Newsletter am Donnerstag, 27. Februar 2014

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

1. express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit: Ausgabe 2/2014 ist erschienen!

Siehe dazu Inhaltsverzeichnis und Bezugsquellen

Daraus heute im LabourNet Germany:

2. Branchen » Automobilindustrie » VW » VW international » Dossier: Mitbestimmung: VW-Werk in Chattanooga soll Betriebsrat bekommen

(Gewerkschafts-)freie Südstaaten? Chattanooga Choo Choo: Mike Elk über das Scheitern der UAW bei VW in Tennessee

„Will eine Gewerkschaft in den USA in einem Betrieb Fuß fassen, gelten andere Regeln als in Deutschland: Es müssen sogenannte Anerkennungswahlen abgehalten werden, bei denen die Belegschaft mehrheitlich dafür stimmen muss, sich gewerkschaftlich vertreten zu lassen. Stimmt die Belegschaft dagegen, solche Wahlen überhaupt zuzulassen, heißt es auf absehbare Zeit: Dieser Betrieb bleibt gewerkschaftsfrei. So geschehen im VW-Werk Chattanooga im Bundesstaat Tennessee: Eine knappe Mehrheit der Stimmberechtigten lehnte es ab, sich potenziell von den United Auto Workers (UAW) vertreten zu lassen. Diese hatte in dem Betrieb damit geworben, einen Betriebsrat nach deutschem Vorbild anzustreben. Die Abstimmung kann auch als Niederlage des IG Metall-geführten Gesamtbetriebsrates von VW gelten, der mit darauf hingewirkt hatte, einen der letzten weißen Flecken auf der Mitbestimmungs-Landkarte in »seinem« Konzern zu tilgen. Was aber waren die Ursachen für die Niederlage? UAW & Co. verweisen vor allem auf die Propaganda rechter Politiker, die Horrormeldungen verbreiten ließen – die UAW habe schon Detroit wirtschaftlich zerstört, UAW habe Obama unterstützt, und das sei immerhin der Typ mit den restriktiven Vorstellungen zum Waffenrecht… Tatsächlich zeigte diese Gegenoffensive offenbar die gewünschte Wirkung. Wie Mike Elk in dem folgenden Text für die Zeitung In These Times aus Chattanooga berichtet, haben jedoch auch Vorbehalte gegenüber der Konzessionspolitik der UAW und strategische Fehler in der Wahlkampagne eine Rolle gespielt…Artikel von Mike Elk, zuerst erschienen in der Zeitung »Working in These Times« am 15.02.2014, in einer Übersetzung von Stefan Schoppengerd

3. Politik » Gewerkschaften » Organisierung » Organizing

Fordert alles! Lehren aus dem »Transformativen Organizing«

Transformatives Organizing: schon wieder ein neues Schlagwort? Das, was heute als Organizing in Gewerkschaften probiert wird, hat seine Wurzeln in Konzepten zur kollektiven Interessenvertretung in Armenvierteln der USA. Der bekannteste Vertreter dieses Ansatzes ist Saul Alinsky, dessen Methoden des zivilen Ungehorsams den Gewerkschaften heute noch als Inspirationsquelle dienen. Sie basieren auf der Überlegung, welche Durchsetzungspotenziale sich entwickeln lassen, wenn die Beteiligten nicht per se über ökonomische Machtmittel verfügen, sondern nichts als ihre Rechte oder noch nicht einmal das haben. Und sie zielen auf weit mehr als Techniken der Organisationsentwicklung, mess- und zählbare Gewinnung von Mitgliedern oder »Einfluss«. Es geht vielmehr »ums Ganze« – die Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse. Auch das ist nicht gerade eine neue Idee, viele haben sich an ihr versucht. Meist sind nicht mehr als ›links‹ apostrophierte Techniken des Politbetriebs herausgekommen, die sich nicht von gängiger Buchclub-Werbung oder den Kundengewinnungsstrategien von Versicherungskonzernen unterscheiden. Form und Inhalt, Ziele und Mittel zusammenzudenken, ist dagegen Vorzug des Ansatzes von POWER (People Organized to Win Employment Rights) in den USA. Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge eines vom Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in New York herausgegebenen Textes von Steve Williams, langjähriger Aktivist von POWER und Community-Organizer aus San Francisco…“ Artikel von Steve Williams

