„Kanzlerin beschwört die Seele Europas“ – die eigene Armee…

Claudia Haydt und Jürgen Wagner (2018): Die Militarisierung der EU – Der (un)aufhaltsame Weg Europas zur militärischen Großmacht. Berlin: edition berolinaMerkel preist die Toleranz als „Seele Europas“, und es dauert eine knappe Viertelstunde, bis sie selbst kühner wird und einige Abgeordnete richtig laut werden im Plenum. Hier wird klar: Viele haben sich vorbereitet auf den Besuch jener Politikerin, die Europas Politik seit Jahren prägt. Mit Buhrufen reagieren Linke und Rechtskonservative auf Merkels Aussage, man müsse „an der Vision arbeiten, eines Tages eine echte europäische Armee zu schaffen“, wie sie auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron fordert – und bei Themen der Außen- und Sicherheitspolitik auf das Prinzip der Einstimmigkeit verzichten. Der Protest belebt die Kanzlerin: „Ich freue mich daran, ich lasse mich da doch nicht irritieren.“ Sie sieht das Gejohle als Beleg dafür, „den Kern“ getroffen zu haben. Das Bild von Europa, das Merkel skizziert, ist eines, das den Rechtspopulisten nicht gefallen kann. Sie betont, dass Freiheit ebenso verteidigt werden müsse wie die Vielfalt der Menschen…“ – aus dem Artikel „Merkel beschwört die Seele Europas“ von Matthias Kolb am 13. November 2018 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link, worin die Seele Europas und dessen gewünschte künftige Armee als freiheitliches Projekt dargestellt wird. Siehe dazu zwei weitere aktuelle Beiträge mit gänzlich anderen Bewertungen und eine Buchrezension zum Thema:

  • „Eine echte europäische Armee“ am 14. November 2018 bei German Foreign Policy bewertet externer Link die Rede der Kanzlerin im Europaparlament unter anderem so: „… Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt sich der Forderung einer wachsenden Zahl deutscher Spitzenpolitiker an und verlangt den Aufbau einer „echten europäischen Armee“. Dies sei nötig, damit „Europa“ eigenständig handlungsfähig werde, erklärte Merkel gestern vor dem Europaparlament. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer spricht sich zudem dafür aus, das Beschlussrecht des Bundestags über Auslandseinsätze der Bundeswehr zu beschränken. Der Aufbau einer europäischen Streitmacht wird von Berlin schon lange verlangt; er gilt in der deutschen Hauptstadt als Mittel zur erfolgreichen Integration der EU. Während mit den lauter werdenden Forderungen der Druck steigt, Erfolge zu präsentieren, halten die deutsch-französischen Streitigkeiten in zentralen militär- und rüstungspolitischen Fragen an. Zuletzt konnte Frankreich einen Erfolg erzielen: Belgien hat ihm ungewöhnlich enge Kooperation bei den Landstreitkräften zugesagt. Zugleich schwelt der Machtkampf zwischen Berlin und Paris um die Führung und die Ausgestaltung zentraler Rüstungsvorhaben weiter. (…) Der Aufbau einer gemeinsamen europäischen Streitmacht gehört schon lange zu den Zielen der Berliner Europapolitik. „In der EU … müssen wir einer gemeinsamen europäischen Armee näher kommen“, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel beispielsweise im März 2007 in einem Interview mit der größten deutschen Boulevardzeitung gefordert. Identisch äußerte sich damals auch die SPD…“
  • „Marschbefehl von Merkel“ von Carmela Negrete am 14. November 2018 in der jungen welt externer Link zu diesen Plänen: „Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine Ansprache vor dem EU-Parlament am Dienstag in Strasbourg genutzt, um sich wie zuvor der französische Präsident Emmanuel Macron für die Bildung einer »europäischen Armee« auszusprechen. Eine solche gemeinsame Truppe sei ein Garant für den Frieden, um »der Welt zu zeigen, dass es zwischen den europäischen Ländern nie wieder Krieg geben wird«, sagte sie. Offenbar mit Blick auf die USA unter Präsident Donald Trump, der den entsprechenden Vorstoß Macrons als »sehr beleidigend« kritisiert hatte, fügte Merkel hinzu: »Die Zeiten, in denen wir uns vorbehaltlos auf andere verlassen konnten, sind vorbei.« Dabei gehe es nicht um eine Konkurrenzstruktur zum Nord­atlantikpakt. Vielmehr könne man »in der NATO mit einer europäischen Armee gemeinsam auftreten«…
  • „Rezension: Die Militarisierung der EU – Der (un)aufhaltsame Weg Europas zur militärischen Großmacht“ von Werner Ruf am 13. November 2018 bei IMI-Online externer Link bespricht das Buch von Claudia Haydt und Jürgen Wagner im berolina Verlag unter anderem so: „Im Folgenden wird gezeigt, dass die EU mit dem Aufzwingen der neoliberalen Agenda sowohl innerhalb der Gemeinschaft wie vor allem in ihrer gesamten Peripherie erst die Probleme schafft oder zumindest massiv verstärkt, die zu jenen »Instabilitäten« führen, die dann die Begründung für »stabilisierende« Einsätze im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) liefern, deren die Autor*innen bisher 34 zählen. Eine ungeheure Beschleunigung erfuhr der Militarisierungsprozess der EU durch den Austritt Großbritanniens, hatte sich dieses Land doch – wohl aufgrund noch immer vorhandener Ängste vor dem militärischen Wiederaufstieg Deutschlands – dieser Entwicklung entgegengesetzt : Der Weg für den Ausbau einer Europäischen Verteidigungsunion (EVU) unter deutsch-französischer Führung wurde frei…“ (Claudia Haydt und Jürgen Wagner (2018): Die Militarisierung der EU – Der (un)aufhaltsame Weg Europas zur militärischen Großmacht. Berlin: edition berolina, ISBN 978-3958410879, 304 S., 14,99 €uro? Siehe das Buch beim Verlag externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=140012
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