Newsletter am Mittwoch, 23. April 2014

1. Internationales » China » Arbeitskämpfe » Dossier: Erst waren es Fünftausend, dann Zehntausend – Dienstag 40.000: Streik bei Schuhfabrik

Schon eine Woche Streik in der grössten Schuhfabrik der Welt

Auch ein neues Angebot am vergangenen Freitag – wie auch ein erneuter Polizeieinsatz – haben den nunmehr eine Woche andauernden Streik nicht beendet: Die Streikenden fordern eine Zusage, dass ihre Forderung (die ja im wesentlich lediglich die Einhaltung der Arbeitsgesetze bedeuten) erfüllt werden und erwarten sich offensichtlich nicht viel von einem Dialog. Der aktuelle Bericht Strike disrupts output at massive Chinese shoe factory for sixth day externer Link von Liza Lin am22. April 2014 in Business Day

Siehe dazu auch:

  • Chinese government trade union to mediate shoe factory strike by tens of thousands of workers externer Link eine ap Meldung vom 18. April 2014 (hier bei The Citizen) über eine Mitteilung der Provinzföderation Guangdschou des Gewerkschaftsbundes, der einerseits die ArbeiterInnen aufrief, vernünftig zu handeln, andrerseits öffentlich verkündete klar auf der Seite jener zu stehen, die die Einhaltung der Arbeitsgesetze forderten und sich als Mediator anbot(…)
  • Yue Yuen Falls Most in a Year as Workers Strike at Nike Supplier externer Link von Dave McCombs am 22. April 2014 in Business Report (Bloomberg), worin zwar, wie in der Überschrift dueltich wird zunächst vom Aktienkurs des Unternehmens die Rede ist, aber dann auch zumindestens erwähnt wird, dass es offensichtlich auch im Osten Chinas, in einem Werk in Jiangxi eine „Unterbrechung der Produktion“ gibt

2. Internationales » China » Arbeitskämpfe

Wieder Busfahrerstreik. Massiv und mit eindeutigen Gründen

In den letzten Monaten gab es eine ganze Reihe kleinerer Busfahrerstreiks an verschiedensten Orten – jetzt ein größerer in Shenzen. Warum gerade so oft Busfahrer? Weil sie – zum Beispiel – mit Arbeitsbedingungen leben müssen, die permanente Überstunden bedeuten. Und zur „Belohnung“ dafür sollen sie für Unfallschäden an Fahrzeugen (zumindestens mit-) haftbar gemacht werden. Die Meldung Thousands of bus company workers strike in Shenzhen externer Link am 22. April 2014 im China Labour Bulletin

3. Internationales » Brasilien » Arbeitsbedingungen

18 Stundentage: Bisher 9 Tote

Auf den Baustellen der zwölf Stadien, in denen vom 12. Juni bis zum 13. Juli in Brasilien die Fußball-Weltmeisterschaften ausgetragen werden, sind Arbeitstage von bis zu 18 Stunden zurzeit keine Seltenheit. Denn bis zum ersten Anpfiff muss alles fertig sein. Durch den enormen Zeitdruck steigen die Unfall- und Todesrisiken. Neun Arbeiter sind bereits ums Leben gekommen. Der vorerst letzte tödliche Unfall ereignete sich auf der Baustelle des Corinthians-Stadions in São Paulo, wo das Eröffnungsspiel stattfinden wird. Dort stürzte am 29. März der 23-jährige Fábio Hamilton da Cruz von einem Gerüst aus acht Metern in die Tiefe“ – so beginnt der Beitrag Tödliche Extraschichten vor der WM externer Link von Fabiola Ortiz am 22. April 2014 in neues Deutschland

Siehe dazu auch:

  • Brasil: Ordem, progresso e massacre externer Link von Gerardo Iglesias (UITA) am 04. April 2014 bei Rebanadas de la Realidad. Ordem e progresso (Ordnung und Fortschritt) ist das Motto auf der nur farblich freundlichen brasilianischen Fahne: Aber das Massaker gehört dazu – Brasilien mag zwar nicht Weltmeister sein, aber offiziell immerhin Dritter in der Zahl der Arbeitsunfälle – 80 jede Stunde, tagaus, tagein, das ganze Jahr. Nicht zuletzt auf den Baustellen (die es ja nicht nur für FIFA und Olympia gibt, sondern auch für zahlreiche Entwicklungsprojekte) und, wie es der Autor der UITA (Internationale Föderation der Lebensmittelgewerkschaften) natürlich hervorhebt in der Getränkeindustrie (wo neue geplante Fusionen eine Fortsetzung erwarten lassen)

