Bundesregierung lässt weiterhin zivilgesellschaftliche Organisationen von Geheimdienst überprüfen

Informationsfreiheitsgesetz. Graftik der Otto Brenner Stiftung„… Wie aus Antworten der Bundesregierung auf kleine Anfragen externer Link hervorgeht, leiteten Innen- und Familienministerium in den vergangenen Jahren im Rahmen von Programmen wie „Demokratie Leben“ Daten von hunderten Organisationen an den Geheimdienst weiter. Eine gesetzliche Grundlage gibt es für das Vorgehen nicht. So ließ das Innenministerium 2018 insgesamt 82 Organisationen und im Jahr 2019 sogar 202 zivilgesellschaftliche Organisationen vom Geheimdienst überprüfen. (…) Seit 2015 wurden im Programm „Demokratie Leben“ des Ministeriums somit mindestens 55 zivilgesellschaftliche Organisationen durch den Geheimdienst überprüft. Welche Kriterien und Daten bei den Überprüfungen verwendet wurden, hält das Ministerium geheim. (…) Kritik erfährt dieses nach einer ehemaligen Staatssekretärin benannte „Haber-Verfahren“ externer Link vom Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber. In seinem Jahresbericht externer Link kritisierte er, dass für die anlasslose Weiterleitung von Daten an den Geheimdienst eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden müsse. Das Innenministerium ließ daraufhin mitteilen, es teile die Auffassung nicht. Betroffene Organisationen erfahren weiterhin nicht, wenn ihre Daten an den Geheimdienst weitergeleitet werden. (…) Ein juristisches Gutachten des Bundesverbands für mobile Beratung externer Link kam im Jahr 2018 zu dem Schluss, dass die Überprüfungen verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen und unverhältnismäßig seien. (…) Am kommenden Montag verhandelt das Berliner Verwaltungsgericht über eine Auskunftsklage von FragDenStaat externer Link, das die Namen der überprüften Organisationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz erhalten will…“ Beitrag von Arne Semsrott vom 30. November 2020 bei Netzpolitik externer Link und neu dazu:

  • Familienministerium darf Details zu Kooperation mit Inlandsgeheimdienst geheimhalten New
    „… Wer Fördermittel beim Bundesfamilienministerium von Franziska Giffey beantragt, muss damit rechnen, vom Inlandsgeheimdienst durchleuchtet zu werden. Obwohl auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber kritisiert, dass der zugrunde liegende Datenaustausch rechtswidrig ist, ließ die Behörde seit 2015 mindestens 55 Organisationen durch das Bundesamt für Verfassungsschutz prüfen. Bis heute wissen die Betroffenenen nichts davon. Nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts auf unsere Klage bleibt es dabei vorerst. Es stimmte dem Ministerium zu, dass eine Herausgabe der Informationen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte. Die Begründung: Nicht die Praxis des Ministeriums, sondern Transparenz könnte dazu führen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen keine weiteren Fördermittel beim Ministerium mehr beantragten und damit dem Ministerium der Zugang zu den Organisationen abhanden käme. (…) Das Ministerium hatte im Vorfeld der Verhandlung seine Argumentation geändert. Nach unserer Anfrage hatte es noch argumentiert, bei Bekanntwerden der Information sei der Geheimdienst gefährdet. Dann hieß es, Transparenz über die Kooperation des Ministeriums mit dem Geheimdienst zerstöre das „Vertrauensverhältnis“ zwischen Ministerium und geförderten Organisationen – wohlgemerkt nicht die Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst selbst, sondern die Information darüber an die betroffenen Organisationen. (…) Auch Organisationen, die künftig Fördergelder beantragen, müssen damit rechnen, überprüft zu werden, ohne davon auch nur im Nachhinein erfahren zu können. Eine Praxis, die gerade Misstrauen schaffen und Antragssteller:innen abschrecken dürfte. Wir warten die Urteilsbegründung des Verwaltungsgerichts ab und werden prüfen, ob wir Berufung zum Oberverwaltungsgericht einlegen.“ Mitteilung von ‚FragDenStaat‘ vom 8. Dezember 2020 externer Link
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