[„Chancen-Aufenthaltsrecht“] Zu viel, zu wenig: Faesers Bleiberechts-Pläne in der Kritik

Dossier

Petition "Bleiberecht statt Ausgrenzung und Illegalität"Die von Bundesinnenministerin Faeser angekündigte Reform der Migrationspolitik erntet Kritik. Der Union geht sie zu weit und setzt falsche Anreize, Menschenrechtlern geht sie nicht weit genug und bleibt hinter den Erwartungen zurück. (…) „Die bisherige Praxis der Kettenduldungen beenden wir.“ (…) Beim Chancen-Aufenthaltsrecht etwa sei Sippenhaft vorgesehen. Sobald ein Familienmitglied strafrechtlich in Erscheinung getreten sei, finde die Regelung auf die gesamte Familie keine Anwendung. Vermisst wird auch der Wegfall von Spracherfordernisses beim Ehegattennachzug. Dieser soll bisher vorliegenden Informationen zufolge nur bei Fachkräften wegfallen.“ Meldung vom 08.06.2022 beim Migazin externer Link – die Kritik der CDU ist die übliche. Siehe dazu Pro Asyl und weitere:

  • Bundestag beschließt „Chancen-Aufenthaltsrecht“ selektiv für „gut integrierte Ausländer“ – kaum für Jugendliche, mit erhöhten Chancen auf  Abschiebehaft und Abschiebungen New
    • Bundestag beschließt neues Aufenthaltsrecht
      Gut integrierte Ausländer, die schon länger in Deutschland leben, sollen damit eine Perspektive bekommen. Außerdem will die Ampelkoalition Gesetze zu Steueränderungen, Kliniken und Kitas durch den Bundestag bringen. (…) Mit mehreren Gesetzesvorhaben will die Ampelkoalition die Migrationspolitik reformieren – auch, um fehlende Fachkräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Zu dem Bündel an Maßnahmen gehört auch das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht, das der Bundestag mit der Mehrheit von 371 Stimmen in namentlicher Abstimmung verabschiedet hat. Nach den Plänen der Bundesregierung soll das Gesetz gut integrierten Ausländern, die schon mehrere Jahre ohne gesicherten Status in Deutschland leben, eine Perspektive bieten. Wer zum Stichtag 31. Oktober 2022 fünf Jahre im Land lebt und nicht straffällig geworden ist, soll 18 Monate Zeit bekommen, um die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt zu erfüllen – dazu gehören etwa Deutschkenntnisse und die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts…“ Aus der Übersicht vom 2. Dezember 2022 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link, siehe dazu:
    • Jugendliche bleiben außen vor?! Zur heutigen Abstimmung im Bundestag: lifeline e.V. und Flüchtlingsrat: Chancen-Aufenthaltsrecht soll nur selektiv Chancen vergeben.
      Beim neuen Chancen-Aufenthaltsrecht für langjährig geduldete Geflüchtete gibt es auf den letzten Metern noch einige gravierende Änderungen: Unter anderem wird gegenüber dem ersten Gesetzentwurf der Stichtag auf den 31.10.2022 verschoben und das Chancen-Aufenthaltsrecht auf 18 Monate verlängert. Aber es gibt auch eine gravierende Verschlechterung: Jugendliche und junge Erwachsene sollen eine Aufenthaltserlaubnis nach §25a Aufenthaltsgesetzt nur erhalten, wenn sie mindestens ein Jahr geduldet wurden. Für ein Aufenthaltsrecht nach §25b AufenthG gilt diese Einschränkung nicht…“ Pressemitteilung vom 02.12.2022 beim Flüchtlingsrat SH externer Link
    • Fauler Kompromiss beim Chancen-Aufenthalt auf Kosten von geflüchteten Jugendlichen