4.Internationales » Südafrika » Arbeitskämpfe » Streiks der Bergarbeiter

Platinminen: Verhandlungen werden fortgesetzt. Der Streik auch

In dieser Woche gibt es neue Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft AMCU und dem Minenkartell. Die Unternehmen hatten ein neues Angebot vorgelegt – das aber so neu nicht ist: 12.500 Rand Mindestlohn in mehreren Etappen bis 2017. Immer wieder wird berichtet, die Gewerkschaft wäre mit einem solchen Modell zufrieden – bis 2016. Die große Frage ist, ob die Streikenden auch zufrieden wären – viele stellen sich auf den Standpunkt „jetzt!“. Der aktuelle Überblick (aus parteiischer Unternehmenssicht) Wage talks in platinum sector externer Link (eine Reuters Meldung, hier beim Business Report) vom 22. April 2014

Siehe dazu auch:

  • Afrique du Sud : Les mineurs de platine en grève depuis janvier externer Link eine Ecofin-Meldung vom 22. April 2014 bei Solidarité Ouvrière, worin zum Unternehmensangebot noch angeführt wird, dass es auch „soziale Komponenten“ habe, wie etwa – eine Neuerung im Jahr 2014! – bezahlten Urlaub…
  • An Injury to One is an Injury to All – A living wage for mineworkers is a living wage for all  Solidaritätsaufruf der Democratic Left Front mit dem neugeschaffenen Solifonds der AMCU (LabourNet Germany berichtete) worin sehr konkret die Berechtigung der Forderung nach 12.500 Rand Mindestlohn begründet wird (etwa durch die Verdoppelung der Lebensmittelpreise in den letzten5 Jahren – oder durch die neue Zielsetzung der Bergbauunternehmen, die 15% Gewinn auf eingesetztes Kapital ansteuern, oder aber auch durch die Entwicklung der Lohnkosten in der Produktion, die 1997 im Platinsektor noch 61% betrugen und heute 37%…)

5. Internationales » Italien » Gewerkschaften

Linke Strömung in der CGIL organisiert

Auf dem Weg zum XVII. Kongreß des grössten italienischen Gewerkschaftsbundes CGIL hat sich auf den Basisversammlungen die in dieser Form neue Strömung „Gewerkschaft geht anders“ mit einem kritischen Grundsatzpapier präsentiert, das die staatstragende und die Austeritätspolitik akzeptierende Haltung der CGIL Führung zu kontern versucht. Die Strömung, die unter anderem aus dem „28. April Netzwerk“ hervorgegangen ist hat bei den Abstimmungen auf den Basisversammlungen einen Stimmanteil zwischen 20 und 25% erhalten. Ins Französische übersetzt und kommentiert am 29. März 2014 bei Europe Solidaire Résolution sur la construction d’une opposition dans la CGIL italienne externer Link

Siehe dazu auch:

  • Die Webseite von il sindicato è un’altra cosa externer Link , wo es aktuell eine ganze Reihe von Berichten der Kongresse von Branchengewerkschaften (bzw –föderationen) gibt, die sowohl die doch beachtliche Verbreitung des Netzwerks dokumentieren, als auch die autoritäre Vorgehensweise der CGIL Führung deutlich machen

6. Internationales » Nepal » Dossier: Lawinenunglück am Mount Everest: Auch Gewerkschafter unter den Opfern

a) Sherpas streiken: Aufstand am Mount Everest

Nach dem Tod von 16 Menschen bei einem Lawinenunglück auf dem Mount Everest wollen die Sherpa den Berg vorerst nicht mehr besteigen. Für Nepal ist der Ausstand der Träger ein Desaster. Artikel von Christoph Hein, Singapur, in der FAZ vom 23.04.2014  externer Link Aus dem Text: „(…) Zeitgleich stimmte die nepalische Regierung einigen der Forderungen der höhenerfahrenen Helfer der ausländischen Bergsteiger am Dienstag zu. Allerdings blieb sie weit hinter dem zurück, was die Sherpa gefordert hatten. Künftig aber soll es einen größeren Fonds geben, aus dem die Angehörigen von Opfern unterstützt werden. Er allerdings ist längst nicht so ausgestattet, wie die Träger es gefordert hatten. Die Nepalische Vereinigung der Bergführer vermittelt in dem Konflikt zwischen Regierung und Bergsteigern…

