Newsletter am Montag, 25. Juli 2016

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen!) Newsletter die wichtigsten der veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Türkei » Politik » Putschversuch im Juli 2016 und die Folgen

a) Folter, Verhaftungen und Zensur: Menschenrechtliche Presseschau aus dem Ausnahmezustand

Amnesty International hat glaubwürdige Beweise zusammengetragen, denen zufolge Gefangene in offiziellen und inoffiziellen Hafteinrichtungen in der Türkei gefoltert werden. Unter anderem gibt es Berichte über Schläge und Vergewaltigungen. Amnesty fordert, dass unabhängigen Beobachterinnen und Beobachtern sofort Zugang zu allen Hafteinrichtungen gewährt wird, in denen nach dem Putschversuch Personen inhaftiert wurden. Dazu zählen Polizeizentralen, Sportstätten und Gerichtsgebäude. Seit dem gescheiterten Putschversuch vom 15. Juli 2016 wurden bereits mehr als 10.000 Menschen inhaftiert worden. Laut glaubwürdigen Berichten, die Amnesty vorliegen, beleidigt und bedroht die Polizei in Ankara und Istanbul Gefangene und verweigert ihnen Essen, Wasser sowie medizinische Versorgung. Außerdem zwingt sie Gefangene dazu, bis zu 48 Stunden in Stresspositionen zu verharren. Zudem wurden einige Gefangene brutal geschlagen und vergewaltigt…“ AI-Meldung vom 24. Juli 2016 externer Link: Gefangene nach Putschversuch gefoltert

Siehe weitere Meldungen in unserer Presseschau aus dem Ausnahmezustand unter menschenrechtlichen Aspekten – mit der wir keinen Ticker ersetzen wollen und können, daher auch auf solche verweisen

b) Türkei: Nichts geht mehr? 100.000 für Demokratie und Laizismus auf dem Taksim-Platz in Istanbul

Es mag ja sein, dass, wenn es nach Erdogan geht, nicht nur die Gülenisten, sondern auch alle anderen Oppositionsgruppen ausgemerzt werden sollen. Noch ist es aber nicht soweit: Die sozialdemokratisch-kemalisitische CHP hatte für den heutigen Sonntag, 24. Juli 2016, zu einer „Versammlung der Demokratie“ auf den Taksim-Platz geladen, viele sozialistische Gruppen schlossen sich dem Aufruf an. Drei Demonstrationsrouten führten zum Taksim-Platz, wo am Ende mehr als 100.000 Menschen versammelt waren und für Frieden und Demokratie, gegen Putschversuche, islamistische Diktatur und Ausnahmezustand gemeinsam ihre Stimme erhoben. Es war dies die erste Versammlung dieser Art auf dem Taksim-Platz seit dem gescheiterten Putsch-Versuch vom 15. Juli, in der Zwischenzeit hatten allabendlich AKP-Anhänger den Platz in Besitz genommen. Wie schon bei einer Kundgebung der HDP am gestrigen Samstag außerhalb des Istanbuler Stadtzentrums war die Polizei zwar anwesend, zu Zusammenstößen kam es aber nicht. Allerdings werden ca. fünf Verhaftungen gemeldet. Nicht wenige Menschen hatten es sich vorsorglich im angrenzenden Gezi-Park gemütlich gemacht. Nach Abschluss der Kundgebung verließen die Menschen den Platz unter dem Slogan: „Das war erst der Anfang!“ Wollen wir es hoffen. Die Detail-Berichterstattung bei sendika.org externer Link

ist für demnächst auch auf Englisch externer Link versprochen

c) DISK: Die Lösung ist Demokratisierung, nicht der Ausnahmezustand – und weitere gewerkschaftliche Stellungnahmen

…Den Ausnahmezustand nach dem Coup zu erklären, was darauf zielt, die Demokratie vollständig auszusetzen, wird keins der Probleme des Landes lösen, sondern lediglich zu dem(diktatorischen) Regierungssystem führen, das die Anstifter des Putsches angestrebt haben, als sie das Parlament bombardierten (..) Es ist ebenso klar, dass Arbeiterrechte durch den Ausnahmezustand ernsthaft bedroht sind. In eiener Stimmung, in der jegliche rechtlichen Umgangsformen ausgesetzt sind, können die erkämpften Arbeiterrechte ohne Anhörung des Parlaments einfach ausgestetzt werden (…) Die Regierung wird Arbeiter verarmen können, die Sicherheit des Arbeitsplatzes vermindern ohne mit jeglichem Widerstand durch Arbeitskämpfe, Gerichte oder der parlamentarischen Opposition rechnen zu müssen (…) Mit ihren Forderungen für Arbeit, Frieden, Demokratie und Säkularismus stand die DISK schon immer gegen alle Staatsschläge und diktatatorische Bestrebungen und wird auch somit egen einen neuen Ausnahmezustand sein.“ Aus der englischen Stellungnahme der DISK vom 22.07.2016 externer Link: The solution is democratization, not a state of emergency!

