Registermodernisierung und Steuer-ID: Eine Nummer, sie alle zu finden

Dossier

"Lass Dich nicht erfassen!"„Einmal eingeführte Überwachungsinstrumente werden später ausgeweitet. Ein Paradebeispiel dafür ist die einheitliche Steuer-Identifikationsnummer, die jetzt als Personenkennziffer zum Datenabgleich der Bürger:innen genutzt werden soll. Alternative und datenschutzfreundlichere Modelle hat die Bundesregierung bislang verworfen, obwohl ihr Vorschlag verfassungswidrig sein dürfte. (…) Problematisch ist die Einführung einer Personenkennzahl unter anderem wegen des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichtes und dem möglichen Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.(…) Nach der Einführung der Steuer-ID warnte 2011 der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, dass die Nutzung der Steuer-ID entgegen aller Beteuerungen „schleichend ausgeweitet“ würde. Die Steuer-ID werde durch die Hintertür zu einer allgemeinen Personenkennziffer, was die Gefahr der Bildung aussagekräftiger Persönlichkeitsprofile verstärke…“ Beitrag von Markus Reuter vom 9. Juli 2020 bei Netzpolitik.org externer Link und weitere zu Protesten sowie Hintergründen:

  • Registermodernisierung: Ampel wird Steuer-ID als Personenkennziffer nutzen New
    „Die Ampel hält bei der Registermodernisierung an umstrittenen Konzepten der Vorgängerregierung fest. Gegen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Einführung einer Personenkennziffer soll ein sogenanntes „Datenschutzcockpit“ helfen.
    Die Ampel ist sich nach eigener Auskunft bei der Registermodernisierung einig. Das Projekt soll unterschiedliche Datenbanken von Behörden verknüpfen und dafür sorgen, dass bei Bürger:innenanträgen Daten zwischen Behörden ausgetauscht werden können. Dabei will die Bundesregierung – wie schon von der Großen Koalition im Jahr 2020 beschlossen – bei der Verknüpfung der Register auf die Steuer-ID setzen. Diese Entscheidung ist verfassungsrechtlich bedenklich, da die Steuer-ID damit zu einer Personenkennziffer wird, mit der technisch alle Daten einer Person zusammengeführt werden können. Auch zivilgesellschaftliche Organisation sprechen sich bei der Verwaltungsdigitalisierung gegen eine zentrale ID aus. (…) Laut dem Entschließungsantrag externer Link will die Ampel-Koalition verfassungsrechtlichen Bedenken durch „rechtliche, technische und organisatorische Schutzmaßnahmen“ entgegenwirken. Zu diesen zählen unter anderem Regelungen, Schulungen und Protokollpflichten sowie ein erweitertes „Datenschutzcockpit“. Hier sollen Bürger:innen transparent einsehen können, welche Behörde Zugriff auf ihre Daten hat und welche Daten übermittelt wurden. In einem weiteren Schritt sollen sie die eigenen Bestandsdaten auch selbst einsehen können. (…) Problematisch ist die Einführung einer Personenkennzahl unter anderem wegen des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983 und dem möglichen Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Urteil untersagt dem Staat die Verknüpfung von personenbezogenen Daten mit einer übergreifenden Identifikationsnummer, da dies die Gefahr einer möglichen Profilbildung berge. Auch frühere Entscheidungen des Gerichts, etwa das Mikrozensus-Urteil aus dem Jahr 1969, wendeten sich gegen die Personenkennziffer. Demnach widerspreche es der menschlichen Würde, Menschen zu einem bloßen Objekt im Staat zu machen (…) Bereits im Jahr 2011 warnte der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar, dass die Nutzung der Steuer-ID entgegen aller Beteuerungen „schleichend ausgeweitet“ werde. (…) Der grüne Innenpolitiker Konstantin von Notz hatte die Nutzung der Steuer-ID damals gegenüber netzpolitik.org noch als „Offenbarungseid“ bezeichnet. Er kritisierte, dass das Bundesinnenministerium entgegen wissenschaftlicher Gutachten, rechtlicher und politischer Bedenken – sogar aus dem eigenen Haus – die Steuer-ID verwaltungsübergreifend nutzen wolle. Das werde „früher oder später vor dem Bundesverfassungsgericht landen“, so von Notz damals. Beitrag von Markus Reuter vom 21. Juni 2023 bei Netzpolitik.org externer Link
  • [Jahressteuergesetz als Registermodernisierungsgesetz 2.0] Kritik an „Personenkennziffer“ aus Kontonummer und Steuer-ID 
