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Lager für Flüchtlinge in Belarus: So zeigt man dem Diktator-Partner, was Humanität ist. Und bezahlt auch ihn dafür…

Dossier

EU: No Entrance. Titelbild zum isw-report 104 - Auf der Flucht. Fluchtursachen. Festung Europa. Alternativen. (Festung Europa, Februar 2016)Flüchtlingslager in Weißrussland? Die EU will sie mitfinanzieren. Alte Aufnahmezentren sollen renoviert, neue gebaut werden. Sieben Millionen Euro wird die EU dafür von diesem Jahr an bis 2020 an Weißrussland zahlen. Das Geld stammt aus dem Europäischen Nachbarschaftsprogramm. Ziel ist es, mehr Sicherheit an den Außengrenzen nach Polen und Litauen zu schaffen. (…) Menschen, die vor dem Bürgerkrieg in Syrien und kriegerischen Konflikten in der Ostukraine fliehen. Aber auch Zuwanderer, die die wirtschaftliche Krise in Russland hinter sich lassen wollen und Arbeit in der EU suchen, zum Beispiel aus Georgien, den russischen Kaukasus-Republiken Tschetschenien und Dagestan…“ – aus dem Beitrag „EU will Flüchtlingslager finanzieren“ von Karin Bensch-Nadebusch am 13. Februar 2017 im Deutschlandfunk externer Link – die Sicherung der Grenze im Krieg gegen Flüchtlinge hat eben Priorität vor allem… Siehe Jahre später die Konsequenzen (zu deren polnischem Anteil siehe das Dossier: Polnische Flüchtlingspolitik – auch diesseits der belarussischen Grenze ganz „europäisch“) mit den beidseitigen Pushbacks an der Grenze:

  • Polens neue Regierung will „humanitärer“ werden – statt Grenzschutzhilfe sollte sie die Pushbacks an der weißrussischen Grenze beenden New
    Ein guter Ausgangspunkt für die neue polnische Regierung, um zu zeigen, dass es ihr mit der Wiederherstellung der von der Vorgängerregierung ausgehöhlten Rechtsstaatlichkeit ernst ist, wäre die Beendigung der Praxis der Zurückdrängung von Migranten an der Grenze zu Belarus.
    Am 8. März kündigte der polnische Grenzschutz die Einrichtung von Such- und Rettungsteams an, die Migranten, die in einem bewaldeten Grenzgebiet gestrandet sind, medizinische und humanitäre Hilfe leisten sollen. Diese Ankündigung folgte auf einen Aufruf von mehr als 100 lokalen Organisationen externer Link im Januar, in dem Polens neue Regierung aufgefordert wurde, unrechtmäßige Zurückschiebungen an der Grenze zu Weißrussland zu stoppen.
    Während die neuen Teams dazu beitragen können, einige der Todesfälle von Migranten, die zwischen Weißrussland und Polen gestrandet sind, zu verhindern, bleiben die zugrunde liegenden Probleme unangetastet.
    Seit 2021 hat Human Rights Watch schwerwiegende Übergriffe polnischer Grenzschützer auf Migranten dokumentiert, darunter auch gewaltsame Rückschiebungen nach Weißrussland, die in mindestens 55 Fällen zum Tod von Migranten, darunter auch von Kindern, geführt haben. Die vorherige Regierung von Recht und Gerechtigkeit erklärte das Gebiet nahe der weißrussischen Grenze zur Sperrzone und versperrte humanitären Organisationen den Zugang. Die Beschränkungen wurden im Juni 2022 aufgehoben, aber die humanitären Organisationen sahen sich weiterhin mit falschen Anschuldigungen konfrontiert, sie stünden an der Spitze krimineller Netzwerke und organisierten illegale Grenzübertritte von Migranten nach Polen.
    Wenn man den Zurückweisungen ein „humanitäres“ Gesicht gibt, werden sie nicht rechtmäßig. Stattdessen sollte die polnische Regierung unverzüglich die Rechtsordnung an der Grenze wiederherstellen, indem sie den Ausländern, die dies wünschen, den Zugang zum polnischen Asylverfahren gewährt. Sie sollte die rechtswidrige Grenzverordnung aufheben, die Push-Backs legalisiert hat, und zahlreiche inländische Gerichtsurteile umsetzen, die Push-Backs für rechtswidrig erklären. Sie sollte die strafrechtliche Verfolgung und Schikanierung von Aktivisten der Zivilgesellschaft und humanitären Helfern, die Migranten an der Grenze helfen, einstellen und medizinischen und humanitären Organisationen Zugang gewähren, damit sie Menschen in Not helfen können. Andernfalls wird ein rechtswidriges Grenzregime aufrechterhalten, das gegen grundlegende Menschenrechte verstößt und das Leben von Menschen in Gefahr bringt
    .“ engl. Artikel von Lydia Gall vom 13.3.2024 in Human Rights Watch externer Link (maschinenübersetzt)
  • Weiterhin Gewalt und Pushbacks an der polnisch-belarussischen Grenze – auch die neue polnische Regierung hat daran bisher nichts geändert
    Die Krise der Menschenrechte an der Grenze zwischen Polen und Belarus ist weitestgehend aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden. Dabei sind Gewalt, Pushbacks und die systematische Inhaftierung von Schutzsuchenden weiterhin gängige Praxis in Polen. Auch die neue polnische Regierung hat daran bisher nichts geändert. (…) In seiner Regierungserklärung mahnte Tusk die Einhaltung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit an und kündigte eine gute Zusammenarbeit seines Landes mit der EU an. Die Eindämmung der »unkontrollierten Migration«, ohne dabei Menschenrechte zu verraten, bezeichnete er als eine der großen Herausforderungen der künftigen Regierung. Der stellvertretende Minister Maciej Duszczyk, der in der neuen Regierung für Migration zuständig ist, erklärte jedoch jüngst in einem Interview, dass die Pushbacks fortgesetzt würden, um »die Grenze zu sichern«, »aber mit einem humanitären Element«.
    Anfang Januar appellierten 101 Nichtregierungsorganisationen, darunter Amnesty International und die Helsinki Foundation for Human Rights (HFHR), sowie 550 Einzelpersonen an den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk, die Politik der Pushbacks an der polnisch-belarussischen Grenze unverzüglich zu beenden. Doch bisher hat sich auch unter der neuen Regierung nichts an der Situation für Schutzsuchende geändert. Die nationalen Gesetze, die Pushbacks »legalisieren«, sind weiterhin in Kraft. (…) Die »Krisenverordnung«, die Teil der GEAS-Einigung vom 20.12.2023 ist, arbeitet genau mit diesem Konzept der »Instrumentalisierung«. Im Fall von Krisen und der »Instrumentalisierung von Migrant*innen« durch Staaten können Grenzverfahren massiv ausgeweitet werden – sowohl in Bezug auf ihre Dauer als auch auf die Gruppe von Personen, die in diese Verfahren für ihr Asylverfahren einbezogen werden müssen. Im Falle einer »Instrumentalisierung« dürfen die Mitgliedstaaten sogar alle Asylsuchenden an ihren Grenzen inhaftieren. In der Praxis könnte dies zu mehr rechtswidrigen Pushbacks führen.
    Das Konzept der »Instrumentalisierung« ist somit ein Blankocheck für Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen, um Schutzsuchende von der Einreise in die EU abzuhalten. Die aktuelle polnische Praxis der Pushbacks, Inhaftierungen und mangelnden Verfahrensgarantien könnte somit verstetigt, ausgeweitet und rechtlich zementiert werden. Dringend notwendig wäre stattdessen eine 180 Grad Wende in der polnischen Flüchtlingspolitik. Es wird sich zwar erst zeigen müssen, wo die neue polnische Regierung steht. Mit dem Konzept der Instrumentalisierung wurde auf europäischer Ebene allerdings bereits die Basis für zukünftige »Ausnahmezustände« und eine weitere Aushöhlung des Flüchtlingsschutzes an den EU-Außengrenzen geschaffen.
    Donald Tusk agiert auch als Ministerpräsident unter dem Druck der PiS-Partei. Diese hatte Migration im Sommer und Herbst 2023 zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht und damit Ängste und rassistische Ressentiments gegen Geflüchtete geschürt. So mobilisierte sie am Wahltag parallel zu einem Referendum, bei dem zwei von vier Fragen mit offenkundig falschen Informationen Stimmung gegen Schutzsuchende und die Europäische Union machten. Doch auch die ehemalige Opposition griff auf flüchtlingsfeindliche Rhetorik zurück und warnte vor »unkontrollierter Migration«
    …“ Umfangreicher Beitrag vom 09.02.2024 bei Pro Asyl externer Link
  • Wieder Schüsse an der polnisch-belarusischen Grenze. Polizei & Grenzbeamte dementieren Angriffe auf Aktivist*innen
    No Borders Team berichtet auf Telegram, dass die Situation an der polnisch-belarusischen Grenze angespannt ist. Während sich Todesfälle häufen, kommen nun Berichte dazu,dass an der Grenze scharf geschossen wird. Ein 22-Jähriger wurde mit einer Schusswunde in ein Krankenhaus in Hajnówka eingeliefert.
    Er wurde von einem Soldaten angeschossen, die Kugel hat seine Wirbelsäule getroffen. Der junge Mann ist aktuell nicht mehr in Lebensgefahr, ob es bleibende Schäden gibt, ist unklar. Das Militär sagt dazu, dass der Soldat nicht absichtlich geschossen habe, sondern gestolpert sei.
    Kurze Zeit später wurde von einem Grenzbeamten in Richtung einer Gruppe von Aktivist*innen geschossen, die Hilfsmittel in den Wald trugen. Von diesem Vorfall gibt es sogar Videoaufnahmen, trotzdem dementieren Polizei und Grenzbeamte, dass es diesen Schuss gegeben habe.
    Der Winter kommt. Bei niedrigen Temperaturen, Regen& Wind werden schutzsuchende Menschen mit Gewalt zurück in die Wälder an der polnisch-belarusischen Grenze gedrängt oder von den mörderischen Grenzanlagen der EU empfangen. Die Gefahr, beschossen zu werden kommt nun offenbar auch noch dazu. Die Brutalität der Grenzen müssen wir nicht so hinnehmen! Wir kämpfen gegen die rassistische und brutale Abschottung, für das Recht auf Bewegungsfreiheit und das Recht auf ein selbstbestimmtes und freies Leben für alle.“ Post von Seebrücke vom 14.11.23 auf bsky externer Link

  • Wieder ein Todesopfer an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze – einem weiteren syrischer Flüchtling wurde 2fach in den Rücken geschossen
    • Wieder ein Todesopfer an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Am Samstag wurde der Leichnam eines etwa 20- bis 25-jährigen syrischen Geflüchteten von Naturforschern im Wald gefunden.“ Post von kapturak vom 5./6.11.23 auf bsky externer Link zu:
    • Ein weiterer Todesfall an der Grenze. Die Leiche eines jungen syrischen Mannes wurde gefunden. Ein weiterer Syrer angeschossen
      Die Leiche eines jungen Syrers wurde am Samstag (4. November) im strengen Reservat des Białowieża-Waldes – nahe der polnisch-weißrussischen Grenze – gefunden. Dies ist bereits mindestens das 55. Todesopfer – auf beiden Seiten der Grenze – der Migrations- und humanitären Krise. Im Gegenzug wurde ein syrischer Mann, der von polnischen Einsatzkräften angeschossen wurde, in ein Krankenhaus in Hajnówka gebracht. Ein weiteres Todesopfer der anhaltenden Krise an der polnisch-weißrussischen Grenze im Jahr 2021 wurde am Samstagmorgen von der Freiwilligen Humanitären Hilfe Podlasie (POPH) gemeldet, deren männliche und weibliche Freiwillige sich für die Menschen auf der Flucht an dieser Grenze einsetzen. POPH teilte mit: „Syrischer Mann tot aufgefunden. Er wurde kurz vor uns von Wildtierforschern gefunden. Die Polizei ist vor Ort“. Kurz darauf teilte Stabsfeldwebel Agnieszka Skwierczyńska vom Presseteam der Polizei in Podlasie der „Wyborcza“ mit, dass der gefundene Tote etwa 20-25 Jahre alt sei und die Information über ihn die Beamten gegen 7.45 Uhr von einem Mitarbeiter des Białowieża-Nationalparks in Białowieża erreicht habe…“ poln. Artikel von Maciej Chołodowski vom 4.11.2023 in bialystok.wyborcza.pl externer Link („Kolejna śmierć na granicy. Odnaleziono ciało młodego Syryjczyka. Inny Syryjczyk postrzelony“, maschinenübersetzt)
    • Und: „Aktuell ist nur bekannt, dass vermutlich ein polnischer Soldat auf den Flüchtling geschossenen hat. Der Zustand des Geflüchteten ist stabil. Die Militärpolizei ermittelt, hat sich aber bisher noch nicht geäußert und reagiert nicht auf Presseanfragen.Ein weiterer syrischer Flüchtling wurde von polnischen Grenzschutzbeamten (oder anderen Einheiten) in den Rücken geschossen. Der von zwei Kugeln Getroffene befindet sich im Krankenhaus von Hajnówka. Weitere Details des Vorfalls sind bislang unbekannt.“ Post von kapturak vom 5..11.23 auf bsky externer Link
  • Zwei weitere Todesfälle an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze und weitere Verschärfung und Brutalisierung durch neue Stacheldrahtbahnen
    • Zwei weitere Todesfälle an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Am Sonntag starb ein Flüchtling, nachdem der Grenzschutz den etwa 20-Jährigen in den Sümpfen aufgegriffen hatte. Am selben Tag wurde die Leiche eines weiteren Geflüchteten gefunden.
      Die genauen Todesumstände sind ungeklärt. Der Grenzschutz fasste den Flüchtenden, der in Richtung eines Flusses entkommen wollte. Sein Zustand war kritisch. Das unwegsame Gelände verhinderte die Anfahrt eines Krankenwagens. Der Geflüchtete verstarb während des Abtransports in einem Geländewagen.“ Post von kapturak vom 25./25.10.23 auf bsky.social externer Link, siehe dazu:

      • Weitere Todesopfer an der polnisch-weißrussischen Grenze. Zwei Männer sind tot
        Schwarze Serie an der polnisch-weißrussischen Grenze – zwei Männer, vermutlich Migranten aus Afrika und dem Nahen Osten, sind tot. Der eine wurde vom Grenzschutz aufgegriffen, nachdem er einen Damm in der Nähe von Białowieża überquert hatte, und starb, bevor der Krankenwagen eintraf. Die Leiche des anderen wurde von der Eisenbahnwache in der Nähe der Gleise beim Dorf Dobrowoda in der Nähe von Kleszczel (Podlaskie) gefunden…“ poln. Artikel vom 23.10.2023 in bialystok.wyborcza.pl externer Link – ab da leider im Abo
    • Weitere Verschärfung und Brutalisierung der Abschottung an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Seit kurzem werden entlang der bestehenden Grenzbefestigung neue, teils mannshohe Stacheldrahtbahnen verlegt. Die Barriere im Osten wird damit noch gefährlicher für Leib und Leben der Flüchtenden.“ Post von kapturak vom 26.10.23 auf bsky.social externer Link mit ekelhaften Fotos der Grupa Granica
  • Wieder wird es Winter an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze – wieder ein Todesopfer nach Pushback aus Polen, der 52. Todesfall 
    Wieder ein Todesopfer an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Am 12. Oktober starb ein afghanischer Flüchtling auf der belarusischen Seite im direkt am Grenzzaun, er hatte sich angebl. schon auf polnischem Gebiet befunden. Dann wohl ein Pushback erfahren. Nach offizieller Zählung ist das der 52. Todesfall an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Die Nachttemperaturen in den Wäldern an der Grenze sinken wieder stark. Erst gestern bargen Aktivist*innen eine schwer unterkühlte Person aus Eritrea, die in kritischem Zustand ins Krankenhaus kam. Bereits am 11.9. war eine somalische Geflüchtete auf belarusischer Seite gestorben, nachdem sie schon zweimal per Pushback aus der EU über die Grenze verbracht worden war.“ Meldung von kapturak vom 21.10.23 auf bsky externer Link, er verweist auf den Artikel:

    • Ein weiterer Todesfall an der Grenze. Auf weißrussischer Seite starb ein Mann aus Afghanistan im sogenannten Sistema
      Organisationen, die im polnisch-weißrussischen Grenzgebiet humanitäre Hilfe für Migranten und Flüchtlinge leisten, berichten von einer weiteren Tragödie. Ein afghanischer Mann starb zwischen einem polnischen Zaun und einer älteren weißrussischen Barriere. Die Temperatur sinkt nachts auf nur wenige Grad über Null.
      Am 12. Oktober wurde auf der belarussischen Seite der Grenze die Leiche eines weiteren Mannes gefunden, wie auf dem offiziellen Profil des belarussischen Grenzdienstes zu lesen war. Das Opfer wurde von einem iranischen Staatsangehörigen begleitet. Die beiden Männer sollen sich zuvor auf der polnischen Seite aufgehalten haben. Dies sei ein weiterer Todesfall, der hätte vermieden werden können, teilte der Verein Egala, der sich mit humanitärer Hilfe auf der polnischen Seite der Grenze befasst, mit und sprach den Angehörigen des Verstorbenen sein Beileid aus.
      Die Border Group, die seit Beginn der humanitären Krise im Sommer 2021 an der Grenze tätig ist, fügt hinzu, dass der Mann wahrscheinlich im sogenannten Sistema – der Zone zwischen dem Zaun an der polnischen Grenze und der älteren Sperre auf der weißrussischen Seite – gestorben ist.
      „Wir kennen die Identität des Afghanen nicht, und auch die Ursache seines Todes ist unbestätigt. Wir wissen jedoch, dass der Mann im Wald, in einem Lager, gestorben ist. Der Tod des Afghanen wurde von seinen Begleitern miterlebt, die berichteten, dass sich sein Gesundheitszustand allmählich verschlechterte, berichten Menschenrechtsaktivisten der Grenzgruppe. – Die humanitäre Krise dauert nun schon seit mehr als zwei Jahren an. Mehr als 50 Menschen sind an der polnisch-weißrussischen Grenze ums Leben gekommen. Unsere Gedanken sind bei ihren Angehörigen.“
      Das letzte Opfer, über dessen Tod wir berichteten, war ein junges somalisches Mädchen. Sie verbrachte mehrere Wochen an der weißrussisch-polnischen Grenze. Sie wurde zweimal von polnischen Grenzsoldaten zurückgeschoben. Sie starb am 11. September nach ihrer Rückkehr aus dem Wald. Das Mädchen wäre bald 21 Jahre alt geworden. Ihre Beerdigung fand am 23. September in Minsk statt, berichtet Hope & Humanity Polen…“ poln. Artikel von Mikołaj Chrzan vom 19.10.2023 in bialystok.wyborcza.pl externer Link (maschinenübersetzt)
  • Die polnische Armee patrouilliert wieder an der Grenze zu Belarus: Gibt es trotzdem oder deshalb erneut eine tote somalische Geflüchtete? 
