Grundrechtswidrige Hausordnungen in Geflüchteten-Unterkünften – vier Freiburger Flüchtlinge klagen

Residenzpflicht abschaffen - Lagerpflicht abschaffen - Abschiebungen stoppenOhne Schlüssel fürs eigene Zimmer. Hausordnungen in Asylheimen greifen unverhältnismäßig in Grundrechte ein. Das machen vier Freiburger Flüchtlinge jetzt mit einer Klage geltend. „Flüchtlinge wehren sich gegen schikanöse Hausordnungen in Asylunterkünften. In einem Pilotprozess haben vier Männer eine Normenkontrolle mit Eilantrag beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim eingereicht. „Wir werden kontrolliert, als seien wir Verbrecher oder Kleinkinder“, sagte einer von ihnen. Drei der Männer kommen aus Ghana, ein vierter aus dem Senegal. Sie wohnen in der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Freiburg. Gemeinsam klagen sie gegen die Hausordnung der LEA, die das landesweit zuständige Regierungspräsidium Karlsruhe erlassen hat. Es geht aber um eine grundsätzliche Klärung der Rechte von Flüchtlingen. Die LEA-Hausordnung gilt wortgleich in allen Aufnahmeeinrichtungen Baden-Württembergs. In anderen Bundesländern gibt es ähnliche Regeln. Wenn die Flüchtlinge das LEA-Gelände betreten, werden sie jedes Mal am Eingang durchsucht. Die Hausordnung erlaubt anlasslose Kontrollen. (…) Die Security darf laut Hausordnung jederzeit für Routinekontrollen die Zimmer betreten. Immerhin klopft sie vorher an. Gleichzeitig können die Flüchtlinge ihr eigenes Zimmer nicht abschließen (…) Auf dem Gelände gilt laut Hausordnung ein grundsätzliches Besuchsverbot, auch für Verwandte oder Hilfsorganisationen. (…) Die Klage der vier Männer wurde intensiv vorbereitet. Hinter ihr stehen die Freiburger Aktion Bleiberecht, der Landesflüchtlingsrat und die bundesweit aktiven Organisationen Pro Asyl und Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF)…“ Artikel von Christian Rath vom 16.3.2021 in der taz online externer Link – siehe dazu:

  • Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge Freiburg: Eilantrag von Bewohnern der Einrichtung gegen Regelungen der Hausordnung abgelehnt New
    Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit soeben den Beteiligten bekannt gegebenem Beschluss vom 28. Juni 2021 einen gegen das Land Baden-Württemberg gerichteten Eilantrag in einem Normenkontrollverfahren von aus Ghana und dem Senegal stammenden Bewohnern der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Freiburg gegen Regelungen der dort seit dem 1. Januar 2020 geltenden Hausordnung abgelehnt…“ Urteil vom 02.07.2021 beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg externer Link, siehe dazu:

    • Verboten: Haarschneider, Glasflaschen, Küchenmesser, Kerzen, Spiegel, Teppiche, Fernseher, verderbliche Lebensmittel, selber Kochen – all das dürfen die BewohnerInnen der Landeserstaufnahmestelle in Freiburg nicht besitzen oder tun. Selbst Besuch zu empfangen ist nicht möglich, so steht es in der Hausordnung, für deren Umsetzung private Sicherheitsfirmen per Einlasskontrolle nebst verdachtsunabhängigen Personen- und Taschenkontrollen sorgen. Selbige Firmen sind auch mehrmals die Woche bei Zimmerkontrollen dabei. Diese seien „freiwillig“, meint das zuständige Regierungspräsidium, und wenn freiwillig nicht klappt, werde halt „Freiwilligkeit hergestellt“. Alles für die Sicherheit, selbstredend. Im Oktober des vergangenen Jahres schrieb unser Autor Fabian Kienert dazu externer Link: „Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ist zentral für die Debatte um die Lage der Menschenrechte in den Erstaufnahmelagern.“
      Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim sah das anders. Vergangene Woche hat er einen Eilantrag von Bewohnern aus Ghana und dem Senegal, unterstützt von der Gesellschaft für Freiheitsrechte, der Aktion Bleiberecht Freiburg, von Pro Asyl und dem Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, abgelehnt. Der Antrag sei in Teilen unzulässig und unbegründet. Damit bleibt die Hausordnung in Kraft. In einem möglicherweise folgenden Hauptsacheverfahren – und wenn nicht vorher die Klagenden abgeschoben wurden – soll noch entschieden werden, ob auch die Zimmerdurchsuchungen, vor allem die bei Nacht, eine ausreichende gesetzliche Grundlage haben. Fabian Kienert sagt zum aktuellen Urteil: „Dem Verwaltungsgerichtshof ist die Funktionsfähigkeit von Flüchtlingslagern wichtiger als die Grundrechte der Flüchtlinge.“ Traurig, aber wahr.“ Aus „Traurig, aber wahr“, Editorial der Kontext-Wochenzeitung vom 07.07.2021 externer Link
  • Siehe auch die GFF dazu externer Link mit PM und Hintergründen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=187932
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