleramt. Aber zum Glück ist verdi ja eine demokratische Organisation, in der wir auch andere Optionen diskutieren können. Zum Beispiel den Vorschlag des Pflegers, der die Kanzlerin im Wahlkampf mit dem Pflegenotstand genervt hat. Der rief jetzt in verschiedenen Medien zu „politischen Streiks für mehr Pflege“ auf. Nur mal so zum drüber diskutieren – dann klappts auch mit den Forderungen.“ Und weitere Beiträge in Vitamin C vom 2. November 2017 externer Link pdf

7. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Dienstleistungen allgemein/diverse

Abgeordnete als Arbeitgeber – Verantwortungsvolle Knechtherrschaft?

„Mit 709 Mandaten, die zur 1. Sitzung des 18. deutschen Bundestages in Kraft getreten sind, betreten auch erneut oder erstmals 709 Arbeitgeber die Räume des Bundestages. Mit Ihnen kommen alleine ca. 5000 angestellte Kräfte in Bundestag und die Wahlkreise und arbeiten unter sehr interessanten und einzigartigen Bedingungen. Der Artikel soll sich mit dem Phänomen der Abgeordnetenbüros und ihrer Mitarbeiter auseinandersetzen und einen kritischen Blick auf die Leistungsgesellschaft im Bundestag wagen. (…) [Die] Arbeitskultur des Bundestags in den Abgeordnetenbüros gleicht im Allgemeinen leider (…) oftmals eher einer Großkanzlei: viel Arbeit, hoher Termindruck, schnelle und präzise Leistung; unter Missachtung von arbeitsrechtlichen Grundsätzen und Errungenschaften und – unfairer Entlohnung. Das schmerzt gerade in einem politischen Umfeld, dass sich aus mehr als nur Tradition die gute und gerechte Arbeit auf die Fahnen geschrieben hat, es aber im eigenen Haus nicht umsetzen kann oder will. Gerade diese politische Janusköpfigkeit wirkt desillusionierend und man sollte sich als Abgeordneter gut überlegen, ob man sein Team wirklich so behandelt, wie man es selbst politisch einfordert.“ Beitrag vom 1. November 2017 von und bei Hannes Kling externer Link

8. Politik » Gewerkschaften » Gewerkschaftsbewegung international » Social Movement Unionism » Plattform für den transnationalen sozialen Streik

[10. – 12. November 2017] Transnationale soziale Streik-Plattform trifft sich in Berlin

Vom 10. bis zum 12. November 2017 trifft sich die Transnational Social Strike Platform drei Tage lang in Berlin. In dem Beitrag „BERLIN TSS Meeting: Programme, Workshops & Registration Form externer Link“ werden das Programm der Workshops der drei Tage ausführlich dargestellt und die organisatorischen Regularien der Teilnahme mitgeteilt. (Und es wird auf den ursprünglichen Aufruf zur Teilnahme verwiesen). Die Workshops, die von jeweils verschiedenen aktiven Gruppierungen organisiert werden, sollen einerseits sowohl bisherige Debatten auf den vorherigen Treffen zusammen fassen, als auch entsprechende Aktivitäten diskutieren und auf kommende vorbereiten. Die Workshops finden allesamt, in verschiedenen Staffeln, am Samstag, 11. November statt, am Freitag ist Eröffnung, am Sonntag Auswertung und am Samstag eine öffentliche Veranstaltung zu „Make Amazon pay“.

9. Politik » Gewerkschaften » Mitbestimmung – Erfolgs- und Exportschlager? » Betriebsrätewesen und BetrVG » Dossier: [23. bis 25. Juni 2017 in Berlin] Tagung “Ostwind – Soziale Kämpfe gegen Massenentlassungen und Betriebsschließungen in Ostdeutschland 1990 bis 1994″

Wenn zwei sich streiten, haben beide Recht? Diskussion um die Rolle von Betriebsräten