      Auf den letzten Metern droht ein fauler Kompromiss beim Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts auf Kosten von geflüchteten jungen Menschen. Am Freitag soll darüber im Bundestag entschieden werden. Der Bundesfachverband BumF, terre des hommes, Jugendliche ohne Grenzen und PRO ASYL kritisieren, dass ausgerechnet die Zukunft von jungen Menschen verbaut wird, um einen Kompromiss zu erzielen und fordern die Abgeordneten auf, den Verschärfungen nicht zuzustimmen. „Die Ampelregierung bietet die Möglichkeit zur Aufenthaltsverfestigung mit der einen Hand und legt mit der anderen Hand Steine in den Weg der Betroffenen. Die Verschärfung lässt den kommunalen Behörden ein Jahr Zeit, um die Jugendlichen abzuschieben. Das ist das hässliche Gesicht der Rückführungsoffensive der Ampel“, kommentierte Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. „Völlig absurd ist, dass die Ampel heute im Kabinett über den Fachkräftemangel berät und gleichzeitig abschiebungswütigen Behörden die Möglichkeit eröffnet, gut integrierte junge Menschen ein Jahr lang abzuschieben, bevor sie die Aufenthaltserlaubnis nach §25a Aufenthaltsgesetz erhalten können.“…“ Gemeinsame Pressemitteilung vom 30.11.2022 bei Pro Asyl externer Link
    • Innenausschuss: „Chancen-Aufenthaltsrecht“ soll 18 Monate gelten
      Das Chancen-Aufenthaltsrecht soll für 18 statt 12 Monate gelten. Zudem wurde der Stichtag nach hinten verschoben. Diese Punkte wurden im Innenausschuss beschlossen. Vereinbart wurden aber auch Regelungen, die zu mehr Abschiebungen führen sollen. Vor der Abstimmung über das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht für langjährig in Deutschland nur geduldete Ausländer hat der zuständige Bundestagsausschuss die Gesetzesvorlage noch in wesentlichen Punkten verändert. Wie das Parlament am Mittwoch mitteilte, soll der neue Status für 18 anstatt – wie ursprünglich vorgesehen – für 12 Monate gelten. Der Innenausschuss hat zudem den Stichtag nach hinten verschoben. Damit könnten mehr Menschen vom Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren. Die Regelung sieht nun vor, dass Ausländer, die am 31. Oktober dieses Jahres seit fünf Jahren in Deutschland leben, aber nur den Status einer Duldung haben, das Chancen-Aufenthaltsrecht bekommen sollen. In dieser Zeit sollen sie die Möglichkeit erhalten, die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu sammeln. Dazu gehören die Sicherung des Lebensunterhalts, Deutschkenntnisse sowie der Nachweis der Identität. (…) Der Gesetzentwurf sieht auch Erleichterungen beim stichtagsunabhängigen Bleiberecht sowie den Verzicht auf Sprachkenntnisse beim Familiennachzug zu Fachkräften in Deutschland vor. Vorgesehen sind zudem Regelungen, die zu mehr Abschiebungen führen sollen. Unter anderem soll die Anordnung von Abschiebehaft erleichtert werden. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Verschärfungen scharf.“ Meldung vom 30.11.2022 beim Migazin externer Link
  • Chancenaufenthalt hat Vorrang vor Abschiebungen! Nach Beschluss des Bundesverfassungsgerichts darf das Innenministerium Geflüchtete, die davon profitieren, nicht abschieben 
    „Wie vom Bayerischen Flüchtlingsrat berichtet, häufen sich in den vergangenen Wochen und Monaten die Abschiebungen von Geflüchteten, die vom geplanten Chancenaufenthaltsrecht der Ampel-Koalition profitieren würden. Innenminister Joachim Herrmann lobt sich selbst für „eine Steigerung um elf Prozent“ bei den Abschiebezahlen. Gleichzeitig wirft er der Bundesregierung Untätigkeit vor und kritisiert, sie lasse „jede Anstrengung vermissen, abgelehnte Asylbewerber wieder außer Landes zu bringen“ (s. Pressemitteilung des Bayerischen Innenministeriums vom 04.11.2022). Das bayerische Innenministerium setzt alles daran, möglichst viele Menschen noch schnell abzuschieben, um ihnen keine Aufenthaltserlaubnis erteilen zu müssen. Doch damit muss nun Schluss sein. Rechtsanwältin Anna Frölich hat in dem von uns veröffentlichten Fall von Muhamed B. aus Garmisch-Partenkirchen einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1999 zu Tage gefördert (AZ: 2 BvR 283/99). Wenn Altfall- oder Härtefallregelungen „beschlossen werden