Angriff auf unliebsame Ansichten zu Rechtstaat und Rechtsetzung durch eine fragwürdige Rechtskonstruktion von Seiten der Staatsanwaltschaft Kempten

AI: Meinungsfreiheit ist ein Menschenrecht!„… Meine Frau und ich, als Gründer und letzte Funktionäre der ehemaligen Grundrechtepartei und anschließend Treuhänder der nicht rechtsfähigen Grundrechte(treuhand)stiftung, werden angeklagt der gewerbsmäßigen Veruntreuung von Spendengeldern in vier Fällen; konkret der Untreue gegenüber den Spendern als Vermögensinhaber der Spenden. Klingt hart, ist hart. (…) Es soll sich gemäß Anklage (…) nicht um Untreue gegenüber der Grundrechtepartei oder der nicht rechtsfähigen Grundrechte(treuhand)stiftung handeln, sondern ausschließlich um Untreue gegenüber nicht im Einzelnen benannten Spendern – jedoch ohne deren Vermögensschaden. (…) Im Zuge dessen hat der Staatsschutz(!) der Kriminalpolizei Kempten alle unsere Dokumentenordner und Speichermedien konfisziert und insgesamt ca. ein Jahr ermittelt. (…) Angesichts der eindeutigen Tatbestandsmerkmale sowie der entsprechenden Rechtsprechung zum »Mädchen für Alles«-Straftatbestand der Untreue kann hier nicht lediglich von Fehlern in der Ermittlungsarbeit gesprochen werden. Vielmehr ist zu vermuten, dass es im vorliegenden Fall um eine finale Lösung des in allen Verfassungsorganen bekannten »Problems« der justizkritischen Arbeit der Grundrechtepartei an sich geht, selbst nach deren Auflösung. Die hierfür missbrauchten Mittel der staatlichen Gewalt sprechen für sich. (…) Inwieweit diese »verbrecherischen« Ausgaben nun tatsächlich den gegenüber Spendern unmöglich zu verwirklichenden Straftatbestand der Untreue verwirklicht haben sollen, unterfällt nunmehr der – hoffentlich dem Wortlaut und Wortsinn der entsprechenden Gesetze entsprechenden – rechtlichen Beurteilung durch das Amtsgericht Kaufbeuren am 14.01.2020 sowie der moralischen Beurteilung durch die Öffentlichkeit…“ Stellungnahme von Ingmar Vetter vom 24. November 2019 bei Grundrechte.org externer Link und unser Kommentar dazu:

  • Auch wenn wir nicht alle Hintergründe im Detail nachvollziehen können, ist der Vorgang jedoch erschreckend. Denn dass die Staatsanwaltschaft sich hier etwas zusammenbastelt, um jemanden mundtot zu machen, ist unverkennbar – aber auch nicht unbedingt neu. Als z.B. der Jurist Ingo Müller 1987 unter dem Titel „Furchtbare Juristen – Die unbewältigte Vergangenheit unserer Justiz“ (Neuauflage 2018) als erster den Anteil und Einfluss ehemaliger Nazi-Richter in der deutschen Nachkriegsjustiz umfangreich analysierte und veröffentlichte, bekam er keinen Fuß mehr in die deutsche Juristen-Landschaft und wurde zum Außenseiter. Daran erinnert uns dieser Vorgang, auch wenn hier die ungeliebte Meinung in der existenziellen Konsequenz bedrohlicher ist. Ungewollt enthält dieser ganz fragwürdige Vorgang jedoch auch ein Kompliment: Offensichtlich kennt sich Ingmar Vetter zu gut mit der verfassungsrechtlichen Materie aus und ist zu aktiv, als dass man ihn einfach in die Ecke „Laie ohne Fachkompetenz“ stellen könnte. Wir hoffen, dass die Justiz in Kempten am 14. Januar keinen Präzedenzfall zum Ausschalten staatlich unerwünschter Ansichten durch ein Rechtskonstrukt schafft, dessen Fragwürdigkeit auch für Laien nicht zu übersehen ist. Der ziemlich weitreichende Schutz der Meinungsfreiheit nach dem Bundesverfassungsgericht (vgl. BVerfGE 1 BvR 811/17 vom 27. August 2019) kann sich wohl schwerlich nur auf die NPD beziehen. Auch bisher unbekannte Rechtskonstruktionen zu § 266 StGB dürfen nicht zum Umweg für einen Angriff auf das Grundrecht auf freie Meinung werden. Nur eine streitbare Demokratie, ist auch eine wehrhafte Demokratie.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=157881
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