Digitaler Omnibus: „Größter Rückschritt für digitale Grundrechte in der Geschichte der EU“ und beginnender Widerstand

DSGVODie Europäische Kommission arbeitet an Plänen für einen Kahlschlag bei ihren Regeln für die digitale Welt. Das belegen unter anderem Dokumente, die wir veröffentlicht haben. Im Europäischen Parlament und in der Zivilgesellschaft formiert sich dagegen massiver Widerstand. Das erklärte Ziel von Ursula von der Leyen ist es, die Europäische Union in ihrer zweiten Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission wirtschaftlich und geopolitisch zu stärken. Erreichen will sie das offenbar auch durch einen weitgehenden Rückbau des Regelwerkes für die digitale Welt, welches die EU in den vergangenen zehn Jahren gestrickt hat. Davon zeugen Entwürfe für ein geplantes Gesetzespaket externer Link, die wir am vergangenen Freitag veröffentlicht haben.  Vier Regulierungsbereiche stehen im Fokus des sogenannten „digitalen Omnibus“: der Datenschutz, Regeln für die Datennutzung, Cyber-Sicherheit und die KI-Verordnung…“ Beitrag von Ingo Dachwitz vom 13.11.2025 in Netzpolitik externer Link – siehe mehr Informationen und einen Offenen Brief dagegen:

  • Digitaler Omnibus: Gefahr für Arbeitnehmerrechte und Mitbestimmung. EU-Pläne für Digitalisierung und KI gefährden Schutzrechte am Arbeitsplatz New
    „Die EU-Kommission plant mit dem sogenannten „Digitalen Omnibus“ eine umfassende Reform des europäischen Digital-, KI- und Datenschutzrechts. Mit weitreichenden Auswirkungen für Beschäftigte: Sie sollen weniger Kontrolle über ihre eigenen Daten haben und die Überwachung am Arbeitsplatz soll erleichtert werden. Auch würden die Vorschläge die betriebliche Mitbestimmung schwächen…“ Meldung vom 20. November 2025 des ÖGB externer Link
  • Digitaler Omnibus: Auf Crash-Kurs mit digitalen Grundrechten 
    Das angekündigte Reformpaket ist da und die EU-Kommission bleibt auf Konfrontationskurs: Statt den Datenschutz zu vereinfachen, schleift sie Grundrechte. Statt europäischen Unternehmen zu helfen, kommt sie Big Tech entgegen.
    Die Europäische Kommission hat heute Nachmittag Pläne für die Überarbeitung mehrerer Digitalgesetze vorgestellt. Der „digitale Omnibus“, wie das Sammelgesetz genannt wird, soll unter anderem die KI-Verordnung, IT-Sicherheitsgesetze, den Data Act und die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) anpassen. Von uns veröffentlichte Entwürfe hatten Befürchtungen genährt, die EU-Kommission plane „den größten Rückschritt für digitale Grundrechte in der Geschichte der EU“, vor allem beim Datenschutz. Diese Sorgen bestätigen sich nun weitgehend. Auch wenn ein paar Regeln weniger unter die Räder kommen, ist der digitale Omnibus tatsächlich auf Crash-Kurs mit digitalen Grundrechten. Unter anderem sollen KI-Unternehmen eine Art Freifahrtschein für das Training ihrer Systeme mit personenbezogenen Daten erhalten. Die Kommission will klarstellen, dass Menschen hierfür nicht gefragt werden müssen, sondern lediglich über eine Widerspruchsmöglichkeit verfügen. Zudem sollen Regeln für gefährliche KI-Systeme aus dem AI Act aufgeschoben werden
    …“ Kommentar von Ingo Dachwitz vom 19.11.2025 in Netzpolitik externer Link
  • Offener Brief zum Digitalen Omnibus: „Die EU muss hart erkämpften Schutz für digitale Menschenrechte bewahren“
    „Am 19. November stellt die Kommission zwei „Digital Omnibus“-Pakete vor. Mit ihnen droht die Aushöhlung eines ganzen Jahrzehnts von digitalem Datenschutz in Europa. Schon im Frühjahr diesen Jahres wurde bekannt: Die Europäische Kommission will an die DSGVO und die KI-Verordnung ran. Lange hieß es, dass es sich bei diesen sogenannten Digitalen Omnibussen nur um „kosmetische Veränderungen“ handeln solle. Seitdem jedoch vergangene Woche die Entwürfe vorzeitig geleakt wurden, ist nun klar, was uns mit der offiziellen Vorstellung der Rechtsakte am 19. November bevorsteht: Der größte Angriff auf die digitalen Grundrechte in der Geschichte der EU.
    Von der Zivilgesellschaft braucht es jetzt ein klares Zeichen. (…)
    Wir, 127 zivilgesellschaftliche Organisationen, Gewerkschaften und Vertreter*innen des öffentlichen Interesses, wollen mit diesem Brief unsere große Besorgnis über die bevorstehenden Vorschläge zum Digital Omnibus der EU zum Ausdruck bringen, der Teil einer umfassenden Dregeulierungsagenda ist. Was als „technische Vereinfachung“ der EU-Digitalrechte dargestellt wird, ist in Wahrheit ein Versuch, Europas stärkste Schutzregeln gegen digitale Bedrohungen schrittweise und verdeckt abzubauen. Diese Regeln schützen unsere Daten, sichern staatliche Rechenschaftspflicht, verhindern, dass Künstliche Intelligenz (KI) über Lebensentscheidungen von Menschen bestimmt, und bewahren unsere Gesellschaften vor unkontrollierter Überwachung. Wenn die Europäische Kommission ihren Kurs nicht ändert, droht der größte Rückschritt bei den digitalen Grundrechten in der Geschichte der EU. All das geschieht weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit – mit überstürzten und intransparenten Verfahren, die demokratische Kontrolle gezielt umgehen. (…) Die Eingriffe drohen schlechte Arbeitsbedingungen zu verschärfen, gefährliche Chemikalien in Kosmetika zu ermöglichen oder zur Luft- und Wasserverschmutzung beizutragen – mit gravierenden Folgen für die Gesundheit der Menschen. In dem kommenden Digital Omnibus plant die Kommission Berichten zufolge, die einzige klare Regel im ePrivacy Framework aufzuweichen, die Unternehmen und Regierungen daran hindert, das Verhalten der Menschen auf ihren Geräten ständig zu verfolgen. (…) Auch die gerade erst verabschiedeten KI-Regeln sind gefährdet. Der Omnibus soll einige der Sicherheitsvorkehrungen abschaffen, die eine sichere und diskriminierungsfreie Entwicklung von KI gewährleisten sollen, und zentrale Elemente wie Sanktionen für den Verkauf riskanter KI-Systeme verzögern. (…) Selbst die als weltweiter Maßstab geltende Datenschutzverordnung der EU, eine der größten europäischen Errungenschaften, soll wieder aufgeschnürt und ausgehöhlt werden. Künftig könnten Unternehmen ihre Einhaltung selbst bewerten, was den Kern dieses Gesetzes zerstören würde. (…) Indem die EU zentrale Gesetze wie die DSGVO, ePrivacy, den AI Act, DSA, DMA, die Open-Internet-Verordnung (DNA) oder die Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten in nachhaltigen Lieferketten als „Bürokratie“ abtut, gibt sie dem Druck mächtiger Unternehmens- und Staatsakteure nach, welche die Prinzipien eines fairen, sicheren und demokratischen digitalen Raums ablehnen – und EU-Standards zu ihrem eigenen Vorteil absenken wollen. Wir fordern die Europäische Kommission daher auf: 1. jegliche Versuche sofort zu stoppen, die DSGVO, das ePrivacy Framework, den AI Act oder andere zentrale digitalen Rechte wieder zu öffnen; 2. das Bekenntnis der EU zu einer rechtebasierten digitalen Ordnung zu erneuern – einschließlich einer konsequenten Durchsetzung bestehender Schutzvorschriften; und 3. institutionelle Rechenschaftspflicht zu wahren, echte Beteiligung der Zivilgesellschaft und betroffener Gruppen zu ermöglichen und die Integrität des demokratischen Prozesses der EU zu bewahren. Es ist noch nicht zu spät für die Europäische Kommission, den Kurs zu ändern – und die Gesetze zu verteidigen, die uns alle schützen, statt sie zu demontieren…“ Aus dem Offenen Brief bei Digitalcourage am 13. November 2025 externer Link
  • Siehe die 4-seitige englische Originalfassung externer Link
  • Siehe die erste Meldung dazu „Die EU-Kommission will mehr Erleichterungen für Unternehmen beim Datenschutz. Die kleine Anpassung der DSGVO könnte der Vorbote einer größeren Deregulierungskampagne sein“ im Dossier Gefahr droht durch das neue EU-Datenschutzrecht (DS-GVO)

Siehe auch unser Dossier: Bürokratieabbau: Regulierung im gesellschaftlichen Interesse statt „Better Regulation“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=231998
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