    Laut Jahressteuergesetz soll die Steuer-ID mit Kontoverbindungsdaten zusammengeführt werden, um etwa das Klimageld zahlen zu können. Datenschützer sind dagegen. Wie kann der Staat seinen Bürgern am einfachsten Geld zukommen lassen wie etwa die mit der Gas-, Wärme- und Strompreisbremse verknüpften Ausgleichszahlungen? Der Gesetzgeber setzt dafür unter anderem darauf, dass das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die seit Jahren umstrittene einheitliche Steuer-Identifikationsnummer bis 2024 mit der internationalen Kontonummer (IBAN) sowie gegebenenfalls dem BIC verknüpfen soll. Doch dieser vom Bundestag Anfang Dezember mit dem Jahressteuergesetz 2022 beschlossene Ansatz ist heftig umstritten. (…) Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber appellierte dagegen schon während des Gesetzgebungsverfahrens im Herbst vergeblich an die Abgeordneten, die Klausel zu überarbeiten und „verfassungsgemäße, mildere Mittel wie die Nutzung bereichsspezifischer Lösungen“ oder den Rückgriff auf bereits vorhandene Datenbestände vorzusehen. Das Ziel, staatliche Direktzahlungen möglichst unkompliziert zu gestalten, sehe auch er zwar als „gesellschaftlich überragend wichtig an“. Leider habe die Bundesregierung mit ihrem Entwurf dafür aber einen „datenschutzrechtlich nicht optimalen Weg gewählt“. Bereits mit dem Registermodernisierungsgesetz sei die Steuer-ID zu einer Identifikations- und Bürgernummer für allgemeine Zwecke außerhalb der Finanzverwaltung geworden, moniert Kelber in dem heise online vorliegenden Schreiben an den Finanzausschuss des Bundestags. Schon dies komme der Einführung eines bereichsübergreifenden Personenkennzeichens gleich, was das Bilden von Profilen „übermäßig“ erleichtere und so „den besonders geschützten geistigen Innenraum“ der Bürger gefährde. Es gebe keine hinreichenden Hürden, um Missbrauch effektiv zu verhindern. Neben Datenschützern waren vor zwei Jahren etwa auch Forscher, Sachverständige und Bürgerrechtler gegen die Reform Sturm gelaufen. Mit der Änderung im Jahressteuergesetz wird diese an sich schon verfassungsrechtlich kritische Situation laut dem Kontrolleur verschärft…“ Artikel von Stefan Krempl vom 07.01.2023 in Heise News externer Link
  • EU-weite Online-Ausweise: Lebenslange Identifikationsnummer vorerst vom Tisch 
    „… Einen „eindeutigen und dauerhaften elektronischen Identifikator“, der jedem Menschen für das gesamte Leben zugewiesen und abgeprüft werden soll – das sieht Artikel 11a des Verordnungsentwurfs für eine europäische digitale Identität (EUid) vor. Doch nun plädiert die EU-Kommission für eine datenschutzfreundlichere Interpretation: „Es ist nicht notwendig, eine einzige Kennung zu haben“, sagte ein Sprecher gegenüber dem Portal Euractiv. Sollten Identifikatoren verwendet werden, „müssen die strengsten rechtlichen und technischen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden“, meint die Kommission. Für die überwiegende Mehrheit der Anwendungsfälle wie Online-Shopping, Mieten von Fahrrädern oder Zugang zu Sozialen Netzen seien keine dauerhaften Kennungen erforderlich. Eindeutige Identifikatoren dürften nur verwendet werden, wenn dies ein Mitgliedsstaat vorschreibt. (…) Bürgerrechtler wie Thomas Lohninger von epicenter.works hatten zuvor von einem „hochproblematischen Dossier“ gesprochen. Sie warnten, dass mit dem lebenslangen eindeutigen Identifikator Informationen aus zahlreichen Lebensbereichen zusammengeführt und die Bürger so gläsern werden könnten. Da das Konzept der elektronischen Brieftasche die Wirtschaft einschließt, sei das Überwachungspotenzial groß. Beispielsweise könnten Verlage darüber Abonnements abwickeln und zielgerichtet Werbung schalten. (…) Dass die Kommission nun „selbst vor ihrem eigenen Vorschlag zurückschreckt“, wertet Lohninger als weiteren Beweis dafür, „wie gefährlich eine solche eindeutige, lebenslange Kennung wäre“. Als Kompromiss schlägt er vor, dass IDs nur für jeweils einen einzelnen Dienst eindeutig sein sollten, aber nicht Diensteübergreifend. Im federführenden Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) des EU-Parlaments liegen Änderungsanträge auf. Einer verlangt, Erkennungsmarker nur in grenzüberschreitendem Kontext zu verwenden, während die Entscheidung für die nationale Ebene den Mitgliedstaaten überlassen bliebe. Korrekturvorschläge beziehen sich ferner auf die ebenfalls umstrittene Initiative der Kommission, wonach Webbrowser wie Chromium. Chrome, Edge, Firefox, Opera und Safari qualifizierte Zertifikate für Webseiten-Authentifizierung anerkennen müssten.“ Beitrag von Stefan Krempl vom 12. Juli 2022 bei heise online externer Link
  • Registermodernisierung: Sächsischer Datenschutzbeauftragter will Personenkennziffer noch kippen 
