Polizeirecht und Gefahrengebiete: Jeder kann [in Hamburg] durchsucht werden

Dossier

Hamburger »Gefahrengebiet«Die Ausweisung von Gefahrengebieten ist eine Hamburger Spezialität. Umstritten ist jedoch, ob die Befugnis mit dem Grundgesetz vereinbar ist…“ Artikel von Christian Rath in der taz online vom 05.01.2014 externer Link. Siehe dazu:

  • Klage gegen Inhaftierung: Die Polizei darf auch nicht alles
    „Eine Einschränkung des Demonstrationsrechts ist auch im Gefahrengebiet nicht zulässig. 17 Menschen, die im Januar über Nacht inhaftiert wurden, hatten geklagt. Die Einkesselung von mehr als 50 Demonstranten im Januar, von denen 44 in Gewahrsam genommen worden sind, war rechtswidrig. Auch die Auflösung einer Spontandemo gegen das Anfang des Jahres von der Polizei eingerichtete „Gefahrengebiet“ in Altona und St. Pauli sei „nicht mit den geltenden Gesetzen“ in Einklang zu bringen. Das urteilte das Hamburger Verwaltungsgericht in 17 Anerkennungsurteilen nur vier Monaten nach Klageeinreichung. Das Versammlungsrecht könne nicht durch polizeilich eingerichtete Gefahrengebiete ausgehebelt werden. Im Falle der Demo-Auflösung musste die Polizei im Verfahren ihre Schuld eingestehen…Artikel von Kai von Appen in der TAZ vom 24. 08. 2014 externer Link Aus dem Text: „(…) Weder das Polizeigesetz (SOG) noch das im Hamburger Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei (PolDVG) vorgesehene „Gefahrengebiet“ könnten pauschal das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit außer Kraft setzen. Zumindest hätte die Versammlung, wenn es dazu polizeiliche Gründe gegeben hätte, offiziell aufgelöst werden müssen – was nicht geschehen ist. Angebliche Durchsagen mit Handmegafonen reichten laut Gericht nicht aus. Auch der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hatte sich im April in einem Gutachten dahingehend geäußert, dass die Gefahrengebiete verfassungsrechtlich bedenklich seien und gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht verstießen. (…) Ob der polizeiliche Ausnahmezustand durch Gefahrengebiete in den Hamburger Polizeigesetzen verfassungswidrig ist oder nicht, darüber brütet zurzeit das Hamburgische Oberverwaltungsgericht. Eine Entscheidung ist nicht in Sicht.
  • »Sie kann tun und lassen, was sie will«.
    Hamburgs Gesetze machen Polizeiwillkür möglich. Darüber muß öffentlich diskutiert werden. Ein Gespräch mit Arthur Ruhe (Name von der Redaktion geändert), Mitglied des Hamburger »Ermittlungs-Ausschusses« (EA) – eines juristischen Beirates, der Menschen unterstützt, die bei Demonstrationen in Kollision mit der Polizei geraten sind. Interview von Martin Dolzer in junge Welt vom 21.02.2014 externer Link.  Aus dem Text: „… Politisch gesehen sind die Hamburger Gesetze Teil der immer perfekteren Struktur eines Sicherheitsstaates, der präventiv agiert und auf gesellschaftliche Widersprüche nur noch mit Repression reagiert. Mit dem Begriff »Polizeistaat« sollten wir vorsichtig umgehen – aber Sicherheitskräfte, die mit eigenen Interessen politisch aktiv in soziale Kämpfe eingreifen können, sind eine konkrete Gefahr. Die Hamburger Politik – egal ob die SPD oder die CDU das Sagen hatte – hat einer notorisch reaktionären Polizeiführung diese Möglichkeiten an die Hand gegeben. Eine öffentliche Diskussion darüber ist zwingend notwendig.“
  • Gefahrengebiete abschaffen! Für ein freies Hamburg
