Verfassungsschutzbericht 2018: Neue Führung – alte Funktion

Verfassungsschutz auflösen!„… Der erste Blick täuscht allerdings. Ein Beispiel sind die Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität von rechts, denn bei sinkenden Fallzahlen nahm der Anteil von Gewaltdelikten deutlich zu. Angriffe auf Migranten und politische Gegner, die von Körperverletzungen, über Raub bis zu versuchten Tötungsdelikten reichen, wurden im Jahr 2018 deutlich häufiger. Die tatsächlichen Fallzahlen liegen sogar deutlich höher, schenkt man den Opferberatungsstellen rechter und rassistischer Gewalt Glauben: Deren Dachverband hat im letzten Jahr 1212 rechtsmotivierte Angriffe gezählt – 124 mehr als der Verfassungsschutz. Das mag mitunter an Unterschieden in der Kategorisierung von Straftatbeständen liegen, denn die Opfervertreter beziehen auch Delikte wie Sachbeschädigung und Nötigung mit ein. (…) An der bestialischen und homophob motivierten Tötung von Christopher W. aus Aue, ändert diese Tatsache hingegen wenig. Der Fall unterstreicht die Kritik an den offiziellen Statistiken: Trotz Tätern, die selbst im Gerichtssaal ihre rechte Einstellung zur Schau stellten, die ihr Opfer mit Verweis auf dessen Sexualität zu Tode folterten – in der Tabelle des Verfassungsschutzes wird kein Tötungsdelikt im Bereich „PMK-rechts“ aufgeführt. Die Bundesregierung bezeichnet den Fall zwar als rechtsmotiviertes Verbrechen, der Inlandsgeheimdienst stützt sich aber anscheinend allein auf die Daten aus den Justizbehörden. Dabei müsste im Hinblick auf Sachsen besondere Sensibilität herrschen: Der Freistaat belegt nach dem deutlich bevölkerungsreicheren Nordrhein-Westfalen Platz 2 auf der Statistik zu rechten Straftaten…“ – das sind einige der zahlreichen Lücken, die in dem Artikel „Verfassungsschutzbericht: Radikalisierung im Schnelldurchlauf“ von Tim Schulz am 28. Juni 2019 bei Endstation Rechts externer Link konkret kritisiert werden. Siehe dazu auch einen weiteren kritischen Beitrag zu den regierungsamtlichen Lobeshymnen auf die Arbeit des VS – und die Erinnerung an den Verfassungsschutzbericht 2017:

  • „Wer ist hier Verfassungsfeind?“ von Arnold Schölzel am 28. Juni 2019 in der jungen Welt externer Link zur Rechenkunst im Innenministerium unter anderem: „… Seehofer war bereits am Mittwoch nach dem Geständnis des Faschisten Stephan Ernst, er habe Lübcke ermordet, vor die Kameras von ARD und ZDF getreten und hatte den Sicherheitsbehörden für ihre »gute Arbeit« gedankt. Bis dahin war bekannt, dass insbesondere das hessische Landesamt für Verfassungsschutz eine Falschaussage nach der anderen über seinen Umgang mit Ernst an die Öffentlichkeit gegeben hatte. Eine ähnliche Verdrehung der Realität stellt auch der Jahresbericht des Bundesamtes dar. So zählte es 2018 z. B. 24.100 »Rechtsextreme« (2017: 24.000), darunter 12.700 gewaltbereite (2017: 12.700), sowie 19.000 »Reichsbürger« und »Selbstverwalter«. Nicht genannt wird aber die AfD, die nur als Opfer von Angriffen »Linksextremer« erwähnt wird. Es tauchen nicht auf: Pegida und deren Ableger, »Zukunft Heimat« in Cottbus, das Netz nationalistischer und faschistischer Publikationen, der Verleger Götz Kubitschek, andere geistige Brandstifter, die eine »Umvolkung« herbeihalluzinieren, die extrem rechten Äußerungen des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, die mehrfache Hetze der früheren CDU-Politikerin und »Vertriebenen«-Chefin Erika Steinbach gegen Lübcke. Das Problem: Seehofer selbst hatte das Thema Migration zum Bruchpunkt der Koalition gemacht und von einer »Herrschaft des Unrechts« schwadroniert…“
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