    • In Minsk wurde gestern eine 20jährige somalische Geflüchtete bestattet, die nach zweimaligem Pushback an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze verstorben war…“ Tweet von kapturak vom 24. Sep. 2023 externer Link zu einer polnischen Meldung
    • Aus der ganzen Welt nach Białowieża: Die polnische Armee patrouilliert an der Grenze zu Belarus
      Seit einigen Monaten ist die polnische Armee an der Grenze zu Belarus wieder präsenter. Tausende Flüchtlinge versuchen dort jedes Jahr den Grenzzaun zu überqueren. (…) Seit drei Monaten sind die Soldaten wieder in der Gegend. Zuerst hieß es, sie seien hier wegen der russischen Söldnergruppe Wagner, die sich damals nach ihrem gescheiterten Putschversuch in Belarus niederlassen sollte. Inzwischen sagt die Regierung, sie seien wegen der Flüchtlinge hier. Aleksandra Chrzanowska hält das alles für Wahlkampfspektakel. Sie arbeitet für die NGO Association for Legal Intervention, die zu Grupa Granica gehört. Die Regierung habe schon immer die Unwahrheit über die Lage an der Grenze erzählt. Nachdem der Bau des 180 Kilometer langen Grenzzauns im Juni vorigen Jahres abgeschlossen war, habe sie das Problem einfach für gelöst erklärt. »Sie haben so viel Geld für diesen Zaun ausgegeben, deshalb haben sie seitdem erzählt: Niemand kommt mehr, der Zaun funktioniert.« Dabei halte der Zaun niemanden auf, er mache die Grenzüberquerung nur gefährlicher. (…) Verlässliche Zahlen gibt es nicht, doch die polnische Journalistin Zuzanna Dąbrowska schätzte in einer Analyse für die Rosa-Luxemburg-Stiftung, dass diesen Frühling etwa 100 Menschen pro Tag versucht haben, die Grenze zu überqueren. Grupa Granica zähle nur die Menschen, die über den Notruf nach Hilfe fragen, sagt Chrzanowska. Dieses Jahr seien es bis August knapp 6.000 gewesen, etwas mehr als im vergangenen Jahr. Im Frühling und Sommer kämen außerdem mehr als im Winter, weil die Grenzüberquerung weniger gefährlich ist, aber das sei die normale saisonale Fluktuation. »Dass die Regierung nun behauptet, es kämen plötzlich wieder deutlich mehr Flüchtlinge, weswegen man die Armee an die Grenze schicken müsse, hat allein politische Gründe«, sagt Chrzanowska. (…) Kürzlich sorgte der Spielfilm »Grüne Grenze« der polnischen Regisseurin Agnieszka Holland für Aufsehen, der von der Situation an der Grenze handelt. Noch bevor er in Polen im Kino zu sehen war, schrieb der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro auf X (früher Twitter), der Film sei wie die polenfeindliche Propaganda der Nazis. Obwohl die Regierung also sehr dünnhäutig auf jegliche Kritik reagiert, geschieht nichts an der Grenze im Verborgenen. »Offiziell wird es zwar nicht Pushback genannt, was die Grenzbeamten machen, aber genau das ist es: illegale Pushbacks«, sagt Chrzanowska. Es sei Routine, dass Flüchtlinge, wenn sie erwischt werden, von den polnischen Grenzbehörden einfach wieder zurück nach Belarus gebracht werden. Das polnische Gesetz wurde geändert, um das möglich zu machen, »deshalb denken die Beamten wohl, dass es legal ist«. Doch diese Gesetzesänderung sei »selbst illegal, weil sie gegen die polnische Verfassung, gegen die Genfer Konvention und das EU-Recht verstößt«. »Die Pushbacks funktionieren nicht«, davon sind Jakub und Jola überzeugt, »die Leute versuchen es einfach erneut, bis es klappt.« Die Regierung versuche, sie und die anderen Flüchtlingshelfer als Kriminelle darzustellen. (…)
      Die wenigsten Flüchtlinge wollen einen Asylantrag stellen, weil sie Angst haben, dann nach Belarus zurückgebracht zu werden. Nur selten, wenn sich die humanitären Helfer vom Flüchtling eine juristische Vollmacht haben ausstellen lassen, wenn es Zeugen gibt, »können wir Pushbacks verhindern«, sagt Chrzanowska. Wenn die Grenzbeamten den Asylantrag akzeptieren, werden die Flüchtlinge meistens in ein geschlossenes Lager gebracht. In einem solchen Lager in der kleinen Ortschaft Przemyśl nahe der ukrainischen Grenze hat es Anfang des Monats einen Hungerstreik gegeben. Agnieszka Chorodonska (der Name wurde geändert) zufolge handelte es sich nicht um den ersten, aber den bislang größten Protest dieser Art in einem solchen Lager. Sie arbeitet für eine NGO, die ebenfalls zu Grupa Granica gehört, und ist unter anderem in dem Lager in Przemyśl als Rechtsberaterin tätig. Zuerst 100, dann 70 Flüchtlinge hätten an dem Hungerstreik teilgenommen; nach einigen Tagen sei die Polizei ins Lager gekommen, einige Insassen seien verhaftet, andere in Isolationshaft gesteckt worden – das hätten ihre Kontaktleute im Lager ihr erzählt, sagt Chorodonska. Direkter Auslöser des Streiks sei gewesen, dass »ein 26jähriger Junge versucht hat, Selbstmord zu begehen. Sein Freund hat das mitgekriegt, hat geschrien und geweint, bis die Wachen gekommen sind und ihn zusammengeschlagen haben.«
      In den geschlossenen Lagern sitzen die Flüchtlinge ein halbes Jahr bis maximal zwei Jahre, dann kommen sie entweder in ein offenes Lager oder werden abgeschoben. Sie dürfen in der Zeit nicht hinaus, sie wissen oft nicht, wie lange sie dort bleiben müssen. Es gebe dort nichts zu tun: keine Sprachkurse, Handys seien verboten, der Internetzugang sei eingeschränkt. Der 26jährige, der versucht habe, Selbstmord zu begehen, sei ein koptischer Christ aus Ägypten gewesen, sagt Chorodonska. »Die wollen oft nach Polen, weil sie gehört haben, es sei ein besonders christliches Land
      .«“ Reportage von Johannes Simon in der Jungle World vom 21.09.2023 externer Link
  • Kein Recht auf Asyl: Polen weist Schutzsuchende an der Grenze zurück 
    Seit sich die humanitäre Lage an der EU-Außengrenze zu Belarus vor zwei Jahren zugespitzt hat, setzt Polen immer stärker auf Abschottung. Aktivisten werfen der Regierung in Warschau vor, sich zu diesem Zweck über internationales Recht hinwegzusetzen – und Polen steht damit nicht alleine da.
    Polnische Grenzschützer sollen Ende Mai, nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten, an der Grenze zu Belarus eine Gruppe von mindestens 25 Menschen illegal zurückgewiesen haben. Obwohl die Menschen aus Syrien, dem Irak und dem Kongo wiederholt um Asyl gebeten haben sollen, ließen die polnischen Behörden sie nicht einreisen. Die Aktivisten sehen im Vorgehen der polnischen Regierung Verstöße gegen EU- sowie gegen internationales Recht, nachdem Zurückweisungen an der Grenze illegal sind. (…) Nach mehreren Tagen an der Grenze sind die Menschen nach Angaben von Grupa Granica nun verschwunden. Wo sie sich zum jetzigen Zeitpunkt aufhalten, wissen die Aktivisten nicht. Sie vermuten, dass die Gruppe sich aus Angst vor den belarussischen Sicherheitskräften in den Wald zurückgezogen hat, in dem die Grenzregion liegt. In der Gruppe hatten sich nach Angaben der Aktivisten elf Kinder befunden, das jüngste im Alter von zwei Jahren. Etliche der Geflüchteten hätten nach Angaben von Grupa Granica medizinische Hilfe gebraucht. (…) Der Wald, der sich zu beiden Seiten der Grenze erstreckt, gilt als letzter Urwald Europas. Er ist Lebensraum von Wölfen, Bären und Braunbären und vielerorts sehr dicht und sumpfig. Seit Sommer 2021 sind nach Angaben von Aktivisten mindestens 45 Menschen in dem schwer zugänglichen Grenzgebiet ums Leben gekommen. Erst Ende Mai wurde im Fluss Swislatsch (pol.: Swislocz) eine weitere Leiche gefunden.“ Artikel von Antea Obinja vom 02.06.2023 in RND externer Link
  • Nächster Akt im Dauerdrama an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze: 24 (minderjährige) Flüchtlinge sitzen auf dem schmalen Grenzstreifen fest 
    Nächster Akt im Dauerdrama an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Aktuell sitzen 24 Flüchtlinge (die Hälfte Minderjährige) auf dem 1,2 Meter schmalen Streifen fest, der sich jenseits des Grenzzauns befindet, aber schon zum polnischen/EU-Territorium zählt.
    Das jüngste Mitglied der überwiegend aus Syrien stammenden Flüchtlingsgruppe ist 1,5 Jahre alt.
    Die Gruppe hofft auf Rettung durch den polnischen Grenzschutz – kann derzeit weder vor noch zurück, fürchten sich vor den Hunden, die belarusische Einheiten auf sie hetzen würden.
    Ein Teil der Gruppe wurde bereits per Pushback durch den polnischen Grenzschutz nach Belarus zurückgedrängt. Die Menschen finden sich in einer fürchterlichen Ping-Pong-Situation zwischen den (Grenz-)Regimen wieder.
    Die belarus. Einheiten unterstrichen ihre Drohung, Hunde auf die Gruppe zu hetzen, indem sie eine bereits von Hunden gebissene kongolesische Geflüchtete zu der Gruppe bringen ließen. Die Gebissene + ein vom BLR-Grenzschutz verprügelter Mann sind in schlechtem gesundheitl. Zustand
    Die Flüchtlingsgruppe befindet sich auf EU-Territorium und will erklärtermaßen Asyl beantragen.
    Eine Aktivistin der Hilfsorganisation @GrupaGranica ist vor Ort und berichtet: „Wir stehen 15m vom Grenzzaun entfernt. Wir können nichts tun, die Grenzer lassen uns nicht näher ran. Wir können den Kindern kein Wasser und kein Essen geben.“ Der polnische Grenzschutz schließt weiterhin eine Aufnahme der Flüchtlinge aus. Eine Sprecherin verweist dabei auf die Verantwortung für den Schutz der EU-Außengrenze, der auch alle anderen Länder betreffe, die das Handeln des PL-Grenzschutzes akzeptiertenThread von kapturak vom 27. – 29.Mai 2023 externer Link mit dem Foto von Grupa Granica und Links zur poln. Berichterstattung
  • Das permanente Leid an der EU-Ostgrenze. Aufnahme einer völlig entkräfteten Person, regungslos am Boden – direkt bei einer Pushback-Pforte an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Der polnische Grenzschutz sieht tatenlos zu. Szene von Dienstag auf BLR-Seite, Höhe Białowieża…“ Thread von kapturak vom 11.5. externer Link
  • Nicht die einzige brutale Realität an der EU-Ostgrenze: Geflüchteter liegt schon seit 2 Tagen nach einem Pushback verletzt auf der anderen Seite des Festungszauns…
    • Brutale Realität an der EU-Ostgrenze. Geflüchteter liegt dort schon seit 2 Tagen nach einem Pushback verletzt auf der anderen Seite des Festungszauns, aber noch auf dem schmalen Streifen, der zu Polen/EU gehört. Der 31-Jährige kann nicht gehen, es regnet und ist kalt. Der polnische Grenzschutz bleibt von dem Zustand ungerührt, weist den Geflüchteten an, sich nach Belarus zu begeben. Das Überleben sichern derzeit Helfer*innen, die dem Geflüchteten Essen und einen Schlafsack durch den Zaun reichen.“ Thread von kapturak vom 7.5.23 externer Link zu einem Bericht mit Fotos. Siehe auch:
    • Dokumentation eines Pushbacks von Geflüchteten an der EU-Ostgrenze. Die Aufnahme zeigt, wie 8 Personen aus Syrien am Donnerstag bei Hajnówka in einen Lastwagen getrieben werden, um sie dann wahrscheinlich über die EU-Außengrenze von Polen nach Belarus zu deportieren.“ Thread von kapturak vom 5.5.23 externer Link
  • Das Sterben an der polnisch-belarussischen EU-Außengrenze nimmt kein Ende: Zahl der Opfer auf 42 gestiegen
    • Das Sterben an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze nimmt kein Ende.
      Am Rande des Białowieża-Urwalds wurde heute wieder ein Leichnam eines mutmaßlichen Flüchtlings gefunden
      …“ Tweet von kapturak vom 22.5. externer Link zu:

      • Weitere Leichen in der Nähe der Grenze zu Belarus. Die Zahl der Opfer der humanitären Krise steigt
        Alles deutet darauf hin, dass die Zahl der Opfer der Migrantenkrise an der polnisch-weißrussischen Grenze am Samstag (22. April) auf 42 gestiegen ist, wie die Polizei in Podlasie mitteilte. Am Samstag nach 17 Uhr informierte Elżbieta Zaborowska vom Presseteam der Polizei in Podlasie: – „Die Leiche eines unbekannten Mannes wurde im Wald in der Nähe des Dorfes Istok [in der Pufferzone des südlichen Teils des Białowieża-Waldes – d. Red.] Polizeibeamte unter der Aufsicht des Staatsanwalts führen die verfahrenstechnischen Maßnahmen durch, einschließlich der Identifizierung. Die Meldung ging nach 14 Uhr ein.
        Die letzte Leiche an der polnisch-weißrussischen Grenze wurde am vergangenen Dienstag (18. April) gefunden. Es war das 41. tödliche Opfer der seit Sommer 2021 andauernden Migrations- und damit humanitären Krise an der polnisch-weißrussischen Grenze
        …“ poln. Artikel von Maciej Chołodowski vom 22.04.2023 in Wyborcza externer Link (maschinenübersetzt)
    • Der nächste Todesfall an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. In den Sümpfen des Białowieża-Urwaldes wurde heute die Leiche eines mutmaßlichen Geflüchteten gefunden…“ Tweet von kapturak vom 18.4. externer Link
  • Warnschüsse bei der Jagd auf Geflüchtete an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze, dokumentierter Pushback und eine weitere Todesmeldung
    • Warnschuss bei der Jagd auf Geflüchtete an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze. Der polnische Grenzschutz verfolgte am Donnerstag ein Fahrzeug mit afghanischen Geflüchteten, was mit einem Unfall endete. Keine Verletzten. Erst wenige Tage zuvor wurden ebenfalls Warnschüsse bei der Jagd auf Flüchtende abgegeben. Halsbrecherische Verfolgungsfahrten sind auch kein Novum in der polnisch-belarusischen Grenzregion.“ Thread von kapturak vom 14.4. externer Link
    • Dokumentierter Pushback. Video des belarusischen Grenzschutzes, das zeigt, wie der polnische Grenzschutz Geflüchtete durch eine spezielle Pforte im EU-Festungszaun abschiebt.“ Tweet von kapturak vom 12.4. externer Link zu einem Video
    • Eine weitere Todesmeldung von der polnischen EU-Außengrenze. Bereits im März ist im Flüchtlingsgefängnis von Przemyśl ein Mann (vermutlich aus Syrien) verstorben. Laut Aktivist*innen hatten die Behörden zu spät auf den kritischen Zustand der Person reagiert…“ Tweet von kapturak vom 12.4. externer Link zum Thread von Piotr Czaban vom 12.4. : „Tod eines Ausländers im bewachten Ausländerzentrum in Przemyśl – diese Information wird vom Sprecher @Straz_Graniczna bestätigt. Aktivisten @Karolin05020665  und Maria Książek waren die ersten, die darüber informierten. Der Mann (möglicherweise Syrer) starb im März. Der Fall bei der Staatsanwaltschaft. Der Mann fühlte sich schlecht. Ein Krankenwagen wurde gerufen. Retter erklärten ihn auf der Stelle für tot. Diese Version der Ereignisse wird vom Sprecher der Grenzschutzabteilung von Bieszczady präsentiert. Aktivisten fügen hinzu, dass der Tod am 17. März stattfinden sollte. Sie sprechen von einer zu späten Reaktion der Dienste.“
  • Die Festung EU tötet und tötet, an der belarusisch-polnischen Grenze außerhalb der Scheinwerfer: Eine weitere Leiche gefunden, ein Schwerverletzter am Zaun…
    • Die Festung tötet und tötet. An der belarusisch-polnischen EU-Außengrenze wurde auf belarusischer Seite eine weitere Leiche gefunden…“ Tweet von kapturak vom 11.4.23 externer Link
    • Mörderische EU-Außengrenze.
      Letzte Woche stürzte ein 58-jähriger syrischer Flüchtling vom Zaun an der polnisch-belarusischen Grenze und kam ins Uni-Spital Białystok. Am Freitag beschlossen Ärzte, die lebensverlängernden Apparate abzustellen. via No Borders Team (FB)“ Tweet von kapturak vom 10.4. externer Link mit Foto und späterer Ergänzung: „Laut einem neuen Bericht der Gazeta Wyborcza ist der Mann noch am Leben, befindet sich allerdings mit seinen schweren inneren Verletzungen und einer Sepsis in einem extrem kritischen Zustand.“ – kapturak meldete am 24.4.23: Der syrische Geflüchtete, der Anfang April vom 5m hohen Zaun an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze stürzte, ist nun seinen Verletzungen erlegen!!!
  • Zwei weitere Leichen von Geflüchteten an der polnisch-belarusischen Grenze aufgefunden: Todesopfer Nr. 39 und 40!
    • Zwei weitere Leichen von Geflüchteten wurden in dieser Woche an der polnisch-belarusischen Grenze aufgefunden. Es handelt sich um die Todesopfer Nr. 39 und 40 in diesem Abschnitt der EU-Ostgrenze. Die Festung Europa ist eine Todesmaschine im Dauerbetrieb.“ Tröt von kapturak vom 24. März 2023 externer Link, siehe auch:
    • Ein weiteres Opfer des polnischen Staates. Seit August 2021 sind mehr als 30 Menschen aus Afrika und Asien an der polnisch-weißrussischen Grenze gestorben. Polnische Grenzschützer haben kein Problem mit Flüchtlingen aus der Ukraine und Weißrussland, wohl aber mit Nicht-Weißen…“  engl. Tweet von Warszawska Formacja Anarchistyczna vom 22. März 2023 externer Link
    • Der neue Wert der Abschottung. Im polnischen Koszalin entsteht noch in diesem Jahr eine Grenzschutz-Hochschule.“ Tweet von kapturak vom 24. März 2023 externer Link
  • Leiche einer Ägypterin an polnisch-belarusischer Grenze gefunden – polnischer Grenzschutz schob Mitflüchtende zurück statt zu helfen – und 3 weitere Leichname
    Die junge Äthiopierin war in kritischem gesundheitlichem Zustand allein im Wald zurückgeblieben, nachdem ihre Mitflüchtenden vergeblich nach Hilfe gesucht hatten und stattdessen vom polnischen Grenzschutz per Pushback zurück nach Belarus deportiert worden waren. Siehe:
    Wir fordern die Untersuchung der Todesumstände sowie die Verantwortlichkeit der Behörden, die nach Angaben der Gruppe nicht nur keine Rettungsmaßnahmen ergriffen, sondern auch Menschen, die Hilfe für ihren Begleiter suchten, nach Weißrussland zurückdrängten. Die Frau überquerte die Grenze PL-BY am 3.02. mit einer Gruppe von 6 Personen durch einen Fluss. Drei von ihnen wurden sofort nach BY zurückgedrängt. Die restlichen vier blieben in PL. Nachts fühlte sich die Frau sehr schlecht und begann das Bewusstsein zu verlieren. Ihre Gefährten begannen, nach Hilfe zu suchen.
    Laut den Begleitern der verstorbenen Frau erklärten der polnische Grenzschutz und die Polizei, sie würden Hilfe leisten. Sie erreichten sie jedoch nie, sondern drängten die Migranten, die um Hilfe baten, nach Weißrussland zurück.
    Gestern, am 12.02., fanden Aktivisten der Initiative POPH die Leiche der Frau. Sie reichten auch eine Verdachtsanzeige der Begehung einer Straftat durch polnische Dienste ein. Die Familie des Verstorbenen beteiligt sich an der Identifizierung des Leichnams. Wir sprechen unser Beileid aus.