    Gefahrengebiete abschaffen! Für ein freies HamburgSeitdem die CDU 2005 die Möglichkeit geschaffen hat, Gefahrengebiete auszurufen, wurde dieses Instrument schon über 40 mal eingesetzt. Die meisten Gefahrengebiete wurden nur für kurze Zeiträume ausgerufen, einige andere, wie das Schanzenviertel und die Reeperbahn, jedoch auch längerfristig oder sogar dauerhaft. Das Gesetz ist verfassungsrechtlich höchst bedenklich. Speziell das kürzlich ausgerufene Gefahrengebiet vom 4.1.2014 beschreibt einen Eingriff in die Grundrechte von Bürgern, der so nicht hinnehmbar ist. Auch die spätere Verkleinerung auf “Gefahreninseln” verbesserte die Situation keineswegs und stellte immer noch zehntausende Hamburger unter Generalverdacht. Es ist nicht vertretbar, dass die Polizei ohne parlamentarischen Auftrag oder Richtervorbehalt, Gefahrengebiete ausrufen und damit praktisch beliebig die Grundrechte der Bürger außer Kraft setzen kann…“ Aus der PM vom 19.1.2014 zur Gründung der Volksinitiative “Gefahrengebiete abschaffen!” auf ihrer Homepage externer Link
  • Bürgerschaftsantrag: Hamburger Polizei darf weiterhin eigenmächtig Gefahrenzonen errichten
    Grüne und Linke sind in Hamburg mit Anträgen zu einem Verbot von Gefahrengebieten gescheitert. Allerdings gilt für die Polizei künftig eine nachträgliche Berichtspflicht…“ Artikel in der Zeit online vom 23. Januar 2014 externer Link
  • Gefahrengebiet Hamburg: „Demokratie braucht Kritik an der Polizei“
    Hamburg droht überall: Der Philosoph Daniel Loick äußert sich im FR-Interview über Hamburger Gefahrenzonen, Polizeialltag und Demokratie. Interview von Hanning Voigts in der FR online vom 19. Januar 2014 externer Link. Aus dem Text: „… Zunächst einmal ist es ja so, dass in einer Demokratie die Staatsgewalt vom Volke ausgehen soll. Das heißt, nicht die Legislative und schon gar nicht die Exekutive sollen bestimmen, wie das soziale Zusammenleben der Menschen aussieht, sondern die Menschen selbst. Und deshalb ist es ein grundsätzliches Problem, einer Institution so viel Macht einzuräumen, die sie dann gegen die Menschen richtet – durch zum Teil sehr gravierende und gewaltförmige Eingriffe. Die Möglichkeiten, diese Macht zu kontrollieren, werden im Moment überhaupt nicht ausgeschöpft. Ein Beispiel ist die Kennzeichnungspflicht. Sie sollte in einer Demokratie selbstverständlich sein, damit man Polizisten zur Rechenschaft ziehen kann, wenn sie ihre Kompetenzen überschreiten…“
  • Die Grundlage für die Gefahrengebiete, das Hamburgische Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei ist wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG ungültig!
    Dass die Gefahrengebiete in HH aufgelöst wurden, ändert nichts an der Tatsache, dass die beiden in HH in Rede stehenden Gesetze, nämlich das HH SOG und das Hamburgische Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei gegen das sog. Zitiergebot gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG nachträglich unheilbar verstoßen und somit ungültig sind seit ihrem Inkrafttreten…“ Kommentar von Burkhard Lenniger, Kriminalbeamter a.D, Bundessprecher Grundrechtepartei, vom Januar 2014 , siehe dazu auch die Expertise von Günter Plath zu der Frage „Hat bereits die teilweise Missachtung der absolut geregelten Zitiergebote gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG und / oder Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG die Unwirksamkeit des betreffenden Gesetzes und / oder der Verordnung ex tunc zur Folge?“
  • Sieg der Klobürstenrevolution – Erstes Gefahrengebiet aufgelöst
    Das Hamburger Gefahrengebiet hat zu 9 Tagen Unruhe, weltweite Kritik und Solidarität mit den Protesten in Hamburg geführt. Über die Rote Flora, Lampedusa in Hamburg und die Esso-Häuser wurde im Nachklang der Demonstration vom 21. Dezember in der ganzen Welt berichtet und tausende solidarisierten sich auf Twitter. Gefahrengebiete sind ein mit der Gewaltfrage verhinderter Diskurs über die Eigentumsordnung. Nun gilt es diesen wieder in den Vordergrund zu rücken und der Repression weiter entgegenzutreten. Wir haben in 9 Tagen ein Gefahrengebiet durch vielfältigen und selbstbestimmten Protest auf der Straße verhindert. Sehen wir mal, wie viele Tage wir nun brauchen, bis das Bleiberecht von Lampedusa in Hamburg erkämpft ist…“ Meldung vom 13. Januar 2014 bei Flora bleibt externer Link
