Klassenkampf statt Regierungspolitik

In den Streikwellen der letzten Jahre hat eine Weltarbeiterklasse Gestalt angenommen. Was heißt das für die Krise in Europa und die Kämpfe in der BRD?
Dieses Frühjahr staunten viele nicht schlecht: In Deutschland wurde gestreikt wie schon lang nicht mehr. Doch was folgt daraus? Die Gruppe Wildcat beobachtet das globale Streikgeschehen schon seit Jahr(zehnt)en sehr genau. Sie erkennt die Entstehung einer weltweiten Arbeiterklasse – mit weitreichenden politischen Konsequenzen. Wir haben sie gebeten, ihre Analyse der aktuellen Entwicklungen zur Diskussion zu stellen
…“ Diskussionsbeitrag der Wildcat-Redaktion in ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis vom 20.10.2015 externer Link

  • Darin besonders interessant: „… In dieser Situation sind wir heute. Der Kapitalismus hat in diesen acht Jahren keine Legitimation zurückgewonnen, im Gegenteil! Die höchst »undemokratische« Konstruktion der EU und des Euro ist für alle sichtbar geworden. Aber Eurogruppe, Bundesregierung und Gewerkschaftsführungen haben durch ihr Krisenmanagement eine »Normalisierung« erreicht. Auch deshalb gilt es, die eigene Praxis im weltweiten Zusammenhang zu betrachten und auf den Klassenkampf statt auf Regierungspolitik zu beziehen. (…) Von außen betrachtet scheint die BRD 2015 von Streikwellen durchzogen: die Lokführer_innen, die Post, die Erzieher_innen, die Lehrer_innen – wann hat es seit den 1990er Jahren zum letzten Mal diese Gleichzeitigkeit von Streiks im ehemaligen Öffentlichen Dienst gegeben? Welche Chancen, gemeinsam das Land aufzumischen! Aber von innen betrachtet waren diese Streiks unter strenger Kontrolle der Gewerkschaften, die sie scheinbar beliebig anfangen und – mit Ausnahme des Kita-Streiks – auch wieder abblasen konnten. Die GDL erreichte ihr Hauptziel, die anderen Streiks gingen verloren, zurück blieben Frust, das Gefühl, verheizt worden zu sein – verbrannte Erde. Schuld der Gewerkschaften? Sie haben jedenfalls im Bezugsrahmen der Standortkonkurrenz operiert. (…) Gegen die materielle Einbindung der Arbeiter_innen und die institutionelle Einbindung der Linken sehen wir im Moment nur zwei Gegentendenzen: Proletarisierung und Kämpfe in nicht repräsentierten Bereichen. (…) Wenn Kapitalvertreter_innen ihre Fühler nach Flüchtlingen ausstrecken, suchen sie Arbeitskräfte, die bereit sind, sich »hochzuarbeiten«. Die vielbeschworene »Integration« der Flüchtlinge wird nicht ohne Auseinandersetzungen innerhalb der Klasse stattfinden – und zu Lasten der schwächsten Teile der ansässigen Klasse gehen, denen zur Zeit nur eingebläut wird: »Wir« sind ein reiches Land…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=93253
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