Befragt nach Todesfällen in „polizeilicher Obhut“ wird geantwortet: Von einer Landespolizei – von allen anderen nicht…

Gesucht wegen Mordes an Oury Jalloh am 7.1.2005„… Aman Alizadas Tod ist kein Einzelfall. Allein im Jahr 2019 sind bereits mindestens 11 Personen im Rahmen eines Polizeieinsatzes gestorben, darunter mindestens fünf Persons of Colour. Auch ein auffällig hoher Anteil an psychisch Erkrankten, laut taz Recherche (2017) rund die Hälfte aller Polizeischusstoten, findet sich unter den Todesopfern. Ähnliche Vermutungen gibt es bezüglich Wohnunglosen. Nun hat das Grundrechtekomitee mit einer Recherche begonnen, die das Ausmaß der mangelnden Informations- und Datenerhebung ersichtlich macht: Zum anderen ist es ebenso schwer, Informationen direkt von Polizeibehörden zu erhalten. In Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz hat das Grundrechtekomitee Anfragen an einige Landespolizeibehörden nach Herausgabe von Akten und einer Übersicht zu Todesfällen in Polizeigewahrsam und/oder als Folge von Fixierung, Brechmittelvergabe, Polizeischüssen und Pfeffersprayeinsätzen gestellt. Die Anfragen wurden, bis auf eine Ausnahme, abgelehnt, teils aber zumindest mit Tipps zur Informationsbeschaffung unterlegt. Nur die Landespolizei Baden-Württemberg stellte eine Übersicht über die Todesfälle in polizeilicher Obhut der letzten 10 Jahre bereit. Die weiteren Polizeibehörden oder Innenministerien scheinen selbst nicht einmal über Statistiken zu den durch ihre Beamt*innen zu Tode gekommenen Menschen zu verfügen und sich entsprechend auch nicht mit dem Problem zu befassen. Das allein wirft Fragen auf: Unklar ist zum Beispiel, was dies über das Interesse der Polizeibehörden aussagt, sich kritisch mit inneren Problemstellungen auseinanderzusetzen. Mindestens lässt der Mangel an Informationen darauf schließen, dass die Behörden sich der Relevanz der Thematik noch nicht bewusst waren – dies gälte es jetzt zu ändern. Realistischer ist jedoch, dass schlichtweg kein Interesse daran besteht, die Fälle aufzuarbeiten. Denn wenn man das Problem erstmal ans Licht befördert hat, ist die unveränderte Weiterführung der bisherigen Praktiken nicht länger tragbar. Aber auch grundsätzlicher lässt sich die Frage stellen, ob es nicht eine Berichtspflicht an die Parlamente in Bezug auf Todesfälle in staatlicher Obhut geben müsste, mit dem Ziel dass solche Fälle so bearbeitet werden, dass sie künftig nicht mehr auftreten…“ – aus dem Beitrag „Polizeiarbeit mit Todesfolge. Eine Recherche bringt Licht ins Dunkel“ am 14. November 2019 beim Grundrechtekomitee externer Link über Grundsatzprobleme der Beschaffung entsprechender Informationen

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=157336
nach oben