    Wir fordern ein Ende der tödlichen Regierungspolitik, die Gewalt und illegale Push-Backs legitimiert und Menschen instrumentalisiert, die nach Sicherheit suchen. Es müssen dringend Maßnahmen ergriffen werden, um weitere Fälle von Folter und Tod zu verhindern. In Solidarität mit den Opfern von Gewalt
    .“ engl. Thread von Grupa Granica vom 13. Feb. 2023 externer Link – siehe kurz darauf auch:

    • Unablässiges Sterben an der EU-Ostgrenze. Heute wurden drei weitere Leichname von mutmaßlichen Geflüchteten an der polnisch-belarusischen Grenze aufgefunden. Eine Leiche wurde im Rahmen einer Suchaktion im Wald entdeckt, zwei weitere fischte die Polizei aus dem Grenzfluss Świsłocz.“ Thread von kapturak vom 16.2.2023 externer Link zu einem poln. Artikel
  • Der 7. Geflüchtete nahe der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze beerdigt, ein anderer nach 18 Monaten im Flüchtlingsgefängnis im Hungerstreik…
    • Am Donnerstag fand die Beerdigung des jemenitischen Geflüchteten Ibrahem Dehya auf dem muslimischen Friedhof von Bohoniki statt. Nach mehreren Pushbacks war die Leiche des 36jährigen Arztes im Januar an der polnisch-belarusischen Grenze gefunden worden. Ibrahem Dehya ist bereits der siebte Geflüchtete, der in den vergangenen Monaten auf dem muslimischen Friedhof von Bohoniki nahe der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze beerdigt wurde.“ Thread von kapturak vom 10.2.2023 externer Link mit Fotos und Link zu einem poln. Artikel
    • Der 26jährige irakische Geflüchtete Nazar ist diese Woche in einen Hungerstreik getreten. Seit 18(!) Monaten wird er in einem Flüchtlingsgefängnis im polnischen Przemyśl gefangen gehalten. Hier sein offener Brief:…“ Re-Tweet von kapturak vom 8.2.23 des poln. Threads der Grupa Granica vom 8. Feb. 2023 externer Link zum Brief: “ „Ich bin wegen schlimmer Erfahrungen und Gewalt aus meinem Land geflohen. Ich bin in der Hoffnung auf ein normales Leben nach Europa gekommen, aber hier leide ich wieder.“
      Wir veröffentlichen einen Brief von Nazar, einem Iraker, der gestern in einen Hungerstreik getreten ist. Nazar ist ein 26-jähriger Iraker, der sich seit 18 Monaten im bewachten Ausländerzentrum in Przemyśl aufhält. Kürzlich feierte er seinen zweiten Geburtstag in Haft. Wir unterstützen Nazars Appell und fordern nachdrücklich seine sofortige Freilassung aus dem bewachten Zentrum. „Wenn jemand seine Freiheit verliert, bedeutet das, dass er ein Gefangener geworden ist. Hier ist es noch schlimmer. Im Gefängnis hätte ich eine mehrjährige Haftstrafe, dann gehe ich. In der Haft musst du gehen morgen, und das Gericht verlängert Ihren Aufenthalt um drei Monate und dann noch einen und noch einen“, sagte Nazar auf Radio 357…“
    • Der europäische Menschenrechtsgerichtshof hat heute die über 7-monatige Internierung eines 9jährigen Geflüchteten in einer geschlossenen Unterkunft als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verurteilt. Außerdem hat der Gerichtshof die gängige Praxis polnischer Gerichte, den Aufenthalt von Geflüchteten in geschlossenen Unterkünften ohne Angabe von Gründen zu verlängern, für unrechtmäßig befunden.“ Thread von kapturak vom 9.2.2023 externer Link zum Urteil vom 9.2. externer Link (franz.)
    • Status Quo EU: Tag für Tag rühmt sich der polnische Grenzschutz damit, wie er Menschen an der EU-Außengrenze zu Belarus festsetzt. Geflüchtete, die durch eine hunderte Mio €-Festungsmauer zu waghalsigen Manövern wie das Durchqueren von Grenzflüssen bei Minusgraden gezwungen sind. Tag für Tag massenhaftes Internieren oder Deportieren…“ Thread von kapturak vom 6.2.2023 externer Link
    • Bericht über die seit Beginn der humanitären Krise an der polnisch-weißrussischen Grenze durchgeführten Antirepressionsmaßnahmen 
      engl. Bericht vom 31.01.2023 externer Link der Helsinki Foundation for Human Rights in Polen
  • Grenze zu Belarus bleibt tödlich: Ein junger Arzt stirbt im Grenzsumpf, doch polnische Behörden diskreditieren Helfende 
    „Am 7. Januar wurde im polnischen Wald nahe Białowieża, unweit der Grenze zu Belarus, ein Toter gefunden. Spürhunde entdeckten ihn, nachdem seine Begleitpersonen von polnischen Grenzschützern festgenommen worden waren und sein Verschwinden meldeten. Wenige Tage später konnten Aktivist*innen der Gruppe Hope&Humanity Poland die Begleitpersonen von Belarus aus ausfindig machen und mit ihnen die Identität des Toten aufklären: Der 24-jährige Ibrahim Dihiya war Arzt und vor dem Bürgerkrieg im Jemen geflohen. Über Ägypten, Russland, Belarus. Er habe bereits mehrere Pushbacks von polnischen Uniformierten erlebt, berichteten Aktivist*innen gegenüber polnischen Medien. Auf Facebook berichteten Begleitpersonen des Toten vom Grenzsumpf: »Das Wasser war eisig, darin Stacheldraht, starke Strömung, das Flussbett schlammig. Wir blieben mehrmals stecken, überquerten den Fluss etwa vier Stunden lang. Einer hatte sich an den Drähten verletzt. Wir trugen ihn an Land: Er blutete an seinen Füßen. Polnische Soldaten sahen uns, wir baten sie um Hilfe, aber sie reagierten nicht auf uns. Nach zwei Stunden brachten sie uns zurück ins Niemandsland, ohne dem Verletzten zu helfen.« Magdalena Łuczak von Grupa Granica (GG) und der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte ist knapp zwei Wochen später in ständigem Kontakt mit dem Vater des Toten. Die Familie beantrage gerade ein Visum, um den Sohn zu sehen. »Aber bisher erhielten sie nicht einmal eine Einreisegenehmigung zur Identifizierung des Toten.« Handybilder aus dem Wald sollten ausreichen. Łuczak sagt: »Sein Vater schrieb vor Kurzem verzweifelt: Wir können nicht an seinen Tod glauben, solange wir ihn nicht gesehen haben!« Seit Jahresbeginn erreichten die Hilfsinitiativen vor Ort weitere Todesmeldungen. Von fünf Fällen berichtet Grupa Granica in ihrem Kurzbericht zum 11. Januar. Am 12. Januar, so GG später, habe eine Armee-Patrouille erneut bei Białowieża zwei Leichen im Wald gefunden: Sie meldeten den Fund, kehrten zum Stützpunkt zurück, verirrten sich, fanden einen dritten Toten und verloren letztlich die Lokalisierung aller drei Fundorte. Bis zum Folgetag durchkämmten unzählige Uniformierte die Gegend, wie Aktivist*innen vor Ort erfahren konnten. Obwohl der polnische Grenzschutz täglich online über Vorkommnisse an der Grenze zu Belarus berichtet, kommen die Todesfälle nicht vor. (…) Zunehmend diskreditiert und skandalisiert der Grenzschutz auch die Arbeit der Helfenden, indem sie ihnen die Schuld an den lebensgefährlichen Situationen gibt. (…) Immer wieder behauptet der Grenzschutz, Aktivist*innen und Journalist*innen würden sich bewusst mit »illegalen Migranten« an den Grenzgewässern treffen, ohne die Sicherheitskräfte zu informieren und damit die Sicherheit und Gesundheit der Menschen riskieren. Doch das Aufeinandertreffen mit Sicherheitskräften bedeutet für die Betroffenen eines von zwei Szenarien: illegaler Pushback nach Belarus oder »Haft« mit Asylantrag über Monate in einem der sechs »bewachten Zentren für Ausländer«, gefängnisähnlichen Einrichtungen überall im Land. Wer es schafft, weiter zu fliehen, dem droht auch hier, beispielsweise in Deutschland, die Abschiebung zurück nach Polen. Die Zahl solcher Fälle steigt an, das melden regelmäßig die deutsche Bundespolizei als auch der polnische Grenzschutz. Zum Tod von Dr. Ibrahim Dihiya twitterte der Grenzschutz nur: »6 Bürger aus Jemen überquerten illegal Grenzfluss #Przewłoka.«“ Beitrag von Peggy Lohse vom 22. Januar 2023 bei Neues Deutschland online externer Link
  • Binnen einer Woche wurden an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze 4 Leichen von Geflüchteten gefunden  Binnen einer Woche wurden an der polnisch-belarusischen EU-Außengrenze 4 Leichen von Geflüchteten gefunden. Fast täglich gehen neue Vermisstenmeldungen ein. Die EU-Ostgrenze ist eine Todeszone. Unter den Verstorbenen ist der mehrfach per Pusback zurückgetriebene jemenetische Arzt Ibrahim Dihiya. Als andere Flüchtende polnische Grenzschützer um Hilfe für den lebensbedrohlich Erkrankten baten, erfolgte statt Hilfe wieder ein Pushback in die eisigen belarusischen Wälder.“ Tweet von kapturak vom 15.1. externer Link unter Bezug auf eine poln. Quelle und zuvor am 13. Jan. externer Link: „Erneutes Todesopfer an der östlichen EU-Außengrenze. Am Donnerstag wurde der Leichnam eines Geflüchteten in der Gegend von Czerlonka nahe der polnisch-belarusischen Grenze aufgefunden. Am Freitag wurde in derselben Region ein weiterer Leichnam entdeckt.“
  • Vergessene Migration aus Belarus in die EU: Deutlich mehr versuchte Grenzübertritte nach Polen, Litauen und Lettland bei Minusgraden, brutaler Gewalt und Ablehnung 
    • Vergessene Migration aus Belarus in die EU
      Kalte Grenze im Schatten des Krieges: Deutlich mehr versuchte Grenzübertritte nach Polen, Litauen und Lettland. Es herrschen Minusgrade und Ablehnung. (…) Mit der russischen Invasion verschwand diese Grenze aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit. Zu Unrecht. Es mehren sich die Vorfälle von versuchten Grenzübertritten in allen drei Ländern. Und dies bei Minustemperaturen. So meldet der polnische Grenzschutz allein für den 14. Dezember 50 Versuche. Die meisten Personen seien aus Syrien und Afghanistan. Ein 21-jähriger Mann aus dem Sudan wurde in Ostpolen nach muslimischen Ritus von Polen tatarischer Abstammung in der vergangenen Woche begraben. Der Afrikaner hatte von Belarus aus die Grenze überwinden können, er überlebte jedoch nicht die Kälte in dem verbliebenen polnischen Waldstück. (…) Die Aktivistin wirft den Grenzbeamten auf polnischer Seite Pushbacks vor, den weißrussischen Beamten nicht weiter definierte Brutalität. Viele Hilfsorganisationen schlagen ebenfalls Alarm. So auch die polnische Organisation „Grupa Granica“ (Grenzgruppe): Sie sieht an der Grenze dringenden Handlungsbedarf. „Wir erteilen mehreren Dutzend Personen jeden Tag Hilfestellung“, so Marysia Zlonkiewicz, eine Aktivistin der „Grenzgruppe“ gegenüber dem Autor dieses Beitrags. Die meisten Migranten würden aus Syrien und dem Jemen kommen. (…) Besonders akut sei Hilfe notwendig, wenn Menschen durch den Bug schwimmen, was auch bei diesen Temperaturen noch geschehe. Im Oktober und November habe die „Grenzgruppe“ 1.104 Notrufe erhalten, 629 Personen sei geholfen worden. In dieser Zeit wurden 200 „Pushbacks“ von ihnen dokumentiert. Einige dieser Praktiken wurden nachträglich von Gerichten als unrechtmäßig beurteilt. Seit der Migrationskrise im Mai 2021 seien 21 Personen in Polen im Grenzgebiet zu Tode gekommen sein. (…) Während Ukrainer, die vor dem Krieg und zunehmend vor der Kälte in ihrem Land flüchten, in Polen Unterkunft und eine Personalnummer bekommen, um arbeiten zu können, ist die Grenze im Norden eine andere Welt. Um die tobt auch ein Propaganda-Krieg. Das Innenministerium in Belarus beschwerte sich kürzlich, dass Polen und Litauen paramilitärische Truppen ausrüsten würden, um die russlandnahe Republik zu destabilisieren. Auch zeigen die staatsnahen Medien in Minsk Migranten, die behaupten, von litauischen Grenzern geschlagen worden zu sein…“ Beitrag von Jens Mattern vom 18. Dezember 2022 in Telepolis externer Link, siehe auch:
    • »Selbst Schwerverletzte wollen keinen Rettungsdienst«. Polen und Litauen: Brutale Gewalt gegen Flüchtlinge an Grenze zu Belarus. Schweizer Gruppe hilft Opfern
      „… Immer wieder wird berichtet, dass Militär und Grenzbeamte Menschen in Belarus gewaltsam zwingen, die Grenze nach Polen zu überqueren. Werden sie dort entdeckt, droht ihnen der »Push« zurück. Selbst Schwerverletzte bitten darum, nicht den Rettungsdienst zu rufen, da sein Einsatz auch Polizei oder Grenzwachen alarmiert. Die polnische Grenztruppe »Straz Graniczna« kann eigenständig entscheiden, wer das Recht hat, einen Asylantrag zu stellen. Wer es schafft, landet oft in geschlossenen, überfüllten Lagern, sogenannten »Detention Centers«. Polen ist daher selten das Ziel, viele reisen zum Beispiel nach Deutschland und Frankreich weiter.
      [Gehen Polen und Litauen an ihren Grenzen zu Belarus unterschiedlich vor?]
      Menschen in den polnischen Wäldern werden von staatlichen Beamten geschlagen, getreten, vergewaltigt und anderen körperlichen Gewalttaten ausgesetzt. Telefone, Geld und Klamotten werden ihnen geraubt und zerstört. Unbemerkt über Felder und Waldwege zu laufen, ist fast unmöglich. Welche offiziellen Befugnisse das Militär in der Grenzregion hat, wird nicht kommuniziert. In Litauen hatten wir bisher keine Begegnung mit Behörden, doch auch hier kommt es täglich zu »Pushbacks« durch Grenzwache und Polizei. Nach Aussage von Betroffenen ist das Vorgehen der Grenzbeamten an der polnisch–belarussischen und an der litauisch–belarussischen Grenze ähnlich…“ Interview von Gitta Düperthal in der jungen Welt vom 19.12.2022 mit Luca Ebner externer Link, Aktivist einer Schweizer Gruppe, die Geflüchtete an den Grenzen von Litauen und Polen zu Belarus unterstützt
  • Gefangen im Niemandsland: An der polnisch-belarussischen Grenze stecken weiterhin hunderte Geflüchtete fest. Helfer werden kriminalisiert
    Interview von Dorothée Krämer vom 14. November 2022 in Neues Deutschland online externer Link mit der polnischen Aktivistin „Jagoda“ (Pseudonym) zur Flüchtlingssituation: „… Die Grenze zwischen Belarus und Polen war für Menschen, die keine Chance auf ein Visum für den sogenannten Schengen-Raum haben, schon lange eine mögliche Route in die EU. Aber im August 2021 veränderte sich die Situation radikal. Staatliche Akteure um den belarussischen Machthaber Alexander Lukashenko begannen, Menschen mit dem Versprechen der leichten Einreise in die EU anzuwerben. Nach ihrer Einreise nach Belarus wurden sie an die Grenze zu Polen gebracht und aufgefordert, diese zu überqueren. Dabei stießen sie auf den gewaltsamen Widerstand der polnischen Grenzbeamt*innen. Tausende Menschen schliefen in der Folge wochenlang draußen, irrten im Wald umher, wurden von Beamt*innen immer wieder in die jeweils andere Richtung getrieben. Von polnischer Seite wurde eine Sperrzone entlang der Grenze errichtet, die nur von Anwohner*innen betreten werden durfte. Journalist*innen, Unterstützer*innen und medizinisches Personal hatten keinen Zutritt. Die polnische Regierung stellte dies als Akt der Verteidigung der »christlichen Welt« dar. (…) Noch immer befinden sich viele Menschen in der Region und versuchen, die Grenze zu überwinden. Die vor einem Jahr beschlossene Grenzmauer ist mittlerweile fertig. Sie verläuft im nördlichen Teil der Grenze, während im Süden der Fluss Bug und eine Befestigung aus Stacheldraht die beiden Länder trennt. Die Sperrzone wurde diesen Sommer endlich aufgehoben, das heißt, man kann sich wieder frei in der Region bewegen. Aber die Militarisierung der Grenze führt nicht dazu, dass keine Menschen mehr diese Route zu nehmen versuchen, sondern nur dazu, dass es für sie gefährlicher wird. Bei den Menschen, denen wir versuchen zu helfen, sehen wir viele Verletzungen, oft Arm- oder Beinbrüche. Kürzlich kursierte ein Video, in dem ein Mann kopfüber an der fünf Meter hohen Mauer hängt, den Fuß in Stacheldraht verwickelt. Grenzbeamte stehen dabei und lachen. (…) Etwa eine Million Menschen sind aus der Ukraine nach Polen geflüchtet und werden zum Glück großzügig aufgenommen. Aber während Helfende hier als Nationalhelden gefeiert werden, werden wir, die Menschen aus Ländern des globalen Südens helfen, strafrechtlich verfolgt. Es tut weh, so direkt zu sehen, wie unterschiedlich der Wert von Menschenleben in der EU ist. (…) Der Kampf gegen Grenzgewalt ist ein europäischer Kampf.“
  • Trotz Europas neuer Mauer bleibt die Migrationsroute durch Belarus bestehen 
    „Seit über einem Jahr gibt es eine humanitäre Krise an den Grenzen zwischen der Europäischen Union und Weißrussland. Polen weigert sich, Asylsuchenden, die aus Weißrussland einreisen, Zuflucht zu gewähren, und die Europäische Union unterstützt das Land. Bei einer früheren Krise, im Jahr 2015, war das noch anders. Damals verurteilte die EU Polen, weil es seinen Verpflichtungen nach EU-Recht nicht nachkam und sich weigerte, Asylbewerbern Zuflucht zu gewähren. Jetzt ist sich die EU einig, dass Weißrussland eine Migrationskrise inszeniert, um die Union zu destabilisieren, und die Europäische Kommission scheint zu glauben, dass Weißrusslands Handlungen eine harte Reaktion auf Migranten rechtfertigen. Besonders schlimm ist die Situation an der polnisch-weißrussischen Grenze. Dort verstecken sich Menschen, die versuchen, die Grenze von Weißrussland auf inoffiziellen Wegen zu überqueren, wochenlang in der ostpolnischen Wildnis vor den polnischen Grenzbeamten, um der Gefahr einer gewaltsamen Rückführung nach Weißrussland zu entgehen. Eine Gruppe von Syrern, die ich im November 2021 in der Nähe der Stadt Siemiatycze traf, erzählte mir, dass sie im Laufe mehrerer Wochen mindestens ein Dutzend Mal zurückgedrängt worden waren. Dies ist nur einer von Hunderten, vielleicht sogar Tausenden solcher Fälle. Um solche „irregulären“ Grenzübertritte aus Weißrussland einzudämmen, haben die EU-Nachbarn Polen, Litauen und Lettland ihre Grenzen abgeriegelt und ihre bestehenden Asylsysteme faktisch außer Kraft gesetzt. Polen hat rechtliche Instrumente eingeführt, die mit seinen internationalen und EU-Verpflichtungen, geschweige denn mit seiner eigenen Verfassung nicht vereinbar sind. (…) Die Reaktion der Europäischen Kommission war aus menschenrechtlicher Sicht enttäuschend, um es vorsichtig auszudrücken. Die Kommission verzichtete darauf, ihre Befugnisse als „Hüterin der Verträge“ auszuüben und weigerte sich, die Pushbacks von Migranten offen zu kritisieren. Stattdessen schlug sie im Dezember 2021 vorläufige Sofortmaßnahmen zugunsten von Lettland, Litauen und Polen vor. (…) Eine starre Taktik der Pushbacks gepaart mit dem Bau einer Mauer ist unwirksam, wenn es darum geht, diese spezielle Migrationsroute zu schließen, und hat nur zu unnötigem menschlichen Leid geführt. Es ist daher an der Zeit, eine neue politische Antwort zu entwickeln – eine, die es für die belarussischen Behörden weniger lohnend macht, einen Zustrom zu orchestrieren, und die gleichzeitig diejenigen, die sich bereits an der Grenze befinden, in einer Weise behandelt, die der Menschenwürde entspricht.“ engl. Artikel von Maciej Grześkowiak vom 26. Oktober 2022 auf openDemocracy externer Link („Despite Europe’s new wall, the migration route through Belarus is here to stay”)