Eine spannende Diskussion hat sich zur Frage ergeben, ob Betriebsräte eine „Bewegung“ sein können. Wie so oft bei harten Debatten stellt sich die Frage, welcher Kontrahent hat denn nun Recht. Meine Antwort: beide. Es hängt davon ab. (…) Rechtlich scheint die Sache klar zu sein. Denn das Betriebsverfassungsgesetz betont einleitend die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ der Betriebsräte mit den Unternehmen und verbietet Streikmaßnahmen durch Betriebsräte:„Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind unzulässig“. Dabei verkennt die Vorschrift nicht, dass Betriebsrat und Arbeitgeber unterschiedliche Interessen verfolgen. Im Gegenteil setzt das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit unterschiedliche Interessen von Arbeitgeber und Betriebsrat geradezu voraus. (…) Der selbst vom höchsten deutschen Verfassungsgericht benannte „Interessengegensatz“ zwischen abhängig Beschäftigten und Kapitaleignern ermöglicht somit Betriebsräten, ihr Amt als Möglichkeit zur Gegenwehr im Sinne der Belegschaft zu nutzen. Unerwähnt lassen die Richter, dass das Engagement für die Beschäftigten stark vom Selbstverständnis der Betriebsratsmitglieder abhängt. (…) Diese Beispiele zeigen, wie Betriebsräte Gegenwehr entwickeln können – gleichzeitig stellen Betriebsräte fest, dass ein Agieren auf betrieblicher Ebene allein nicht ausreicht. (…) Eine Vernetzung über Gewerkschaften ermöglicht Gegenwehr auf tariflicher Ebene. (…) Die Einbeziehung der Beschäftigten ist der entscheidende Faktor. Eine starke Position gegenüber den Unternehmen werden Gewerkschaften und Betriebsräte aber nur haben, wenn sie die Belegschaften beteiligen.“ Beitrag von Marcus Schwarzbach vom 2.11.2017 pdf

10. Politik » Erwerbslosigkeit » Hartz IV » ALG II und Wohnen

Sozialstaat: Verdrängt vom Immobilienboom

„Mitten im Immobilienboom werden Hartz-IV-Empfänger aus Wohnungen gedrängt, die den Kommunen zu teuer sind. Viele geraten in existenzielle Nöte. Wie gerecht ist der Sozialstaat noch? Zwei Betroffene erzählen. (…) Das Fürsorgesystem, das auf dem Prüfstand steht, funktioniert im Kern wie folgt: Die sogenannten Bedarfsgemeinschaften – also die Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger – bekommen von den Jobcentern Geld, um ihre Miete und ihre kalten Betriebskosten zu zahlen. Rund ein Drittel der Kosten trägt der Bund, etwa zwei Drittel die Kommunen. Der Sozialstaat zahlt aber nur bis zu einer gewissen Obergrenze. Diese variiert nach Größe des Haushalts – und nach Wohnort: Denn wie viel Geld angemessen ist, legt jede Kommune selbst fest. Mit der Obergrenze gibt es schon lange Probleme. Laut Bundesagentur für Arbeit lagen in den vergangenen Jahren stets rund ein Fünftel der Bedarfsgemeinschaften über ihr – im April 2017 zum Beispiel rund 590.000 der ungefähr 3,1 Millionen Haushalte. (…) „Die klammen Kommunen setzen die Obergrenzen oft zu niedrig an“, sagt der Sozialwissenschaftler Stefan Sell von der Hochschule Koblenz. „Schon in normalen Zeiten decken sie kaum die wirklichen Mieten und Betriebskosten ab.“ (…) Derzeit sind keine normalen Zeiten. Der Immobilienmarkt boomt wie seit Jahrzehnten nicht. Laut Sell löst das im Sozialstaat eine bedenkliche Kettenreaktion aus: Die Mieten steigen – was immer mehr Bedarfsgemeinschaften über die Obergrenze drückt. Die Betroffenen können ihre Kosten meist nicht senken, weil es kaum noch günstigen Wohnraum gibt. Am Ende kürzt der Staat den sozial Schwachen die Zuwendungen – und die geraten teils in existenzielle Nöte… „ Artikel von Stefan Schultz vom 1. November 2017 beim Spiegel online externer Link