    „Kurz vor der Abstimmung des Registermodernisierungsgesetzes fordert der sächsische Datenschutzbeauftragte seine Regierung auf, gegen das Gesetz zu stimmen. (…) Der Bundesrat stimmt voraussichtlich am 5. März über das Registermodernisierungsgesetz ab. Dieses Gesetz, das der Bundestag schon im Januar verabschiedet hat, enthält die Einführung einer Personenkennzahl für jeden Menschen in Deutschland und will dafür die Steuer-ID nutzen. Das Problem an einer zentralen Personenkennzahl ist, dass man damit eine technische Möglichḱeit schafft, an dieser ID staatliche Datenbanken und Register zusammenzuführen. Andreas Schurig warnt genau davor in seiner Pressemitteilung: „Durch die Schaffung eines einheitlichen und verwaltungsübergreifenden Personenkennzeichens besteht die Gefahr, dass umfangreiche Persönlichkeitsprofile erstellt werden – ein großer Schritt zum gläsernen Bürger.“ Mit Verweis auf die Einführung einer Personenkennzahl in der DDR in den 1970er-Jahren macht der Datenschutzbeauftragte auch historische Gründe geltend, warum Sachsen das Ansinnen ablehnen solle. (…) Im Entstehungsprozess des Gesetzes hatte die Konferenz aller deutschen Datenschutzbeauftragten erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert und von der Bundesregierung gefordert, dass diese statt der Steuer-ID neue bereichsspezifische Personenkennziffern einführen solle. Mit diesem alternativen Modell, das etwa in Österreich genutzt wird, hemmt man schon in der Architektur eine Zusammenführung der Daten. Dieses Verfahren erschwere den einseitigen staatlichen Abgleich, ermögliche jedoch ebenso, eine natürliche Person eindeutig zu identifizieren, so Schurig. Problematisch ist die Einführung einer Personenkennzahl unter anderem wegen des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichtes und dem möglichen Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Urteil untersagt dem Staat die Verknüpfung von personenbezogenen Daten mit einer übergreifenden Identifikationsnummer wegen einer möglichen Profilbildung. (…) Schon frühere Entscheidungen des Gerichtes, etwa das Mikrozensus-Urteil von 1969, wendeten sich gegen die Personenkennziffer. Dort hieß es, dass es der menschlichen Würde widerspreche, den Menschen zum bloßen Objekt im Staat zu machen…“ Beitrag von Markus Reuter vom 3. März 2021 bei Netzpolitik.org externer Link
  • Das Problem der Steuer-ID und wie wir alle zu einer besseren Lösung beitragen könnten 
    „Das Identifikationsnummergesetz ist gegen die Stimmen sämtlicher Oppositionsfraktionen verabschiedet worden. Durch die Verwendung der ohnehin schon eingeführten Steuer-Id soll die Datenqualität verbessert werden, die eindeutige Zuordnung von Daten einer natürlichen Person zu einem Verwaltungsverfahren ermöglicht werden und der „Beibringungsaufwand“ für die betroffenen Menschen reduziert werden. Damit wird ein Datenchaos bei den Behörden eingeleitet, gegen das selbst die – nicht gerade wenigen – Megaflops von IT-Projekten dieser Bundesregierung sich noch als Kleinigkeiten herausstellen werden. Gleichzeitig liegt hier ein Problem vor, das der Gesetzgeber allein gar nicht lösen KANN. Nur wenn wir alle bereit wären, ein eindeutig jeder Person zuordenbares Identifikationsmerkmal, wie zum Beispiel die Abdrücke der beiden Zeigefinger, als allgemeines Identifikationskennzeichen für Behörden zu akzeptieren, könnte das Problem tatsächlich zielführend und effektiv gelöst werden. Und vergessen Sie nicht: Im neuen Personalausweis und Reisepass sind diese beiden Abdrücke ohnehin schon verpflichtend enthalten und liegen damit „dem Staat“ in digitaler Form bereits vor. (…) Was – mich jedenfalls – an diesem Vorhaben so stört: 1. Diese Bundesregierung und das von ihr federführend mit der Umsetzung von IT- Projekten beauftragte Bundesministerium des Inneren kriegt nachweislich seit zig Jahren selbst überschaubare und dringend notwendige IT-Projekte nicht hin. Beispiele dafür gibt es auf dieser Webseite, sie gründen sich maßgeblich auf massive Kritik des Bundesrechnungshofs seit Jahren am IT-Projektmanagement und den mangelnden Erfolgen des BMI in dieser Hinsicht. Warum sollte dann ausgerechnet dieses Ministerium eines der größten Vorhaben überhaupt, nämlich die logische Konsolidierung der Datenbanken der größten Behörden hinkriegen?! 