Siehe weitere gewerkschaftliche Stellungnahmen im neuen Dossier

2. Internationales » Türkei » Wirtschaft

Wackelige Erdogan-Ökonomie. Die wirtschaftliche Entwicklung der Türkei ist zunehmend auf Sand gebaut. Versuchte Aussöhnung mit Russland unumgänglich.

Auf den ersten Blick erscheint die wirtschaftliche Lage der Türkei, trotz Krieg gegen die Kurden im eigenen Land, den Auswirkungen des Bürgerkrieges im benachbarten Syrien und den heftigen Spannungen mit Russland überraschend gut. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im letzten Jahr um 3,8 Prozent. Eine deutliche Steigerung gegenüber den 2,9% in 2014. Das chronische Außenhandelsdefizit verringerte sich, aufgrund des stark gesunkenen Ölpreises, im Laufe der letzten beiden Jahre um ein Drittel auf 63,3 Milliarden US-Dollar. Der private Konsum der Bürger erlebte einen spürbaren Aufschwung. So wurden 2015 knapp eine Million Fahrzeuge verkauft – ein Drittel mehr als im Vorjahr und ein neuer Rekord. Selbst für die Geringverdiener fiel etwas ab: Rechtzeitig vor den letzten Parlamentswahlen im November ließ Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Mindestlohn um 30 Prozent auf 1.300 Türkische Lira im Monat anheben (umgerechnet 400 Euro). Auch angesichts einer Inflationsrate von 7,7 Prozent noch eine erhebliche Reallohnsteigerung, die einen wesentlicher Baustein seines Wahlsieges bildete. Bei näherem Hinsehen offenbaren sich allerdings schnell die grundlegenden Schwächen dieses Mini-Wirtschaftswunders…“ Artikel von Raoul Rigault pdf aus junge Welt vom 18.7.2016 in der ungekürzten und unveränderten Fassung – wir danken dem Autor!

3. Internationales » Frankreich » Politik » Widerstand gegen das neue Arbeitsgesetz 2016

Zu allem entschlossene Regierung mit Kapitalverbänden und EU Kommission im Rücken peitscht loi travail endgültig durchs Parlament

Die umfassende Arbeitsrechtsreform, das loi travail, wurde in dieser Woche gegen den Willen von 70 Prozent der FranzösInnen, endgültig in letzter Fassung durch die französische Nationalversammlung geboxt. Erneut bediente sich die Regierung eines undemokratischen Tricks. Eine Debatte und eine Abstimmung hätte es nur gegeben, wenn es ein Misstrauensvotum gegen die Regierung gegeben hätte. Zu diesem Schritt konnten sich die „sozialistischen KritikerInnen“ des eigenen Regierungskurses nicht durchringen. Somit wurde am Donerstag, den 21 Juli in der Nationalversammlung nocheinmal verkündet, dass der Text nun angenommen sei. Wir fragten unseren Frankreichkorrespondenten, den freien journalisten Bernard Schmid danach, was jetzt konkret für Reformen verabschiedet wurden und wie es mit der weiteren Protestperspektive aussieht.“ Interview vom 22. Juli 2016 von und bei Radio Dreyeckland externer Link