oder konkretisiert unmittelbar bevorstehen“, führt der BVerfG-Beschluss aus, müssen die Behörden sicherstellen, dass Geflüchteten diese Regelungen zugutekommen, „etwa durch Verzicht auf den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen“. Heute fand im Deutschen Bundestag eine letzte Sachverständigenanhörung zum Chancenaufenthaltsrecht der Bundesregierung statt. Diese Altfallregelung wird noch im Dezember verabschiedet. Es ist deshalb dringend an der Zeit, die Abschiebung von Geflüchteten, die von dieser Altfallregelung profitieren werden, auch in Bayern endlich zu stoppen. Lange hat sich Innenminister Joachim Herrmann geweigert, einen Vorgriffsregelung zu erlassen, die die betroffenen Geflüchteten schützt. Jetzt muss er dringend mit einer Weisung dafür sorgen, dass die Abschiebungen sofort beendet werden. Denn erneut ist ein Geflüchteter in Bayern in akuter Abschiebegefahr. Samuel D. aus Nürnberg lebt seit 12 Jahren in Deutschland. Er hat lange Jahre bei DHL gearbeitet und war zuletzt als Gruppenleiter für die Beladung der Zustellfahrzeuge zuständig. Er hat selbst für seinen Lebensunterhalt gesorgt und immer seine Mitwirkungspflichten erfüllt. Als es ihm gelungen ist, nach langer Zeit endlich einen Pass seines Herkunftslands Äthiopien zu bekommen, wurde ihm nicht die in Aussicht gestellte Aufenthaltserlaubnis erteilt. Die Zentrale Ausländerbehörde Mittelfranken hat ihm stattdessen Arbeitserlaubnis und Duldung entzogen. Er hat nur noch eine Grenzübertrittsbescheinigung, die Abschiebung kann jederzeit erfolgen. Dabei braucht ihn DHL dringend und würde ihn sofort wieder einstellen, denn Weihnachten steht vor der Tür und ohne Mitarbeiter:innen wie Samuel D. kommen Pakete noch später an…“ Pressemitteilung des Bayerischen Flüchtlingsrats vom 28. November 2022 externer Link
  • „Bleiberecht für Alle – statt Chancenfalle!“: Kundgebung gegen die restriktiven Migrationsgesetze am 28.11.2022 am Paul-Löbe-Haus/Berlin 
    Abschaffung aller Sondergesetze! Diese stellen alle Menschen ohne deutschen Pass unter Generalverdacht und sind voll von restriktiven Regelungen. Am Montag tagt der Innenausschuss mit zwei öffentlichen Sachverständigen-Anhörungen: zum Chancen-Aufenthaltsrecht und zum Asylprozessrecht. Erst wurde das Verfahren zum Chancen-Aufenthaltsrecht verschleppt, so dass Menschen, die davon profitiert hätten, abgeschoben werden konnten. Jetzt wird das Gesetz zur Beschleunigung von Asylverfahren und Abschiebungen vorangetrieben, damit es zur gleichzeitigen Abstimmung der beiden Gesetze kommt. Wir protestieren gegen dieses wiederholte menschenverachtende politische Spiel auf dem Rücken der Betroffenen! Stattdessen treten wir für gleiche Rechte für Alle ein: Menschenrechte, Grundrechte, Bürgerrechte sollten unabhängig vom Pass sein…“ Aufruf der Kampagne “BLEIBERECHT FÜR ALLE – statt Chancenfalle!” externer Link zur Kundgebung am Montag 28.11.2022 um 9.30 Uhr am Paul-Löbe-Haus, Paul-Löbe-Allee/Konrad-Adenauer Str. | 10557 Berlin
  • Appell zum Chancenaufenthaltsrecht an den bayerischen Innenminister zum Mitzeichnen 
    165 Erstunterzeichnende unterstützen Appell des Bayerischen Flüchtlingsrats an den bayerischen Innenminister. Joachim Herrmann wird aufgefordert, gut integrierten Geflüchteten die Chance auf einen Aufenthalt nicht mit Tricks und Abschiebungen zu verbauen. In der letzten Zeit haben wir beim Bayerischen Flüchtlingsrat zahlreiche Fälle von Abschiebungen, Abschiebeversuchen und Duldungsentzug erlebt, teils wurden Geflüchtete dabei auch aktiv in die Irre geführt. Wir sehen das im konkreten Zusammenhang mit dem bald kommenden Chancen-Aufenthaltsrecht der Bundesregierung. Wir wollen diese aktive Verhinderung eines Bleiberechts durch Tricks und Abschiebungen nicht einfach hinnehmen. Deshalb haben wir einen Appell entworfen, den wir gemeinsam mit Ihnen an den bayerischen Innenminister richten. Wir freuen uns über möglichst viele verschiedene Organisationen, Institutionen und Personen, die sich dem Appell anschließen…“ Aufruf des Flüchtlingsrats Bayern externer Link zum Appell externer Link