2. Eigene Kompetenzen und Kapazitäten sind in den Ministerien, insbesondere im BMI nicht ausreichend vorhanden. Stattdessen werden Berater mit Dienstleistungsaufträgen gemästet. Die für die Auftragnehmer dann besonders lukrativ sind, weil ewig laufend, wenn ein Projekt nicht fertig wird. 3. Die Regierung Merkel hat im Hinblick auf den Umgang mit personenbezogenen Daten noch jedes Versprechen gerissen, das sie zuvor vertrauensheischend und mehr Sicherheit versprechend verkündet hat. Denken Sie an die Beschränkung der Nutzung von Daten aus der Vorratsdatenspeicherung, oder denken Sie an die Beschränkung der Nutzung aus der Lkw-Maut. Das alles war hinterher Schall und Rauch und wurde einem höheren Interesse konservativer Sicherheitspolitik geopfert. Tatsächlich mehr Sicherheit ist dabei nicht rausgekommen, wie man an den Beispielen des Anschlags vom Breitscheidplatz oder am tragischen Beispiel des Anschlags von Hanau sieht, der sich jetzt gerade zum ersten Mal jährt. Warum also sollte man ausgerechnet dieser Regierung abnehmen wenn sie jetzt erneut verspricht, das Befugnisbeschränkungen in diesen konsolidierten Behördendatenbanken „selbstverständlich“ beachtet werden?…“ Beitrag von Abbe vom 19. Februar 2021 bei Police IT externer Link
  • Registermodernisierung: Jetzt kommt die Nummer, mit der staatliche Datenbanken zusammengeführt werden können 
    Der Bundestag will heute entgegen starker verfassungsrechtlicher Bedenken die Nutzung einer universellen Personenkennzahl in der Verwaltung beschließen. Er öffnet damit die Türe zur Profilbildung und zu noch mehr Überwachung der Bürger:innen. (…) Die Regierungskoalition beteuert heute wieder, dass eine Zusammenführung der Register nicht geplant und wegen der dezentralen Datenhaltung gar nicht möglich sei. Alles diene nur der Bequemlichkeit für die Bürger:innen, mit der Nummer würde alles einfacher und schneller. Doch warum sollte man ihr glauben, wenn die Haltbarkeit solcher Datenschutzversprechen gerade einmal 14 Jahre andauert? Persönlichkeitsprofile verstoßen gegen Menschenwürde: Die Einführung einer Personenkennzahl ist mit hohen verfassungsrechtlichen Hürden verbunden. Das Bundesverfassungsgericht hat sich mehrfach gegen eine solche Nummer ausgesprochen. Mit dem Volkszählungsurteil von 1983 schuf das Gericht das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Danach verstößt es gegen die Menschenwürde, also den ersten und wichtigsten Paragrafen des Grundgesetzes, staatliche Persönlichkeitsprofile der Bürger:innen anzulegen. Im vergangenen Spätsommer hatten zudem alle Datenschutzbehörden unisono gewarnt, dass das Gesetz verfassungswidrig sein könnte. Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages sah „erhebliche Schwierigkeiten“. Doch die Bundesregierung hat nicht wirklich nach alternativen, datenschutzfreundlicheren Modellen gesucht, sondern sich von Anfang an auf die Steuer-ID als Kennzahl eingeschossen. (…) Wo Datenbanken sind, da gibt es auch Interesse an ihnen. Alle Erfahrung lehrt: Einmal eingeführte Überwachungsinstrumente werden später ausgeweitet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren die Hürden bei der Personenkennzahl fallen werden. Und wer die Daten aus 50 Registern und Datenbanken zusammenführt, erhält ein sehr genaues Bild über die Lebensumstände eines Menschen. Auch für Geheimdienste und Polizeien ist genau das hochinteressant. In der letzten Fassung des Gesetzentwurfs werden sie noch explizit von der Nutzung der Personenkennziffer ausgeschlossen. Doch wie lange?...“ Kommentar von Markus Reuter vom 28.01.2021 bei Netzpolitik externer Link
  • Studie: Registermodernisierung mit zentraler Bürger-ID ist verfassungswidrig
    Gutachter warnen vor dem gläsernen Bürger, wenn die Steuer-ID künftig auch als allgemeine Personenkennziffer behördenübergreifend genutzt werden könnte. Der umstrittene Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Registermodernisierung ist verfassungs- und europarechtlich nicht zulässig. Zu diesem Ergebnis kommen die Professoren Christoph Sorge (Saarland), Jörn von Lucke (Friedrichshafen) und Indra Spiecker aus Frankfurt in einem jetzt veröffentlichten Gutachten für die liberale Friedrich-Naumann-Stiftung. Stein des Anstoßes: Die Regierung will mit der persönlichen Steueridentifikationsnummer eine allgemeine, registerübergreifende und zentralen Personenkennziffer ohne ausreichende Sicherungen schaffen. Diese Bürgernummer müsste damit in 56 besonders relevanten Datenbanken von Bund und Ländern inklusive der Fahrzeug- und Melderegister hinterlegt werden. Das Konzept erhöht laut den Forschern massiv die