4. Internationales » Griechenland » Arbeitsbedingungen

Mittelalterliche Arbeitsumstände in Griechenland

„… Die immer schlimmere Schrumpfung der Einkommen der Arbeitnehmer, den steilen Anstieg der Arbeitslosigkeit, das Vorherrschen der flexiblen Beschäftigungsformen und den Absturz der Löhne in den letzten fünf „memorandischen“ Jahren in Griechenland gibt ein Positionspapier über die Arbeitsverhältnisse wieder, das von dem griechischen Arbeitsministerium an den Sachverständigen-Ausschuss übermittelt wurde. (…) Gemäß den Daten des Ministeriums werden 126.956 Arbeitnehmer mit monatlichen Brutto-Bezügen in Höhe von bis zu 100 Euro entlohnt. Insgesamt 343.760 Arbeitnehmer werden mit monatlichen Bezügen ab 100 bis zu 400 Euro brutto entlohnt. Praktisch handelt es sich um Arbeitnehmer mit Teilzeitarbeitsverträgen oder wechselweiser Beschäftigung an 2, 3 Tagen oder sogar auch nur wenigen Stunden in der Woche. Es ist anzumerken wert, dass gemäß den Daten der IKA der Durchschnittslohn für Teilzeitarbeit sich bei 400 bis 420 Euro brutto im Monat bewegt. Aus diesen Angaben geht hervor, dass in Griechenland die Anzahl der neu-armen Arbeitnehmer, die mit Bezügen von bis zu 510 Euro brutto entlohnt werden, sich auf insgesamt 432.033 Personen beläuft. (…) Aus den Daten des ERGANIS-Systems des Arbeitsministeriums geht hervor, dass in dem Zeitraum ab 01/07/2013 bis einschließlich Juni 2016 insgesamt 152.636 Verträge von Vollzeit- in Teilzeitarbeitsverträge oder Verträge über tage- / stundenweise Beschäftigung umgewandelt wurden. Aus den selben Daten ergibt sich, dass es ab 2013 und nachfolgend jedes Jahr eine beständige Zunahme der Umwandlung von Vollzeit- in Teilzeitarbeitsverträge umgewandelt werden. Laut den Daten der Eurostat haben die Formen flexibler Beschäftigung ab 2004 und nachfolgend eine steile Zunahme von 100% erfahren. Aus den Daten des griechischen Arbeitsministeriums wiederum geht hervor, dass die Branchen-Tarifverträge eine vom „Aussterben bedrohte Spezies“ sind, während dagegen in den letzten drei Jahren sogenannte Unternehmens- / Werkverträge vorherrschen…“ Bericht vom 23. Juli 2016 beim Griechland.Blog externer Link

5. Internationales » Italien » Arbeitsbedingungen

Völlig abgebrannt. Die EU-gemäße Haushaltspolitik sorgt bei Italiens Feuerwehr für katastrophale Zustände. Wachsender Widerstand der Gewerkschaften

Mit einer rigorosen Sparpolitik wird die Schuldenkrise überwunden, die Eurozone wieder wettbewerbsfähig und die gesamte EU zu einem Erfolgsmodell. So das Märchen, mit dem die Regierenden des Alten Kontinents ihre Bürger ruhig stellen wollen. Doch der Glaube daran schwindet nicht nur weil die Wirtschaftsdaten dürftig bleiben, sondern auch weil die verheerenden Folgen dieser Schrumpfkur in der sozialen Absicherung immer spürbarer werden. Wie man selbst existenziellste staatliche Dienste kaputtsparen kann, zeigt beispielhaft die italienische Feuerwehr….“ Artikel von Raoul Rigault pdf aus junge Welt vom 11.7.2016 in der ungekürzten und unveränderten Fassung – wir danken dem Autor!

6. Branchen » Medien und Informationstechnik » Software und Dienstleistungen » Atos » Dossier: Die Auseinandersetzung bei Atos geht in die nächste Runde

Richtigstellung: keine Kürzung des Gehalts, aber auch keine eigentliche Tariferhöhung

Unter „Durchbruch bei Atos“ hatten wir behauptet: „… Um ihre Arbeitsplätze und die gesamte Beschäftigung bei Atos weiter abzusichern, arbeiten die Beschäftigten im Gegenzug ab September 1,9 Prozent weniger, das Entgelt wird entsprechend gekürzt.“

Richtig ist: Die Tariferhöhung i.H.v. 3,4% für 2015 wird am 01.09.2016 nachgeholt. Davon werden 1,5% in Geld bezahlt und 1,9% in Zeit, also in bezahlter Freizeit. Bei einer 5-Tage-Woche sind das 4,5 Tage bezahlte Freizeit im Jahr. Für 2016 sind es (anteilig) 1,5 Tage. Es gibt keine Kürzung des Gehalts. Am 01.11. steigen die Tabellenwerte um 2,8%, aber nur die Tabellenwerte, es gibt keine eigentliche Tariferhöhung. Davon profitieren nur Leute, die innerhalb einer Entgeltgruppe bis knapp über 115% liegen. Diese werden auf die neuen Tabellenwerte angehoben. Dies sind ca. 20% der Beschäftigten.