4. Internationales » Bosnien und Herzegowina

Hoffnungsschimmer im europäischen Reservat – Über die Revolte in den Städten Bosnien-Herzegowinas

Bosnien-Herzegowina ist kein Staat, sondern ein europäisches Reservat. Ein Gebiet also, in dem einheimische Nationalisten und europä­ische Internationalisten die dortigen Bewohner eingepfercht haben, um sie still zu stellen, ohne ihnen eine Perspektive auf mehr geben zu müssen. Die Schaffung dieses Gebildes fiel 1995 leicht, denn indem die internationale Gemeinschaft den serbischen, kroatischen und moslemischen Nationalisten drei deutlich getrennte Einflusssphären im Land zusicherte, glaubten die meisten Menschen Bosnien-Herzegowinas tatsächlich für eine kurze Zeit, dass sie nun die Ernte ihres nationalistischen Taumels einfahren würden. Und dies sollte auch tatsächlich geschehen, nur anders, als sie dachten. Denn die Scharfmacher des Krieges begannen sofort nach dem Krieg, ihre Pfründe zu sichern. Sie bedienten sich am staatlichen Eigentum, sie teilten die Posten und Pöstchen der Bürokratie untereinander auf, sie kooperierten schließlich auch miteinander und machten das Land so zu einem wichtigen Umschlagplatz für den Handel mit illegalen Waren aller Art. Nur für die Mehrheit der Bevölkerung fiel dabei immer weniger von der nationalistischen Beute ab. Sie verloren ihre Arbeitsplätze. Sie begannen sich wieder der Landwirtschaft zu widmen, um zu überleben. Sie erduldeten Behördenwillkür, Korruption und Nepotismus. Sie verfielen in Apathie und träumten, wenn überhaupt noch, vom schnellen Glück in den vielen Wettbüros, die überall aus dem Boden schossen. Und die internationale Gemeinschaft, Europa? Sie schwieg, denn warum sollte sie eingreifen und sich wieder die Hände verbrennen wie 1991? Hatten die Bewohner Bosnien-Herzegowinas nicht de facto bekommen, wofür sie gekämpft hatten? Wie sollte man Bosnien-Herzegowina auch eine Perspektive geben, wenn viele Bewohner dieses Landes scheinbar schnell bereit waren, für das nationale Selbstbestimmungsrecht auf Menschlichkeit, Solidarität und Rechtsstaatlichkeit zu verzichten? So kehrte Europa seinem Hinterhof den Rücken und überließ die Menschen dem Leben in ihrem Reservat…“ Artikel von Slave Cubela

Darüber hinaus heute im LabourNet Germany:

5. Internationales » Venezuela

Solidarität mit Venezuela, Solidarität mit der Revolution

Auch in Venezuela gehen die Konfrontationen weiter (und selbstverständlich versuchen etwa die USA ihre Leute nicht nur ins Spiel zu bringen, sondern als Taktgeber aufzubauen). Worauf bauen sie auf – und wie sieht es mit der bolivarianischen Massenbewegung aus? Ein umstrittenes Thema, zu dessen Klärung wir mit der kleinen Materialsammlung „Solidarität 2014“ von Helmut Weiss vom 27. Februar 2014 beitragen möchten

6. Internationales » Ukraine

Was für ein Staat soll das werden? Der Osten ist nicht rot, sondern braun?

Ein Parlament, das anscheinend über Nacht neu geworden ist – zumindest seine Haltung zur Regierung Janukowitsch hat sich um 180 Grad gedreht. Ein Generalstaatsanwalt, der zur nazistischen Svoboda Partei gehört. Präsidentschaftskandidaten, so korrupt wie ihre Vorgänger. Unsere dritte, diesmal etwas kürzere Materialsammlung „Perspektiven“ von Helmut Weiss vom 27. Februar 2014 befasst sich vor allem mit möglichen – oder auch nur denkbaren – linken Alternativen

7. Internationales » Ukraine » In der Ukraine regiert einstweilen nur ein Statthalter – in den Strassen der braune Mob?

Die Tragödie vom Maidan. Jenseits der westlichen Propaganda: Wer sind die Demonstranten in der Ukraine?