  • Offener Brief der RAV: Gesetz zum ›Chancen-Aufenthaltsrecht‹ muss dringend nachgebessert werden
    „Die AG Migrationsrecht Süd des RAV hat einen Offenen Brief an das Bundesinnenministerium und weitere Regierungs- und Ausschussmitglieder des Deutschen Bundestags verfasst. (…) »Mit den derzeitigen vagen und unklaren Formulierungen wird das geplante ›Chancen-Aufenthaltsrecht‹ zumindest in Bayern leerlaufen«, so der Nürnberger Rechtsanwalt Yunus Ziyal, Mitglied im erweiterten Vorstand des RAV. »Auch im Interesse eines gerichtsfesten Gesetzes bedarf es dringend der Nachbesserung. Darauf haben bereits der Deutsche Anwaltsverein (DAV) und auch wir als RAV hingewiesen«. (…) Die »äußerst restriktive Behördenpraxis der bayerischen Behörden«, so die Münchener Rechtsanwältin Antonella Giamattei für die AG Migrationsrecht Süd, »führt uns zu der Vermutung, dass bayerische Behörden bereits jetzt Maßnahmen ergreifen, um bei möglichst vielen derzeit noch Ausreisepflichtigen zu verhindern, dass diese in den Genuss der künftigen Bleiberechtsregelung kommen«. (…) Der Gesetzentwurf des ›Chancen-Aufenthaltsrechts‹ wurde nach erster Lesung im Bundestag zur weiteren Beratung in den Innenausschuss verwiesen. »Das ist der Ort, wo die im Gesetzentwurf verbliebenen Lücken, Unklarheiten und fehlenden Präzisierungen nachgearbeitet werden müssen, um sodann gerichtsfest vom Bundestag verabschiedet werden zu können«, so die Berliner Rechtsanwältin und RAV-Vorstandsmitglied, Berenice Böhlo, die begrüßte, dass »auch die Bayerische SPD diese Defizite erkannt hat«.“ RAV-Pressemitteilung vom 31. Oktober 2022 externer Link zum Offenen Brief externer Link der AG Migrationsrecht Süd des RAV
  • Gesetzesentwurf für das Chancen-Aufenthaltsrecht: Nachbesserungen weiterhin notwendig 
    Anlässlich der Bundestagsabstimmung über den Gesetzesentwurf zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts haben der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V., Jugendliche ohne Grenzen und terre des hommes ihre gemeinsame Stellungnahme aktualisiert externer Link: „… Der vorliegende Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält im Vergleich zum Referentenentwurf des Ministeriums des Innern und für Heimat mehrere wichtige Änderungen, die von uns angesprochene Wertungswidersprüche beim Chancenaufenthaltsrecht des Referentenentwurfs beheben. So wird in der aktuellen Fassung beim Chancenaufenthaltsrecht auf die Passpflicht verzichtet, der Ausschluss von Personen mit straffälligen Familienangehörigen ist ebenfalls aufgehoben. Auch aufgegriffen wurde unsere Empfehlung, Titelinhaber*innen aller Aufenthaltstitel, nicht nur humanitärer, genauso wie Personen mit einer Duldung bei ungeklärter Identität (sog. Duldung „light“) Zugang zum Chancenaufenthalt zu gewähren. Die mit den Änderungen verbundene Anerkennung und Berücksichtigung der zivilgesellschaftlichen Expertise im Gesetzgebungsverfahren ist ein wichtiges und hocherfreuliches Signal. Die Änderungen werden dazu beitragen, sich dem Ziel des Gesetzes, Kettenduldungen zu beenden, anzunähern. Dennoch ist festzustellen, dass der Gesetzentwurf zum Chancen-Aufenthaltsrecht auch in der aktuellen Fassung in einigen Aspekten praktische Herausforderungen beim Übergang ins Bleiberecht nicht angemessen auflöst. Nachbesserungen im parlamentarischen Prozess sind daher weiterhin notwendig.