Gefahr, dass der Staat und die öffentliche Verwaltung mithilfe von Informationstechnologien in die Lage versetzt würden, „auf Knopfdruck zu einem Bürger ein umfassendes, detailliertes Profil auf Basis aller oder vieler vorliegender Datenbestände in den vorhandenen Registern von Bund, Ländern und Kommunen zu erstellen“. Damit würde ein „gläserner Bürger“ Realität. Ein solches Big-Brother-Szenario müsse angesichts „zunehmender Gesamtüberwachung und weitreichender Ausforschungsmöglichkeiten“ verhindert werden, heißt es in der Studie externer Link. Der Einzelne könnte damit „weder seine Kontrollfunktion noch seine Freiheitsdimension ausleben„…“ Artikel von Stefan Krempl vom 12.12.2020 bei heise news externer Link
  • Datenschutz: Bundesdatenschutzbeauftragter kritisiert Heils Gesetzentwurf 
    „… Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber stellt die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der von Arbeitsminister Heil geplanten Nutzung der Steuer-ID als Identifikationsmerkmal für die digitale Rentenübersicht infrage. Das geht aus einer Stellungnahme Kelbers zum Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums vor, die Telepolis vorliegt. (…) Der Gesetzentwurf zur digitalen Rentenübersicht sei “ aus datenschutzrechtlicher Sicht bedenklich“, heißt es in der Stellungnahme des Bundesdatenschutzbeauftragten an das Bundesarbeitsministerium. (…) Die Verwendung der Steueridentifikationsnummer unterliege „aus verfassungsrechtlichen Gründen“, betont Kelber, „einer strikten in § 139b Abs. 4 AO abschließend geregelten Zweckbindung, die sich ausschließlich auf steuerliche Zwecke bezieht“. Die geplante Zweckerweiterung bilde einen „Fremdkörper, indem nunmehr auch eine Verwendung der Steueridentifikationsnummer für andere als steuerliche Zwecke in der Abgabenordnung normiert“ werde. Der Bundesdatenschutzbeauftragte kritisiert des Weiteren, dass in Heils Gesetzentwurf eine Begründung fehlt, „warum eine Erweiterung der Zweckbindung für außerhalb der Abgabenordnung liegende Zwecke in der Abgabenordnung verfassungsrechtlich zulässig ist“. Weiter heißt es: „Insbesondere ist nichts dazu ausgeführt, warum eine Verwendung der Steueridentifikationsnummer, die einer strengen Zweckbindung für steuerliche Zwecke unterliegt, erforderlich ist. Andere Alternativen, wie etwa die Verwendung der Sozialversicherungsnummer werden nicht in Betracht gezogen.“ Das ist so nicht ganz richtig. Tatsächlich enthält die Gesetzesbegründung bereits in der Fassung des Referentenentwurfs die Auseinandersetzung mit einer alternativen Erfassung der Sozialversicherungsnummer: Die Alternative wird mit der Begründung abgelehnt, dass nicht alle Bürger eine Sozialversicherungsnummer haben und die Steuer-ID zudem entweder von etlichen Vorsorgeeinrichtungen bereits rechtmäßig erfasst worden sei oder zu einem späteren Zeitpunkt ohnehin erfasst würde. Ob diese Argumentation den Bundesdatenschutzbeauftragten überzeugt, bleibt unklar, zumal Kelber laut Auskunft der obersten Behörde für Datenschutz und Informationssicherheit zum inzwischen veröffentlichten Kabinettsentwurf für eine digitale Rentenübersicht keine weitere Stellungnahme erstellt hat. (…) Tatsächlich gewinnt Heils Plan, die Steuer-ID für außersteuerliche Zwecke zu verwenden, auch eine besondere Bedeutung vor dem Hintergrund eines zweiten, zeitlich parallel von Bundesinnenminister Seehofer verfolgten Gesetzesvorhabens zur Registermodernisierung, das im Rahmen der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ein „registerübergreifendes Identitätsmanagement“ vorsieht. Dazu soll die Steuer-Identifikationsnummer zur allgemeinen Bürgernummer ausgeweitet werden. (…) Beide Gesetzesvorhaben (Digitale Rentenübersicht und Bürgernummer) zeigen das Bestreben der Bundesregierung, die aus verfassungsrechtlichen Gründen zugesicherte Zweckbindung der Nutzung der Steuer-ID aufzulösen. Trotz dieser verfassungsrechtlichen Relevanz ist die mediale Resonanz darauf bisher eher gering.“ Beitrag von Brigitta Engel und Florian Rötzer vom 1. Oktober 2020 bei Telepolis externer Link
  • Personenkennziffer: Gutachten des Bundestages sieht „erhebliche Schwierigkeiten“ 