Artikel von Thomas Eipeldauer, Kiew, vom 26. Februar 2013 bei Hintergrund externer Link Aus dem Text:
„… Das rechte Spektrum ist in zahlreiche Gruppen untergliedert, deren international prominenteste die Swoboda Oleg Tjagniboks ist, die mit der NPD befreundete Faschistenpartei, die mittlerweile vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier zum normalen Verhandlungspartner geadelt wurde. Sie besetzt zentrale Posten im Übergangskabinett, in deutschen Medien wird sie immer noch als „rechtspopulistisch“ verharmlost, obwohl sie eindeutig in das Spektrum gewaltbereiter faschistischer Parteien fällt. Auf dem Platz fast noch präsenter sind andere Gruppen, die sich UPA, Bratstvo (Bruderschaft) oder „Rechter Sektor“ nennen. Sie sind streng militärisch organisiert, zählten zu den aggressivsten Teilen des Protests und pflegen eindeutige Feindbilder. Ihre Traditionslinie führt immer zu dem Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera. Antisemitismus, antirussische und antikommunistische Ressentiments sind bei ihnen weit verbreitet. Rechter SektorSeit Beginn der Protestbewegung finden sie regen Zulauf. (…) Welche Gefahr von den extrem rechten Gruppierungen ausgeht, zeigen mehrere Überfälle auf politische Gegner. Die Zentrale der Kommunistischen Partei in Kiew wurde gestürmt, über dem Eingang weht nun ein Keltenkreuz und die Fahne der Ukrainischen Aufständischen Armee, an die Wände sind Hakenkreuze geschmiert, drinnen haust eine Nationalisten-Gruppe. Es gab Angriffe auf Privatwohnungen von Funktionären, Rotarmisten und dutzende Lenin-Statuen sind dem nationalistischen Furor zum Opfer gefallen. Auch aus der jüdischen Gemeinde wird ein Klima von zunehmendem Antisemitismus vermeldet…“

8. Internationales » Bosnien und Herzegowina

a) Ein Fanal – nicht nur für die Nachbarstaaten?

Die Demonstrationen, Kundgebungen, Debatten von Forderungsprogrammen, Bildung von Foren – das alles geht weiter, auch wenn die sensationellen Bilder ausbleiben mögen – und damit auch ein vorderer Platz in der Berichterstattung der Kommerzmedien. Eine kleine Materialsammlung „Bosnische Wirkungen“ von Helmut Weiss vom 27. Februar 2014

b) Interview mit Dita Arbeiter_innen in Tusla

Februar 2014 – Interview mit Arbeiter_innen der Reinigungsmittelfabrik Dita in Tusla. Sie hatten am 5. Februar zusammen mit anderen Arbeiter_innen demonstriert und waren von der Polizei brutal angegriffen worden. Daraufhin hatten sich v.a. junge und arbeitslose Menschen mit ihnen solidarisiert und das Regierungsgebäude des Kantons Tusla gestürmt und in Brand gesetzt. In unserem Video erzählen sie die Geschichte ihres Kampfes und geben eine Einschätzung der Bewegung, die derzeit Bosnien-Herzegowina in Atem hält. Das Video auf labournet.tv (serbokroatisch mit dt. UT | 10 min | 2014) externer Link

9. Internationales » Neuseeland » Kampf gegen Privatisierung

Ein bißchen neoliberal

Trotz bisher mäßiger Erfolge will Regierung nun dritten Stromanbieter teilprivatisieren. Opposition droht mit Renationalisierung. Artikel von Thomas Berger in der jungen Welt vom 27.02.2014 externer Link Aus dem Text:
Neuseelands konservative Regierung setzt auf halbe Liberalisierung des Stromsektors. Aktuell rüstet sie sich zur letzten Etappe des teilweisen Verkaufs des Tafelsilbers. In der zweiten Märzhälfte soll Genesis an der Reihe sein, der dritte vormals voll im Staatsbesitz befindliche Stromversorger. Premier John Key und Finanzminister Bill English stellten am Dienstag in Auckland den vorläufigen Zeitplan vor. Das Kabinett erhofft sich durch die Ausgabe von Aktien für einen 49-Prozent-Anteil des Unternehmens Einnahmen von 700 Millionen bis einer Milliarde Neuseeländischer Dollar (NZD; 424 bis 606 Milliarden Euro) für die Staatskasse. Ab Mitte April könnten die Aktien des Unternehmens an der Börse gelistet werden, so der Minister…“

