Eine neue linke Erzählung – Klassenpolitik hier, Antirassismus und Feminismus dort: Wir sollten verstehen, dass sie alle zusammengehören

Wir wollen die ganze Bäckerei… Die gesellschaftliche Linke ist eingekeilt zwischen den beiden verbliebenen Geschichtchen. Ihr fehlt eine eigene Erzählung, die am Alltagsleben vieler Menschen anknüpft und eine kollektive Erinnerung und eine Zukunftsvision ermöglicht. Vielmehr scheint alle Hoffnung durch einen linken Dystopismus erstickt: In Europa und den USA sind die Rechten stark wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, die Ungleichheit nimmt stetig zu, das Klima geht vor die Hunde und überall gibt es Krieg und Vertreibung ohne Aussicht auf Besserung. Die Perspektive aber, dass alles immer schlimmer wird, rüttelt nicht auf. Im Gegenteil: Wenn es keine Aussicht auf Besserung gibt, neigen die Menschen dazu, das Wenige zu verteidigen, das sie noch in Händen halten. Der Alltagsverstand weiß: In einer so komplizierten und schlechten Welt kann ich eigentlich nur noch etwas im „Kleinen“ und im „Hier und Jetzt“ verbessern. Ein Traum von einer veränderten Welt hat da keinen Platz. Sozialismus oder Vergleichbares unter anderem Namen erscheint selbst vielen Linken kaum noch als Alternative zum Bestehenden. (…) Innerhalb der Klasse dürfen sich die Geschichte und zum Beispiel rassistische Erfahrung nicht auflösen. Eine „neue“ Klassenpolitik muss die Fehler der traditionellen Klassenpolitik reflektieren. Die klassische – antiquierte – Arbeiterbewegung, die „alte Linke“ fokussierte auf das weiße, männliche Industrieproletariat. Da sie in diesem die Speerspitze des Klassenkampfes sah, tauchten die Bedürfnisse und Kämpfe etwa migrantischer Frauen kaum auf dem Radar auf. Im Gegensatz dazu liegt der Schlüssel für eine zeitgemäße linke Erzählung darin, unterschiedliche Positionen und Widersprüche innerhalb der Lohnabhängigen nicht zu verwischen, sondern sie zum Ausgangspunkt einer neuen Klassenpolitik zu machen.“ Beitrag von Sebastian Friedrich bei der Freitag Ausgabe 51/2017 externer Link

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