Behörden dürfen Bürgern, die Informationen wollen, keine abschreckend hohen Gebühren mehr aufbrummen

Dossier

Bargeld (Foto: Mag Wompel)„… Niemand braucht in Zukunft mehr hohe Gebühren zu fürchten, wenn er bei einer Behörde Auskünfte beantragt. Das hat am Donnerstag das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden. Anlass war eine Klage des Correctiv-Reporters Daniel Drepper und des freien Journalisten Niklas Schenck gegen das Bundesinnenministerium. Das Ministerium hatte den Reportern für eine Anfrage fast 15.000 Euro Gebühren berechnet. (…) Die Behörde hatte die Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz in mehr als 60 Einzelfälle zerteilt und dafür statt der vorgesehenen höchstens 500 Euro insgesamt fast 15.000 Euro verlangt. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass dieses Vorgehen und die hohen Gebühren eine abschreckende Wirkung auf andere Bürger habe. Diese abschreckende Wirkung darf es laut Gesetz jedoch nicht geben. Deshalb habe das Innenministerium gegen das Informationsfreiheitsgesetz verstoßen. In Zukunft dürfen Anfragen maximal 500 Euro kosten…“ Beitrag von Markus Grill vom 20. Oktober 2016 bei CORRECT!V externer Link, siehe dazu:

  • Verfassungsbeschwerde: Hohe Gebühren auf dem Prüfstand New
    „… Im vergangenen Herbst hat das Bundesverwaltungsgericht überraschend unsere Klage gegen überhöhte Gebühren für Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) abgewiesen. Entgegen der Vorinstanz entschied das Gericht, dass Behörden bei IFG-Anfragen ihren Aufwand bis zu einer Höchstgrenze von 500 Euro nach einem ermäßigten Stundensatz abrechnen können. Damit durfte das Bundesinnenministerium nach dem Urteil für einen Arbeitsaufwand von nur vier Stunden insgesamt 235 Euro in Rechnung stellen. Durch eine solche Gebührenpraxis werden vor allem Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, vom Zugang zu Informationen ausgeschlossen. Einfache Anfragen, deren Bearbeitung nur wenige Stunden dauern, sind auf diese Weise besonders teuer, während aufwändigere Anfragen alle 500 Euro kosten. Hierin liegt unserer Meinung nach ein Verstoß gegen das Abschreckungsverbot und gegen die Gebührengerechtigkeit. Deshalb haben wir vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde eingelegt. (…) Das Grundrecht auf Informationszugang ist für die freiheitlich-demokratische Staatsordnung besonders wichtig. Die Debatte von Themen des öffentlichen Interesses lebt von verlässlichen Informationen. Schließlich wird die Kontrolle politischer und behördlicher Prozesse so erst ermöglicht. Für den gesamten Bereich der Informationsfreiheit wäre es daher sehr wichtig, wenn das Bundesverfassungsgericht eine grundsätzliche Entscheidung zur Stärkung der Informationsfreiheit treffen würde. Während der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gerade zuletzt oft die Bedeutung des Zugangs zu Originaldokumenten als „politisches Mitwirkungsrecht“ betont hat, hat das Bundesverfassungsgericht bislang kaum die Bedeutung des Grundrechts herausgehoben. Das Gericht in Karlsruhe nimmt insgesamt nur sehr wenige Verfahren zur Entscheidung an – wir hoffen nun, dass unseres dazugehören wird…“ Beitrag von Phillip Hofmann vom 27. Mai 2021 für und bei ‚FragDenStaat‘ externer Link mit Link zum Text der Verfassungsbeschwerde
  • Bundesverwaltungsgericht: Gebührenerhebung nicht rechtswidrig 
    Nach unserer Klage hat das Bundesverwaltungsgericht heute überraschenderweise entschieden, dass das Innenministerium auch weiterhin in Einzelfällen erhöhte Gebühren für Auskünfte erheben darf. Damit deutet sich ein Richtungswechsel am obersten Gerichtshof an. Anfragen an Bundesbehörden bleiben in manchen Fällen teuer. Das hat das Bundesverwaltungsgericht heute sehr überraschend nach unserer Klage gegen das Bundesinnenministerium externer Link entschieden. Danach dürfen Behörden bei Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) einen Teil ihres Aufwands Antragsteller:innen in Rechnung stellen. Damit legt das Bundesverwaltungsgericht eine Kehrtwende in der Gebührenpraxis für Bundesbehörden ein. Es erlaubte dem Bundesinnenministerium nach unserer Klage, für einen Aufwand von vier Stunden 235 Euro Gebühren in Rechnung zu stellen. Behörden dürften zwar auch niedrigere Gebühren verlangen. Abschreckend hoch sei diese Gebühr laut Gericht angeblich nicht externer Link. Damit urteilt das Bundesverwaltungsgericht bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr gegen klare, übereinstimmende Urteile des Verwaltungsgerichts und Oberverwaltungsgerichts. (…) Weder im bisherigen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht noch im Verlauf der Verhandlung im Bundesverwaltungsgericht hatte sich angedeutet, dass das Gericht die Gebührenpraxis des Innenministeriums befürworten würde. Dementsprechend überraschend kommt das Urteil, dessen ausführliche Begründung in sechs Wochen erscheinen wird. Wir werden prüfen, ob wir dagegen Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht einlegen können. (…) Das Urteil bekräftigt unsere Forderung nach einem bundesweiten Transparenzgesetz und einer Abschaffung von Gebühren für Auskünfte. Bürger:innen sollten nicht erneut für Informationen zahlen müssen, die mit Steuergeldern finanziert wurden…“ Beitrag von Arne Semsrott  vom 13. Oktober 2020 bei FragDenStaat externer Link
  • siehe dazu auch die BVerwG-Pressemitteilung Nr. 87/2016 zum Urteil BVerwG 7 C 6.15 vom 20. Oktober 2016 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=106048
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