Wir danken für den Hinweis und verweisen auf die nun vorhandene Pressemitteilung der IG Metall: Warnstreiks und Einsatz zeigen Wirkung: Im Tarifstreit mit Atos gibt es eine erste Einigung

„Bei Atos, dem drittgrößten IT-Dienstleister Deutschlands, ist der schwelende Tarifkonflikt vorerst beigelegt. In der dritten Verhandlungsrunde erzielten IG Metall und Atos ein erstes Ergebnis. Nun muss noch die Konzernzentrale mit ins Boot und die langfristige Tarifbindung von Atos erklären…“ Tarifinformation der IG Metall vom 22. Juli 2016 externer Link

7. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Leiharbeit und Sklavenhandel » Leiharbeit und Gewerkschaften

EVG: Forderungen zu Leiharbeit und Werkverträgen beschlossen

Der Bundesvorstand der EVG hat am Dienstag Positionen und Forderungen zum Thema Leiharbeit und Werkverträge beschlossen. Hintergrund: Leiharbeit und Werkverträge werden immer häufiger genutzt, um verfehlte Personalplanungen auszugleichen und Personalkosten zu drücken. In den Betrieben, an denen Leiharbeit bereits zurückgedrängt wurde, werden Werkverträge geschlossen. Gemeinsam mit der EVG kämpfen unsere Betriebsräte bereits seit einiger Zeit gegen den Missbrauch solcher Verträge. (…) „Gleiche Arbeit – gleicher Lohn“: Leiharbeitnehmer müssen dieselben Tarif- und Beschäftigungsbedingungen haben wie Stammbeschäftigte (Equal Pay und Equal Treatment).EVG-Pressemitteilung vom 19.07.2016 externer Link

Equal Pay und Equal Treatment hören wir sehr gerne und haben daher eine e-mail an die EVG geschrieben:
„… der EVG-Pressemitteilung vom 19.07.2016 externer Link entnehme ich, dass der Bundesvorstand der EVG die Forderung nach Equal Pay und Equal Treatment für Leiharbeitnehmer beschlossen hat. Folgt daraus, dass die EVG in der beginnenden Tarifrunde Leiharbeit 2016/17 nicht mehr wie bisher Mitglied der DGB-Tarifgemeinschaft sein wird?

Zum Hintergrund: Das LabourNet Germany hat kürzlich die Unterschriftensammlung begonnen für einen Offenen Brief: Equal Pay für LeiharbeiterInnen, diskriminierende Tarifverträge ersatzlos kündigen!

Es würde uns sehr freuen, wenn der Bundesvorstand der EVG diesen offenen Brief unterschreiben würde und versuchte, Einfluss auf den DGB zu üben, aus den Tarifverhandlungen ersatzlos auszusteigen!

Wir feuen uns auf die Antwort und werden berichten!

8. Politik » Gewerkschaften » Kampf und Streik » Streik und Streikrecht

Das Streikrecht im Fadenkreuz von Kapital, Politik und Justiz – zum Beispiel beim Tarifeinheitsgesetz

„Auch wenn das, was das Bundesverfassungsgericht bisher zum Tarifeinheitsgesetz entschied, im Mittelpunkt meines Beitrags steht, geht es mir vorrangig um ein häufig anzutreffendes gewerkschaftliches Legalitätsverständnis, was sich meiner Meinung nach ändern muss. So ist das Streikrecht für die Durchsetzung gewerkschaftlicher Ziele gegenüber einer herrschenden Politik, die lieber alles in den gewohnten Bahnen halten und steuern will, unverzichtbar und auch entwicklungsbedürftig. Die gewerkschaftliche Auseinandersetzung muss auch in dem Bereich geführt werden, wo entschieden wird, was erlaubt und was verboten ist. Um das zu verdeutlichen, nehme ich das Tarifeinheitsgesetz zum Anlass für die Kritik eines Rechtsverständnisses, was den Widerspruch von Kapital und Arbeit in ein die Widersprüche harmonisierendes einheitliches Recht aufheben will. Es geht mir also darum, wie die Gewerkschaftsbewegung legal mehr an Durchsetzungsmacht gewinnen kann. Denn Macht und Legalität stehen in einem untrennbaren Verhältnis zueinander, weshalb es sehr entscheiden ist, wie sich das Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit entwickelt. Dabei reicht es nicht, dass Gewerkschaften sich einfach nur als legaler Teil der herrschenden Wirtschaftsordnung betrachten, weil deren Akzeptanz ursächlich mit der Entwicklung dieser Ordnung verbunden ist. Das Beispiel des Tarifeinheitsgesetzes zeigt, dass veränderte gesellschaftliche Bedingungen, sich auch im Recht darstellen, bzw. im Legalisierungsversuch einer spezifisch kapitalfreundlichen Rechtsauffassung…“ Beitrag von Armin Kammrad vom 22. Juli 2016 pdf – wir danken!