11. Politik » Wirtschaftspolitik » Globalisierung und Weltökonomie

[Film] Federn lassen – Von der Dritten Welt zum globalen Süden

Auf dem G 20-Gipfel in Hamburg sollte, so hieß es, ein Marshallplan für Afrika beschlossen werden. Stattdessen ging es um die Beseitigung von Handelshindernissen. Auch bei den Protesten auf dem Fischmarkt ging es nicht um Afrika. Dort lag Wut in der Luft. Für diese Wut gibt es viele Gründe. Aber der Ruf nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung wurde nicht laut. Das war einmal ganz anders in der Bundesrepublik. Ende der sechziger Jahre ging es gegen den Vietnam-Krieg, ab 1973 gegen den Militärputsch in Chile, dann kamen die Nord-Süd-Kommission Willy Brandts und die Kampagnen „Waffen für El Salvador“ und Brigadisten für Nikaragua. Davon ist nichts mehr zu hören. Nicht nur, weil die Welt unübersichtlicher geworden ist. Sondern auch, weil uns allen irgendwie klar ist, dass wir unser bequemes Leben so nicht weiter führen können. (…) Gaby Weber hat in „Federn lassen“ die ehemalige DLF-Redakteurin Karin Beindorff interviewt, den Historiker Jürgen Dinkel, das einstige RAF-Mitglied und heute Weltfriedensdienst Lutz Taufer, den Sprecher der unabhängigen Gewerkschaft FAU Clemens Melzer, die Lateinamerikanisten Klaus Meschkat und Urs Müller-Plantenberg, Petra Schlagenhauf vom FdcL, Rainer Rehak von Cyberpeace und Andreas Wehr vom Marx-Engels-Zentrum.“ Infos zum Film von Gaby Weber bei youtube externer Link (48 Minuten)

12. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Verfassungsschutz und Geheimdienste

Rote Hilfe e.V. erwirkt einstweilige Anordnung gegen den Verfassungsschutz

„VS-Bericht Bremen 2016 darf in ursprünglicher Form vorerst nicht weiter verbreitet werden. Das Bremer Verwaltungsgericht untersagt mit Beschluss vom 23. Oktober vorerst die weitere Verbreitung des Bremer Verfassungsschutzberichtes für das Jahr 2016 in seiner ursprünglichen Fassung. Geklagt hat die linke Solidaritätsorganisation Rote Hilfe e.V., die in dem Bericht als „gewaltorientiert“ bezeichnet wurde. Der Tenor des Beschlusses lautet wie folgt: „Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet (…) es zu unterlassen, den von dem Senator für Inneres herausgegebenen Verfassungsschutzbericht 2016 in digitaler, schriftlicher oder sonstiger Form weiter zu verbreiten, verbreiten zu lassen oder sonst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, soweit der Antragssteller dort als gewaltorientiert bezeichnet wird“. Das Land Bremen muss ausserdem die Kosten des Verfahrens tragen. Ob die Formulierung gänzlich aus dem Verfassungsschutzbericht Bremen 2016 entfernt werden muss, wird in einem Hauptklageverfahren zu klären sein. Die Behörde reagierte umgehend – und schwärzte den Begriff „gewaltorientiert“…“ Pressemitteilung der Rote Hilfe e.V. vom 30. Oktober 2017 externer Link – wir gratulieren!

13. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU » Kritik an Aufklärungskampagne: Sieben Lügen, an die kein Flüchtling glaubt

Bundesregierung klärt „Lügen“ für Flüchtlinge auf, die kaum jemand kennt

Habt ihr schon gehört, dass die Bundesregierung nun „aufklären“ will und Behauptungen, die Flüchtlinge aus aller Welt angeblich über Deutschland hören, als Lügen entlarven möchte? Menschen sollen zB „Deutschland schenkt jedem Flüchting ein Haus“ hören und deshalb nach fliehen. Nur: Woher stammen diese Behauptungen eigentlich? Wer bringt diese Lügen in die Welt und wo? Das Auswärtige Amt, das für die Gegenpropaganda verantwortlich ist, weiß es nicht. Man habe diese Gerüchte irgendwo gehört oder so. Auch die Antworten variieren. Manchmal heißt es „Unsinn!“ und manchmal „Völliger Unsinn!“ – was ist der Unterschied? Auch das wird nicht beantwortet. Halten wir fest: Die Bundesregierung „enttarnt“ Lügen an Flüchtlinge, an die kein Flüchtling glaubt und kaum einer je gehört hat… Absurd!“ Info von Tilo Jung zum Ausschnitt aus der BPK vom 27. Oktober 2017 bei youtube externer Link

