Ausstellung „Polizei tötet“ und Rechercheinitiative „Tode bei Polizeieinsätzen aufklären!“

Dossier

Recherche: Warum sind 2022 in Deutschland 30 Menschen bei Polizeieinsätzen gestorben?Im August letzten Jahres erschossen Polizeibeamt*innen den 16-jährige Mouhamed Lamine Dramé. Sein Tod mobilisierte viele tausende Menschen gegen rassistische Polizeigewalt in Dortmund auf die Straße zu gehen. Auch uns beschäftigte dieser Fall sehr, vor allem weil er in einer Reihe mit weiteren bekannten Todeopfern bei Einsätzen durch die Polizei stand. Wir stießen auf viele Berichte von ähnlichen Situationen mit tödlichem Ausgang, aber eine vollständige Liste suchten wir vergeblich. So begann unsere Recherche zu tödlichen Polizeieinsätzen in Deutschland. Unser Ziel war eine Auflistung aller Personen, die im Jahr 2022 während oder in Folge einer polizeilichen Maßnahme gestorben sind. Auch wenn nicht alle Todesfälle so eindeutig auf die Täter*innenschaft der Polizei verweisen, wie der von Mouhamed Lamine Dramé, so stellt sich dennoch oft die Frage nach deren (Mit-)Verantwortung: „Wäre die Person noch am Leben, wenn die Polizei nicht gekommen wäre?“…“ Die Doku im Infoportal Antifaschistischer Gruppen aus Bochum externer Link – siehe auch die Infos zur Ausstellung und den Rechercheergebnissen:

  • Zum internationalen Tag gegen Polizeigewalt am 15.03.: Im Jahr 2023 sind bei Polizeieinsätzen in Deutschland mindestens 43 Menschen gestorben New
    • Rechercheinitiative „Tode bei Polizeieinsätzen aufklären!“: Im Jahr 2023 sind bei Polizeieinsätzen in Deutschland mindestens 43 Menschen gestorben
      Mindestens 43 Menschen starben 2023 bei Polizeieinsätzen in Deutschland – im Vorjahr waren es mindestens 36 Menschen. Dass diese Zahlen kaum bekannt sind, hat strukturelle Ursachen: Die Fälle werden von behördlicher Seite nicht systematisch erfasst, es fehlen Pressemeldungen oder Nachberichterstattungen und die generelle Informationslage ist mangelhaft. Es scheint so, als gäbe es seitens der Polizei und Behörden kein Interesse daran, die Öffentlichkeit umfassend zu informieren. Wir sehen hier eine schwerwiegende Leerstelle – als Zivilgesellschaft brauchen wir Transparenz und nachvollziehbare Aufarbeitung. Als Recherchekollektiv topa – Tode bei Polizeieinsätzen aufklären! haben wir uns, erschüttert durch die Erschießung des 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé, zusammengeschlossen, um uns kritisch mit strukturellen Problemen der Polizeiarbeit in Deutschland auseinanderzusetzen. Wir fordern: Todesfälle bei Polizeieinsätzen aufklären!...“ Recherchekollektiv topa zur Recherche für 2023 externer Link
    • Für Aktivitäten zum internationalen Tag gegen Polizeigewalt am 15.03. siehe Copwatch Hamburg auf Twitter externer Link und auf Instagram externer Link
    • und natürlich #15 MRZ Internationaler Tag gegen Polizeigewalt: https://www.15mrz.org/ externer Link
  • Noch mehr Tode bei Polizeieinsätzen in 2022 – Neue Rechercheergebnisse: Zahl der Tode bei Polizeieinsätzen 2022 erhöht sich um 6 Menschen
    Am 15. Januar veröffentlichten wir hier die schockierende Recherche von 30 Toden externer Link, die bei Polizeieinsätzen im Jahr 2022 stattfanden. Leider müssen wir nun, zwei Monate später, am Internationalen Tag gegen Polizeigewalt, diese Recherche ergänzen. Wir müssen ganze sechs weitere Fälle hinzufügen. Warum haben wir diese Fälle bei unserer ersten Recherche nicht finden können?
    Eine spannende Frage, denn daran zeigt sich noch eindeutiger als zuvor, dass die Polizei keine Aufklärung und Öffentlichkeit zu diesen Fällen herstellt. Zu finden waren diese Todesfälle (bis auf teilweise den Pforzheimer Fall) nicht in einsehbaren Presseberichten der Polizei oder anderen Medien, sondern nur auf explizite Nachfrage bei den Behörden. (…) Der Umstand, dass die Fälle der Polizei offenbar bekannt sind, aber nicht einmal in den öffentlichen Presseportalen eine Berichterstattung wert waren, zeigt zwei Dinge: Es gibt Tode bei Polizeieinsätzen, von denen die Polizei offensichtlich jede Aufmerksamkeit systematisch ablenken möchte. Und zweitens kann nun ganz eindeutig nicht mehr ausgeschlossen werden, dass es noch viele weitere solcher Fälle gibt, über welche keine Pressemitteilungen gemacht wurden. Vom Bund und den Bundesländern Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachen und Sachsen gibt es beispielsweise keine Rückmeldung. Wie hoch ist die Dunkelziffer der Todesfälle? Außerdem wurden laut den Behörden nur 21 Tode bei Polizeieinsätzen 2022 aufgelistet. Das zeigt, dass die (eigene) Rolle der Polizei in diesen Fällen meist gar nicht als aktiver Einfluss auf den Tod wahrgenommen wird, was die Antworten der Behörden noch unzuverlässiger macht. Dem gegenüber steht unsere Recherche von mittlerweile schon 36 Fälle von Toden bei Polizeieinsätzen in 2022 – und zeigt eine große Lücke auf
    …“ Inititaive topa – Tode bei Polizeieinsätzen aufklären – am 15.3.2023 zur Aktualisierung externer Link
  • Ausstellung “Polizei tötet“ informiert über tödliche Polizeieinsätze 2022
    Ab Donnerstag, dem 19.01 bis zum 29.01 zeigen Bochumer Antifaschist*innen der Gruppe non a parole in enger Zusammenarbeit mit der neugegründeten Kampagne Tode bei Polizeieinsätzen aufklären (topa) im Atelier Automatique (Rottstraße 14, 44793 Bochum) eine Schaufensterausstellung unter dem Motto “Polizei tötet.“ Durch verschiedene Plakate werden die Besucher*innen über 30 Todesfälle informiert, die deutschlandweit im Jahr 2022 im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen passierten. Die Initiative topa und non a parole veröffentlichten diese Zahl bereits gestern in einem Beitrag, der alle Todesfälle und die bisher bekannte Informationslage auflistet externer Link. Da es keine öffentliche Liste vonseiten der Polizei zu Todesfällen im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen gibt, sind diese Rechercheergebnisse ein Versuch, um die Informationslücke zu schließen und werden auch vor Ort in der Rottstraße lesbar sein. Daneben werden auch Plakate und Rechercheergebnisse der Initiative Solidaritätskreis Mouhamed, die sich für die Aufklärung der Tötung des 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé durch die Polizei Dortmund einsetzt, ausgestellt.
    „Der Impuls für diese Ausstellung kam durch den Eindruck, dass im letzten Jahr gerade in NRW viele Todesfälle bekannt wurden, die mit Polizeieinsätzen zusammenhingen. Und tatsächlich verstarben zehn der 30 Menschen allein in NRW. Phrasenhafte Formulierungen wie ´das Opfer befand sich in einer psychischen Ausnahmesituation´, die nach vielen tödlichen Einsätzen von den polizeilichen Pressestellen vorgebracht werden, lassen viele Fragen offen. Jegliche Mitschuld von beteiligten Polizist*innen wird schnell von sich gewiesen und alle Einsätze vor der Öffentlichkeit gerechtfertigt. Die schockierende Zahl von 30 Toten im Zusammenhang mit Polizeieinsätzen ist für uns ein klares Zeichen eines strukturellen Problems in der Polizeiarbeit.“ so Laura Becker, Pressesprecherin von topa: „In unserer Recherche sind wir dabei vermehrt auf bekannte Diskriminierungsmuster wie Rassismus oder Benachteiligung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sowie wohnungslosen Menschen gestoßen. Die staatlichen Akteure müssen ihre Verantwortung anerkennen und Taten stoppen. Todesfälle bei Polizeieinsätzen müssen, in einer demokratischen und kritischen Gesellschaft, endlich unabhängig und konsequent aufgeklärt werden!“
    Die meisten dieser 30 tödlichen Polizeieinsätze sind weder aufgeklärt noch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt und die Mehrheit der Vorgänge bleiben ohne Konsequenzen für die Beamt*innen. Um dem entgegenzutreten, bietet die Schaufensterausstellung ab dem 19.01 die Möglichkeit, sich über diese Todesfälle zu informieren und um gleichzeitig für tödliche Polizeigewalt zu sensibilisieren.
    Die Initiativen fordern dazu auf, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen wenn der Wunsch besteht, weitere Hinweise zu verstorbenen Personen, Gedenkarbeit oder Todesfällen öffentlich zu teilen
    .“ Pressemitteilung vom 15.1.2023 von initiative_topa@riseup.net  & nonaparole@systemli.org (per e-mail)

Siehe die neue Homepage externer Link der Initiative Tode bei Polizeieinsätzen aufklären! (topa)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=207897
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