Analyse der Datenbank über transnationale, soziale und ökonomische Proteste in Europa (1997–2020) ergibt ihren kontinuierlichen, doch v.a. politisch motivierten Anstieg

Arbeiterinnenmacht: Streiks gegen die Krise in EuropaRoland Erne und Jörg Nowak haben Websites von Gewerkschaften und andere Archive, die Proteste dokumentieren, ausgewertet und auf dieser Basis eine Datenbank über transnationale Proteste in Europa geschaffen. Die Datenbank beschränkt sich auf soziale und ökonomische Proteste im engeren Sinn für den Zeitraum 1997 bis 2020. Aus den Daten geht hervor, dass sich die Zahl der Proteste zwischen 2015 und 2020 verdoppelt hat im Vergleich zum Zeitraum von 1996 bis 2002. Der kontinuierliche Anstieg dieser Proteste ist nur zu einem geringeren Teil durch mehr Mobilisierungen in transnational vernetzten Privatbetrieben begründet. Der größte Teil dieser Proteste richtet sich gegen Verordnungen oder Gesetze der EU-Kommission und sind daher durch die politische Integration der EU motiviert. Siehe Informationen sowohl zur Datenbank (und der Rolle von LabourNet Germany dabei) als auch ihren Analysen:

  • Die Datenbank: Transnational Socioeconomic Protest Database. Version March 2024 (Excel-Datei externer Link)
  • Transnational socioeconomic protest action in Europe since 1997: Reflecting greater horizontal market or vertical political integration pressures?
    engl. Artikel von Roland Erne und Jörg Nowak in European Journal of Industrial Relation vom 23.7.2025 externer Link („Transnationale sozioökonomische Protestaktionen in Europa seit 1997: Spiegeln sie einen stärkeren horizontalen Markt- oder vertikalen politischen Integrationsdruck wider?“)

    • Abstract: „Dieses Papier basiert auf einer neuartigen Datenbank mit 360 kollektiven transnationalen sozioökonomischen Protestaktionen in ganz Europa, die wir zwischen 1997 und 2020 in einer umfassenden, mehrsprachigen Sammlung arbeitsbezogener Nachrichtenmedien gefunden haben. Wir stellten fest, dass sich die Zahl der transnationalen Protestaktionen von 61 (1997–2002) auf 125 (2015–2020) verdoppelt hat. Dies ist überraschend, da die Gewerkschaften überall auf dem Rückzug zu sein schienen. Diese Studie untersucht zwei Erklärungen für diese Entwicklung – eine im wirtschaftlichen, die andere im politischen, europäischen Integrationsprozess. Unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Anstieg kollektiver transnationaler Protestaktionen nicht allein durch den horizontalen Marktdruck in der zunehmend integrierten europäischen Wirtschaft erklärt werden kann. Vielmehr deuten unsere Zahlen darauf hin, dass der zunehmende vertikale politische Druck, ausgelöst durch kommerzialisierende politische Interventionen der EU-Behörden, eine zentrale Rolle bei der Förderung transnationaler kollektiver Aktionen spielt und damit die Bedeutung der Politik in den europäischen Arbeitsbeziehungen und transnationalen kollektiven Aktionen unterstreicht.“ (maschinenübersetzt)
    • Zu den Quellen heißt es darin: „Die meisten Proteste wurden übrigens nicht von einer unserer englischsprachigen Quellen erfasst, sondern von der deutschsprachigen Website https://www.labournet.de/, die Aktivisten nach einer internationalen Solidaritätskampagne für die streikenden Liverpooler Hafenarbeiter eingerichtet haben. Seit 1999 beschäftigt labournet.de einen Redakteur, der die kontinuierliche Berichterstattung über transnationale Kämpfe für deutsche Aktivisten sicherstellt, wie beispielsweise die Gruppe „Gewerkschafter ohne Grenzen” aus dem ehemaligen Opel-Werk in Bochum“ (maschinenübersetzt)
  • Ökonomischer Wettbewerbsdruck oder politische EU-Interventionen? Katalysatoren transnationaler sozioökonomischer Proteste in Europa (1997–2020)
    Dieser Beitrag basiert auf einer neuen Datenbank grenzüberschreitender sozioökonomischer Proteste in Europa von 1997 bis 2020, die die Autoren auf Basis gewerkschaftsnaher Newsletter, Webseiten und spezialisierter Medien zusammengetragen haben. In diesem Zeitraum stieg die Zahl transnationaler Proteste stetig an, nämlich von 61 (1997–2002) auf 125 (2015–2020). Die Analyse zeigt, dass allein der horizontale ökonomische Wettbewerbsdruck im stärker integrierten europäischen Binnenmarkt diesen Anstieg nicht erklären kann. Stattdessen spielt die vertikale politische Integration durch supranationale EU-Behörden eine zentrale Rolle als Katalysator transnationaler Proteste. Vertikale EU-Interventionen, die darauf abzielten, Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge zu kommodifizieren, führten zu den meisten transnationalen Protesten, die in der Datenbank erfasst sind. Dagegen führte der horizontale ökonomische Wettbewerbsdruck, welcher durch die europäische Wirtschafts- und Währungsunion verstärkt wurde, nur in wenigen Fällen zu transnationalen Protesten. Daraus ist zu schlussfolgern, dass es Gewerkschaften und sozialen Bewegungen leichter fällt, vertikale Eingriffe von supranationalen EU-Behörden zu politisieren als den horizontalen Druck transnationaler Marktkräfte…“ Zusammenfassung des Artikel von Roland Erne und  Jörg Nowak in den WSI-Mitteilungen 05/2024 externer Link (Seiten 363–370)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=229566
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