  • Geflüchtete an der polnischen Grenze: »Die Menschen müssen aus dem Wald raus«  
    Nothilfekoordinatorin Frauke Ossig im Gespräch mit Ulrike Wagener am 12. Januar 2022 in neues Deutschland online externer Link „über den Rückzug von Ärzte ohne Grenzen aus dem polnischen Grenzgebiet (…) Die Zahl der Menschen, die die Grenze überqueren, ist durch die Militarisierung der Grenze und den Bau von Zäunen deutlich gesunken. Aber es gibt nach wie vor Menschen – darunter auch Kinder –, die die Grenze überqueren und sich im Waldgebiet aufhalten. Gefangen zwischen Grenzschützern auf der einen und der anderen Seite. Sie verstecken sich dort, aus Angst zurückgewiesen werden, ohne die Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Diese Menschen brauchen unsere Hilfe, aber wir können sie nicht erreichen. Polen ist die Blockade gelungen. Es bleibt den Anwohnern vor Ort überlassen, Hilfe zu leisten. (…) Jemand, der krank oder verletzt im Wald ist und Hilfe braucht, läuft das Risiko, zurückgeschickt zu werden, wenn er sich an die Behörden wendet. Wir stellen nicht infrage, dass die Behörden medizinische Hilfe leisten würden, wenn sich jemand meldet. Aber es wird ignoriert, dass die Menschen sich bei den Behörden nicht melden. (…) Die Menschen haben Angst, zurück nach Belarus gedrängt zu werden – viele haben dort Gewalt erfahren – ohne Asyl oder internationalen Schutz in der EU beantragen zu können. (…) Uns wurde von diversen Pingpong-Pushbacks berichtet, von Polen nach Belarus, von Belarus nach Polen. In Belarus wurden zurückgedrängte Menschen daran gehindert, nach Minsk weiterzureisen. Sie wurden quasi im Grenzgebiet blockiert. Wir haben von einigen Menschen Ausweisungsbescheide gesehen, die die polnischen Grenzschützer ausstellen. Unter anderem von einem Syrer, der ein Recht auf den Antrag auf internationalen Schutz haben sollte -– wie eigentlich jeder, der die Grenze überquert. Die Grundrechte der Menschen werden missachtet. (…) Wir sind keine Politiker, wir können keine politischen Lösungen schaffen. Wir können nur wiederholen: Nach wie vor befinden sich Menschen bei Minusgraden im Wald. Und diese Menschen müssen aus dem Wald raus. Das wird freiwillig aber nur passieren, wenn sie Zugang zu humanitärer Unterstützung haben – und zu fundamentalen Grundrechten…“
  • Während wir Weihnachten feiern: Geflüchtete sitzen weiter in der Kälte fest 
    Während wir uns in Deutschland auf ruhige Weihnachtsfeiertage im Kreise der Familie vorbereiten, stecken an den europäischen Außengrenzen immer noch Geflüchtete fest und harren bei Minusgraden in den Wäldern an der polnisch-belarussischen Grenze aus. Für diese Menschen braucht es schnelle Lösungen! Im Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung sich klar zu ihrer humanitären Verantwortung und dem Flüchtlingsschutz bekannt – aber gegen die fortlaufende humanitäre Katastrophe an den europäischen Außengrenzen wird nichts unternommen. Tatenlos sehen Deutschland und die anderen EU-Staaten dabei zu, wie Schutzsuchende seit Wochen verzweifelt an der Grenze zwischen Polen und Belarus festsitzen und von Grenzbeamten des EU-Mitgliedsstaates immer wieder illegal zurückgewiesen werden. Mindestens 17 Menschen sind dort schon ums Leben gekommen, das Nachrichtenmagazin Der Spiegel hat kürzlich ihre Geschichten und die Todesumstände dokumentiert externer Link. Die Gewalt an den Außengrenzen, die fehlende Rechtsstaatlichkeit und ihre tödlichen Folgen werden dabei von deutschen und europäischen Politiker*innen toleriert, es wird sogar kritiklos Solidarität bekundet. (…) Es braucht jetzt eine rasche, politische Entscheidung für eine Aufnahme der Geflüchteten an der polnisch-belarussischen Grenze und zwar noch in diesem Jahr – bevor weitere Tote zu beklagen sind. Die neue Bundesregierung muss dabei klar Partei für die schutzsuchenden Menschen ergreifen und darf die Verantwortung Polens an den menschenverachtenden und rechtswidrigen Praktiken nicht länger kleinreden!“ Meldung vom 23.12.2021 von Pro Asyl externer Link
  • Kinder mit Hunden bedroht: Amnesty hat Belege für schwere Misshandlungen von Flüchtlingen an der Grenze zu Belarus gesammelt. Auch Wissenschaftler:innen warnen
    „Amnesty International hat Belege für schwere Misshandlungen von Flüchtlingen und Mi­gran­t:in­nen durch belarussische Sicherheitskräfte gesammelt. Polizei oder Armee in Belarus würden Menschen, die in der Europäischen Union Schutz suchten, „auf grausame Weise erpressen, foltern und anderweitig misshandeln“, so Amnesty in einem am Montag veröffentlichten Bericht. Die Menschenrechtsorganisation hatte insgesamt 75 Personen befragt, die zwischen Juli und November 2021 nach Belarus gekommen waren. Aus diesen Zeugenaussagen gehe hervor, dass die Schutzsuchenden, darunter Kinder, von belarussischen Sicherheitskräften mit Stöcken und Gewehrkolben geschlagen und mit Hunden bedroht worden seien. Sowohl belarussische als auch polnische Sicherheitskräfte hätten sie gezwungen, die Grenze wiederholt und unter gefährlichen Bedingungen zu überqueren. Die Befragten berichteten gegenüber Amnesty von schweren Formen der Misshandlung, wie dem Entzug von Nahrung und Wasser, der Verweigerung des Zugangs zu Unterkünften und sanitären Einrichtungen, dem Diebstahl von Telefonen und Geld sowie der Erpressung von Bestechungsgeldern durch belarussische Militärs. Die Menschen seien in Gruppen zu „Sammelstellen“ innerhalb der umzäunten Zone eskortiert worden, bevor sie gewaltsam gezwungen wurden, nach Polen zu gehen, heißt es im Bericht. Dabei hätten Polizei und Militär sie teils gezwungen, durch eiskalte Flüsse zu laufen. (…) Ein syrischer Mann habe berichtet, er sei in einer Gruppe von etwa 80 Personen in einem Militärlastwagen zur Grenze gefahren worden. Etwa zehn belarussische Soldaten mit vier Hunden hätten gedroht, die Tiere loszulassen. „Wenn wir nicht schnell rennen würden, würden wir gebissen werden.“ Die Soldaten seien hinter den Menschen her gerannt und hätten jeden, der nicht schnell genug war, mit Schlagstöcken geschlagen. Anschließen seien die Menschen in der Pufferzone mitten im Wald allein gelassen worden. „Diejenigen, die von den Hunden gebissen worden waren, bluteten.“ Bei der Aktion seien Familien getrennt worden. Eine syrische Familie, die von Amnesty International interviewt wurde, blieb 20 Tage lang in der umzäunten Zone. Der Vater beschrieb die Tortur seiner Familie: „Wir waren manchmal fast ohnmächtig, hatten Hunger und Durst und konnten keine Hilfe finden, weder von polnischen Soldaten noch von den Weißrussen.“ Ein kurdischer Iraker berichtete: „Einige hatten eiserne Fingerboxringe und Stiefel mit Stahlspitzen. Sie traten uns, während wir auf dem Boden lagen. Sie zwangen uns zur Herausgabe von Geld und Telefonen. Mein Körper war schwarz und blau.“ Nach jüngsten, inoffiziellen Zahlen starben seit August 17 Menschen in der Grenzregion. (…) Unterdessen haben über 120 Wissenschaftler:innen aus 15 europäischen Ländern in einer gemeinsamen Erklärung davor gewarnt, dass Europa sich angesichts der Lage an der Grenze zu Polen zu einem „rechtsfreien Raum entwickeln“ könne…“ Artikel von Christian Jakob vom 20. Dezember 2021 in der taz online externer Link

    • er bezieht sich auf den Bericht von Amnesty International vom 20. Dezember 2021 externer Link: „Belarus/EU: New evidence of brutal violence from Belarusian forces against asylum-seekers and migrants facing pushbacks from the EU” (nur in Englisch, Spanisch, Französisch und Arabisch), siehe auch:
    • Abschiebung von Kindern: UN kritisieren Polen, Baerbock schweigt
      Experten des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte waren weder von Polen noch Belarus in die Grenzregion vorgelassen worden. Das Team trug dennoch besorgniserregende Aussagen zusammen. Eine Sprecherin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR) hat in einer Erklärung kritisiert externer Link, dass polnische Sicherheitskräfte einem UN-Team den Zugang zur Grenzregion verwehrt haben. Auch die belarussischen Behörden hätten den UN-Experten den Zugang zum Grenzgebiet von ihrer Seite aus verwehrt, so Elizabeth Throssell über die Mission, die vom 29. November bis zum 3. Dezember dauerte. (…) Polen hatte den Grenzkonflikt als „hybriden Krieg“ seitens Belarus zu einem militärischen Konflikt hochgespielt, bei dem die Migranten als Waffen des Gegners betrachtet und entsprechend behandelt werden. Die EU duldet dies nicht nur, sondern hat das Vorgehen sogar übernommen. (…) Wer nicht zurückgeschickt wurde, kam in Haft. Wie es scheint, hat dies die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis90/ Die Grünen) bei ihrem Antrittsbesuch in Polen am 10. Dezember nicht kritisch thematisiert, obgleich sie und die Grünen ansonsten die Menschenrechte hochhalten – etwa mit Blick auf die innenpolitische Situation in Russland und Belarus. (…) Scharf wird aber auch Polen kritisiert. Nach zahlreichen Berichten seien Menschen, darunter auch Kinder, die um Asyl baten, „sofort und automatisch von Polen nach Belarus abgeschoben worden“. Viele hätten die Grenze mehrmals in beiden Richtungen überquert. Das OHCHR fordert Polen daher auf, das Gesetz zu ändern, nach dem Menschen, die nicht offiziell die Grenze überschritten haben, sofort abgeschoben werden…“ Artikel von Florian Rötzer vom 22. Dezember 2021 in Telepolis externer Link
  • Europas Abschied vom Asylrecht: Das Drama an Polens Grenze
    Im Jahr 2021 feierte die Staatengemeinschaft das 70jährige Jubiläum der Genfer Flüchtlingskonvention – das bis heute wichtigste internationale Dokument für den Flüchtlingsschutz. (…) Heute jedoch wird die Gültigkeit der Konvention ebenso wie ihre Umsetzung in europäisches Recht grundsätzlich infrage gestellt: An den europäischen Außengrenzen werden Schutzsuchende immer öfter brutal abgewiesen und ihnen wird ein individuelles Asylverfahren verwehrt. Die Eskalation der Situation an der polnisch-belarussischen Grenze im Oktober und November 2021 markiert eine besonders dramatische Episode dieser systematischen Politik der Entrechtung. Schon im November waren dort laut Zählung der „taz“ insgesamt 13 Menschen gestorben. Statt jedoch die humanitäre Notlage zu beenden, sprechen die EU-Mitgliedstaaten von einem „hybriden Krieg“, den der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko mittels der „Migranten“ führen würde. Zwar verfolgt dieser mit dem Durchwinken der Geflüchteten tatsächlich handfeste politische Interessen, nämlich das Ende der EU-Sanktionen gegen sein Land. Die EU wiederum ist angesichts der Tatsache, dass in der Vergangenheit alle Bemühungen einer innereuropäischen Umverteilung von Asylsuchenden gescheitert sind, in dieser Frage leicht erpressbar. Dennoch dient das Bedrohungsszenario von der hybriden Kriegsführung, das angesichts von einigen Tausend schutzsuchenden Geflüchteten an der Grenze gezeichnet wird, den EU-Regierungen vor allem als Rechtfertigung, um sich ihrer rechtsstaatlichen Verantwortung zu entledigen. (…) Dass an der Grenze eine „Black Box“ errichtet wird, ist jedoch keine polnische Besonderheit: Die Innenminister der EU versuchen seit langem, die Anwendung des geltenden Rechts zu umgehen, sei es an der griechischen, der italienischen oder der spanischen Grenze. Dahinter steht das Kalkül, die Durchsetzung des Rechts so schwer wie nur möglich zu gestalten. Dass die polnische Regierung für ihre Abriegelung der Grenze – geplant ist unter anderem eine 5,5 Meter hohe und 140 Kilometer lange Stahlbarriere – Beifall und Solidaritätsbekundungen aus vielen EU-Mitgliedstaaten und auch von führenden deutschen Politikern erhalten hat, trägt zur Unterstützung dieser Politik der Entrechtung bei. Was an der polnischen Grenze passiert, liegt in mehrfacher Hinsicht in der Verantwortung der Europäischen Union. (…) Verantwortungslos handelt die EU auch in ihrem Umgang mit der polnischen Regierung. Die EU-Kommission ist die „Hüterin der Verträge“ und müsste auch das in Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta kodifizierte individuelle Asylrecht verteidigen. Vorrangig sicherte die Kommission der polnischen Regierung jedoch eine solidarische Unterstützung bei der Grenzabwehr zu. (…) Große Teile der EU dulden den Zaunbau und illegale Pushbacks oder unterstützen das gar aktiv, weil sie eine problematische Analyse teilen. Demnach könnten autoritäre Parteien wie die AfD oder der französische Rassemblement National aus der Aufnahme von Geflüchteten politisches Kapital schlagen. Eine harte Migrationspolitik hingegen würde zugleich die politischen Freiheiten, darunter die Binnenfreizügigkeit, innerhalb der EU verteidigen. Doch diese These ist angesichts der tatsächlichen Konsequenzen des brutalen Grenzregimes nicht haltbar…“ Artikel von Maximilian Pichl in den Blättern von Januar 2022 externer Link
  • Weiterhin aktuell und Spenden nötig: Unterstützt den Kampf  gegen die Festung EU an der polnisch-weissrussischen Grenze! 
    No Borders-Aktivisten bauen ein Netzwerk der Solidarität an der polnisch-weißrussischen Grenze, um den Menschen zu helfen, das Grenzregime zu überleben. Helfen Sie bei der Finanzierung von Erster Hilfe, lebensnotwendiger Versorgung, Lebensmitteln, Rechtshilfe und Logistik… siehe deren Unterstützungspage externer Link und hier die Infos zu ihrer Arbeit im Interview:

    • Menschliches Pingpong im Grenzgebiet
      Ein Gespräch von Magda Schröer vom 18. Dezember 2021 in Direkte Aktion externer Link mit Aktivist:innen über die Situation an der polnisch-weißrussischen Grenze: „… Für viele von ihnen war dieser Weg die einzige Möglichkeit, aus einem Land zu fliehen, in dem sie mit dem Tod bedroht waren. Unter ihnen überwiegen Jemeniten, Syrer, Kurden, Afghanen und Kongolesen. Überall herrscht Krieg, und ein Billigflug nach Minsk schien wie ein Lotterielos. (…) Die Armee spürt diese Menschen mit Hunden, Drohnen und Wärmebildgeräten auf. Sie sind nicht nur körperlich extrem erschöpft, sondern auch geistig nicht fit. Die Freiwilligen trafen sehr oft auf Menschen, die über Selbstmord nachdachten oder völlig apathisch waren und zu denen nur sehr wenig Kontakt bestand. Das ist sehr schlecht für Kinder, die die ganze Situation nicht verstehen und den Wald nachts beängstigend genug finden. (…) Wir erhielten einen Notruf von einer Frau, die sich mit ihrem zweijährigen Kind verlaufen hatte, als sie auf der Flucht die grüne Grenze überquerte. Sie hatte mehrere Stunden lang nach ihm gesucht. Als wir ankamen, hörten wir es weinen, aber im nächtlichen Wald ist es sehr schwierig, die Quelle des Geräuschs zu lokalisieren, und wir konnten es nicht finden. Wir haben auch zweimal einer Frau geholfen, die im Wald eine Fehlgeburt hatte. Praktisch jeden Tag begegnen wir Menschen, die sich in einem sehr schlechten körperlichen und geistigen Zustand befinden. Jeder dieser Menschen hat in seinem eigenen Land die Hölle durchgemacht und dann an dieser Grenze. (…) Es gibt immer noch viele Menschen in der Zone, die vor einiger Zeit die Grenze überschritten haben. Aufgrund der Kälte werden immer mehr Menschen mit schweren Unterkühlungserscheinungen gefunden. In diesem Fall werden sie in ein Krankenhaus gebracht, wo sie von der Polizei überwacht werden, und nach zwei Tagen werden sie in Gefängniszellen gepackt und über die Grenze zurückgeschickt. (…) Ich denke, dass diese Welle jetzt aufgrund des Mauerbaus und des kalten Wetters zurückgehen könnte. Diese Strecke wird jedoch im Frühjahr wieder befahren werden. Trotz der schrecklichen Dinge, die hier geschehen, ist es eine viel schnellere Route als die anderen. Wenn mensch sich entscheidet, aus einem vom Krieg zerrütteten Land zu fliehen, ist er bereit, das Risiko einzugehen, weil ihm dort ohnehin der Tod erwartet…“
  • [Doku] Flüchtlingsdrama an der Grenze zwischen Belarus und Polen