14. Interventionen » Kampf um Grundrechte » Kommunikationsfreiheit und Datenschutz » Überwachung und Datenschutz

Datenschützer: Rechtsanwälte, Ärzte und Versandapotheken müssen verschlüsseln

Der Versand von E-Mails entspreche nicht mehr dem technischen Stand und sei daher bei Berufsgeheimnisträgern als rechtswidrig einzustufen, erklärte der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig bei der Präsentation aktueller Tätigkeitsberichte. (…) Vor allem Freiberufler wie Anwälte, die einem immensen Zeit- und Kostendruck ausgesetzt seien, versuchten gelegentlich, die Kommunikation mit der Aufsichtsbehörde „unkonventionell“ per normaler E-Mail abzuwickeln, erklärte Schurig. Berufsgeheimnisträger, die etwa Schriftsätze unverschlüsselt verschickten, dürften seiner Ansicht nach aber gegen Paragraf 203 Strafgesetzbuch (StGB) verstoßen und Privatgeheimnisse verletzen. Dies gelte etwa auch für Versandapotheken, die Bestellungen im Klartext bestätigten und so besonders schützenswerte Gesundheitsdaten gefährdeten…“ Beitrag von Stefan Krempl vom 31.10.2017 bei heise News externer Link

15. Interventionen » Kriege und Militarisierung » Militarisierung und die Bundeswehr » Frisches Blut – Bundeswehr auch im Klassenzimmer » »Mali« – nur ein Abenteuer bei Youtube? Bundeswehr beginnt mit neuer Werbekampagne

Bundeswehr-Propagandafilme zu Mali: Wiederholungs-Keule soll wirken, die Wirklichkeit vernachlässigt…

Die Bundesregierung macht die kriegerischen Aktivitäten Deutschlands in Mali zum Schwerpunkt ihrer militärpolitischen Propaganda. Erst kürzlich startete auf dem Youtube-Videokanal der deutschen Streitkräfte eine Serie über in dem westafrikanischen Staat stationierte Bundeswehrsoldaten. Fast zeitgleich wurde in den Berliner Räumlichkeiten des Auswärtigen Amts eine Ausstellung über die deutsch-malischen Beziehungen eröffnet. Während die Youtube-Serie auf die Rekrutierung militärischen Nachwuchses abzielt, präsentiert die Exposition Deutschland als „verlässlichen Partner“ beim „Kapazitätsaufbau der malischen Sicherheitskräfte“. Zudem veröffentlicht das Bundesverteidigungsministerium beinahe täglich Propagandameldungen über die Operationen deutscher Truppen in Mali. Analog zur Youtube-Serie erscheinen die eingesetzten Soldaten hierbei als Kämpfer im Dienste der „Friedenssicherung“, die selbstlos „Staub, Dreck und extremer Hitze“ trotzen. Umgekehrt weisen die in diesem Zusammenhang angebotenen „Hintergrundinformationen“ zahlreiche Parallelen zu den Werbetexten der Youtube-Serie auf“ – so die Einleitung des Beitrags „Gleichförmig und multimedial“ am 30. Oktober 2017 bei German Foreign Policy externer Link, worin die Gleichförmigkeit der Methoden und Inhalte in verschiedenen Medien auch auf ihre Tradition seit den 20er Jahren zurück geführt werden. Siehe dazu auch zwei Beiträge zur realen Militärpolitik in der Region

16. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » AntifaschistInnen als Opfer » Dossier: DGB-München verbietet Antifa-Kongress in ihren Räumen nach radikal rechter Gegenkampagne – auch der Gewerkschaft der Polizei

Heute beginnt der Antifakongress

Wir erinnern an das Programm externer Link, dessen empfehlenswerten Inhalte unterzugehen drohen, ob der rechten Drohungen und bereits beginnenden Aufmärsche… Wir drücken der antifaschistischen Dauerkundgebung vor dem DGB-Haus zum Schutz vom Antifakongress die Daumen!

Arbeitsfreies, antifaschistisches Wochenende wünschen Mag und Helmut

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AKTUELL BEI LABOURNET.TV
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Was zur Hölle ist Soziale Reproduktion?
Im Kapitalismus reproduzieren wir Menschen als Arbeitskräfte, oder als potentielle Arbeitskräfte. Wir reproduzieren Menschen als Arbeiter_innen.“  Dieses Video von PlanC erklärt den Begriff der Sozialen Reproduktion. Video bei labournet.tv externer Link (englisch mit dt. UT | 4 min | 2017)

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LabourNet Germany:  https://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes,  qu`ils aient ou non un emploi
IBAN DE 76430609674033739600

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=123536
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