    Es wird zudem die Chance verpasst, mit dem Gesetzespaket besonders gravierende Eingriffe in die Lebenssituation von geflüchteten Kindern, Jugendlichen und ihren Familien schnellstmöglich zu beheben: Es fehlen Erleichterungen beim Geschwisternachzug und der Gleichstellung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten mit dem von Flüchtlingen. Änderungen fehlen auch mit Blick auf wichtige Garantien für Kinder und Familien, die von Abschiebungshaft betroffen sind, wie die Pflichtbeiordnung von Anwält*innen, die Verhinderung von Familientrennung durch Abschiebungshaft und das explizite Verbot von Abschiebungshaft bei Minderjährigen und Familien. (…) Der vorliegende Gesetzentwurf enthält verschiedene Ansätze zur Stärkung des Bleiberechts von geduldeten Menschen. Allerdings ergeben sich hinsichtlich der praktischen Umsetzung und Anwendbarkeit noch erhebliche Bedenken. Insbesondere Identitätsklärung und Passpflicht müssen praxisnaher gestaltet und das behördliche Ermessen eingeschränkt werden. So sollte die Entscheidung, von weiteren Maßnahmen zur Identitätsklärung und Erfüllung der Passpflicht abzusehen, wenn augenscheinlich alle zumutbaren Handlungen erfolglos betrieben wurden, nicht im alleinigen Ermessen der Ausländerbehörden liegen. Auch die Einführung der Identitätsklärung von Eides Statt, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, sollte mit dem Chancenaufenthaltsrecht erfolgen, um möglichst vielen Personen eine wahre Chance zu eröffnen…“
  • „BLEIBERECHT FÜR ALLE statt Chancenfalle!“: Kundgebung am 07. Oktober 2022 vor dem Bundestag 
    Wir protestieren gegen die restriktiven Migrationsgesetze und fordern: Bleiberecht für Alle statt Chancenfalle! Abschaffung aller Sondergesetze! Ausländergesetze / Aufenthaltsgesetzte / Asylverfahrensgesetze / Asylbewerberleistungsgesetz etc. sind Sondergesetze, die alle Menschen ohne deutschen Pass unter Generalverdacht stellen und voll von restriktiven Regelungen sind. Stattdessen treten wir für gleiche Rechte für Alle ein: Menschenrechte, Grundrechte, Bürgerrechte sollten unabhängig vom Pass sein. Offene Grenzen und Bewegungsfreiheit für Alle! Legalisierung jetzt! Kein Mensch ist illegal, auch wenn er keinen Pass hat! Abschaffung von Abschiebungen! Stoppt die Kriminalisierung der Migration! Teilhabe und Mitbestimmung für alle statt dem rassistischen Integrationsdiskurs! Menschenwürdige Arbeit, Wohnung, Bildung und Gesundheitsversorgung für alle!…“ Aufruf der Kampagne “BLEIBERECHT FÜR ALLE – statt Chancenfalle!” externer Link zur Kundgebung am 07. Oktober 2022, 16:00 Uhr, vor dem Bundestag, Platz der Republik 1, 11011 Berlin, siehe zum Hintergrund:

    • Statement der Kampagne „BLEIBERECHT FÜR ALLE statt Chancenfalle!“
      Die Bundesregierung plant bis Ende 2023 in insgesamt vier Gesetzespaketen ihre migrations- und flüchtlingspolitischen Versprechungen des Koalitionsvertrags von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP umzusetzen. Am 6.7.2022 hat das Bundeskabinett das erste dieser sogenannten Migrationspakete beschlossen. Ein Gesetz soll den Zugang zum Bleiberecht für lange in Deutschland lebende geduldete Geflüchtete erleichtern und die Praxis der Kettenduldungen beenden. Aber, wenn der Gesetzentwurf der Bundesregierung so wie er jetzt ist verabschiedet wird, werden viele – genau wie bisher – keine Chance auf ein Aufentshaltsrecht haben. Denn der Gesetzentwurf schließt Flüchtlinge wegen kleinster Straftaten, die bei anderen Bürger*innen noch nicht einmal in ein polizeiliches Führungszeugnis kämen, vom „Chancen-Aufenthaltsrecht“ aus. Auch Flüchtlinge, denen die Behörden unterstellen, dass sie absichtlich keine Dokumente zur „Identitätsklärung“ besorgt haben, werden vom „Chancen-Aufenthaltsrecht“ ausgeschlossen. Und auch für Jugendliche und junge Erwachsene bleiben die Verbesserungen zu klein: Kinder bis 14 Jahren und ihre Familien bleiben weiterhin pauschal von den Bleiberechtsregelungen