    Der Białowieża-Nationalpark im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus ist einer der letzten Urwälder Europas und seit Monaten Schauplatz einer humanitären Katastrophe. Seit Anfang Juli kommen verstärkt Migranten und Flüchtlinge aus Fernost, aber auch aus dem Irak, Afghanistan und Afrika per Flugzeug nach Belarus. Von dort versuchen sie, über die grüne Grenze in die EU zu gelangen. Die EU wirft Alexander Lukaschenko vor, dass er die gegenwärtige Migrationskrise absichtlich herbeigeführt hat und die Migranten als „lebendige Waffen“ gegen die EU missbraucht. Seit November 2021 eskaliert die Lage vor Ort, Polen verhängte einen Ausnahmezustand in den Landkreisen entlang der Grenze. Insgesamt liegen 183 Ortschaften in dem Gebiet. Der Zutritt ist nur Einwohnern erlaubt. Humanitäre Hilfe ist so nur noch eingeschränkt möglich. Die Reportage begleitet Aktivist*innen im polnischen Grenzgebiet. Wir zeigen wie Helfer versuchen, Flüchtlinge vor Hunger und Kälte zu bewahren.“ Video des Beitrags von MDR Investigativ vom 16.12.2021 bei youtube externer Link
  • Belarus-Konflikt: Forscher beklagt Normalisierung von Pushbacks 
    Der Konflikt zwischen der EU und Belarus hat einen hohen Preis: Menschenrechte. Die größten Verliere sind die Menschen an der Grenze. Nach Einschätzung des Politikexperten Raphael Bossong werden Pushbacks zunehmend normal. Die EU kann im Konflikt mit dem belarussischen Regime dem Politikexperten Raphael Bossong zufolge einen „halben Sieg“ verkünden. Die Kosten seien aber sehr hoch und bedeuteten massive Verletzungen der Rechte von Migranten und Flüchtlingen an Belarus‘ Grenze mit Polen und Litauen, sagte Bossong dem „Evangelischen Pressedienst“. Nachhaltig habe die EU die Konfrontation nicht gelöst, erklärte der Forscher der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). „Dieser Schwebezustand – Belarus gibt nicht ganz klein bei, aber die EU fühlt sich als Gewinner – geht wohl noch eine Weile weiter.“ Der Umgang mit den Menschen an der Grenze sei nicht im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, urteilte Bossong. Offenbar gebe es eine „zunehmende Normalisierung von Pushbacks“ durch einzelne EU-Regierungen. Da die EU als Ganze sich nicht entschlossen dagegen wende, gehe das auf Kosten der Grundrechte. Diese Entwicklung schwäche zugleich den Zusammenhalt in der Union. „Sie kann sich offenbar nicht durchsetzen, wenn ein Mitgliedstaat sich in den Kopf setzt, sein Ding zu machen“, wie aktuell Polen, das nicht einmal der EU-Grenzschutzagentur Frontex den Zugang zur Grenze erlaube. Darüber hinaus zahle die EU für ihre Politik an der Grenze mit Belarus einen weiteren Preis, so Bossong: Eine Grundsatzeinigung über die Asylpolitik werde erschwert, da die Linie „Grenzschutz, Grenzschutz, Grenzschutz“ gestärkt worden sei…“ Artikel von Phillipp Saure vom 13.12.2021 beim Migazin externer Link
  • Migration über Belarus: Erneuter Leichenfund in Polens Grenzgebiet
    Erneut wurde in Polens Grenzgebiet zu Belarus ein Toter von Soldaten entdeckt. Vermutlich handelt es sich dabei um einen Migranten aus Nigeria. In dem Grenzgebiet sind schon mehrere Menschen gestorben. (…) Polens Grenzschutz meldete am Mittwoch 51 Versuche eines illegalen Grenzübertritts binnen 24 Stunden. In der Nähe der Ortschaft Czeremsza durchbrach demnach eine Gruppe von 35 Migranten die Grenzbefestigung und drang mehrere Meter auf polnisches Gebiet vor. Die polnischen Uniformierten seien mit Laser- und Stroboskopstrahlen geblendet und mit Steinen beworfen worden, sagte eine Sprecherin. Die Migranten wurden festgenommen und zur Grenze zurückgebracht…“ Meldung vom 08.12.2021 bei RND externer Link
  • Flüchtlingsdrama im Grenzgebiet: „Ihr sterbt in Belarus oder geht nach Polen“
    Seit Wochen versuchen Tausende Migrant*innen, über die polnisch-belarussische Grenze in die EU zu gelangen. Polen und die EU werfen dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, Geflüchtete gezielt als politisches Druckmittel einzusetzen, indem Sicherheitskräfte sie immer wieder in Richtung Polen schicken. Doch auch Polen trägt offenbar seinen Teil dazu bei, dass schutzbedürftige Menschen ohne humanitäre Hilfe bei Kälte und ohne Versorgung im Wald ausharren müssen. Mehrere Menschen starben bereits. Sperrgebiet an der belarussischen Grenze: Die Zustände an der polnisch-belarussischen Grenze sind nach wie vor dramatisch. Migrant*innen berichten, dass belarussische Sicherheitskräfte sie immer wieder zu illegalen Grenzübertritten drängten: „Sie zwangen uns jeden Tag, die polnische Grenze zu überqueren. Sie sagten uns: ‚Entweder ihr sterbt in Belarus oder ihr geht nach Polen.‘ „Wir flehten sie an: ‚Wir wollen bitte zurück‘, aber das war ihnen egal“, erzählt ein 24-jähriger Syrer, der anonym bleiben möchte. (…) Unter anderem der EU-Menschenrechtsrat und die katholische Kirche haben Polen aufgefordert, Hilfe in der Sperrzone zu ermöglichen. Der von Polen verhängte Ausnahmezustand ist Ende November ausgelaufen, doch das Parlament hat Regelungen beschlossen, die de facto dasselbe bedeuten: Die Sperrzone bleibt, Hilfsorganisationen müssen weiterhin draußen bleiben. (…) Freiwillige Helfer*innen, darunter viele Polen und Polinnen, wollen weiterhin den Migrant*innen helfen – so gut man sie helfen lässt…“ Reportage von Jenifer Girke und Anne Brühl vom 7.12.2021 beim ZDF externer Link
  • »Sonder-Asylrecht« für osteuropäische Grenzstaaten
    Mit einem »Sonder-Asylrecht« für die Grenzstaaten zu Belarus will die Kommission u.a. Grenzverfahren massiv ausweiten. Anstatt gegen Pushbacks an der Grenze vorzugehen, kommt die Kommission den Staaten also stark entgegen. Doch die Beschwichtigungstaktik schlägt fehl: Polen lehnt den Vorschlag ab – und will das Asylrecht vollständig aussetzen. (…) Mit ihrem Vorschlag will die Europäische Kommission den Grenzstaaten zu Belarus – Polen, Lettland und Litauen – eine massive Verschärfung des Asylrechts erlauben. Konkret schlägt die Kommission vor: De facto Aussetzung des Asylrechts für 4 Wochen (…) Massive Ausweitung von Grenzverfahren (…) Absenkung von Unterbringungsstandards (…) Vereinfachte Abschiebungen von der Grenze (…) Registrierungspunkte (…) Diese Sonderregeln sollen für alle Asylsuchenden gelten, die über die Grenze von Belarus in eins der drei Länder kommen oder gekommen sind. Das Sonderrecht soll zunächst für sechs Monate gelten, wobei die Kommission bereits darauf hinweist, dass es auch zu einer Verlängerung kommen könnte. (…) In ihrem Vorschlag betont die Kommission mehrfach das non-refoulement Gebot und zielt vermutlich auch mit der Benennung von Registrierungspunkten auf ein Ende der Pushbacks ab. Doch ist eine solche Kehrtwende nicht zu erwarten. Polen dürfte sich durch die Vorschläge der Kommission vielmehr darin bestärkt sehen, mit seiner offensichtlichen Missachtung von Europarecht durchzukommen…“ Pro-Asyl-Meldung vom 02.12.2021 externer Link und deren PM vom 2.12.21 externer Link: PRO ASYL zu den Vorschlägen der EU-Kommission: Kotau vor den Asyl-Hardlinern
  • Festung EU: Die kalte Grenze
    Mehrere Tage Schneefall und Minusgrade werden für die Grenzregion von Belarus und Polen gemeldet. Migranten und Asylsuchende harren dort in den Wäldern aus. Es sind keine guten Nachrichten für diejenigen, die in der Grenzregion von Belarus zu Polen versuchen, auf illegale Weise das Gebiet der EU zu erreichen: „Der Schnee bedeutet, dass die Menschen im Wald sterben werden“, erklärt Marysia Zlonkiewicz von der Hilfsorganisation „Grenzgruppe“ auf Anfrage. Durchnässt und erschöpft hätten die Migranten aus dem Nahen Osten und afrikanischen Ländern wenig Chancen im Frost. „Wir treffen nun Personen im weit schlechteren Zustand als noch einige Wochen vorher“, so die Aktivistin, die zusammen mit anderen Helfern seit Monaten versucht, die Menschen im Wald mit dem Notwendigsten zu versorgen…“ Beitrag von Jens Mattern vom 02. Dezember 2021 in Telepolis externer Link
  • Weißrussland – Drama zwischen den Fronten
    „Das Drama, das zurzeit an den östlichen Außengrenzen der Europäischen Union, konkret am Grenzstreifen zwischen Polen, Litauen, Lettland gegenüber Weißrussland auf dem Rücken der dort um Asyl nachsuchenden Menschen aufgeführt wird, veranlasst die westlichen Medien wieder einmal den Ausbruch eines Krieges im Herzen Europas an die Wand zu malen. Die Wirklichkeit ist aber komplexer: Einen Krieg gibt es bereits, nur wird er nicht militärisch, sondern medial, man könnte auch klar sagen, als Informationskrieg ausgetragen. Auch ist er nicht auf Europa beschränkt. Vielmehr verbinden sich die lokalen Konflikte an der Grenze zwischen Europäischer Union, konkret ihren nordöstlichen Mitgliedstaaten und Weißrussland zu einem Vexierbild unterhalb der Kriegsschwelle, das seine sich überschneidenden Linien in globalen Verschiebungen hat. (…) Folgt man den Darstellungen aus Brüssel, wie sie in den Medien weitergegeben werden, dann hat Weißrusslands Präsident Lukaschenko die Asylsuchenden mit Unterstützung, zumindest mit Duldung Wladimir Putins als „Waffe“ ins Land geholt, um die Europäische Union dazu zu erpressen, ihre Sanktionspolitik einzustellen, mit der sie die Opposition unterstützt, die nach den letzten von der Europäischen Union als Fälschung kritisierten Wahlen in Weißrussland entstanden ist. Lukaschenko hält dagegen: er habe als Reaktion auf die Sanktionspolitik und das völkerrechtswidrige Eingreifen in die inneren Angelegenheiten Weißrusslands durch die Politik der Europäischen Union lediglich die zuvor von Weißrussland praktizierte Schließung der Grenzen gegenüber durchreisewilligen Asylsuchenden aufgehoben. Von einem „orchestrierten Einsatz“ der Asylsuchenden als „Waffe“ durch Weißrusslands Behörden könne nicht die Rede sein. (…) Die Wirklichkeit, wenn auch nicht unbedingt die Wahrheit, dürfte zwischen diesen beiden Positionen liegen. Sie könnte durchaus zu entwirren sein, wenn es bei dem Konflikt nur um die Frage ginge, ob für die zwischen 6.000 bis 10.000 Menschen, um die es sich nach unterschiedlichen Angaben handelt, eine Aufnahmebereitschaft in der Europäischen Union hergestellt würde. Zu reden wäre nach Lage der Dinge konkret über eine Durchreiseerlaubnis durch Polen mit der Weiterreise nach Deutschland. Im Vergleich zu den Millionen, die im Jahre 2015 unterzubringen waren und den über 48.622, die 2021 nach Angaben der Plattform Statista bis zum August des Jahres Asylanträge an die Europäische Union gestellt haben, wären die jetzt an der polnischen Grenze aufgehaltenen sechs- oder zehntausend Menschen kein Problem, zumal dann nicht, wenn – wie ruhigere Stimmen, etwa die des ehemaligen Präsidenten des Deutschen Bundestages, Schäuble – vorschlagen, dass sie erst einmal alle aufgenommen werden könnten, um die Mehrzahl von ihnen nach Prüfung ihrer Asylanträge dann wieder in ihr Heimatland zurückzuschicken. Das ist auch nicht gerade so human, wie es klingen soll, aber doch die weichere Variante…“ Beitrag von Kai Ehlers vom 25. November 2021 bei pressenza.com externer Link
  • Das gefährliche Gerede vom “hybriden Krieg” 
    Die Nato-Außenminister wollen gegen den “hybriden Angriff” aus Belarus und Russland vorgehen und die Ukraine verteidigen. Doch dabei geht vieles durcheinander. Schon die Wortwahl führt aufs Glatteis.
    Die Nato hat ein Problem. Sie hat den Krieg gegen die Taliban in Afghanistan verloren – und kann bis heute nicht erklären, warum. Die Nato-Außenminister täten gut daran, das Desaster aufzuarbeiten und ihr Verhältnis zu den USA zu klären, die den Abzug befohlen haben. Stattdessen knöpfen sie sich Russland vor. Von einem “hybriden Angriff” gegen Polen und die baltischen Staaten ist die Rede, weil Belarus Migranten über die Grenze schickt. Im selben Atemzug wird Russland beschuldigt, in der Ukraine einmarschieren zu wollen. Doch in diesem Schreckens-Szenario, das Nato-Generalsekretär Stoltenberg verbreitet, geht vieles durcheinander. So “vergisst” Stoltenberg, dass Belarus immer noch ein Nato-Partner ist – und dass Diktator Lukaschenko noch vor kurzem vom Westen umworben wurde…“ Beitrag vom 30. November 2021 in Lost in EU externer Link, siehe auch:

    • „…    EU und Nato wollen angesichts “hybrider Bedrohungen” noch enger kooperieren. Auch hier geht es um Flüchtlinge, die über Belarus ins Baltikum oder nach Polen eingeschleust werden. Die Nato zielt aber auch auf die Ukraine – dabei ist die nicht einmal Mitglied der Allianz. (…) Kommissionschefin von der Leyen kündigte zudem an, die EU-Hilfe für das “Grenzmanagement” im Baltikum und in Polen 2021 und 2022 auf 200 Mio. Euro zu verdreifachen. Da können noch viele Zäune, Mauern und Lager gebaut werden…“ Aus „Drei Meldungen aus der Festung EUropa“ am 29. November 2021 in Lost in EU externer Link
    • Nützliche Kriegsszenarien
      Debatte um russische Truppen an der Grenze zur Ukraine hilft, neue Schritte zur Aufrüstung Kiews zu legitimieren. Berliner Think-Tank fordert EU-Militärpräsenz im Schwarzen Meer…“ Beitrag vom 29.11.2021 bei german-foreign-policy externer Link
  • Flüchtlinge als geopolitischer Machthebel: Lukaschenko und Putin machen den Erdogan
    Ein Überblick über den geopolitischen Hintergrund und den ideologischen Fallout der Flüchtlingskrise an der belarussisch-polnischen Grenze.
    Längst geht man beiderseits der polnisch-belarussischen Grenze über Leichen. Kurdischen Medienberichten zufolge sind in den vergangenen Tagen acht kurdische Flüchtlinge an der umkämpften östlichen Grenze der „Festung Europa“ gestorben, darunter ein 14-jähriger Junge. Laut der New York Times (NYT) sind in den vergangenen Wochen insgesamt 12 Flüchtlinge in der Grenzregion umgekommen. Aufgrund der einsetzenden Nachtfröste ist die Lage für die unmittelbar an den Grenzbefestigungen festsitzenden Menschen – darunter Hunderte Frauen und Kinder – unerträglich. Es drohen weitere Tote, zumal polnische Polizeikräfte in dem Sperrgebiet, in dem der Ausnahmezustand ausgerufen worden ist, Wasserwerfer und Tränengas einsetzten, um die verzweifelten Menschen zurückzudrängen. Das, was sich an der Grenze abspielt, ist faktisch ein Ausblick auf den postdemokratischen Krisenkapitalimus, der längst auch in der EU Fuss fasst, zur „Normalität“ gerinnt: Bei dem Machtpoker an der Grenze zwischen einem zunehmend autoritär regierten Polen und der belarussischen Diktatur werden die Flüchtlinge regelrecht zerrieben…“ Artikel von Thomas Konicz vom 23. November 2021 beim Untergrund-Blättle externer Link
  • Menschen als „Waffe“? Was uns die Flüchtlingskrise an der polnischen Grenze über westliche Werte lehrt
    „… Unabhängig von dieser Ansicht des polnischen Militärs stellt sich mit Blick auf das Forum die Frage, weshalb von einer eigentlich seriösen Nachrichtenquelle Mordaufrufe toleriert werden. Eine der möglichen Antworten könnte lauten, dass das Schüren fremdenfeindlicher Hysterie den Interessen der herrschenden polnischen Politklasse dient, wobei sich Hass auf Migranten leicht mit Hass auf Russland und Putin verbinden lässt. Polnische Politiker geben dabei rhetorisch die Richtung vor, indem sie Migranten und Flüchtlinge wiederholt als „hybride Waffe“ bezeichnen und die Ansammlungen friedlicher Zivilisten an der Grenze – überwiegend Männer im jüngeren und mittleren Alter, aber auch viele Familien mit Frauen und Kinder – als Instrument eines militärischen Kräftemessens sehen. Die rechtskonservative polnische Führung stellt sich als Retterin des Abendlandes vor einer bevorstehenden Invasion der Barbaren dar. (…) Die Entmenschlichung von Migranten ist aber keine allein polnische Erfindung. Der Aufbaustab „Strategie-, Analyse- und Resilienz-Zentrum“ (SAR) legte noch im April dem deutschen Außenministerium und dem Verteidigungsministerium ein Geheimpapier vor, das Migranten als künftige „hybride Waffe“ in der Hand des „belarussischen Diktators“ Alexander Lukaschenko bezeichnet externer Link. Das entsprechende Vokabular hat die deutsche Politik seitdem übernommen. Nun ähneln sich die Erzählungen, die der deutsche Außenminister Heiko Maas, Zeitungen wie die FAZ oder die EU-Kommission bereits seit mehreren Wochen gebetsmühlenartig wiederholen: Belarus führe einen „hybriden Krieg“ gegen die EU und setze dabei Migranten als Waffen ein. Polen müsse sich gegen diesen Angriff verteidigen und dürfe dabei auf uneingeschränkte Solidarität Deutschlands und der EU zählen…“ Artikel von Wladimir Sergijenko vom 23. November 2021 in Telepolis externer Link
  • Heyva Sor schickt Hilfsgüter zu belarussischer Grenze
    Von Heyva Sor gesammelte Hilfsgüter werden an die polnische EU-Außengrenze transportiert, um die Schutzsuchenden in Belarus zu versorgen. Der Kurdische Rote Halbmond (Heyva Sor a Kurdistanê) externer Link und die Hilfsorganisation „Wir packen’s an – Nothilfe für Geflüchtete e.V.“ externer Link haben gemeinsam eine Sammlung von Hilfsgütern für die Schutzsuchenden an der polnischen EU-Außengrenze organisiert. Die Hilfsorganisationen haben nach einer Spendenkampagne für 2.000 Personen Lebensmittel, Kleidung, Powerbanks, Schuhe, Mäntel, Regenmäntel und Decken gekauft. Nun begann der Transport an die polnische EU-Außengrenze. Vertreter:innen von Heyva Sor a Kurdistanê und Wir packen´s an bedankten sich für die Solidarität mit den Schutzsuchenden. (…) Dolaşır weist auf die Lage der Menschen an der Grenze hin, von denen viele aus Kurdistan kommen: „Vor allem die Lage der Frauen und Kinder ist verzweifelt. Menschen sind bereits an Hunger, Kälte und Mangel an angemessener Kleidung gestorben. Wir wollen den Menschen dort so weit wie möglich helfen.“…“ Meldung vom 22.11.2021 bei ANF externer Link
  • Warum sehen wir keine Reportagen aus belarussischen Flüchtlingslagern?
