„Refugee Law Clinics“: „Geflüchtete brauchen unabhängige Rechtsberatung“
In einem Interview von Niko Kappel vom 3. Juli 2018 bei „jetzt“
erzählt Maximilian Oehl von „Refugee Law Clinics“
, warum für einen Rechtsstaat unabhängige Rechtsberatung so wichtig ist: „… Viele Menschen stellen generelle Fragen zum Asylverfahren. Wie lang es dauert. Ob man arbeiten kann. Ob man in eine eigene Wohnung ziehen darf und so weiter. Wenn ein Asylantrag abgelehnt wurde, muss man entscheiden, ob man dagegen gerichtlich vorgeht. Und genau da brauchen die Menschen unsere Unterstützung. (…) Es gibt in letzter Zeit die Tendenz bei Behörden, Fälle immer schneller abwickeln zu wollen. Am schnellsten ginge das natürlich, wenn der oder die Betroffene nicht um seine Rechte weiß und sich deshalb nicht gerichtlich zur Wehr setzen kann. Das ist für mich aber konträr zur Idee des Rechtsstaates. (…) Es ist wichtig, dass es eine unabhängige Asylverfahrensberatung für Geflüchtete gibt. Das fordern auch die Wohlfahrtsverbände schon lange...“ Und mehr darüber:
- Kostenlose Rechtsberatung: In Law Clinics beraten Studierende im Migrations- und Sozialrecht
„Wer den Bescheid vom Jobcenter anzweifelt oder das Aufenthaltsrecht in Deutschland verlängern möchte, braucht häufig Rechtshilfe. Die gibt es kostenlos in einer Law Clinic. An der Frankfurter Goethe-Universität ist sie seit zehn Jahren erfolgreich. (…) Die vom Fachbereich Rechtswissenschaften getragene Law Clinic bietet kostenlos Beratung an für Menschen, die in der Auseinandersetzung mit Behörden sind und nicht genug Deutsch können oder sich keinen Anwalt leisten können. (…)
Manchmal stößt die Beratung an Grenzen. In einem Fall habe ein Klient fünf Jahre lang nur mit vorläufigen Aufenthaltsbescheinigungen, sogenannten Fiktionsbescheinigungen, gelebt, berichtet Al-Hadjadj. Die Ausländerbehörde habe über den Antrag des abgelehnten Asylbewerbers auf Aufenthaltserlaubnis, weil er eine Erwerbstätigkeit aufnehmen wollte, nicht entschieden. Weil die Law Clinic keine Antwort von der Behörde erhalten habe, hätten die Berater den Klienten schließlich an eine Anwältin verwiesen.
Für Menschen am Rande der Gesellschaft
Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Hoda Bourenane bespricht die Fälle mit den Studierenden. Die Goethe-Uni Law Clinic wurde vor zehn Jahren gegründet , „um Menschen am Rand der Gesellschaft rechtlich Gehör zu verschaffen“, erläutert sie. Unter den Studierenden der Rechtswissenschaften gebe es großes Interesse an einer Mitarbeit. Rund 20 Studierende würden jedes Jahr durch Gespräche ausgewählt. Deren Rat ist gefragt: In die zweistündige Sprechstunde freitags kämen in der Regel mehrere Klienten. „In dreiviertel aller Fälle können wir weiterhelfen“, sagt die Juristin.
Die studentischen Beraterinnen und Berater werden in ihrem Studium ein Jahr lang auf ihre Aufgabe vorbereitet, wie die betreuende Rechtsprofessorin Andrea Kießling erläutert. Sie erhalten wöchentlich jeweils ein Semester lang eine Lehrveranstaltung zum Migrationsrecht und zum Sozialrecht, zudem wöchentlich Fallübungen, ein Blockseminar schult Beratungskompetenzen. Die Law Clinic verbinde Praxisnähe der Lehre, Lernen durch Engagement und Berufsorientierung. Für Ratsuchende habe sie sich zu einer wichtigen Anlaufstelle etabliert.
Rund 40 Beratungsstellen in Deutschland
Seit der Gründung der ersten studentischen Law Clinic in Gießen im Wintersemester 2007/2008 nach angloamerikanischem Vorbild sind in Deutschland rund 40 Beratungsstellen entstanden, die dem Netzwerk Refugee Law Clinics angehören und im Migrations- und Asylrecht beraten. Darüber hinaus gebe es auch Law Clinics, die für Sozial-, Gleichstellungs-, Arbeits- oder Umweltrecht beraten, erklärt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Leonie Hisam. Manche würden von Hochschulen getragen, viele seien als Verein organisiert. Die Software für die virtuellen Büros stelle die CMS-Stiftung kostenlos zur Verfügung…“ Beitrag von Jens Bayer-Gimm vom 30.10.2025 im Migazin