UN-Menschenrechtsausschuss: Klimawandel kann Asylanspruch begründen – Bundesregierung will keine Klimaflüchtlinge anerkennen

Papiere für alle!„Auch wenn der konkrete Fall abgewiesen wurde, ist das Urteil des UN-Menschenrechtsausschusses wegweisend: Wenn Gebiete durch den Klimawandel unbewohnbar werden, haben die Bewohner unter Umständen ein Recht auf Asyl. Klimaflüchtlingen darf das Recht auf Asyl nicht verweigert werden, wenn ihr Leben in Gefahr ist. Zu diesem Schluss kommt ein UN-Menschenrechtsausschuss, der sich erstmals mit der Klage eines Betroffenen befasst hat. Das UN-Menschenrechtsbüro bezeichnete die Entscheidung als historisch. Die Flüchtlinge müssten nicht nachweisen, dass ihnen unmittelbar Gefahr für Leib und Leben drohe, erklärte das Gremium. Es reiche aus, wenn die Lebensumstände derart bedroht seien, dass das Recht auf Leben gefährdet sei. Langfristige Folgen des Klimawandels wie der Anstieg des Meeresspiegels zählten ebenso dazu wie die Gefahr plötzlicher Überflutungen oder Stürme. (…) Der Ausschuss überwacht die Einhaltung des „Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte“ durch die Länder, die ihn unterzeichnet haben. Das sind 172 Staaten. Ein Zusatzprotokoll, das neben 115 anderen Staaten auch Deutschland unterzeichnet hat, ermöglicht es Einzelpersonen, Beschwerden gegen Staaten einzulegen, die im Pakt verbriefte Menschenrechte verletzt haben sollen.“ Meldung vom 21. Januar 2020 bei tagesschau.de externer Link und:

  • UN-Menschenrechtsrat stärkt Rechte von Klimaflüchtlingen New „Eine Anerkennung des Klimawandels als Fluchtursache galt lange als notwendig. Die Vereinten Nationen wagen nun den ersten Schritt (…) „Das Urteil besagt, dass wenn aufgrund des Klimawandels, aufgrund des Klimanotstandes, eine unmittelbare Gefahr für das Leben besteht, und wenn man in ein anderes Land flieht, dann sollte man nicht zurückgeschickt werden“, sagte Filippo Grandi, Hoher Kommisar der Flüchtlingshilfe der Vereinten Nationen, auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos der Nachrichtenagentur Reuters. „Der Grund ist, dass man damit sein Leben gefährden würde – genau wie aufgrund eines Krieges oder einer Verfolgung“, sagte Grandi. „Wir müssen auf eine große Zahl an Menschen vorbereitet sein, die sich gegen ihren Willen bewegen“, sagte Grandi. „Ich würde es nicht wagen, über bestimmte Zahlen zu sprechen, es ist zu spekulativ, aber wir reden hier sicherlich über Millionen.“ Mögliche Ursachen, die die globalen Migrationsbewegungen verstärken, seien Waldbrände wie in Australien, der Anstieg des Meeresspiegels auf tief liegenden Inseln, die Zerstörung von Ernten und Vieh in Afrika südlich der Sahara und Überschwemmungen weltweit, nicht zuletzt in Teilen der Industrieländer. Flüchtlingsbewegungen und das umfassendere Problem der Bevölkerungsmigration seien eine globale Herausforderung, die sich nicht auf wenige Länder beschränken lässt, so Grandi. (…) Im Überblick der aktuellen Flüchtlingszahlen des UNHCR werden Klimaflüchtlinge noch nicht berücksichtigt. Laut einer Greenpeace-Studie von 2017 sind jährlich 21,5 Millionen Menschen aufgrund des Klimawandels auf der Flucht. Zwischen 2008 und 2015 wurden Greenpeace zufolge 110 Millionen Menschen durch Fluten vertrieben, 60,2 Millionen Menschen durch Stürme, 960.000 Menschen durch extreme Temperaturen, 704.000 Menschen durch Erdrutsche und 362.000 Menschen durch Waldbrände. Insgesamt fliehen somit weltweit doppelt so viele Menschen vor den Effekten des Klimawandels als vor Krieg und Gewalt. Doch wie bei kriegerischen Konflikten suchen auch Klimaflüchtlinge den Weg ins Nachbarland. Einer Studie des Overseas Development Institutes zufolge bewegen sich Migrationsströme kaum aus ihren jeweiligen Regionen heraus. Fraglich bleibt, inwiefern das Urteil rechtliche Wirkung besitzt, die UN hat keine wirkliche Macht, die sie auf Nationalstaaten ausüben kann. Einzig Schweden erkennt bisher im Ausländerrecht die die Existenz von Umwelt-Migranten „als schutzbedürftige Personen, die wegen einer Umweltkatastrophe nicht in ihr Heimatland zurückkehren können“, an. Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) berücksichtigt Klimaflüchtlinge bisher (noch) nicht.“ Beitrag von Bulgan Molor-Erdene vom 22. Januar 2020 bei Telepolis externer Link
  • Nach Uno-Beschluss: Bundesregierung will keine Klimaflüchtlinge anerkennen
    „… Können Klimaflüchtlinge Asyl beanspruchen? Die Bundesregierung verneint – und widerspricht damit dem Uno-Menschenrechtsausschuss: Wer wegen der Folgen des Klimawandels seine Heimat verlässt, kann ihrer Auffassung nach in Deutschland weder Asyl noch Flüchtlingsschutz einfordern. Zwischen Klimawandel, Migration und Flucht bestehe zwar ein Zusammenhang. Dieser sei aber bislang nur unzureichend untersucht, teilte ein Sprecher des Innenministeriums mit. „Die meisten Studien deuten darauf hin, dass Umweltveränderungen Auslöser, aber nicht alleinige Ursache von Migrationsentscheidungen sind.“ (…) Das deutsche Asylrecht und die Genfer Flüchtlingskonvention stellen beide auf Gefahren ab, die von anderen Menschen ausgehen. Sollte das Heimatland eines abgelehnten Asylantragstellers allerdings tatsächlich insgesamt unbewohnbar geworden sein, käme im konkreten Fall ein Abschiebungsverbot in Betracht. Im deutschen Aufenthaltsrecht heißt es, von einer Abschiebung sei abzusehen, wenn im Herkunftsland „eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht“.“ Meldung vom 22. Januar 2020 bei Spiegel online externer Link –  Offensichtlich dümmer lässt sich die Ablehnung kaum begründen. Der UN-Beschluss ermöglicht jedoch auch auf völkerrechtlicher Basis mehr Druck zu machen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161634
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