  • E. wesentlich darin: „… Wenn klar ist, dass es nicht nur bei dem, was im Grundgesetz steht, sondern auch wie es interpretiert wird, um politische Kräfteverhältnisse geht, liegt ein wesentlicher Schluss für die unmittelbare gewerkschaftliche Praxis bezüglich des Tarifeinheitsgesetzes daraus eigentlich nahe: Die Regelungen des Tarifeinheitsgesetz einfach nicht beachten. (…) Außerdem ist bei einem europäischen Streikrecht nicht nachvollziehbar, warum von den verschiedenen – aber legalen – Arbeitskampfmaßnahmen in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten, eine europäische Gewerkschaftsbewegung sich nicht jene auswählen und „europäisieren“ sollte, welche den größten Erfolg verspricht. (…) Mit Blick auf Europa sollte auch klargeworden sein, dass eine zwangsweise Regelung von Tarifpluralität isoliert auf nationalstaatlicher Ebene, nicht als EU-konform gelten kann. Zugegeben – bis deutsche Gewerkschaften ihre geballte Kampfkraft z.B. zur Unterstützung der Gewerkschaften in Frankreich gegen die dort geplanten Arbeitsgesetze einsetzen, ist es noch ein steiniger Weg. Aber bei einem global agierenden Kapital spielt es keine Rolle, wo gerade das heimatlose Kapital seine Angriffe auf die Arbeiterbewegung durchzusetzen versucht. Die einzige Chance besteht darin, dass die Gewerkschaften ebenso global agieren und sich von jedem Versuch nationaler Abkapselung und Konkurrenz freimachen – und solche gewerkschaftliche Politik lässt sich auch rechtlich rechtfertigen.“

Siehe dazu auch unser Dossier: Koalition hat ihre »Tarifeinheit« – bis zum BVG oder Generalstreik?

9. Politik » Europäische Union » EU-Politik » „Ein anderes Europa“ (?) und die Linke

Jetzt sortiert sich die Linke zu Europa neu, indem sie sich um den Euro herum – pro oder contra – neu aufstellt

Die ganz zentrale Frage wird sein, sind die Menschen zu mehr Europa bereit oder nicht, wozu gleichzeitig die Frage doch noch geklärt werden müsste, wem nützt dieses Europa noch? (die alles entscheidende „Cui-bono-Frage“)...“ Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 24.7.2016

10. Politik » Europäische Union » Europäische Wirtschaftspolitik

TTIP, CETA und TiSA aus offizieller, gewerkschaftlicher und gegnerischer Sicht

Zum Thema TTIP, CETA und andere Freihandelsabkommen gibt es von offizieller Seite und von gewerkschaftlicher Seite sowie von den Gegnern dieser Abkommen verschiedene aktuelle Informationsangebote. Anlass für diese Zusammenstellung ist das Bedürfnis nach einer kompakten und umfassenden und zudem aktuellen Übersicht über die zur Thematik angebotenen Dokumente und Informationen, nachdem die eigene Gewerkschaft diesen Service nicht lieferte. Erste Recherche-Versuche zeigten jedoch, dass die Qualität der Informationsangebote höchst unterschiedlich ist. Somit dient diese Zusammenstellung auch dazu, genau diese Qualitätsunterschiede und wo möglich deren Hintergründe herauszuarbeiten. Recherche-Kriterien waren: Mobilisierung zu den kommenden Großdemonstrationen, andere Aktionsformen, Informationsmaterialien, Original-Dokumente und Aktualität. Im Zuge der Recherchen kam noch hinzu, die Gründe herauszufinden, warum zwar der DGB und ver.di zu den Großdemonstrationen am 17. September 2016 aufrufen, die anderen Einzelgewerkschaften aber diesbezüglich entweder deutlich zurückhaltender oder überhaupt nicht aktiv geworden sind…“ Eine Zusammenstellung von Informationen und Informationsquellen von Gotthilf Kaus pdf (Stand: 21. Juli 2016) – wir danken für dieses empfehlenswerte Dossier! (das wir in allen 3 Dossiers zu den Freihandelsabkommen verlinken)

