Tödliche Zwangsräumung in Köln: Polizei erschießt Mieter. Räumungsklage wegen Eigentumsdelikt

"Räumung is nich!" Protest für bezahlbaren Wohnraum: 20 Aktivisten stürmen Amano-Hotel in Berlin-Mitte (22.11.16, Bündnis Zwnagsräumung verhindern)Die Zwangsräumung eines Mieters in Köln-Ostheim endete am Mittwoch morgen tödlich für den Wohnungsinhaber. Der 48jährige wurde laut Angaben von Kölner Polizei und Staatsanwaltschaft von Polizeibeamten erschossen, die eine Gerichtsvollzieherin vom Kölner Amtsgericht zu der Zwangsräumung begleitet hatten. Dass es dabei um die Durchsetzung kapitalistischer Eigentumsverhältnisse ging, bestätigte am Donnerstag auf jW-Nachfrage Amtsgerichtssprecher Maurits Steinebach. »Vertragswidriges Verhalten« des 48jährigen sei Grund des vom Amtsgericht ausgestellten Räumungstitels gewesen. Demnach war die »Räumungsklage gestützt auf einer Kündigung wegen wiederholter Beschädigungen von Vermietereigentum«. (…) Grund für die Begleitung der Gerichtsvollzieherin durch zwei Polizeibeamte sollen Drohungen des 48jährigen gewesen sein, die er für den Fall einer Zwangsräumung ausgestoßen haben soll…“ Artikel von Bernhard Krebs, Köln, in der jungen Welt vom 05.08.2022 externer Link und dazu:

  • Tödliche Zwangsräumung: Kölner fordern Solidarität gegen Preisexplosionen im Herbst, um Zwangsräumungen zu verhindern New
    „… Die Zwangsräumung mit tödlichem Ende sorgte für Empörung in den sozialen Medien. Menschen erinnerten an ähnliche Fälle aus der Vergangenheit und warnten, dass die explodierenden Kosten für Lebensmittel und Energieversorgung die Situation in den kommenden Monaten noch verschärfen könnten. Das ist auch der Grund, warum die Initiative »Recht auf Stadt Köln« am Samstagnachmittag zu einer Kundgebung vor dem Haus, in dem die tödlichen Schüsse gefallen sind, aufgerufen hat. Gut 30 Menschen sind gekommen. Noch vor der Kundgebung sprechen Nachbarinnen die Organisator*innen an. Sie äußern ihr Bedauern über den tödlichen Ausgang der Zwangsräumung, sagen aber auch, dass es »so einfach« nicht sei. Jozef B. sei oft betrunken und aggressiv gewesen. Es wird von Bierflaschen berichtet, die er vom Balkon warf und davon, dass er beim Wechseln des Wassers in seinem Aquarium mehrmals größere Schäden angerichtet habe. Ob die Nachbarinnen das selbst erlebt haben oder ob sie nur die Berichterstattung im Kölner Boulevardblatt »Express« verfolgt haben, wird nicht ganz klar. Andere Nachbar*innen sagen, dass sie B. nicht kannten. Einer macht eine Geste, die wohl zeigen soll, dass Jozef B. ein Alkoholproblem hatte.
    Kalle Gerigk, stadtpolitischer Aktivist aus Köln und einst selbst von einer Zwangsräumung betroffen, zeichnet ein anderes Bild von Jozef B. In der Corona-Pandemie sei dieser zum Alkoholiker geworden. Er habe sein Leben als Straßenmusiker nicht mehr wie gewohnt führen können. Ein Problem habe zum anderen geführt. Gerigk spricht über einen Beitrag, den der WDR vor mehreren Jahren über Jozef B. gedreht hat. Darin erzählt Jozef B., dass er 1993 aus Russland nach Deutschland kam, weil er nicht zum Militärdienst im Tschetschenien-Krieg eingezogen werden wollte. An der Hochschule für Musik & Tanz in Köln hat er dann studiert. Später machte er mit seinem Xylophon in Köln Straßenmusik. Das Xylophon steht an diesem Samstag noch im Flur vor der Tür zur Wohnung von Jozef B.
    Von Kalle Gerigk wird aber nicht nur erinnert. Er zeigt auch deutlich Probleme auf. Über Jozef B. sei auch bekannt gewesen, dass er für den Fall einer Räumung mit Suizid gedroht habe. B. habe »mit dem Rücken zur Wand« gestanden. In so einem Fall brauche es Menschen, die sich kümmern, und nicht Gerichtsvollzieher*innen und Polizist*innen, die kämen, um das Recht durchzusetzen. (…)
    Dass es im Herbst und Winter Zwangsräumungen »hageln« könnte, befürchtet »Recht auf Stadt Köln« auch im Aufruf zu der Kundgebung. Köln-Ostheim, könnte dabei in den Blickpunkt geraten. Die Hochhaussiedlung, in der Jozef B. lebte, gilt als sozialer Brennpunkt. (…) Es gelte sich zusammenzuschließen. Mit Kabeltrommeln oder Mehrfachsteckdosen könne bei Stromsperren geholfen werden. Auch ein ganzer Wohnblock, der die Miete verweigere oder mindere, sei nur schwer klein zu kriegen. Und schließlich: »Jede Räumung, bei der zwei- oder dreihundert angepisste Leute auftauchen, ist für Ämter und Cops ein Horrorjob!«…“ Artikel von Sebastian Weiermann vom 07.08.2022 im ND online externer Link, siehe ebd. seinen Kommentar externer Link: Geräumt und gestorben. Sebastian Weiermann fordert mehr soziale Solidarität
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=203290
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