    Die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zur Lage in Belarus wirft Fragen auf. Vor allem im Vergleich zur BBC und CNN…“ Beitrag von Ulrich Heyden vom 22. November 2021 in Telepolis externer Link
  • Europa rüstet auf
    Warschau stellt die Situation an der Grenze als Angriff dar und geht mit Gewalt gegen Migranten vor. Jetzt wird erwogen, die NATO einzuschalten. Sieht so die künftige Grenzpolitik der EU aus? Kühl sagt Heiko Maas, glückloser Außenminister, Deutschland werde diese Menschen nicht aufnehmen. Es scheint egal, ob sie erfrieren oder nur erkranken. Egal, ob sie schon europäischen Boden betreten und damit das Recht auf ein Asylverfahren haben. In Brüssel wird nicht über ein Vertragsverletzungsverfahren diskutiert, sondern über die Bezahlung einer Mauer. Auf jeden Migranten, auf jede Frau, jedes Kind, kommen inzwischen drei oder vier Uniformierte an dieser Grenze der Schande – nicht mit dem Auftrag zu helfen, sondern mit dem gesetzwidrigen Pushback-Befehl. Go, go, go ist ihre Botschaft. (…) Die Sprache zeugt heute unverändert von militantem Denken: „hybrider Angriff“ (von der Leyen), „menschliche Schutzschilde“ (Morawiecki) oder „weißrussischer Staatsterror“ (Steinmeier). Nun erwägt die polnische Regierung, die NATO um Rat zu bitten. Und dies wenige Tage nach der Pariser Libyen-Konferenz, die erneut veranschaulicht hat, wie andauernd die Schäden in dem von der NATO mitverursachten „Failed state“ sind. (…) Die Methoden Lukaschenkos sind nicht hinnehmbar. Aber sind nicht die „Strafaktionen“ des Westens auch eine Form von Staatsterrorismus?...“ Kommentar von Daniela Dahn vom 19.11.2021 in der Freitag-Ausgabe 46/2021 externer Link
  • Belarusische Grenze zu Polen: Hunderte Migranten räumen Grenzlager
    Hunderte Migranten sollen ein Lager am Grenzübergang Bruzgi in Belarus verlassen haben. Laut Grenzschutz wurden sie in eine Lagerhalle gebracht. Deutschland dementierte indes Gerüchte über eine Aufnahmevereinbarung mit Belarus…“ Meldung vom 19.11.2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Nur wenige auf dem ersten Rückflug
    Die irakische Regierung bietet heute den ersten Rückflug für gestrandete Migranten von Minsk nach Erbil und Bagdad an. Doch nach NDR-Informationen wollen die meisten trotz ihrer schwierigen Lage bleiben…“ Beitrag von Amir Musawy und Lena Gürtler, NDR, vom 18.11.2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Polnisch-belarussische Grenze: „Geflüchtete sind keine Waffen!“ – Ärzt*innenorganisation IPPNW fordert sofortige Aufnahme der Geflüchteten sowie schnelle und umfangreiche humanitäre Hilfe
    „Angesichts der sich zuspitzenden Lage an der polnisch-belarussischen Grenze und der Brutalität der Sicherheitskräfte gegenüber den Geflüchteten, zeigt sich die internationale Ärzt*innenorganisation IPPNW zutiefst betroffen über die kategorische Ablehnung der EU-Außenminister*innen diese Menschen aufzunehmen. Die Ärzt*innenorganisation verweist auf die katastrophale humanitäre Lage im Grenzgebiet, wo derzeit etwa 3.000 Menschen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt ausharren und verurteilt die Entscheidung der Minister*innen die Sanktionen gegen Belarus zu verschärfen, anstatt das Leben Geflüchteter zu retten. „Inzwischen sind mindestens neun Menschen im Grenzgebiet ums Leben gekommen, darunter auch Minderjährige. Mit der Weigerung die Schutzsuchenden aufzunehmen, nimmt die EU weitere Tote billigend in Kauf“, kritisiert Carlotta Conrad, Ärztin und IPPNW-Vorstandsmitglied. Der EU sei die Sicherung der Festung Europa und die Demonstration von Härte gegenüber dem belarussischen Machthaber Lukaschenko wichtiger als Menschenrechte, Humanität und Rechtsstaatlichkeit. Conrad betont: „Deutschland und die EU müssen von Polen einfordern, die rechtswidrigen Pushbacks über die Grenze zu beenden und humanitäre Hilfsorganisationen ins Grenzgebiet zu lassen.“ (…) „Die Menschen haben legitime Gründe für ihre Flucht und das Recht vor Verfolgung, Krieg, Hunger und Perspektivlosigkeit Schutz in der EU zu suchen. Der Großteil der Geflüchteten stammt aus Kriegs- und Krisengebieten wie Irak, Syrien, Afghanistan und Jemen, an deren Situation die westliche Staatengemeinschaft eine Mitverantwortung trägt“, so Conrad abschließend…“ IPPNW-Pressemitteilung vom 17. November 2021 externer Link
  • Friedensnobelpreisträger EU im Militarisierungsmodus: Tränengas und Wasserwerfer gegen Geflüchtete in Belarus und wieder Todesopfer an der EU-Außengrenze
    • Tränengas gegen Asylsuchende. Geflüchtete in Belarus versuchen, polnische Grenze zu überwinden. Warschau beantragt NATO-Beratungen
      Die Lage am polnisch-belarussischen Grenzübergang Kuznica-Bruzgi ist am Dienstag eskaliert. In den Vormittagsstunden versuchte eine Gruppe von Asylsuchenden, die die belarussische Seite des Übergangs seit gestern blockiert hatte, auf die polnische Seite zu gelangen. Andere versuchten, den Grenzzaun einzureißen. Die polnische Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Gegen Mittag beruhigte sich die Lage offenbar wieder. Polens Innenminister Mariusz Kaminski lobte die Polizisten und Soldaten für ihren »entschlossenen Einsatz«. Praktisch jede Erklärung der polnischen Behörden enthält Hinweise auf eine angebliche Beteiligung belarussischer Militärs oder Polizisten an den versuchten Grenzübertritten. Dabei kam es zu Widersprüchen: So wurde einerseits behauptet, die »Angreifer« hätten »europäische Gesichtszüge« gehabt, andererseits dagegen, sie seien vermummt gewesen, und Polen hoffe, sie später auf Vergleichsaufnahmen identifizieren zu können. Unabhängig nachprüfen lassen sich diese Angaben nicht, weil von der polnischen Seite keine Journalisten an die Grenze gelassen werden. Dagegen sprach ein auf belarussischer Seite präsenter Reporter des US-Senders CNN von verzweifelten und zu allem entschlossenen Migranten als handelnden Personen…“ Artikel von Reinhard Lauterbach, Poznan, in der jungen Welt vom 17.11.2021 externer Link
    • Wieder Todesopfer an der EU-Außengrenze. Brüssel schafft mit neuen Sanktionen ein neues Mittel zur Flüchtlingsabwehr. Polen und baltische Staaten verstärken Militäraktivitäten an der Ostgrenze
      „Trotz erneuter Todesopfer im Niemandsland an der polnisch-belarussischen Grenze blockiert die Bundesregierung Hilfsangebote und räumt Sanktionen gegen Belarus Priorität vor Maßnahmen gegen die humanitäre Krise ein. Während sie ein Angebot der Stadt München weiterhin ignoriert, Flüchtlinge aufzunehmen und ihnen ein reguläres Asylverfahren zu ermöglichen, lobt Außenminister Heiko Maas den gestern von ihm und seinen EU-Amtskollegen gefassten Beschluss, ein neues Sanktionsinstrument zu schaffen, das die Unterstützung nicht erwünschter Migration mit Strafe belegt. Geplant ist unter anderem, die Fluggesellschaft Belavia zu sanktionieren, weil sie Flüchtlinge nach Minsk gebracht hat. Damit steht der EU künftig ein weiteres Mittel für die Flüchtlingsabwehr zur Verfügung. (…) Deutschland und die EU, selbsternannte Vorkämpfer für Menschenrechte, decken nicht nur das brutale Vorgehen der polnischen Grenztruppen, sie verhindern auch humanitäre Hilfe für die an der Grenze feststeckenden Flüchtlinge. Exemplarisch zeigt das ein Angebot der Stadt München, die im Niemandsland gefangenen Flüchtlinge aufzunehmen. Münchens Dritte Bürgermeisterin Verena Dietl hatte der Bundesregierung das Angebot bereits Ende Oktober übermittelt und dies am 10. November wiederholt: Man sei bereit, „schnell und unbürokratisch geflüchtete Menschen“ zu beherbergen sowie ihnen „Zugang zu ordentlichen Asylverfahren zu gewähren“. Berlin ignoriert die Aufnahmebereitschaft und fordert stattdessen die umgehende Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Herkunftsländer. Öffentlich unterstützt wird dies von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der am Wochenende verlangte, man dürfe die Flüchtlinge nicht in Deutschland aufnehmen. „Warschau handelt richtig, daher dürfen wir Polen nicht in den Rücken fallen“, sagte Kretschmer, der sich darüber hinaus mit der Auffassung zitieren ließ, die Bilder notleidender Menschen an der Grenze müsse die deutsche Gesellschaft „aushalten“. (…) Während Maas weitere Sanktionen gegen Belarus in Aussicht stellt – darunter nicht zuletzt „harte Wirtschaftssanktionen“ -, dauert die militärische Mobilisierung der östlichen EU- bzw. NATO-Staaten an der Grenze zu Belarus an. Polen hat gut 15.000 Soldaten in der Nähe der Grenze zu Belarus stationiert. Litauen hat bereits in der vergangenen Woche seine rund 1.200 an der Grenze stationierten Soldaten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Lettland hat am Wochenende unweit der Grenze zu Belarus ein unangekündigtes Manöver mit rund 3.000 Soldaten gestartet. Estland wiederum hielt am Wochenende eine Luftlandeübung gemeinsam mit US-Einheiten ab. Am gestrigen Montag hat Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis am Rande des Treffens mit seinen EU-Amtskollegen eine Reihe wüster Behauptungen vorgetragen, für die er zwar keinerlei Belege vorbringen konnte, die aber geeignet sind, die Spannungen noch weiter anzuheizen. So behauptete Landsbergis, es sei „sehr wahrscheinlich“, dass Russland die Ukraine überfalle, „während wir uns mit der Lage an der Grenze zu Polen und Litauen befassen“. Zudem sei es denkbar, „dass Belarus [von Russland, d. Red.] angegriffen wird“, indem Russland dort „eine permanente militärische Präsenz errichtet“. Landsbergis verlangte schließlich, der Flughafen der belarussischen Hauptstadt Minsk müsse eine „Flugverbotszone“ werden. Die abenteuerlichen Fantasien bleiben für Landsbergis folgenlos.“ Bericht vom 16. November 2021 von und bei German-Foreign-Policy externer Link (Flüchtlingssterben im Niemandsland (III))

      • Sehens- und hörenswert dazu – weil erschreckend eindeutig – sind die Aussagen von Heiko Maas in den ARD-Tagesthemen vom 15. November 2021 externer Link (siehe ARD-Mediathek ab Minute 19:33). Während dort Maas das Asyl-Recht im Interesse rechter Strömungen schleifen will, sollte es genau wegen dieser Entwicklung um verstärkten Widerstand gegen Rassismus und Faschismus gehen – und genau: Es gilt auch verstärkt in Diskussionen klar zu machen, in welche Richtung es gehen kann, wenn sich die Position von Heiko Maas durchsetzt. Noch argumentiert er auf einer rechtwidrigen Grundlage…
  • Flüchtlingen Einreise in die EU gestatten, humanitäre Soforthilfe in der EU leisten
    PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt fordert, den an der polnisch-belarussischen Grenze Festsitzenden die Einreise in die EU zu gestatten, so eine humanitäre Lösung herbeizuführen und einen Teil der Menschen in Deutschland aufzunehmen. „Es ist eine Verrohung der Sprache, wenn aus Flüchtlingen illegale Migranten werden. Und darauf folgt ein erbarmungsloses Handeln, das die Not der Menschen und ihre zum Teil durchaus legitimen Gründe, in die EU zu kommen, außer Acht lässt. Darunter sind Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen. Sie haben ein Recht auf Schutz und Asyl in der EU. Wir fordern, dass Deutschland all denjenigen die Einreise nach Deutschland gestattet, die familiäre Bezüge zu Deutschland haben. Und das scheint bei vielen Afghanen, Syrern und Irakern, die sich dort aufhalten, der Fall zu sein“, sagte Burkhardt. (…) Burkhardt warnte eindringlich vor weiteren Toten und einem de facto-Ausstieg der EU aus dem Flüchtlingsrecht. „Es muss möglich sein, an der EU-Grenze ein Asylgesuch zu äußern. Die Komplettabriegelung mit Zäunen und Mauern verhindert dies. Es ist fatal, dass auch die neue Bundestagspräsidentin Bas diesen gefährlichen Weg mitgehen will.“ Auf harte Kritik von PRO ASYL stößt der von Migrationsforscher Gerald Knaus vorgetragene und von einigen Politikern aufgegriffene Vorschlag, die Schutzsuchenden direkt nach Moldawien und die Ukraine zu bringen. Dies ist eine illusorische Scheinlösung. Sie setzt einen schmutzigen Deal mit Lukaschenko voraus. Denn nur dann könnten die Geflüchteten von Belarus aus dorthin gebracht werden. Die andere Möglichkeit wäre, sie aus Polen weiter in einen Drittstaat abzuschieben. Dies geht nur unter Bruch des EU-Rechts…“ Pressemitteilung vom 15.11.2021 von und bei Pro Asyl externer Link
  • Brüssel lässt sterben. Polnisch-belarussische Grenze: Weitere Todesopfer, teils erfolgreicher Massendurchbruch. Streit über Aufnahme Geflüchteter
    Die humanitäre Krise an der polnisch-belarussischen Grenze hat ein weiteres Menschenleben gekostet. Die polnische Grenzbehörde teilte am Wochenende mit, in einem Waldgebiet sei die Leiche eines 20jährigen Mannes aus Syrien gefunden worden. Über die Todesursache sei nichts bekannt. Ein zweites Todesopfer gab es am Sonnabend auf seiten des polnischen Militärs. Ein an der Grenze eingesetzter Soldat erlag einem Schuss aus seiner Dienstwaffe. Ob es ein Unfall oder Suizid war, ließ die offizielle Mitteilung offen. In der Nacht zum Sonntag durchbrach nach polnischen Angaben eine Gruppe von etwa 50 Asylsuchenden aus dem Irak die Grenzbefestigungen und gelangte auf polnisches Gebiet. 22 von ihnen seien wieder festgenommen worden, teilte die Grenzbehörde mit. Sie warf dem belarussischen Militär vor, die Situation zu eskalieren, etwa durch Beihilfe zur Beschädigung der Grenzbefestigungen. Bilder des polnischen Verteidigungsministeriums zeigten, wie von belarussischer Seite die polnischen Grenzbeamten mit Laser- und flackerndem Licht geblendet worden seien. Auch seien Asylsuchende von belarussischen Einsatzkräften mit Tränengasdosen ausgestattet worden und hätten damit polnische Grenzbeamte angegriffen. Die polnische Regierung warnte vor einem angeblich unmittelbar bevorstehenden Massendurchbruch und warf Belarus vor, es wolle die Flüchtlingskrise zum Dauerzustand machen. Als Beleg wurde angeführt, dass auf belarussischer Seite inzwischen Militärzelte für die Schutzsuchenden aufgebaut und Feldküchen installiert worden seien. Die polnische Grenzbehörde macht sich inzwischen offenbar Sorgen um ihr öffentliches Erscheinungsbild. Eine Pressesprecherin sagte am Sonnabend, sie wisse von Beamten, die sich täglich zusätzliche Stullen mitnähmen, um sie den festsitzenden Menschen zu geben. (…) Das oppositionelle polnische Portal oko.press veröffentlichte Hinweise, welche Formen der Hilfe für durchs Land irrende Asylsuchende gerade noch erlaubt seien, und welche als »Beihilfe zum illegalen Aufenthalt« strafbar. Erlaubt sei, Geflüchteten Essen und Trinken, eine Waschgelegenheit und gegebenenfalls ein Nachtlager anzubieten, sofern nach dem Eindruck des Helfenden deren Leben und Gesundheit in Gefahr sei. Als Zeichen der Hilfsbereitschaft grün leuchtende Laternen vors Haus zu stellen, sei ebenfalls nicht verboten, denn es sei Sache des Bewohners, wie er sein Haus beleuchte. Das Aufladen von Telefonen oder die Abgabe von Landkarten seien Grenzfälle, jedenfalls verboten sei dagegen, Menschen mit »unpolnischem Aussehen« als Anhalter ins Landesinnere mitzunehmen…“ Artikel von Reinhard Lauterbach, Poznan, in der jungen Welt vom 15.11.2021 externer Link
  • Hilfe dringend nötig: UNHCR in Belarus. Bagdad will irakische Flüchtlinge heimholen. Türkei untersagt Flüge für Syrer, Iraker und Jemeniten
    „Die Eskalation im Konflikt der Europäischen Union mit Belarus hat das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) auf den Plan gerufen. Das UNHCR bietet nun Tausenden Migranten, die auf dem Weg in die EU bei Minusgraden in den Wäldern an der belarussisch-polnischen Grenze gestrandet sind, Unterstützung an. Es müsse darum gehen, Todesfälle zu verhindern und die Menschen an sicheren Orten in Belarus unterzubringen, heißt es in einer Erklärung vom Freitag, die nach einem von den belarussischen Behörden ermöglichten Besuch in einem Zeltlager an der Grenze veröffentlicht wurde. Die EU wirft dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko vor, Migranten mit dem Versprechen einer Weiterreise in die Union nach Belarus zu locken. Lukaschenko hatte seinerseits erklärt, aus Protest gegen bestehende EU-Sanktionen gegen sein Land die Menschen auf ihrer Reise in ein »besseres Leben« nicht aufzuhalten. Brüssel beabsichtigt indessen, die Sanktionen gegen Minsk weiter zu verschärfen. »Die EU-Außenminister werden bei ihrem Treffen am Montag die Sanktionen auf Personen erweitern, die mittelbar oder unmittelbar diese Schleusungen unterstützen«, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) der Rheinischen Post laut Vorabbericht vom Freitag. Als Scharfmacher an der Seite Warschaus betätigte sich der amtierende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). »Die Polen erfüllen hier für ganz Europa einen wichtigen Dienst«, erklärte er gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Freitag. Polens Regierung hat mehr als zehntausend Soldaten an die Grenze geschickt. Dort kommt es zu gewaltsamen Zurückweisungen von Flüchtlingen durch polnische Grenztruppen, die zwar gegen EU-Recht und die Genfer Konvention verstoßen, aber vom polnischen Parlament ausdrücklich gebilligt wurden. Der Generaldirektor der zivilen Luftfahrt der Türkei ordnete am Freitag an, dass Bürger des Irak, Syriens und Jemens vorläufig nicht mehr von dem Land aus nach Belarus fliegen dürften. Vorausgegangen waren Sanktionsdrohungen der EU gegen Fluggesellschaften, die Migranten mit der Absicht der illegalen Einreise in die EU nach Belarus befördern. Sowohl die halbstaatlichen Turkish Airlines (THY) als auch die staatliche belarussische Fluggesellschaft Belavia kündigten an, keine Bürger der drei Staaten mehr nach Minsk zu bringen. (…) Auch zahlreiche Jesiden, die als Überlebende des Genozids des »Islamischen Staates« (IS) im Mittleren Osten keine Sicherheit mehr sehen, befinden sich in Belarus.“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 13. November 2021 externer Link
  • Deutsche Medien im Krieg: Journalist*innen aller Couleur fantasieren im AfD-Slang eine Invasion an der polnisch-belarussischen Grenze herbei
    “ An der belarussisch-polnischen Grenze sind bis jetzt mindestens zehn Menschen gestorben – zuletzt ein 14-jähriger Junge. (…) Entlang des Grenzzauns ereignet sich eine humanitäre Katastrophe – wobei Katastrophe eigentlich das falsche Wort ist, denn die Situation wird willentlich erzeugt. Vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, der polnischen Regierung und der EU. Viele deutsche Medien wollen die Situation indes nicht als tödliche Falle verstehen, sondern als militärische Auseinandersetzung. Auf den Fotos, die entsprechende Artikel bebildern, wimmelt es von schwer bewaffneten Soldaten und Unmengen von Stacheldraht. Bei der Zeit, der Welt, beim Spiegel ist die Botschaft: Wir sind im Krieg. Das Narrativ des »hybriden Krieges« oder der »hybriden Bedrohung« hat sich rasant etabliert. In der Zeit konstatierte Ulrich Ladurner: »Polen hat das Recht, sich in diesem hybriden Krieg zu verteidigen, und die EU hat die Pflicht, dem Land beizustehen, weil Polen auch die EU verteidigt. So einfach ist das.« So einfach ist es nur, wenn man vergisst, dass es hier um Menschen geht. Wenn man vergisst, dass diese Menschen sterben müssen, weil die EU ihre Grenzen vehement abschottet. Es ist ein alter Diskurs, Schutzsuchende zur Bedrohung zu stilisieren, gegen die man sich verteidigen müsse. Im aktuellen Fall lässt sich die Verantwortung mit Lukaschenko als gegnerischem Gegenüber besonders gut auslagern. Und wenn man sich im Krieg befindet, ist bekanntlich jedes Mittel recht. Eine bessere Legitimation für den sinnlosen Tod von Menschen gibt es kaum. (…)Noch-Außenminister Heiko Maas (SPD) betont, dass sich die EU nicht erpressen lasse. Das wäre ja schön, doch nicht erpressbar wäre die EU erst, wenn sie die rassistische Panik vor Menschen auf der Flucht durch eine Politik der Mitmenschlichkeit ersetzen würde. Dann könnte sie die Schutzsuchenden einfach aufnehmen. Der eingebildete Krieg hätte sich damit auch erledigt. Stattdessen schürt die EU ihn lieber weiter und lässt Menschen an der Grenze erfrieren. Und die deutschen Medien trommeln mit.“ Kommentar von Larissa Schober vom 13. November 2021 aus ak 676 externer Link