  • Sein kurzes Fazit: „Überraschend und zugleich ernüchternd war die Erkenntnis, dass der Widerstand gegen die Freihandelsabkommen innerhalb der Mitgliedsgewerkschaften des DGB keineswegs von gleicher Intensität ist und bei einigen Einzelgewerkschaften noch nicht einmal als selbstverständlich anzusehen ist. Die Haupttrennlinie scheint die Unterscheidung zwischen Industrie und Dienstleistung zu sein. Daneben kommt wohl auch noch eine gewisse Staatsnähe bei den zur Neutralität verpflichteten Staatsdienern wie etwa Polizisten und Lehrern in Betracht.Die zweite Erkenntnis war, dass es in den letzten beiden Jahren eine Wiederauflage der Konzertierten Aktion in Form des Bündnisses Zukunft der Industrie gegeben hat, ohne dass mir dies aufgefallen war.Die dritte Erkenntnis ist, dass die Konzertierte Aktion 4.0 anscheinend ein wesentlicher Hemmschuh für die daran beteiligten Industriegewerkschaften in Bezug auf deren in der Zeit vor ihrer Beteiligung an dem Bündnis Zukunft der Industrie durchaus noch vorhandenes Engagement gegen die in Aussicht stehenden Freihandelsabkommen ist.Die vierte Erkenntnis ist, dass die hauptamtlichen Apparate und die ehrenamtlichen Strukturen der Gewerkschaften und ihrer Dachverbände wesentliche Teile der Organisierung des Widerstands gegen die Freihandelsabkommen ganz bewusst interessierten und engagierten Freiwilligen überlassen und bestenfalls als Sponsor und Namensgeber sowie als Informationsplattform zur Verfügung stehen.

    Die fünfte Erkenntnis ist, dass die themenbezogene Kompetenz und der Biss von anderen Partnern im TTIP-stoppen-Aktionsbündnis zumindest auf den ersten Blick ausgeprägter zu sein scheinen als bei den Gewerkschaften.

Siehe auch:

11. Politik » Europäische Union » Europäische Wirtschaftspolitik » Dossier: CETA: Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada

a) CETA stoppen ist Pflicht. Was der DGB übersieht: Im Freihandelsabkommen zwischen EU und Kanada stehen arbeitsrechtliche Kernelemente zur Disposition

„Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat das »Freihandelsabkommen« zwischen der Europäischen Union und Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) bereits Ende 2014 in einem Positionspapier als »nicht zustimmungsfähig« bezeichnet. Das ist gut so. Die Kritik des Dachverbandes bezieht sich allerdings nur darauf, dass ein Verstoß gegen die im Vertragskapitel 23 (»Handel und Arbeit«) genannten Kernnormen der Internationalen Arbeitsorganisation der UN (ILO) nicht mit Sanktionen versehen ist. Der DGB übersieht, dass CETA diese Normen noch deutlicher entwertet und dass andere ILO-Essentials gänzlich herausfallen…“ Die DGB-Erklärungen „klammern folgendes aus: Erstens die Ausführungsbestimmungen, die zu jeder ILO-Norm gehören. Beispielsweise dürfen Unternehmer keine abhängigen, »gelben« Beschäftigtenvertretungen unterstützen. Zweitens die Überprüfung der Einhaltung durch Gremien der Arbeitsorganisation. Somit ersetzt CETA hier die ILO-Gremien und -mechanismen durch eigene, extra geschaffene: durch den »Ausschuss für Handel und nachhaltige Entwicklung« (Artikel 23.8, 3) sowie durch »eine neue Beratungsgruppe für Arbeit und nachhaltige Entwicklung« jeweils in Kanada und in der EU (23.8, 4). Diese sollen den Anforderungen der ILO lediglich »Rechnung tragen« (23.8, 6)…“ Beitrag von Werner Rügemer in der jungen Welt vom 23. Juli 2016 externer Link

b) [Broschüren] Kurz erklärt: Welche Gefahren drohen durch CETA?