  • Hamburger Gefahrengebiet: Mit dem Fingerspitzengefühl eines Polizeiknüppels
    Die Operation Gefahrengebiet in Hamburg ist beendet. Die Eskalation zeigt: Die Taktik von Polizei und SPD-geführter Regierung wird den sozialen Konflikten nicht gerecht. Ein Kommentar von Kersten Augustin in der Zeit online vom 14. Januar 2014 externer Link. Aus dem Text: „… Es kann nicht sein, dass eine umstrittene Behauptung ausreicht, um Zigtausende Bürger unter Generalverdacht zu stellen. Deshalb muss die Hamburger Bürgerschaft den Beamten ihre schärfste Waffe entziehen und die Gesetzesgrundlage für das Gefahrengebiet reformieren: Bisher muss weder ein Richter zustimmen, noch wird das Parlament gefragt, wenn die Polizei ein Gefahrengebiet ausrufen will…“
  • Gefahrengebiet zu spät aufgehoben
    Kommentar zu Hamburg von Hanning Voigts in der FR online vom 13. Januar 2014 externer Link. Aus dem Text: „… Die Entscheidung, das Gefahrengebiet aufzuheben, ist zwar richtig, kommt aber viel zu spät. Umso mehr gilt es in Hamburg jetzt, auf mehreren Ebenen Konsequenzen zu ziehen: Das Polizeigesetz, das den Beamten das Recht einräumt, eigenmächtig über Gefahrengebiete zu entscheiden, muss geändert werden. Innensenator Michael Neumann und Polizeipräsident Wolfgang Kopitzsch täten zudem gut daran, über personelle Veränderungen in der Polizeispitze nachzudenken, die Grundrechtsfragen schon seit Jahren zu leicht nimmt. Vor allem aber muss in Hamburg jetzt wieder eine Debatte um die Rote Flora und die Lampedusa-Flüchtlinge her. Die Losung des SPD-Senats sollte jetzt heißen: Dialog statt Knüppel…“
  • Hamburger Polizeispitze: Born to be wild?
    Hamburgs Innensenator Neumann hat jede Kritik an der Polizei im Zusammenhang mit der Flora-Demo und dem Gefahrengebiet zurückgewiesen. Dies ist bemerkenswert, da bereits mehrere Einsätze als rechtswidrig eingestuft wurden. Eine zentrale Rolle spielte immer wieder Einsatzleiter Peter Born, der auch am 21. Dezember das Sagen hatte…“ Artikel von Patrick Gensing vom 10. Januar 2014 bei Publikative externer Link
  • Das bange Warten auf eine Einreisegenehmigung ins Gefahrengebiet
    Ulli W. (Name geändert), wohnhaft in Köln, macht sich Sorgen. Um die Gesundheitslage der Tante, die in unmittelbarer Nähe der Hamburger Gefahrenzonen lebt und um die Sicherheitslage in der derzeit nicht ganz so freien Hansestadt Hamburg. Deshalb hat W. sich an mehrere Behörden gewandt, um Informationen über die Sicherheitslage vor Ort zu erhalten, sowie eine Einreisegenehmigung, die vor Repressionsmaßnahmen der Polizei schützen soll…“ Artikel von Michael Blatt vom 11. Januar 2014 bei den Ruhrbaronen externer Link
  • Einrichtung des Gefahrengebietes erfolgreich – Neuordnung auf die Gebiete Hamburg-St. Pauli, Altona-Nord und Sternschanze
    Nachdem in den vergangenen Wochen wiederholt Angriffe auf Polizeibeamte und öffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel Polizeigebäude stattfanden, richtete die Polizei Hamburg am 04.01.2014 ein Gefahrengebiet ein. Ab heute wird das Gefahrengebiet auf bestimmte Bereiche um die Polizeikommissariate 15, 16 und 21 reduziert und zudem zeitlich auf die Stunden zwischen 18:00 Uhr und 06:00 Uhr begrenzt…“ Pressemitteilung von Polizei Hamburg vom 09.01.2014 externer Link. Siehe dazu:
  • Ende des Gefahrengebiets: Sieg oder Niederlage?