10. Internationales » Griechenland » Lebensbedingungen » Gesundheit SOS – Mit sofortiger Wirkung hat der griechische Gesundheitsminister Adonis Georgiadis sämtliche Polikliniken des Landes geschlossen

a) Schließung der Polikliniken in Griechenland sofort stoppen!

„„Mit dem Entschluss, mit sofortiger Wirkung sämtliche 350 Polikliniken schließen zu lassen und etwa 8500 ÄrztInnen und PflegerInnen zu entlassen, nimmt der griechische Gesundheitsminister Georgiadis den Zusammenbruch der medizinischen Grundversorgung in Griechenland in Kauf. Die Schließung ist eine Kampfmaßnahme der Regierung auf den seit drei Monaten andauernden Streik von ÄrztInnen, die gegen die zunehmende Unterversorgung und drohende Entlassungen protestieren. (…) Wir fordern Sie, die Abgeordneten des deutschen Bundestages und die Abgeordneten des Europaparlaments auf, die Schließung der Polikliniken durch die griechische Regierung zu verurteilen und von ihr zu verlangen, diese Maßnahme sofort zurückzunehmen.

Gesundheit ist ein Menschenrecht, alle Menschen müssen freien Zugang zum Gesundheitswesen haben. Das öffentliche griechische Gesundheitssystem darf nicht weiter abgebaut, sondern muss durch finanzielle Hilfen wieder gestärkt werden…“ Petition vom 26.02.2014 (aktiv bis 25.04.2014) gegen die Schließung der Polikliniken in Griechenland auf openPetition externer Link

11. Internationales » Griechenland » Lebensbedingungen

Greece’s health crisis: from austerity to denialism

Greece’s economic crisis has deepened since it was bailed out by the international community in 2010. The country underwent the sixth consecutive year of economic contraction in 2013, with its economy shrinking by 20% between 2008 and 2012, and anaemic or no growth projected for 2014. Unemployment has more than tripled, from 7,7% in 2008 to 24,3% in 2012, and long-term unemployment reached 14,4%. We review the background to the crisis, assess how austerity measures have affected the health of the Greek population and their access to public health services, and examine the political response to the mounting evidence of a Greek public health tragedy…“
Artikel von Alexander Kentikelenis, Marina Karanikolos, Aaron Reeves, Martin McKee, David Stuckler externer Link pdf zum Gesundheitswesen in Griechenland in The Lancet, Volume 383, Issue 9918, 22 February 2014

12. Internationales » Belgien » Arbeitskämpfe

Streik bei ALDI an der Nordseeküste

Die Geschäftsleitung hätte es gerne: Während der Touristensaison rund ein Dutzend Filialen vor allem in Westflandern auch an Sonn- und Feiertagen öffnen. Die Belegschaften hätten dies weitaus weniger gerne, weshalb die Gewerkschaft LBC am gestrigen Mittwoch erste Proteststreiks organisierte – siehe den Kurzbericht Grève: plusieurs supermarchés Aldi fermés ce mercredi externer Link am 26. Februar 2014 bei Solidarité Ouvrière

Siehe dazu auch:

Lieber Gruß, Mag, Ralf und Helmut

 


NEU BEI LABOURNET.TV


Interview mit Dita Arbeiter_innen in Tusla

Februar 2014 – Interview mit Arbeiter_innen der Reinigungsmittelfabrik Dita in Tusla. Sie hatten am 5. Februar zusammen mit anderen Arbeiter_innen demonstriert und waren von der Polizei brutal angegriffen worden. Daraufhin hatten sich v.a. junge und arbeitslose Menschen mit ihnen solidarisiert und das Regierungsgebäude des Kantons Tusla gestürmt und in Brand gesetzt. (serbokroatisch mit dt. UT | 10 min | 2014 | hits: 222) externer Link


http://labournet.tv externer Link


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=54068
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