Kampf um „digitale Souveränität“: EU plant dreistellige Milliardenausgaben zur Schaffung einer von den USA und China unabhängigen digitalen Infrastruktur

Datenschutz - Grafik von "Frosch"„… Die EU-Kommission hat etwa den Bau von Supercomputern im Blick, aber auch die Einführung eines „E-Ausweises“, der helfen soll, nutzbare Datenströme zu generieren. Die „digitale Souveränität“ zielt auf Eigenständigkeit der EU nicht nur gegenüber China (5G), sondern auch gegenüber den USA („europäische Cloud“). (…) Ein weiterer Schwerpunkt der digitalen Agenda der EU besteht in der Schaffung von Infrastruktur zur Abschöpfung und Monetarisierung der großen Datenmengen, die im Internet täglich erzeugt werden – ein Geschäftsfeld, auf dem derzeit vornehmlich US-Konzerne operieren. Dazu will Brüssel allen EU-Bürgern einen „E-Ausweis“ verordnen – eine Art „digitale Identität“, mit der Identifizierung und Überwachung der Internetnutzer vereinfacht werden. Dies käme, da sämtliche Onlineaktivitäten mit der „digitalen Identität“ durchführt werden sollen – „vom Steuern zahlen bis hin zum Fahrrad mieten“, wie von der Leyen erklärt – dem Ende jeglicher Anonymität im Netz gleich. (…) Zur effizienten Auswertung und Überwachung der Datenflüsse will Brüssel massiv in Künstliche Intelligenz (KI) investieren. Schon 2021 will die EU-Kommission ein entsprechendes KI-Gesetz vorlegen…“ Bericht vom 23. September 2020 von und bei German-Foreign-Policy externer Link – siehe dazu auch die kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 27.9.2020: „Kann Europa jetzt doch noch zur digitalen Souveränität gelangen?“

Kann Europa jetzt doch noch zur digitalen Souveränität gelangen?

Kann das „umfassende Grübeln“ der EU-Institutionen – trotz aller Schwierigkeiten für eine digitale Souveränität für Europa doch noch zu einem übergreifenden gemeinsamen Projekt führen? (https://www.heise.de/news/Whitepaper-Digitale-Souveraenitaet-als-neue-staatliche-Aufgabe-4887054.html externer Link) So könnte endlich die Abhängigkeit von den US-Konzernen – mit Durchleitung zum US-Geheimdienst zu einem Ende kommen? (https://idw-online.de/de/news?print=1&id=751087 externer Link)

Kann es jetzt für die Europäischen Bürger einen Kampf um ihr Recht, d.h. die „Freiheit“ der Daten gegenüber den Geheimdiensten der USA geben? Sinnvoll wäre jetzt eine europäische, öffentlich-rechtliche Alternative zu Facebook und Youtube – obwohl angesichts der differierenden Strukturen in Europa der Weg dorthin nicht leicht wird. (https://headtopics.com/de/europas-traum-von-der-digitalmacht-15726107 externer Link)

Das könnte einige Probleme lösen – politisch muss sich dafür in Europa aber noch viel tun! meint Thomas Gostomzyk (https://www.hamburgmediaschool.com/koepfe/gostomzyk-tobias externer Link).

Facebook will den Rechtsstaat in Europa aushebeln – und den Datenschutz in seine Beliebigkeit stellen: Ein Europa ohne digitale Souveränität – oder Ein Europa ohne Facebook? – fragt Svenja Bergt in der TAZ (https://taz.de/Konzern-droht-mit-Aus-in-der-EU/!5711828/ externer Link), nachdem der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems ein Verfahren bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) angestrengt hatte. (https://www.tagesschau.de/ausland/eugh-datenaustausch-usa-103.html externer Link)

Passiert ist aber zunächst nichts – nur die EU-Institutionen haben ein „umfassendes Grübeln“ angekündigt. (https://netzpolitik.org/2020/facebook-schickt-weiter-daten-in-die-usa/#vorschaltbanner externer Link)

Radikaler hat sich dagegen Facebook selbst gegenüber der irischen Datenschutzbehörde positioniert, indem es in einem Schreiben an die Iren die Drohung ausspricht: Es ist für den Antragsteller (= Facebook) angesichts dieser Umstände – d.i. Daten der NutzerInnen nicht mehr in die USA zu transferieren – nicht klar, wie er seine Dienste, unter anderem Facebook und Instagramm, weiter in der EU betreiben soll.“ (https://taz.de/Konzern-droht-mit-Aus-in-der-EU/!5711828/ externer Link)

Trotz des Urteils hatte der Konzern nämlich weiter die Daten aus Europa den amerikanischen Geheimdiesnten geliefert. (https://taz.de/Datenschuetzer-ueber-US-Datentransfers/!5709198/ externer Link)

Nun dreht also Facebook den Spiess um und droht der irischen Datenschutzbehörde, solte diese Anordnung nicht zurückgenommen werden, werde Facebook seine Dienst in der EU einzustellen. (https://taz.de/Konzern-droht-mit-Aus-in-der-EU/!5711828/ externer Link) Oder kommt es doch noch zu einem rechtskonformen Datentransfer in die USA? (https://netzpolitik.org/2020/facebook-schickt-weiter-daten-in-die-usa/#vorschaltbanner externer Link)

Darf also in Europa der bisherige Datenschutz weiter gelten? „Ich bin nicht gegen die Volkszählung auf die Strasse gegangen, um mich jetzt über ein Smartphone überwachen zu lassen“. Da würde ich mir blöd vorkommen, wenn ich mich freiwillig jetzt noch mehr überwachen lassen wollte.“ Anke Engelke (Interview in der Süddeutschen am 12. September 2020)

Ja, mit dem Protest gegen die Volkszählung (https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/248750/volkszaehlung-1987-22-05-2017 externer Link) wurde ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung erreicht. (https://www.bpb.de/gesellschaft/digitales/persoenlichkeitsrechte/244837/informationelle-selbstbestimmung externer Link und https://de.wikipedia.org/wiki/Informationelle_Selbstbestimmung externer Link)

Aber ungestört vom Datenschutz machen die Big Four ihr weiter wachsendes Geschäft. (https://www.internetworld.de/onlinemarketing/unternehmen/big-four-digitale-wirtschaft-dominieren-944549.html?page=3_einer-bleibt-sieger-im-kampf-der-big-four externer Link)

Siehe auch weiter: diese Doku „Digitale Verlustzone – Wie Deutschland den Anschluss verlor“ externer Link

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 27.9.2020

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178739
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