  • »Vor sechs Jahren wäre das nicht denkbar gewesen«
    Die Aktivistin Liza Pflaum hat Schutzsuchenden an der polnisch-belarussischen Grenze Winterkleidung und andere Hilfsgüter gebracht (…) Die Sperrzone ist ein Gebiet, in der keine Kontrolle von außen mehr stattfinden kann. Und es wird aktiv verhindert, dass Nichtregierungsorganisationen (NGOs) humanitäre Hilfe leisten. Am Donnerstagmorgen habe ich in einer polnischen Zeitung gelesen, dass genau bei dem Grenzübergang, an dem wir waren, ein 14-jähriger Junge gestorben ist. Wenn Leute, die im Wald allein unterwegs sind, erfrieren, werden wir es wahrscheinlich nicht einmal erfahren. Meiner Meinung nach ist das deswegen ein Todesstreifen: Es kommen Menschen ums Leben und das wird auch ganz bewusst in Kauf genommen. (…) wir haben uns lange mit den Aktivist*innen vor Ort unterhalten. Die haben uns zum Beispiel von einer achtköpfigen Familie berichtet, die in der EU Asyl beantragen möchte und schon achtmal wieder zurück auf die andere Seite der Grenze gedrängt wurde. (…) Ich gehe davon aus das, dieser Raum gezielt für Propaganda verwendet wird. Ich denke das ist auch ein Grund dafür, dass keine Journalist*innen und humanitäre Organisationen zugelassen werden. Einerseits vom belarussischen Militär, in dem gezielte Bilder verbreitet werden, auf denen fast nur Männer zu sehen sind und geflüchtete Menschen als gewalttätig dargestellt werden. Hiermit sollen Ängste geschürt werden, mit denen insbesondere rechte Kräfte seit Jahren arbeiten. Diese Bilder entsprechen aber nicht den Berichten, die wir von Zivilgesellschaft und Aktivist*innen vor Ort bekommen haben. Die sagen, dass sehr viele Familien mit Kindern da sind, dass die Menschen in einer Sackgasse feststecken und es für sie kein Zurück mehr gibt. Auf der anderen Seite bekommt jede Person, die das Grenzgebiet auf der polnischen Seite betritt, eine SMS, in der es heißt: Sie kommen nicht nach Polen rein, hören sie nicht darauf, was das belarussische Militär sagt, die Grenzen sind zu und nehmen sie keine Pillen des belarussischen Militärs. Was das mit den Pillen auf sich hat, keine Ahnung, darüber habe ich bereits gerätselt, ob es hier um echte oder metaphorische Pillen geht. (…) Ich glaube, man muss wegkommen von der Idee, dass man die Grenzen verteidigen muss. Dort steht uns weder ein bewaffnetes Militär gegenüber, noch eine große Gefahr, sondern Menschen, die Schutz und Hilfe suchen. Vor diesen muss man überhaupt nichts verteidigen. Da muss ein wirkliches Umdenken stattfinden, und dann muss man sich mit den konkreten Problemen beschäftigen: Wie können die Leute herkommen, was sind Möglichkeiten der Einreise, wie werden sie untergebracht, wie finden sie in die Gesellschaft hinein? Da müssen wir Kraft und Energie investieren und nicht darein zu verhindern, dass Menschen kommen. Was wir jetzt an der Grenze zu Belarus sehen, wäre vor sechs Jahren nicht denkbar gewesen. Heute passiert es und niemand ist geschockt. Wir bewegen uns darauf zu, dass nicht mehr davor zurückgeschreckt wird, fliehende Menschen militärisch aufzuhalten. Das heißt, in der Zukunft könnte an den Grenzen auf sie geschossen werden. Das ist genau das, was die AfD 2015 schon indirekt gefordert hat. Und heute sind wir da beinahe angekommen…“ Interview von Ulrike Wagener vom 12.11.2021 im ND online externer Link
  • Rechtsbruch: Hilfsorganisationen fordern Zugang zu Flüchtlingen an EU-Außengrenze – Maaßen spricht von „geshuttleten“ Menschen
    An der polnisch-belarussischen Grenze stranden immer mehr Menschen beim Versuch, in die EU zu gelangen. Unter ihnen sind auch Jesiden aus dem Irak, die seit dem Überfall der Terrormiliz „IS“ auf ihre Dörfer keine Heimat mehr haben. Hilfsorganisationen pochen auf einen raschen Zugang zu den Flüchtlingen an der polnisch-belarussischen Grenze. Die polnische Regierung müsse internationale Organisationen wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR oder „Ärzte ohne Grenzen“ zu den Menschen lassen, um sie zu versorgen, erklärte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty, Julia Duchrow, am Mittwoch in Berlin. Amnesty wirft Polen vor, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen, ohne ihnen Zugang zu einem Asylverfahren zu geben. Damit verstoße das Land gegen internationales Recht. Die Bundesregierung setzt indes auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen. (…) Außenminister Heiko Maas (SPD) erklärte, dass sich niemand ungestraft „an Lukaschenkos menschenverachtenden Aktivitäten beteiligen“ dürfe. Diese Botschaft werde an die Herkunfts- und Transitstaaten der Menschen ebenso wie Fluggesellschaften gehen, mit Hilfe derer die Menschen „nach Belarus geshuttled werden“. Nach Angaben seiner Sprecherin wollen die EU-Außenministerinnen und -Außenminister am Montag in Brüssel unter anderem auch darüber beraten.“ Meldung vom 11.11.2021 beim Migazin externer Link
  • Flüchtlingssterben im Niemandsland
    EU debattiert im Kampf gegen Flüchtlinge über die Zulassung völkerrechtswidriger Pushbacks und zieht Sanktionen gegen Fluggesellschaften in Betracht, deren Dienstleistungen Flüchtlinge nutzen. In ihrem erbitterten Kampf gegen Flüchtlinge zieht die EU die Zulassung offener Völkerrechtsbrüche an den EU-Außengrenzen in Betracht und droht mit einer Sanktionsschlacht gegen Fluggesellschaften. Anlass sind die Flüchtlinge, die über die Grenze zwischen Belarus und Polen in die Union zu gelangen suchen. Warschau schottet die Grenze immer härter ab; mindestens acht Flüchtlinge sind mittlerweile im Niemandsland zu Tode gekommen. UN-Organisationen laufen Sturm. Obwohl zahlreiche Flüchtlinge aus Ländern stammen, die von europäischen Staaten per Krieg zerstört (Afghanistan, Irak) oder durch die Förderung bewaffneter Aufstände und durch Sanktionen ruiniert wurden (Syrien), ist die EU nicht bereit, sie aufzunehmen; stattdessen wird in Brüssel nun die Zulassung von Pushbacks diskutiert, die laut Genfer Flüchtlingskonvention illegal sind. Zudem stellt die Union Sanktionen gegen Fluggesellschaften in Aussicht, mit deren Flugzeugen Flüchtlinge nach Belarus gelangen; erwogen wird der Entzug von Landerechten. Betroffen sind Airlines aus der Türkei, aus Russland, den Vereinigten Arabischen Emiraten und weiteren Ländern. (…) Die Zustände unmittelbar an der Grenze sind nur ansatzweise bekannt, weil Polens Regierung im unmittelbaren Grenzgebiet den Ausnahmezustand verhängt hat und nicht nur Journalisten, sondern sogar Hilfsorganisationen den Zutritt verweigert. Klar ist, dass auf belarussischer Seite der Grenze oder im Niemandsland Tausende Flüchtlinge festsitzen – bei zunehmender Kälte und oft ohne Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser und Medikamenten. Polnische Grenzwächter setzen gegen Flüchtlinge, die die Stacheldrahtbarrieren an der Grenze überwinden wollen, Tränengas ein. Mindestens acht Flüchtlinge sind bisher im Niemandsland zu Tode gekommen; dabei könne die tatsächliche Opferzahl „viel höher“ sein, erklärte bereits Ende Oktober mit Blick auf die polnische Zugangssperre zum Grenzgebiet die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (…) Mittlerweile gewinnt nicht nur die Forderung neuen Zuspruch, die EU solle umgehend Mittel für den Bau von Stacheldrahtbarrieren an ihren Außengrenzen bereitstellen. Die Forderung wurde im Oktober von zwölf EU-Staaten schriftlich geäußert und findet immer mehr Unterstützer – auch in Deutschland…“ Beitrag vom 10.11.2021 von und bei German-Foreign-Policy externer Link (Teil II)
  • EU prüft Rückführung der Menschen an der Grenze zu Belarus
    Die humanitäre Lage der Menschen an der belarussisch-polnischen Grenze spitzt sich zu. Die EU pocht auf Einhaltung von Grundrechten, kritisiert Polen aber nicht. Von der Leyen will prüfen, wie die Menschen zurückgeführt werden können. Die EU-Kommission pocht mit Blick auf die Menschen an der belarussisch-polnischen Grenze auf die Wahrung der Grundrechte, ohne jedoch Polen direkt zu kritisieren. Die Kommission verfolge die Lage genau und sei über die humanitäre Situation besorgt, sagte ein Sprecher am Dienstag in Brüssel. Zugleich äußerte er, die Kommission sei nicht vor Ort, sie könne auch nicht „jedes einzelne Ereignis“ in der EU rechtlich bewerten und besitze keine Kompetenz, um angebliche Push Backs zu untersuchen. (…) Die Linken-Europaabgeordnete Cornelia Ernst hingegen wies darauf hin, dass die Menschen an der Grenze das Recht hätten, einen Asylantrag zu stellen. „Man muss nicht nur gegen Lukaschenko vorgehen, sondern auch gegen Polen und alle Mitgliedstaaten, die hier die Menschenrechte mit Füßen treten.““ Meldung vom 10.11.2021 beim Migazin externer Link
  • Grenze von Polen und Belarus: Die ausgelagerte Grausamkeit
    An Polens Grenze zu Belarus herrscht seit zwei Monaten gesetzlicher Ausnahmezustand. Ein vom Lukaschenko-Regime gesteuerter Zuzug von Flüchtlingen soll Polen, die baltischen Staaten und die EU destabilisieren – und tut es auch. Doch zum Glück gibt es Menschen, die ihr Mitgefühl behalten (…) Das Ende Oktober vom polnischen Parlament verabschiedete, umstrittene Asylgesetz legalisiert die schon zuvor übliche Praxis der Pushbacks, deren Brutalität trotz Ausnahmezustand in die Öffentlichkeit drang: Schwangere Frauen wurden über Grenzzäune geworfen, weinende Kinder gewaltsam weggeschafft, den durstenden und hungernden Menschen an der Grenze Nahrung und Getränke verweigert. Die Novelle erlaubt dem zuständigen Grenzbeamten nun offiziell, „den Antrag auf internationalen Schutz unbearbeitet zu lassen“. Dies ist zwar nur dann möglich, wenn der Antrag „von einem Ausländer gestellt wurde, der sofort nach dem Übertreten der Grenze aufgehalten wurde“. Doch was heißt „sofort“? Eine Minute, eine Stunde? Hundert Meter hinter der Grenzlinie oder auch fünf Kilometer weiter im Land? Keine Frage: Die Schwammigkeit in der Formulierung des polnischen Gesetzes soll Interpretationsspielraum für Politik und Grenzbehörden eröffnen. Die den polnischen Rechtsstaat kritisierende EU-Kommission müsste angesichts des Pushbacks-Gesetzes – laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR verstößt es sowohl gegen die Genfer Flüchtlingskonvention als auch gegen EU-Recht – auf die Barrikaden gehen. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson zeigte sich besorgt, die Kommission prüfe die Übereinstimmung mit EU-Recht. „Pushbacks dürfen nie legalisiert werden“, so Johansson. Der Erfahrung nach zu urteilen, etwa dem Umgang der EU mit dem ungarischen Grenzregime, dürfte es bei der verhaltenen, „prüfenden Sorge“ bleiben. Die polnische Pushback-Praxis ist im unausgesprochenen Sinne Brüssels. Und auch Berlins, das keine neuen Flüchtlinge will – viele, die sicher in Polen ankommen, machen sich auf den Weg Richtung Deutschland…“ Reportage von Jan Opielka vom 07.11.2021 in der FR online externer Link
  • Grenze zu Belarus: Neue Regierung, neue Flüchtlingspolitik?
    Das Schweigen der Ampel-Parteien zur Situation von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze zu Belarus verheißt nichts Gutes. Mindestens neun Menschen sind seit Sommer im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus ums Leben gekommen. Und das sind nur die Todesfälle, die bekannt geworden sind. Tatsächlich starben vermutlich sehr viel mehr Menschen beim verzweifelten Versuch, über Belarus in die Europäische Union zu gelangen. Wenn nicht schnell etwas geschieht, werden weitere Grenztote hinzukommen. Tausende Geflüchtete – genaue Zahlen hat niemand – halten sich derzeit in den Wäldern zwischen Polen und Belarus auf. (…) Da die polnische Regierung die Grenzregion zur Sperrzone erklärt hat, ist es äußerst schwierig, Hilfe zu leisten. Bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, abgeschnitten von medizinischer Versorgung, juristischem Beistand und sonstiger Unterstützung verstecken sich die Menschen vor dem Grenzschutz. Sie haben Angst, gewaltvoll nach Belarus zurückgedrängt zu werden, wo sie von belarussischen Soldat:innen zu einem erneuten Grenzübertritt nach Polen gezwungen werden. Manche haben dieses Ping-Pong-Spiel, das freilich alles andere als ein Spiel ist, bereits mehrfach erlebt. Anstatt gegen solche Pushbacks vorzugehen, legalisierte die polnische Regierung diese erst vor kurzem und kündigte an, die Zahl der Soldat:innen an der Grenze zu Belarus auf 10.000 aufzustocken. Außerdem soll – wie auch in Litauen und Polen – eine mehrere Meter hohe und über 100 Kilometer lange befestigte Barriere an der Grenze zu Belarus entstehen. Das Geschehen an der polnisch-belarussischen Grenze erinnert stark an das, was sich seit Jahren zwischen Bosnien und Kroatien sowie zwischen der Türkei und Griechenland abspielt. Menschen auf dem Weg in die EU erleben brutale und nicht selten tödliche Pushbacks, toleriert oder sogar unterstützt von Brüssel und Berlin. (…) Werden die Verantwortlichen in Brüssel und Berlin den polnischen Grenzschutz erst aufrüsten und eigene Grenzschützer:innen zu seiner Unterstützung schicken, bevor sie sich um den Schutz von Menschenleben im Grenzgebiet kümmern? Werden sie die Legalisierung von Pushbacks und – wie zuvor in Griechenland – die Aussetzung des Asylrechts erstmal eine Weile dulden und warten, bis der Grenzzaun steht, bevor sie eine Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen an Geflüchteten in Erwägung ziehen? Werden die europäischen Regierenden zusehen, wie Aktivist:innen und Hilfsorganisationen sich ins Grenzgebiet durchschlagen und ebenso wie viele Anwohner:innen notdürftig Hilfe leisten, bevor sie der Not ein Ende bereiten? Arbeitet man bereits an neuen Abkommen mit fragwürdigen Partnern jenseits der EU wie beim EU-Türkei-Deal? Wird man wieder versuchen, sich Flüchtlinge gegen Geld und Schweigen bei Menschenrechtsverletzungen oder Verstößen gegen das Völkerrecht vom Leib zu halten?…“ Beitrag von Ramona Lenz vom 08. November 2021 bei medico externer Link
  • Todesgrenze: Pushbacks an der polnisch-weißrussischen Grenze – Seit zwei Wochen unterstützt das anarchistische „No Borders Team“ Geflüchtete im Grenzgebiet zwischen Polen und Weißrussland
    „… Die weißrussische Route soll vermeintlich der einfachste Weg für Geflüchtete aus den kriegsgebeutelten Teilen der Welt sein, um nach Deutschland und Frankreich zu gelangen. Sie sei kurz, sicher und vor allem billig und ermutigte ganze Familien, sich auf den Weg zu machen und ihren Platz in einer besseren Welt zu suchen. Sie wurde jedoch für viele zum Grab. Als der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko vor zwei Monaten als Reaktion auf die von der EU verhängten Sanktionen damit begann, die Visumspflicht für die meisten afrikanischen und asiatischen Länder abzuschaffen, hatte niemand erwartet, dass die Dinge so schlecht ausgehen würden. In vielen armen Ländern wie Jemen, Kongo und Irak wurden im Eiltempo Reisebüros gegründet, die sehr günstige Reisen nach Belarus verkauften. Sie boten einen Flug, eine Besichtigungstour durch Minsk und eine Busfahrt zur Grenze an. Die Reiseprospekte informierten auch darüber, dass es einfach sei, die EU zu durchqueren, und dass ein Taxi nach Berlin schon von der polnischen Seite aus genommen werden könnte. Im Vergleich zur Balkanroute schien dieser Weg ideal. Der „Reiseboom“ begann. Tausende von Tickets wurden gekauft, und ganze Familien machten sich mit mehreren Generationen auf die Reise in die EU. Sie landeten in Minsk, bekamen eine kurze Stadtbesichtigung und wurden mit dem Bus zur Grenze gefahren. Hier stellte sich jedoch heraus, dass die Realität anders aussah, als ihnen versprochen worden war. Sie wurden dort von den Grenzbeamt:innen durchsucht und aller Geld- und Wertgegenstände beraubt, die sie bei sich trugen. Dann wurden sie in Gruppen in Richtung der polnischen grünen Grenze getrieben, die sie zwei Tage lang in der Hoffnung auf das sagenumwobene Eldorado zu Fuß überquerten. Doch die polnischen Behörden, die die Geflüchteten nicht hereinlassen wollen, errichteten Stacheldrahtzäune und schickten Armee und Polizei an die Grenze. Der Befehl lautete, niemanden hereinzulassen, alle in den Niemandsland-Streifen zu bringen und über den Stacheldraht nach Weißrussland zurückzudrängen. In einem zehn Kilometer breiten Streifen entlang der Grenze wurde der Ausnahmezustand verhängt. (…) Entlang des Streifens, über den der Ausnahmezustand verhängt wurde, versuchen einige Nichtregierungsorganisationen, Lebensmittel und Wasser zu verteilen. So auch das anarchistische „No Borders Team“, das aus über 50 Personen aus ganz Polen besteht, von denen sich nach dem Rotationsprinzip immer etwa ein Dutzend vor Ort befindet und 24 Stunden am Tag Hilfe leistet…“ Beitrag des No Borders Team vom 26. Oktober 2021 in der Übersetzung von moku bei der graswurzelrevolution externer Link
  • Kurdischer Geflüchteter an polnischer Grenze verstorben
    „… An der östlichen EU-Außengrenze entwickelt sich eine humanitäre Katastrophe: Seit Wochen sind Menschen im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus eingekesselt. Am Freitagmorgen ist ein weiterer Schutzsuchender aus Südkurdistan an Hunger und Kälte an der Grenze verstorben. Bei dem Toten handelt es sich laut RojNews um den 25-jährigen Geylan Dilêr aus Hewlêr (Erbil). Nach Angaben der internationalen Bewegung Seebrücke sind bereits mindestens acht Menschen in der Pufferzone ums Leben gekommen. Menschen, die über Belarus in die EU zu fliehen versuchen, werden systematisch aus Polen zurück in die militärisch abgeriegelte Pufferzone gedrängt und dort festgehalten. „Die Menschen sind gezwungen, sich in den Wäldern zu verstecken, die ersten Schneefälle stehen vor der Tür. Sie sind schutzlos Kälte, Nässe und Hunger ausgeliefert“, erklärt die Seebrücke und ruft für kommende Woche unter dem Motto #GrünesLichtFürAufnahme! zu dezentralen Aktionen auf: „Seit Monaten instrumentalisiert der belarussische Machthaber Lukaschenko Menschen aus Krisengebieten und lenkt sie gezielt über Belarus in Richtung der Europäischen Union. Die EU und die Anrainerstaaten Litauen, Lettland und Polen reagieren darauf mit Abschottung und völkerrechtswidrigen PushBacks. In der vergangenen Woche hat das polnische Parlament für die Legalisierung von PushBacks gestimmt und will den Rechtsstaat weiter aushöhlen: Asylanträge können in Zukunft ,ungeprüft‘ abgelehnt werden. Mitten in Europa werden Grenzzäune gegen schutzsuchende Menschen errichtet: Das passiert direkt vor unseren Augen und jetzt dürfen wir nicht wegschauen!“ ANF-Meldung vom 30. Oktober 2021 externer Link
  • Schutzsuchende, die über Belarus und Polen nach Deutschland kommen: »Fast alle haben Blutergüsse am Körper« 