    „Es hagelt weiter Kritik an der Registermodernisierung, bei der die Bundesregierung der gesamten Bevölkerung individuelle Erkennungsnummern verpassen will. Das Vorhaben könnte verfassungswidrig sein, sagt nun auch der wissenschaftliche Dienst des Parlaments. Innenminister Seehofer will den Entwurf diese Woche beschließen. (…) Mit dem Gesetz würde es technisch möglich, mehr als 50 unterschiedliche staatliche Datenbanken und Register miteinander zu verknüpfen. Wer diese Daten zusammenführt, erhält ein sehr genaues Bild über die Lebensumstände eines Menschen. In der Einschätzung des wissenschaftlichen Dienstes heißt es, dass die vorgeschlagene Ausweitung der Nutzung der Steuer-ID als allgemeines oder bereichsübergreifendes Personenkennzeichen „erhebliche Schwierigkeiten“ berge. Für eine umfassende Abwägung der Verfassungskonformität fehle aufgrund des straffen Zeitplans der Bundesregierung die Zeit. Es sei jedoch mindestens als offen anzusehen, ob der Zweck und die geplanten Schutzmaßnahmen ausreichen, um die hohe Intensität des damit verbundenen Grundrechtseingriffs zu rechtfertigen. (…) Das Gutachten moniert unter anderem, dass nicht ausdrücklich durch eine Regelung ausgeschlossen werden soll, dass die Identifikationsnummer zum Abruf von Informationen aus Registern genutzt wird, die über die eigentlich vorgesehen Basis-Daten hinausgehen. Das Gutachten sieht in Zusammenhang mit der Datenschutzgrundverordnung eine weitere Gefahr: „Da die Zweckbindung der Verarbeitung der Identifikationsnummer zudem nicht ausschließlich auf die Identifikation von Personen gegenüber der Verwaltung beschränkt ist, ist die Verarbeitung zu anderen Zwecken bis hin zur Nutzung der Steuer-ID in der Privatwirtschaft rechtlich nicht eindeutig ausgeschlossen.“ (…) Aus Perspektive der Grundrechte sind die Pläne der Bundesregierung nicht nachvollziehbar, denn ein datenschutzfreundlicheres Modell liegt auf dem Tisch. In Österreich gibt es seit Jahren so genannte bereichsspezifische Personenkennziffern, die im Gegensatz zu den deutschen Plänen jeweils immer nur eine Behörde nutzen kann. Ein solches Modell verhindert technisch den Missbrauch und erschwert die Zusammenführung der Daten. Das Modell aus dem Nachbarland könnte die verfassungsmäßigen Bedenken mindestens lindern, wenn nicht gar ausräumen. Dem Bundesinnenministerium ist diese Alternative seit Jahren bekannt. Doch dort hält man den Schutz der Grundrechte für zu teuer und zu komplex. Es brauche doppelt so lange, dieses System einzuführen, heißt es im Gesetzentwurf.“ Beitrag von Markus Reuter vom 21. September 2020 bei Netzpolitik.org externer Link
  • Steuer-ID soll auch für Rentenübersicht genutzt werden / BigBrotherAwards 2020 für die Personenkennziffer 
    Die Bundesregierung treibt die von Datenschützern kritisierte Ausweitung der Nutzung der Steuer-ID weiter voran. Bundesarbeitsminister Heil plant ihre Nutzung für die digitale Rentenübersicht. Innenminister Seehofer plant ihre Umwandlung in eine Bürgernummer. Bundesarbeitsminister Heil plant die Ausweitung der Nutzung der Steuer-Identifikationsnummer im Rahmen der digitalen Rentenübersicht. Das Online-Portal soll Bürger ab 2023 über individuelle Ansprüche aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Alterssicherung informieren. Wer das Online-Portal nutzen will, muss darin einwilligen, dass seine SteuerID für nicht-steuerliche Zwecke verwendet wird. Das sieht ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 26.08. vor. (…) Der aktuelle Gesetzentwurf zur digitalen Rentenübersicht externer Link weist nun darauf hin, dass die Steuer-ID „mit Einwillligung der betroffenen Person auch für außersteuerliche Zwecke verwendet werden kann“. Tatsächlich hatten CDU/CSU und SPD 2017 im Rahmen des Gesetzes „zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften“ unter Berufung auf die Datenschutzgrundverordnung dafür die gesetzliche Grundlage geschaffen. Zur Umsetzung der nun geplanten digitalen Rentenübersicht wird bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine „Zentrale Stelle für die digitale Rentenübersicht“ geschaffen. Bei einer Anfrage soll der Bürger seine Steuer-ID angeben, danach werden seine Daten bei den Vorsorgeeinrichtungen abgerufen und ihm gebündelt in einer Übersicht gezeigt. Mit seiner Einwilligung können die Daten nach der ersten Anfrage im Portal gespeichert werden. Der Gesetzentwurf sieht allerdings auch vor, dass die Steuer-ID schon vor einer etwaigen Anfrage bei den an das Portal angebundenen Vorsorgeeinrichtungen erfasst und dem jeweiligen Kundensatz zugeordnet sein muss. (…) Besondere Bedeutung gewinnt Heils Gesetzesvorhaben vor dem Hintergrund eines zweiten, zeitlich parallel von Bundesinnenminister Seeehofer verfolgten Gesetzesvorhabens zur Registermodernisierung, das im Rahmen der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ein „registerübergreifendes Identitätsmanagement“ vorsieht…“ Artikel von Brigitta Engel vom 18. September 2020 bei telepolis externer Link