b) Wut nach tödlicher Expedition

Am Mount Everest sterben 16 nepalesische Sherpas, um das Ego zahlungskräftiger Kunden zu befriedigen. Die überlebenden Sherpas haben jetzt genug. Sie legen einen Forderungskatalog vor, in dem sie unter anderem Geld für die Familien der Todesopfer und Schwerverletzten verlangen…“ Artikel von Willi Germund in der Frankfurter Rundschau vom 22.04.2014 externer Link Aus dem Text: „(…)  „Wir tragen ihre Zelte, ihre Schlafsäcke, kochen das Essen. Der Kunde muss nur gehen.“ Auf sieben ausländische Touristen kommt eine Gruppe von etwa 20 Sherpas. Jeder Kunde erhält einen eigenen nepalesischen Begleiter, der ihn bis zum Gipfel führt. „Sie sind langsam, sie sind schwach“, sagt Norgay, “ sie riskieren das Leben der anderen und der Sherpas, um ihr Ego zu befriedigen.“ Oder sie verfolgen so benebelte Ziele wie ein Fernsehteam, das im Auftrag des Senders „Discovery“ filmen wollte, wie sich ein mit einem Flügelanzug bekleideter Darsteller im Gleitflug vom Everest-Gipfel stürzt. Ein Teil der Sherpas, die am Karfreitag ums Leben kamen, waren für das Extremsport-Unterfangen tätig…

7. Internationales » Benin

Nach monatelangem Streik: Teilerfolg oder Kapitulation?

Eine Erhöhung des Mindestlohns um etwas über 8.000 FCFA auf genau 40.000 im Monat – das ist das erste Ergebnis des nunmehr über drei Monate andauernden Streik der Aktionseinheit der Gewerkschaftsverbände in Benin. Die wirtschaftliche Forderung beim Beginn des Streiks war eine Erhöhung auf 60.000 gewesen, weswegen in zahlreichen Kommentaren davon ausgegangen wird, dass diese Maßnahme der Regierung ihr Ziel nicht erreicht – die Streikfront der Beschäftigten durch Zugeständnisse (an einen Streik, den es laut Regierung gar nicht gibt, obwohl in den Medien Klagen über geschlossene Einrichtungen an der Tagesordnung sind) aufzuweichen: Die politischen Forderungen standen und stehen eindeutig im Vordergrund, vor allem eben die Forderung nach Demonstrationsfreiheit und nach dem Rücktritt der Verantwortlichen für den Überfall der Polizei auf die Gewerkschaftsdemonstrationen Ende letzten Jahres. Allerdings kann die Regierung mit diesem Schritt sehr wohl erreichen, dass die verschiedenen Gewerkschaftsverbände, die die Streikallianz bilden, unterschiedlich reagieren…Der Bericht Les travailleurs obtiennent une hausse du SMIG externer Link ist am 21. April 2014 bei Solidarité Ouvrière erschienen

Siehe dazu auch:

  • Suspension de la grève par les centrales syndicales au Bénin externer Link – Meldung der Agentur Pana am 21. April 2014 über die Aufhebung des Streiks durch einige Verbände, während andere ihre Mitglieder (und alle Streikenden) aufrufen, den Streik fortzusetzen. Die Confédération syndicale des travailleurs du Bénin (CSTB) und die Steuergewerkschaft Fesyntra-Finances haben erklärt, dass sie die Aufhebung des Streiks für „unangemessen“ halten. Die Aufhebung des Streiks durch die CSA-Bénin, die COSI-Bénin, die CGTB und die CSPIB sei ein „Komplott gegen die Streikenden“

8. Internationales » Griechenland » Krise in Griechenland » Allgemeines zur Krise in Griechenland

Warum Jannis auch ohne Lohn arbeitet

„Seit Oktober letzten Jahres habe er endlich einen Job, erzählt mir Jannis, darüber sei er sehr froh. Auch wenn er bislang noch keinen Cent Geld bekommen habe. Wie bitte? Jannis arbeitet bei einem Büro für energetische Sanierungen, seine Stelle wird durch ein Programm aus EU-Mitteln finanziert. Abzüglich Sozialabgaben soll er eigentlich 400 Euro pro Monat bekommen. Das erste Gehalt war erst nach drei Monaten versprochen, doch selbst dann kam es nicht. Auf Nachfrage beim zuständigen Amt hieß es, Jannis brauche noch eine Bescheinigung von der Krankenkasse. Die hat er abgeliefert – und wartet seitdem weiter. Man könnte Jannis‘ Geschichte als Einzelfall abtun, als besonders absurden Auswuchs griechischer Bürokratie. Doch er ist nicht allein. Laut einer Schätzung des Gewerkschaftsinstituts GSEE arbeitet mehr als eine Million Griechen derzeit ohne Bezahlung. Von Matrosen bis zu Ärzten berichten Angestellte der unterschiedlichsten Branchen, dass sie seit Monaten keinen Lohn erhalten haben…Artikel von David Böcking auf Spiegel-Online vom 19.04.2014 externer Link