    Schläge, Kälte, Angst um ihre Kinder – und Freude darüber, es geschafft zu haben. Die Schutzsuchenden, die über Belarus und Polen nach Deutschland kommen, haben viel durchgemacht. Einige sprechen darüber mit Josephine Furian, seit zweieinhalb Jahren Seelsorgerin in der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt. Im Interview berichtet sie. (…) Zum Beispiel erzählten Eltern mir, dass ihre Kinder beim Durchqueren des Flusses von der Strömung weggerissen wurden. Sie haben sich erst einige Tage später wiedergefunden, ein Bekannter hatte die Kinder entdeckt und zu ihnen gebracht. Wütend berichten viele Geflüchtete mir, dass ihnen nach dem Überqueren der polnisch-deutschen Grenze in Deutschland die Handys weggenommen worden seien. Das ist wirklich schlimm, denn die Handys sind wie Lebensadern für sie. Fotos, Videos, Ermutigungen,  Kontakte sind darin. Verbindungen zu Menschen in der Heimat, aber auch zu Menschen, die sie auf der Flucht getroffen haben. Und sie brauchen auch diese neuen Bekannten, um sich in der Fremde neue Netzwerke aufbauen zu können, denn ihre Familie haben sie zurückgelassen. (…) Alle Geflüchteten leiden unter den großen Gefahren, denen sie bei der Überwindung der Grenzen  ausgesetzt waren. Oft waren sie in Lebensgefahr und hatten Todeserfahrungen! Jetzt berichten die Geflüchteten von der Bedrohung durch den Wald und die Uniformierten. Bei Menschen, die über andere Fluchtwege kamen,  ging die Bedrohung vom Meer oder von den Gefängnissen in Libyen aus. (…) [Mussten noch mehr neue Unterkünfte eröffnet werden?] Ja, auch große, beheizbare Zelte, Container und das ehemalige Abschiebegefängnis. [Geflüchtete werden in einem ehemaligen Gefängnis untergebracht?] Das ist ganz schlimm, die Gefängnisatmosphäre ist zu spüren und die  Fenster sind vergittert. Das kann retraumatisierend wirken für Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen, weil sie dort bedroht sind, oder die auf der Flucht misshandelt wurden…“ Interview vom 28.10.2021 bei Pro Asyl externer Link
  • Seehofers blinder Fleck: Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen
    „Bundesinnenminister Horst Seehofer hat in der heutigen Bundespressekonferenz sein flüchtlingspolitisches Vermächtnis noch einmal dargelegt. (…) „Horst Seehofer hat das Thema verfehlt“, sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL, zu den Äußerungen des Innenministers in der heutigen Bundespressekonferenz. „Anstatt die Menschenrechtsverletzungen an den Grenzen anzuprangern, bezeichnet der Innenminister Geflüchtete als ‚hybride Bedrohung‘ und spricht von Unterstützung Polens bei der ‚Abwehr‘ . Genau diese Abwehr setzt die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonention außer Kraft.“ Zur Lage an der deutsch-polnischen Grenze sagt Kopp: „Schutzsuchende, die an deutschen Grenzen ankommen, haben nach geltendem europäischem und deutschem Recht den Anspruch auf faire Asylverfahren.“ In den vergangenen Wochen ist deutlich geworden, dass die derzeitige polnische Regierung internationales und europäisches Recht missachtet. „Asylsuchende, die Deutschland erreichen, dürfen nicht in diese Ungewissheit abgeschoben werden. Sie müssen schnell Zugang zu Asyl in Deutschland erhalten“, fordert Kopp. (…) „Der Schlüssel zur Lösung des Problems liegt nicht in Moskau, wie Seehofer meint, sondern in Brüssel: Die EU und ihre Mitglieder müssen endlich den Flüchtlingsschutz gemeinsam organisieren und für eine humane Aufnahme sorgen.“ Es ist zynisch, dass die EU-Länder mit der Aufhebung von Rechtsstaatlichkeit und dem Aushebeln der Menschenrechte auf Lukaschenko reagieren, der zeitgleich für Menschenrechtsverletzungen sanktioniert wird. (…) „Deutschland kann sich aus dem Menschenrechtsschutz nicht freikaufen“, sagt Kopp. „Doch der Innenminister verfällt wieder in seine alten Zurückweisungsfantasien. Die waren schon 2015/2016 rechtswidrig.“…“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 20. Oktober 2021 externer Link
  • Polnisch-belarusische Grenze: „Wir haben beide Seiten angefleht“. Polen will entlang der Grenze nach Belarus einen Zaun errichten
    „… Seit sieben Wochen hängen 26 Männer und fünf Frauen im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen fest. Weder haben Hilfsorganisationen Zugang zu ihnen, noch dürfen Journalisten von dort berichten, denn Polen hat den gesamten Grenzstreifen zum Ausnahmegebiet erklärt. „Wir haben beide Seiten angefleht, uns zu helfen, sonst sterben wir“, sagt einer der Männer, ein Afghane, in einem Telefonat. (…) Die belarusische Grenzwache lässt die Menschen nicht zurück und die polnische lässt sie nicht ins Land, obwohl sie dort nach eigener Aussage bereits Asylanträge abgeben durften. (…) Schon vor Wochen war die Situation für die eingeschlossenen Menschen angespannt – seitdem hat sich nichts verbessert: „Die Soldaten aus Belarus, die uns bewachen, geben uns aus Mitleid etwas von ihren eigenen Broten ab: Drei Leibe Brot am Tag. Die teilen wir“, erzählt Masoud. „Sie können sich ausrechnen, wie wenig das ist.“ Aus einer Packung mit 500 Gramm Weizen, die sie zu einunddreißigst bekämen, kochten sie eine Suppe. Wegen der angespannten Situation an der Grenze zu Belarus will die polnische Regierung nun eine „solide Barriere“ aufstellen. Die erste Kammer des Parlaments billigte bereits den Plan, für den 366 Millionen Euro veranschlagt sind. Schon jetzt haben Soldaten auf etwa 90 Kilometern Länge einen 2,50 Meter hohen Zaun gebaut, der erweitert und später durch eine Befestigungsanlage mit einem Überwachungssystem ersetzt werden soll – die polnische Opposition spricht von einer „Mauer“. (…) Den Bau des Zauns werde die EU nicht mitfinanzieren, erklärte ein Kommissionssprecher. Offenbar ist aber auch in Brüssel die sich ständig verschlechternde Lage bekannt geworden. Der afghanische Mann, die Stimme aus dem umzäunten Stück im Grenzgebiet, bleibt höflich. Den Streit zwischen den beiden Ländern, Polen und Belarus, würden sie nicht verstehen, meint er. „Wir bitten sie, ihre Probleme politisch lösen. Wir sind vor dem Krieg geflohen. Wir sind ja daran nicht schuld.“…“ Reportage von Isabel Schayani, Bamdad Esmaili und Olaf Bock vom 18. Oktober 2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Fluchtroute Belarus: Autokraten-Doppelmoral in Berlin
    „Lukaschenko wurde als Diktator, aber stillschweigend auch als Grenzwächter der EU betrachtet. Jetzt weigert er sich, diese Rolle auszufüllen und wird als Schleuser beschuldigt (…) Der belorussische Präsident Alexander Lukaschenko mimt seit seinem Kurswechsel, Migranten ab sofort nicht mehr an der Weiterreise in Richtung EU zu hindern, den besorgten Flüchtlingsversteher und Wächter der Menschenrechte. Den Grenzschutz von Litauen und Polen klagte er gegenüber dem russischen Sender Sputnik an, Geflüchtete in Hunderten Fällen mit Elektroschockern traktiert oder geschlagen zu haben. Auch von illegalen Rücktransporten Geflüchteter aus Polen ist in offiziellen weißrussischen Stellungnahmen die Rede. (…) Das Paradoxe an der gesamten Situation im Baltikum ist, dass die Anklagen des weißrussischen Diktators, der es gegenüber seinen eigenen Bürgern mit den Menschenrechten nicht unbedingt so genau nimmt, tatsächlich der Wahrheit entsprechen dürften, Die EU-Mitgliedsstaaten vor Ort setzen an ihrer Ostgrenze am noch offenen Tor aus Belarus eindeutig auf Abschreckung. Wie Beispiele aus anderen Grenzstaaten zeigen, schreckt man dabei allgemein vor Gewalt und nach EU-Recht illegalen Sofort-Abschiebungen – sogenannten Pushbacks – nicht zurück. Die Abriegelung der Ostgrenze nach Weißrussland hat dabei auch schon sieben Todesopfer gefordert. Da die meisten von ihnen an Unterkühlung starben, ist in den nächsten Monaten noch mit einer Steigerung zu rechnen, wenn die Wetterverhältnisse winterlicher werden. (…) Interessant ist auch das Verhalten der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der aktuellen Situation. Während sie Lukaschenko wegen der Flüchtlinge eines Hybrid-Angriffs bezichtigt, besucht sie nahezu zeitgleich dessen Autokraten-Kollegen Recep Tayyip Erdogan in der Türkei und lobt die langjährige, gute gemeinsame Arbeitsatmosphäre. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich das Berliner Verhältnis zu Staatenlenkern mit erheblichen Demokratiedefiziten vor allem danach bestimmt, wie gut sie Geflüchtete davon abhalten, nach Deutschland weiterzureisen – und nicht etwa von der viel zitierten örtlichen Menschenrechtssituation. Vor allem da auch Lukaschenko vor der aktuellen Verschlechterung des Verhältnisses noch als Teil der „Östlichen Partnerschaft“ der EU galt.“ Beitrag von Roland Bathon vom 19. Oktober 2021 bei Telepolis externer Link
  • Polen/Belarus: Afghanische Asylsuchende an der Grenze rechtswidrig zurückgedrängt 
    Eine Gruppe afghanischer Schutzsuchender, die schon seit Wochen an der belarussisch-polnischen Grenze ausharren muss, wurde Mitte August offenbar rechtswidrig nach Belarus zurückgeführt. Das bestätigen neue Amnesty-Recherchen, die sich auf die Auswertung von Fotos und Satellitenaufnahmen stützen externer Link. Die polnische Regierung muss sicherstellen, dass die Geflüchteten sofort angemessene Unterbringung, Nahrungsmittel, Wasser sowie Zugang zu Rechtsbeiständen erhalten. Amnesty International hat auf der Grundlage von Fotos und Satellitenaufnahmen bisher unbekannte Details über die Situation von 32 afghanischen Asylsuchenden enthüllt, die seit mindestens 18. August an der Grenze zwischen Polen und Belarus festsitzen. Bei den Geflüchteten handelt es sich um mindestens vier Frauen, 27 Männer und ein 15-jähriges Mädchen, die keinen Zugang zu Nahrung, sauberem Wasser oder Medikamenten haben und ohne Unterkunft ausharren. Anhand von Satellitenbildern und Fotos zur Vermessung des Gebiets und einer 3D-Rekonstruktion hat Amnesty International die Position der Gruppe an der Grenze ermittelt und festgestellt, dass sie sich Ende August über Nacht von Polen nach Belarus bewegten, was offenbar eine rechtswidrige Rückführung war…“ Pressemitteilung vom 30. September 2021 von und bei ai externer Link
  • Zwischen Polen und Belarus: Vier tote Migranten an der Grenze 
    An der Grenze zwischen Belarus und Polen sind vier tote Migranten entdeckt worden. Wie sie ums Leben kamen, ist noch unklar. An der Grenze zwischen Belarus und Polen sind nach Angaben von jeweiligen Grenzschutzvertretern insgesamt vier Leichen gefunden worden. »Heute wurden die Leichen von drei Menschen in der Grenzregion zu Belarus entdeckt«, teilte der polnische Grenzschutz mit. Die drei Leichen hätten sich an unterschiedlichen Orten befunden. Minsk vermeldete seinerseits, dass die Leiche einer aus dem Irak stammenden Migrantin in nur einem Meter Abstand zur Grenze nach Polen aufgefunden worden sei. Es gebe »klare Hinweise«, dass die Leiche der Irakerin von Polen nach Belarus »gezogen« wurde, sagte ein belarussischer Grenzschutzvertreter der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. In der Nähe der toten Frau hätten sich drei Kinder, ein Mann und eine ältere Frau aufgehalten. Sie seien alle irakischer Nationalität. Der Mann der toten Frau sagte laut Belta, polnische Sicherheitskräfte hätten die Gruppe zur Grenze gebracht und »unter Drohungen gezwungen«, nach Belarus zu gehen…“ Meldung vom 19.09.2021 beim Spiegel online externer Link
  • Litauen und Belarus: Flüchtende als Spielball von Machtinteressen 
    Die Szene berührt einen sofort: Ein von Alarm Phone veröffentlichtes Video zeigt einen jungen Mann, der einen litauischen Grenzbeamten verzweifelt darum bittet, passieren zu dürfen. Er wird aufgefordert zurückzugehen. „Go back!“ schallt es ihm entgegen. Der junge Mann antwortet verzweifelt: „Where is go back?!“. Ein anderes Video des Journalisten Tadeusz Giczan zeigt belarussische Grenzbeamte, die in  Aufstandsbekämpfungsausrüstung und mit Hunden, eine Gruppe flüchtende Menschen offensichtlich dazu zwingen wollen, nach Litauen zu gehen. „Warum steht ihr hier? Geht dahin [nach Litauen, Anm. Giczan].“2 Szenen, die symbolisch für das  Instrumentalisieren von Flüchtenden durch Diktatoren auf der einen Seite und für eine Abschottungspolitik der EU auf der anderen Seite stehen. In der ersten Augustwoche fingen litauische Grenzbeamte an, die Flüchtenden von der Grenze abzuweisen.3 Mitte August unterzeichnete der litauische Präsident Gitanas Nausėda dann einen Erlass, der dem Militär mehr Rechte in der Grenzregion zu Belarus einräumt…“ Bericht zur Situation an der litauisch-belarussischen Grenze von DunyaCollective externer Link – siehe auch deren Berichte auf Twitter externer Link
  • Grenzüberschreitungen im Schatten von Afghanistan: Zwischen Belarus und Polen kampieren Flüchtlinge, die zum geopolitischen Spielball geworden sind. Es gibt Berichte über Misshandlungen durch Grenzbeamte 
    Es gibt keinen Ausweg, im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Gruppe von 50 Migranten aus Afghanistan und dem Irak kampiert seit knapp zwei Wochen auf einem Grenzstreifen zwischen Polen und Belarus unter dem freien Himmel. Die Grenzbeamten der beiden Länder sorgen dafür, dass sie weder vor noch zurückdürfen. Am Mittwoch sollen die belorussischen Behörden Frauen und Kindern aus dem Irak erlaubt haben, sich auf das Territorium der ehemaligen Sowjetrepublik zurückzuziehen. Nach Angaben der polnischen Hilfsorganisation „Stiftung Rettung“ waren die verbliebenen 32 Menschen ab Mittwoch zunächst von Trinkwasser und Nahrung abgeschottet. Die polnischen Grenzbeamten würden die Lebensmittellieferung aus dem nahen polnischen Dorf Usnarz Gorny unterbinden, hieß es. Auch würde kein medizinisches Personal durchgelassen. Polnische Reporter weisen darauf hin, dass die Flüchtlinge verbal Antrag auf Asyl stellen, die Grenzbeamten täten so, als würden sie dies nicht hören. Das verstoße gegen die Genfer Konventionen. „Das sind Menschen, die mein aufrichtiges Mitgefühl haben, aber sie sind ein Instrument, ein Mittel in den Händen von Herrn Lukaschenko“, begründet Polens Premierminister Mateusz Morawiecki die harte Linie unter Verweis auf den belorussischen Präsidenten und dessen mutmaßliche Taktik. „Polen gibt nicht nach.“ Mittlerweile hat die nationalkonservative Regierung in Warschau auch 1.000 Soldaten zur Grenze im Nordosten des Landes beordert, um Stärke zu demonstrieren. Unklar ist bislang, auf welcher Seite der Grenze die Flüchtlinge aktuell kampieren. Die polnischen Grenzbeamten behaupten, sie wären noch auf der belorussischen Seite. Vermutlich kalkuliert die polnische Regierung, dass die weißrussischen Gegenspieler irgendwann aufgeben und alle Menschen zurück lassen…“ Artikel von Jens Mattern vom 22. August 2021 bei Telepolis externer Link
  • Die Methode Erdogan macht Schule: Weiterhin zahlreiche Grenzübertritte von Belarus nach Litauen: Flüchtende und Migranten als Spielball in einem hochgefährlichen Machtpoker 
    „Der Trend, dass immer mehr Flüchtende und Migranten über die Grenze von Belarus nach Litauen ihren Weg in die EU finden, hält an. Mehr als 4.000 Menschen, vor allem aus dem Nahen und Mittleren Osten, sind über diese Route seit Jahresbeginn gekommen. Zwei Drittel der Zuwanderer kommen aus dem Irak, einige sind aus Afrika oder Afghanistan geflüchtet – und nach Auskunft des litauischen Außenministers Mantas Adomenas gegenüber dem Radiosender Echo Moskwy sind sogar russische Staatsbürger unter den Neuankömmlingen. Litauen reagiert auf den neuen Zustrom aus Belarus vor allem mit Härte gegenüber den Ankommenden – etwa mit dem Versuch schneller Abschiebungen. (…) Die belorussische Regierung von Alexander Lukaschenko in Minsk bestreitet, aktiv Migranten in die EU einzuschleusen – man hindere sie nur nicht mehr an der Weiterreise dorthin. (…) Die Nesawisimaja Gaseta bezeichnet die Migrationsbewegung in ihrem Bericht sogar als Lukaschenkos Rache am Westen. Der russische Politologe Walery Karbalewitsch glaubt an die Absicht der Minsker Regierung, den Westen zu Zugeständnissen bezüglich der aktuellen Sanktionen zu zwingen. Russland wiederum solle gezeigt werden, dass Belarus als Zugpferd vorauseilt, um den Westen aktiv zu bekämpfen. (…) Die Situation birgt in vielerlei Hinsicht weiteres Eskalationspotential zwischen der EU und Belarus. EU-Kommissar Jodep Borrell kündigte die Prüfung von Sanktionen gegen diejenigen an, die an der illegalen Migration nach Litauen beteiligt seien – eine Drohung gegen Minsk. Ob sich mit den vorliegenden Indizien eine regierungsgesteuerte Schleusertätigkeit gerichtsfest nachweisen lässt, ist unklar. Die Nesawisimaja Gaseta sieht einen weiteren Konfliktherd in der litauischen Ankündigung, Migranten auch nach Belarus selbst direkt zurückzuschicken. Wenn sich Belarus hier widersetze, könnte das im schlimmsten Fall bis zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Grenztruppen führen. Die Geflüchteten werden hier zum Spielball in einem hochgefährlichen Machtpoker zwischen dem Westen und Belarus – die Zukunft ist wegen der weitgehend eingefrorenen Kommunikationskanäle nicht nur für sie ungewiss.“ Beitrag von Roland Bathon vom 5. August 2021 bei Telepolis externer Link
  • Brüssel fürchtet neue Flüchtlingskrise – wieder werden Mauern gebaut 
    Die wachsende Zahl von Flüchtlingen, die in Litauen eingeschleust werden, alarmiert die EU-Kommission. Sorge bereitet Brüssel auch die Lage in der Türkei und in Afghanistan – droht eine neue Flüchtlingskrise? “Die geopolitische Realität und die Solidarität erfordern es, dass wir alle an der Seite Litauens stehen und entschieden und schnell handeln (…)“, heißt es in einem Schreiben von EU-Innenkommissarin Ylva Johansson an die Innenminister. Die EU könne nicht akzeptieren, dass Drittstaaten versuchten, “illegale Migration” anzustiften oder zu dulden. Gemeint ist natürlich Belarus, das als Reaktion auf die massiven Wirtschaftssanktionen der EU begonnen hat, Flüchtlinge aus Irak und anderen Ländern über die Grenze nach Litauen einzuschleusen. Diktator Lukaschenko hat sich offenbar ein Beispiel an dem türkischen Sultan Erdogan genommen, der von Brüssel und Berlin hofiert wird. In Litauen sind schon mehr als 3000 Menschen angekommen. Nun hat das Land begonnen, eine Mauer zu Belarus zu bauen. Auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex wurde mobilisiert. (…) Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und sein österreichischer Kollege Karl Nehammer sind beunruhigt. An der Grenze zu Weißrussland gebe es derzeit eine “nie da gewesene Anzahl illegaler Grenzübertritte”, erklärten beide Minister.“ Beitrag von Eric Bonse vom 30. Juli 2021 externer Link auf seinem Blog Lost in EU
  • Lukaschenkos Rache: Geflüchtete als politisches Druckmittel 
    Seit dem 1. Juni dieses Jahres sind mehr als 1.000 Geflüchtete und Migranten über Belarus illegal in die Europäische Union eingereist – Tendenz steigend. Das ist etwa mehr als das Zehnfache des Jahreswertes von 2020. Äußerungen des belorussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko legen nahe, dass es sich hier nicht um einen Zufall oder saisonale Schwankungen handelt, sondern um eine neue Taktik, westlichen Sanktionen zu begegnen. Nach der Verkündung umfassender Sanktionen durch die Europäische Union gegen Belarus, zuletzt wegen der Umleitung eines RyanAir-Fluges nach Minsk und der Verhaftung des oppositionellen Bloggers Roman Protasewitsch, erklärte Lukaschenko seine Absicht, Flüchtlingen die ungehinderte Durchreise auf ihrem Weg nach Westen zu ermöglichen. In seiner Erklärung sparte er nicht ohne Häme. „Sie kommen nicht zu uns, sie kommen in das aufgeklärte, warme und gemütliche Europa“. Das litauische Innenministerium glaubt, dass zusätzlich von Minsk eine regelrechte Fluchtroute eingerichtet wurde, die sich die dortigen Behörden von den Flüchtenden selbst finanzieren lassen…“ Artikel von Roland Bathon vom 08. Juli 2021 bei Telepolis externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=191757
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