  • Innenministerium will trotz besserer Alternative zentrale Personenkennziffer einführen / Personenkennziffer: Das Grundgesetz darf keine Kostenfrage sein 
    • Innenministerium will trotz besserer Alternative zentrale Personenkennziffer einführen
      Horst Seehofer will die Steuer-ID als universelle Personenkennziffer einführen. Weil das Vorhaben technisch die Zusammenführung aller Daten der Bürger:innen ermöglicht, könnte es verfassungswidrig sein. Wir veröffentlichen und analysieren den Referentenentwurf des Registermodernisierungsgesetzes. Für die Registermodernisierung in Deutschland liegt nun der Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums externer Link vor, den wir dieser Stelle im Volltext veröffentlichen. Zentraler Punkt des Gesetzes ist die Etablierung der Steuer-Identifikationsnummer als behördenübergreifend genutztes Personenkennzeichen. Die Einführung einer solchen Personenkennziffer ist verfassungsrechtlich höchst umstritten: dem Anliegen steht unter anderem das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes externer Link wegen eines möglichen Verstoßes gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung externer Link entgegen. Das Urteil untersagt dem Staat die Verknüpfung von personenbezogenen Daten mit einer übergreifenden Identifikationsnummer, weil dadurch eine Profilbildung ermöglicht wird. Die Steuer-ID ist die erste und einzige Nummer, die bei allen in Deutschland geborenen Bewohner:innen ihr Leben lang gleich bleibt, man bekommt sie bei Geburt und behält sie bis über den Tod hinaus. Als die Steuer-ID im Jahr 2007 eingeführt wurde, gab es wegen einer möglichen Nutzung als Personenkennziffer Kritik von Datenschützer:innen. Sie wurde damals als Panikmache weggewischt. Nun allerdings passiert genau das, vor dem damals gewarnt wurde. Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Zusammenführung der Register-Daten zwar nicht vor, ermöglicht diese aber technisch. Register sind Datenbanken, die in Kommunen, Ländern und im Bund vorliegen. Das Gesetz betrifft etwa 50 unterschiedliche Register vom Anwaltsverzeichnis über Daten der Agentur für Arbeit bis hin zum Versichertenverzeichnis der Krankenkassen. (…) Um nicht direkt verfassungswidrig zu sein, versucht der Gesetzentwurf in §3 die Konstruktion der „Registermodernisierungsbehörde“, die beim Bundesverwaltungsamt angesiedelt sein soll. Diese Behörde würde als eine Art Datenmittlerin zwischen dem Bundeszentralamt für Steuern, wo die Steuer-ID geführt wird, und den anderen registerführenden Behörden dienen. Sie übermittelt die Steuer-ID und dann auch die zugehörigen „Basisdaten“, führt aber kein eigenes Register mit IDs und damit verknüpften Basisdaten, weil das die Einführung eines zentralen Melderegisters und damit rechtlich nicht zulässig wäre. (…) Weil nicht alle dauerhaft in Deutschland lebenden Personen steuerpflichtig sind, führt das Gesetz nun ein, dass alle dauerhaft in Deutschland wohnenden Personen eine Steuer-ID bekommen. Hier könnte der Steuerbehörde eine Aufgabe zugeteilt werden, die eigentlich nicht in ihrem Aufgabenbereich liegt. Immerhin sieht das Gesetz vor, dass die Daten nach „aktuellen Stand von Sicherheit und Technik“ verschlüsselt übertragen werden müssen. Kommunen müssen diesen Standard aber erst in zehn Jahren erfüllen. (…) Der vorliegende Gesetzentwurf sieht ein deutlich invasiveres Modell vor, als es für die Registermodernisierung und die Digitalisierung der Verwaltung nötig gewesen wäre. Alternativ hätte sich das österreichische Modell angeboten. In diesem Modell liegt die eigentliche, aber geheime Personenkennziffer nur einer unabhängigen Datenschutzbehörde vor. Die anderen Behörden nutzen spezielle Personenkennziffern für ihren Fachbereich, was die Verbreitung der eigentlichen Kennziffer eindämmt und verhindert, dass Daten einfach zusammengeführt werden können. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) hat auf die Vorteile solcher „bereichsspezifischer Identitätskennzeichen“ hingewiesen…“  Artikel von Markus Reuter vom 25.08.2020 bei Netzpolitik externer Link, siehe dazu den Kommentar:
    • Personenkennziffer: Das Grundgesetz darf keine Kostenfrage sein