    Es ist keine gute Idee, die Polizei selbst über ihre Befugnisse entscheiden zu lassen. Denn sie neigt dazu, ihre eigenen Interessen über die der Allgemeinheit zu stellen.
    Das größte Gefahrengebiet aller Zeiten wird als Lachnummer in Geschichte eingehen. Als die Hamburger Polizei vollmundig verkündete, sich in einem Gebiet mit der Einwohnerzahl einer mittleren Stadt „unbefristet“ Sonderbefugnisse einzuräumen, hätten selbst Optimisten nicht gedacht, dass sie nach gerade mal sechs Tagen den Schwanz einziehen würde. Ist das nun eine schmachvolle Niederlage – respektive der strahlende Sieg, als den die radikale Linke ihn feiern wird? Die Behauptung der Polizei, das Gefahrengebiet habe seinen Zweck erfüllt, gehört jedenfalls in die Abteilung plumpe Propaganda
    …“ Kommentar von Jan Kahlcke in der taz online vom 09.01.2014 externer Link
  • Gefahrenzone: Das Hamburger Modell
    Erneut hat die SPD gezeigt, dass der damalige Bundesinnenminister Otto Schily richtig lag, als er 2001 verkündete „Law and Order sind SPD-Werte”. Die ”Gefahrenzone”  Hanburgs hat die Chance zum Modell für Deutschland zu werden…“ Kommentar von Stefan Laurin vom 6. Januar 2014 bei den Ruhrbaronen externer Link. Aus dem Text: „… Ordnungspolitiker in ganz Deutschland schauen im Moment sicher schon ganz neidisch auf Hamburg. Sowas wollen sie auch – in Köln oder Dortmund, wo die Oberbürgermeister einen Sheriffstern tragen,  aber nicht nur dort wird man sich so etwas wünschen. Es gibt Politikern eine wunderbare Möglichkeit, sich als stark und durchsetzungsfähig zu zeigen – und große Teile der Bevölkerung zu begeistern. Wenn der Abbau von Bürgerrechten auch noch eine große PR-Nummer ist, ist für viele ein Traum in Erfüllung gegangen. Das Hamburger-Beispiel wird Schule machen. Ordnungsrecht als Repressionsinstrument – es ging noch nie besser…“
  • Hamburger Gefahrenzone: Rechtsstaat. Sicherheitsstaat. Staatssicherheit?
    Das Hamburger Gefahrengebiet ist mehr als eine lokale Ordnungsmaßnahme. Es markiert eine weitere Etappe auf dem Weg vom Rechts- zum Sicherheitsstaat. Es stellt sich die Frage, ob wir so leben wollen…“ Artikel von Dieter Hoß vom 6. Januar 2014 bei Stern online externer Link
  • Verfehlte Symbolpolitik in Hamburg: Panzer statt Hirn
    Rechtlich korrekt ist nicht immer auch politisch richtig: In Hamburg lässt sich derzeit beobachten, wie falsche Symbolpolitik funktioniert. Olaf Scholz schafft sich große Probleme dort, wo zuvor nur kleine bestanden. Er kann mit diesem Kurs nur verlieren…“ Ein Debattenbeitrag von Sebastian Hammelehle bei Spiegel online vom 05.01.2014
  • Hamburg: Alles zu zehn Jahren Gefahrengebieten
    Seit Samstagmorgen gelten St. Pauli und die Sternschanze als Gefahrengebiet. In der fast zehnjährigen Historie der Hamburger Gefahrengebiete hat die Polizei mehr als 40 solcher Sonderzonen ausgerufen…“ Artikel von Isabella David vom 4. Jan 2014 bei Mittendrin externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=50685
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