Rund um den Deutschen Mietertag wurden Bilanzen der Wohnungspolitik der Bundesregierung gezogen…

Keine Profite mit der Miete: Bundesweite Aktionswoche gegen steigende Mieten und Verdrängung„… Anlässlich des 68. Deutschen Mietertages am 13. Juni 2019, zu dem auch Kanzlerin Angela Merkel geladen war, gab es in Köln eine Veranstaltung verschiedener Bewegungen zur Mietenproblematik. Die Ignoranz der Politik, falsche Weichenstellungen im Wohnungsbau und die Überlassung der Probleme dem vermeintlichen Heilsbringer „Freier Markt“ haben in Teilen der Republik zu katastrophaler Wohnungsnot, unbezahlbaren Mieten und enorm steigenden Obdachlosenzahlen geführt, lauten die Vorwürfe. Insbesondere legt man der Kanzlerin zur Last, die Probleme nicht erkannt und die Menschen allein gelassen zu haben. Auf ihrer Webseite heißt es lapidar: „Die Bundesregierung weiß um den dringenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum – vor allem in den großen Städten.“ Daran bestehen berechtigte Zweifel. Der Zorn der Mieter wächst seit Jahren. Und offenbar hat die Kanzlerin das Problem immer noch nicht verstanden. Am 14. Juni sah sie als alleinige Lösung den Bau neuer Wohnungen. Gleichzeitig stellt sie im Bund lediglich 5 Mrd. Euro zur Verfügung, die nicht einmal zur Deckung der Wohnungsverluste ausreichen und auch nichts an der Wohnungsverdrängung ändern. Wegen der steigenden Not geistert seit einiger Zeit das Gespenst der Überführung von Wohnungen in Gemeineigentum durch die Lande – gefolgt von hysterischem Geschrei marktradikaler Vertreter und Wohnungseigentümer. Gern wird in den einschlägigen Medien zitiert, dass Franz-Georg Rips, Präsident des Deutschen Mieterbundes, sich gegen die Enteignung von Wohnungskonzernen ausgesprochen hat. Tatsächlich ist dies aber nach dem Grundgesetz möglich, wenn auch kein Weg schneller Lösungen. Aus Angst vor der Enteignungskeule haben Vermieterverbände schon mal prophylaktisch dazu aufgefordert, jetzt die Mieten zu erhöhen…“ aus dem Bericht „Köln: Mietertag trifft Bewegung“ am 14. Juni 2019 bei r-mediabase externer Link über das Echo auf die aktuellen Versuche der Bundesregierung, sich der wachsenden Kritik und dem heftiger werdenden Widerstand zu entziehen… Zur Politik der Bundesregierung im Wohnungsbau und ihren eindeutigen Auswirkungen zwei weitere aktuelle Beiträge:

  •  „Das Beispiel Göttingen“ von Robin Marlow und Michael Mießner am 12. Juni 2019 in Forum Wissenschaft externer Link (hier dokumentiert im Linksnet) – ein Beitrag mit dem Untertitel „Immobilieninvestitionen und Verdrängung in Universitätsstädten“ – zur Entwicklung in einer Stadt, die nicht so sehr oft genannt wird, wenn es um das Thema Mietpreistreiberei geht: „… Die Bedeutung, die das studentische Wohnen für den Wohnungsmarkt der hier untersuchten Universitätsstadt Göttingen hat, wird an folgenden Entwicklungen deutlich: Zwischen 2011 und 2017 stieg die Zahl der wohnberechtigten Bevölkerung in der Stadt von 128.617 auf 134.824 Menschen. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Studierenden der Universität Göttingen, die in der Stadt wohnen, von 14.573 auf 21.666.5 Aufgrund des starken Zuzugs von Studierenden zu Beginn des Wintersemesters bemühen sich Studentenwerk und Stadtverwaltung seit einigen Jahren im Herbst darum, Wohnraum für Erstsemester bereitzustellen, indem sie an die Bevölkerung appellieren, Zimmer zur Untermiete zur Verfügung zu stellen, oder durch die Anmietung von Hotelzimmern Studierenden für kurze Zeit Wohnraum bereitstellen. Zudem richtete eine studentische Initiative im November 2014 ein Zeltlager für Erstsemesterstudierende ein und machte damit auf den studentischen Wohnraummangel aufmerksam. (…) Das studentische Wohnen ist für Vermieter*innen aus verschiedenen Gründen interessant: Zum einen ermöglicht die hohe Fluktuation in studentisch genutzten Wohnungen mit jedem Neumietvertrag eine leichtere Durchsetzung von Mieterhöhungen. Zweitens sind Ein-Zimmer-Apartments für Vermieter*innen leicht zu bewirtschaften und ermöglichen aufgrund der geringen Wohnungsgrößen erschwingliche Gesamtmieten bei gleichzeitig hohen Quadratmetermietpreisen. Drittens können Studierende vergleichsweise hohe Mieten zahlen, weil hinter jeder*m Studierenden häufig zwei Eltern mit jeweils einem Einkommen stehen oder die Studierenden BAföG erhalten. Dies vermindert zusätzlich das Mietausfallrisiko. Viertens haben Studierende in den vergangenen Jahren einen stetig höheren Anteil ihres Einkommens für Miete ausgegeben.9 Fünftens wohnen Studierende häufig in Wohngemeinschaften zusammen. Dies erlaubt es den Studierenden, geringere Mieten pro Person als in einem Ein-Zimmer-Apartment zu zahlen, während das gemeinschaftliche Aufbringen der Miete zugleich hohe Mietzahlungen pro Wohnung ermöglicht…
  • „Nur 27.000 neue Sozialwohnungen“ am 16. Juni 2019 in der taz online externer Link meldet unter anderem: „… Der soziale Wohnungsbau in Deutschland verharrt trotz einer Milliardenförderung des Bundes auf niedrigem Niveau. Das geht aus einem Bericht des Bundesbauministeriums hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Danach wurden im vergangenen Jahr bundesweit 27.040 geförderte Sozialwohnungen neu gebaut. Das sind nur 809 Wohnungen mehr als 2017. Nach Einschätzung des Mieterbundes wären jährlich rund 80.000 zusätzliche Sozialwohnungen nötig, um den Bedarf zu decken. Die Opposition kritisierte die Wohnungspolitik der Bundesregierung scharf. Bundesinnen- und –bauminister Horst Seehofer (CSU) betonte, die Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung liege ausschließlich bei den Ländern. Für die sogenannte Wohnraumförderung hatte der Bund den Ländern im vergangenen Jahr erneut rund 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Das Geld floss dem Bericht zufolge in die Förderung von etwa 12.000 Eigenheimen, in die Modernisierung von knapp 18.000 Wohnungen mit Mietpreisbindung sowie in den Neubau von rund 27. 040 Sozialwohnungen. Diese rund 27.000 neuen Wohnungen verteilen sich regional sehr unterschiedlich: In Mecklenburg-Vorpommern wurden nur 68 neue Sozialwohnungen gefördert, in Sachsen-Anhalt 20, im Saarland war es keine einzige. In Bayern und Nordrhein-Westfalen waren es hingegen jeweils mehr als 6.000 neue Wohnungen, in den teuren Stadtstaaten Berlin und Hamburg jeweils über 3.000…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=150355
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