      Die Bundesregierung will entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes eine universelle Personenkennziffer einführen. Eine erprobte datenschutzfreundliche Alternative lehnt sie ab, weil sie zu teuer sei. So geht das nicht! 13 Jahre. So lang ist offenbar die Halbwertszeit datenschutzpolitischer Versprechen der Regierung Merkel. 2007 wurde die Steuer-Identifikationsnummer gegen den Widerstand derjenigen eingeführt, die vor dem „gläsernen Bürger“ warnten. Das Versprechen der Bundesregierung damals: Die Steuer-ID wird keine universelle Personenkennziffer werden. Genau das plant nun aber Horst Seehofers Innenministerium. (…) „Function Creep“ nennen das Überwachungsforscher:innen. Einmal eingeführte technische Mittel haben die Eigenschaft, ihre Funktionen schleichend zu erweitern. Weil sich in der Praxis immer neue Anwendungsmöglichkeiten finden. Und weil der Widerstand kleiner ist, wenn sich die Bevölkerung erstmal an den ersten Schritt gewöhnt hat. Das Bundesverfassungsgericht hatte in mehreren Urteilen entschieden, dass eine universelle Personenkennziffer nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren ist. Zu groß sei die Gefahr, die von der damit verbundenen Möglichkeit der individuellen Verhaltensaufzeichnung und Profilbildung einhergehe. Dieses Rechtsverständnis entstand auch vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, schließlich ermordeten die Nationalsozialisten Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten in Registern und Verzeichnissen erfassten Gruppen…“ Kommentar von Ingo Dachwitz vom 25.08.2020 bei Netzpolitik externer Link
  • Steuer-ID soll Bürgernummer werden – Datenschützer sind alarmiert
    „… Rund 130 Milliarden Euro verteilt die Bundesregierung mit ihrem Corona-Konjunkturpaket. Allerdings hat die Große Koalition in dem Paket auch eine Entscheidung versteckt, die mit Corona und der Konjunktur wenig zu tun hat: Die Steuer-ID werde in eine „verwaltungsübergreifende ID-Nummer“ verwandelt, heißt es im „Eckpunkte-Papier“. Noch im Sommer soll das Innenministerium einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen. (…) Das Vorhaben führt nun zu Ärger. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, lehnt es „aus verfassungsrechtlichen und aus datenschutzrechtlichen Gründen“ ab. Es bestehe die Gefahr einer „vollständigen Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit“, sagte Kelbers Sprecher Ende Juni gegenüber c’t. (…) Datenschützer Kelber hat allerdings nicht grundsätzlich etwas gegen E-Government und Datenaustausch zwischen Ämtern. Aus seiner Sicht gibt es nämlich datenschutzfreundlichere Alternativen zur übergreifenden Kennzahl, „etwa bereichsspezifische Identitätskennzeichen“. (…) Gemeint ist ein Modell, das in Österreich bereits angewendet wird. Die Alpenrepublik hat für E-Government eine „Stammzahl“ eingeführt, aus der eine Zentralstelle mit kryptografischen Verfahren bereichsspezifische Nummern für unterschiedliche Behörden ermittelt. Aus diesen Nummern kann die Stammzahl nicht zurück errechnet werden. Benötigt ein Amt fremde Daten, erhält es von der Zentralstelle die verschlüsselte Spezialnummer des Bürgers bei der Zielbehörde und kann damit die gewünschten Daten anfordern. Aus Sicht von Kelber ist das sicherer, als einfach überall die Steuer-ID zu speichern. Im Fall eines Missbrauchs könnten Daten „nicht so leicht zusammengeführt werden wie bei der Verwendung eines registerübergreifenden Identitätskennzeichens“, sagte sein Sprecher. Und laut einer Gruppe von E-Government-Experten aus der deutschen Verwaltung wäre das österreichische Modell auch für Deutschland praktikabel. Die Details der Umsetzung hat die Gruppe in einem 20-seitigen Papier, das c’t vorliegt, für die Politik skizziert. Die GroKo hat sich trotzdem für die Steuer-ID entschieden. Für Datenschutz beim Austausch soll nun lediglich eine nicht näher benannte „dritte Stelle“ sorgen, die prüft, „ob Sender und Empfänger die Daten rechtmäßig übermitteln dürfen“, wie das Innenministerium mitteilte. Aus Sicht von Kelber reicht das jedoch nicht aus. Experten aus Wissenschaft und Verwaltung rechnen deshalb damit, dass der Streit vom Bundesverfassungsgericht entschieden werden muss.“ Beitrag von Christian Wölbert vom 9. Juli 2020 aus c’t 15/2020 externer Link
  • Siehe zum Hintergrund unseren Beitrag vom 25. Juni 2019: Digitale Behörden: Innenminister wollen vernetzte Melderegister mit einer Art Personenkennziffer
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175434
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