„Was macht das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada so problematisch? Vier Broschüren des DGB, des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und der Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien (AK Wien) erläutern das kurz, knapp und prägnant.“ Vier Broschüre werden dazu zum kostenlosen Download angeboten: „Broschüre 1: Arbeitnehmerrechte und Arbeitsstandards (…) Broschüre 2: Daseinsvorsorge (…) Broschüre 3: Demokratie (…) Broschüre 4: Sonderklagerechte für Konzerne…“ DGB-Mitteilung vom 19. Juli 2016 externer Link mit detaillierten Inhaltsangaben und allen Broschüren zum Download

12. Politik » Arbeitsalltag und Arbeitsbedingungen » Aus-Um-Weiter-BILDUNG » Allgemeines zur (Aus)-Bildung

Publikation: „Die Schule ist kein Wirtschaftsbetrieb: Bildung in der Effizienzfalle?“

„… Die hier verschriftlichte Vortragsreihe steht in einer nun mittlerweile längeren Tradition von Initiativen gegen die „Ökonomisierung des Bildungswesens“, die von unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb der hessischen GEW angestoßen und organisiert worden sind. (…) Die in unserer Veranstaltungsreihe besprochenen Themen haben die Ziele der OECD in Richtung „Ökonomisierung der Bildung“ transparent gemacht und die Absichten und Strategien der Bildungsmacher enthüllt. (…) Die Mechanismen der indirekten Steuerung, die in der Wirtschaft schon seit Jahrzehnten üblich sind, werden ganz bewusst eingesetzt, um den Abbau von echter Mitbestimmung und Solidarität zu verstärken. Durch die unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse (Beamte, Angestellte, pädagogische Hilfskräfte) sowie die veränderte Interpretation des Berufsbildes wird die Lehrerschaft gespalten. Mittels eines neuen Projekts zur Qualifizierung sollen Schulleitungen darüber hinaus zukünftig verstärkt dazu angehalten werden, von oben nach unten die verordneten Maßnahmen durchzusetzen und für deren Einhaltung zu sorgen. Auf diese Weise werden Kolleginnen und Kollegen ebenso wie die ihnen anvertraute Schülerschaft mehr und mehr dem neuen Erziehungsideal unterworfen, nämlich der Anpassung an das immer autoritärere System. Die Ökonomisierung und Entdemokratisierung des Bildungswesens und damit die der gesamten Gesellschaft schreitet weiter voran, ungeachtet aller berechtigten Proteste. Daraus ergeben sich für unsere Arbeitsgruppe neue Themen und Arbeitsaufträge, denen wir uns auch in Zukunft stellen wollen.“ Pressemitteilung der GEW Hessen vom 20. Juli 2016 externer Link anlässlich der Veröffentlichung der Publikation

Die GEW-Publikation „Die Schule ist kein Wirtschaftsbetrieb“ externer Link pdf der AG „Gegen die Ökonomisierung der Bildung“ der GEW Hessen steht als kostenloser Download bereit

13. Politik » Erwerbslosigkeit » Hartz IV » Leistungen und Auswirkungen » Dossier: Umfassende SGB II–Änderungen geplant

Rechtsverschärfungsgesetz: Was ist das Ergebnis?

Das 9. SGB II – Änderungsgesetz ist nun durch und tritt bereits am 1. August in Kraft. Aufgrund diverser Änderungen ist daraus alles andere als – wie der Name vermuten lässt – eine Rechtsvereinfachung geworden. Die wesentlichen Änderungen hat Bernd Eckardt bei Sozialrecht Justament Nr. 19 vom Juli 2016 externer Link pdf exzellent zusammengefasst und dokumentiert beim Harald Thomé – siehe dort ab Seite 6

Eine Übersicht über alle Papiere und Bewertungen zum 9. SGB II-ÄndG, inklusive der konsolidierten Fassung (Leseversion) des 9. SGB II – ÄndG in der Neufassung ab 1. August 2016 für alle zum Benutzen, ist beim Erwerbslosenverein Tacheles e.V. externer Link abrufbar

14. Politik » Erwerbslosigkeit » Hartz IV » ALG II/AsylbLG und Flüchtlinge/EU-Bürger

Zum Zugang und Ausschluss von Ausländern, Flüchtlingen, Asylbewerbern aus dem Existenzsicherungsrecht

Dazu hat Jonny Bruhn-Tripp vom ALZ Dortmund mit Stand vom 1. Juli 2016 eine ausführliche „Übersicht Leistungen zur Existenzsicherung des AsylbLG, SGB II und der Sozialhilfe“ externer Link pdf herausgegeben, dokumentiert beim Harald Thomé

15. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Krisen und der alltägliche Kapitalismus » Initiativen der Linken zur Finanz- und Wirtschaftskrise » Dossier: Blockupy 2016/17: Wann, wenn nicht jetzt; wer, wenn nicht wir? Grenzenlose Demokratie von Unten statt nationaler Spaltung von Oben!: [22.7.]: [22.7.] We like to move it! Blockupy zieht um nach Berlin

Blockupy blockiert wieder – diesmal das Arbeitsministerium

„… Blockupy hat ein neues Zuhause gefunden: Mit Schirm, Transparenten und Umzugskartons zogen die Aktivisten am Freitagnachmittag fröhlich-lärmend vor das Arbeitsministerium in Berlin und brachen ihre Zelte vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt endgültig ab. »Frankfurt war uns lange eine gute Bleibe, doch nun tragen wir unseren Protest dahin, wo neoliberale Politik und soziale Spaltung ihren Anfang genommen haben«, begründet das Bündnis aus Linkspartei, attac und antikapitalistischen Netzwerken seine Lebensentscheidung. »Stop Austerity« und »People Over Profit« (Sparpolitik stoppen – Menschen über Profite) steht auf den Kartons, die vor dem Arbeitsministerium aufgereiht wurden. Warum ist ausgerechnet ein deutsches Ministerium das neue Ziel der Blockupy-Kritik – und nicht mehr die EZB als Teil der Troika? »Die politische Situation in Europa hat sich geändert, seit wir 2012 mit unserem Protest anfingen«, erklärt Bündnissprecherin Hannah Eberle. »Inzwischen spielt die Neuorganisierung des Arbeitsmarktes eine zentrale Rolle. Aus Deutschland wurden der Niedriglohnsektor und Lohndumping, Hartz IV und unsichere Arbeitsverhältnisse nach ganz Europa exportiert.« Das Arbeits- und Sozialministerium stehe als Symbol für diese Sozialpolitik, die für Armut und Verunsicherung sorge – zwei Phänomene, in denen das Bündnis eine zentrale Ursache für den Rechtsruck in Europa sieht…“ Bericht von Elsa Koester vom 22. Juli 2016 bei neues Deutschland online externer Link

16. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » antirassistische Initiativen und Kämpfe der MigrantInnen » No Border Camp in Thessaloniki 15.-24.2016

Thessaloniki: Einige Angriffe gegen die Welt der Grenzen

Heute, am 21. Juli 2016 entschieden sich 200 Gefährt_innen aus dem No Border Camp Thessaloniki, das Büro von IOM (Internationale Organisation für Migration) zu markieren. Die IOM ist eine der dreckigen Players, die unter anderem die Durchführung der sogenannten „freiwilligen Rückführungen“ – oder in anderen Worten Deportationen – unterstützt. Innert Minuten warf die entschlossene Gruppe das Infomaterial des Büros auf die Strasse und bemalte das ganze Gebäude mit Slogans, die allen zeigen, was für eine Organisation sich hier befindet. Auch wurde ein Statement verlesen und auf dem Weg zurück ins Camp wurden Flugblätter verteilt. Dies war eine der vielen Aktionen, die sich in den letzten Tagen ergeben haben: Direkte Aktionen, Adbusting und Demonstrationen in Thessaloniki wie auch in der Umgebung und in der Nähe der sogenannten „relocation centres“, die vielmehr Knäste sind…“ Bericht mit Bildern und Videos von und bei „aus dem Herzen der Festung“ externer Link

Lieber Gruss, die (urlaubs-dezimierte) LabourNet Germany-Redaktion

 


NEU BEI LABOURNET.TV


Hafen von Koper blockiert

28. Juni 2016 Slowenien – 3.000 Menschen protestieren gegen die Privatisierung des Hafens von Koper. Der Hafen ist sehr profitabel und die Arbeiter_innen wollen nicht, dass der Gewinn in private Taschen fließt. Bereits 2011 hatten die ungelernten Hafenarbeiter_innen zusammen mit den Krafführern gestreikt. Am 1. Juli blockierten die Hafenarbeiter_innen alle Zufahrswege zum Hafen. Erst am 4. Juli nahm eine Schicht die Arbeit wieder auf. Es entstand ein Schaden von 700.000 Euro am Tag. Video bei labournet.tv externer Link (slowenisch mit dt. ut|4 min|2016)


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ externer Link Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=101645
nach oben