9. Internationales » Argentinien » Ansätze der Selbstverwaltung und ihre Unterdrückung

Nosotros del Bauen – Wir vom Bauen: Film über die Übernahme des Hotels Bauen in Buenos Aires durch die Belegschaft

„Entlang der Interviews mit den Protagonisten – vom Zimmermädchen und Kellner über die Sicherheitschefin und den Koch bis hin zum Lobbypianisten und Buchhalter – entfaltet sich die Geschichte eines Hotels als politische Geschichte eines ganzen Landes: 1978 von der Videla-Militärdiktatur als Vorzeigehotel gebaut, in den Achtzigern als Partytempel von der Menem-Regierung genutzt, in der argentinischen Finanzkrise 2001/2002 vom zwielichtigen Eigentümer in den Bankrott getrieben, danach von der auf die Straße gesetzten Belegschaft kurzerhand besetzt und gegen viele Widerstände weitergeführt, wurde das Hotel Bauen von jeder Ära der jüngeren argentinischen Vergangenheit geprägt und hat die Menschen, die in ihm arbeiten, zu Experten seiner und ihrer eigenen Geschichte gemacht.“ (Kirsten Riesselmann/taz.de).“ Das Video bei labournet.tv (spanisch mit dt. ut. | 95 min | 2011 externer Link ) Siehe dazu im LabourNet Germany Archiv: Internationales > Argentinien > Ansätze der Selbstverwaltung und ihre Unterdrückung: Selbstverwaltetes Hotel Bauen verteidigt

10. Internationales » Italien » Arbeitskämpfe

Der Kampfzyklus der Logistikarbeiter_innen in Italien

„Wenn wir Streikposten machen, dürften wir eigentlich weder Waren, noch Produktionsmittel noch Menschen blockieren. – Wir blockieren aber in der totalen Illegalität alles.“ Die (meist migrantischen) Logistikarbeiter_innen in Italien haben es in den letzten vier Jahren geschafft, durch militante Streiks ihre menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen grundlegend zu verbessern. Während sie früher nicht selten mit Stöcken traktiert und regelmäßig bei der Lohnabrechnung betrogen wurden, haben sie jetzt in vielen Unternehmen normale Bedingungen für sich erkämpft. Wegen dieser Erfolge organisieren sich immer mehr Arbeiter_innen in kleinen Basisgewerkschaften und setzen sich mit ihren Kolleg_innen zur Wehr. Sie haben es geschafft, sich italienweit zu organisieren und gegenseitig in ihren Kämpfen zu unterstützen, sodass auch Kämpfe in Warenhäusern gewonnen werden konnten, in denen zunächst nur ein kleiner Teil der Beleschaft in den Streik getreten war. Der Kampfzyklus hatte zudem eine integrative Kraft für die radikale Linke in Italien, die die Logistikarbeiter_innen tatkräftig unterstützt. – Hintergrundinterview mit einem Logistikarbeiter und zwei Aktivisten der Basisgewerkschaft S.I.Cobas, mit Hilfe derer sich viele der Logistikarbeiter_innen in Italien selbst organisiert haben. Im Mai wird einer der Interviewten nach Deutschland kommen, um über den Kampfzyklus der Logistikarbeiter in Italien zu berichten: 13.5. Stuttgart, 15. und 16.5. Berlin, 18.5. Köln – Genauere Informationen zu den Veranstaltungen folgen. Das Video bei labournet.tv (italienisch mit dt. UT | 61 min | 2014) externer Link

http://de.labournet.tv/video/6673/der-kampfzyklus-der-logistikarbeiterinnen-italien

Lieber Gruss Ralf und Helmut


NEU BEI LABOURNET.TV


Vio.Me –  Selbstorganisation in Griechenland

„Alle Gewinne, die wir machen, werden an die Leute verteilt, die das Geld brauchen.“ – In der besetzten Fabrik Vio.Me wird anders gewirtschaftet, als im Kapitalismus vorgesehen. Das Video bei labournet.tv (griechisch mit dt. UT | 22 min | 2013)  externer Link


http://labournet.tv externer Link


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=57373
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