ausgeschlossen. Sie müssen weiter mit rechtlichen Teilhabehindernissen und der Angst vor einer Abschiebung leben. Aus den bisherigen Bleiberechtsregelungen geblieben sind auch die hohen Anforderungen an „Schulerfolg“, die die besondere Situation geflüchteter junger Menschen kaum berücksichtigen. Echte Chancen sehen anders aus. Deshalb fordern wir von den Gesetzgeber*innen ein ECHTES CHANCEN-AUFENTHALTSRECHT FÜR ALLE und zwar JETZT! (…) Echte Chancen sind bedingungslos. Wir wollen ein stichtagsunabhängiges „Chancen-Aufenthaltsrecht“ für alle, die bereits in Deutschland leben, auch für diejenigen, die vor Jahren aus Angst vor Abschiebung untergetaucht sind oder aus anderen Gründen illegalisiert leben. Denn sie alle leben und arbeiten in Deutschland und ihre Situation ohne Papiere macht sie ausbeutbar und verletzlich…“ Statement der Kampagne externer Link „BLEIBERECHT FÜR ALLE statt Chancenfalle!“ auf deren Homepage
  • Bundesregierung bringt Chancen-Bleiberecht auf den Weg / Pro Asyl warnt vor „Bleiberechtslotterie“
    • Bundesregierung bringt Chancen-Bleiberecht auf den Weg
      Wer ohne sicheren Aufenthaltsstatus in Deutschland lebt, hangelt sich von Duldung zu Duldung. Die Bundesregierung will den Betroffenen eine Perspektive geben und ein Chancen-Bleiberecht einführen. Profitieren könnten mehr als 136.000 Menschen. (…) Das Kabinett beschloss am Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf, der ein sogenanntes Chancen-Bleiberecht für Menschen vorsieht, die am 1. Januar seit fünf Jahren ohne sicheren Aufenthaltsstatus in Deutschland lebten. Das waren 136.605 Menschen. Die Regelung soll für jeweils für ein Jahr gelten, in dem Betroffene die Chance bekommen sollen, alle Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu erfüllen. Ziel der Bundesregierung ist es, sogenannte Kettenduldungen für Menschen zu vermeiden, die zwar keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, wegen persönlicher Gründe oder der Situation im Herkunftsland aber auch nicht abgeschoben werden können. Der Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sieht zudem auch niedrigere Hürden beim 2015 eingeführten stichtagsunabhängigen Bleiberecht vor. Gut integrierte Jugendliche und junge Erwachsene sollen es künftig schon nach drei statt vier Jahren erhalten können. Für Erwachsene wird beim Vorliegen von Voraussetzungen wie Sprachkenntnissen und Lebensunterhaltssicherung die Wartezeit von acht auf sechs Jahre, für Familien von sechs auf vier Jahre verkürzt. Die Pläne müssen noch vom Bundestag beraten werden. (…) Das Paket von Faeser sieht zudem Erleichterungen beim Familiennachzug zu Fachkräften sowie ein Ende des Ausschlusses von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten von Integrationskursen vor. Ausgeweitet wird auf der anderen Seite die Möglichkeit für Abschiebehaft in Fällen, in denen das Ausweisungsinteresse schwer wiegt…“ Meldung vom 06.07.2022 beim Migazin externer Link, siehe auch:
    • Bundesregierung beschließt erstes Migrationspaket
      Pressemitteilung vom 06.07.2022 beim Bundesinnenministerium externer Link
    • und ebd. der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts externer Link
    • Das plant die Bundesregierung im Aufenthaltsrecht
      Überblick von Corinna Buschow vom 06.07.2022 beim Migazin externer Link
    • PRO ASYL zum Chancen-Aufenthaltsrecht: Noch immer zu viele Hürden für eine dauerhafte Perspektive
      „… „Um einen Paradigmenwechsel in der Asyl- und Migrationspolitik zu vollziehen, muss der Entwurf der Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren deutlich nachgebessert und präzisiert werden“, sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL. Aus Sicht der Menschenrechtsorganisation PRO ASYL sind unter anderem folgende Nachjustierungen essentiell für eine erfolgreiche Regelung: Problematischer Stichtag 1. Januar 2022 (…) „Identitätsklärung“ – drohender Flickenteppich bei der Umsetzung (…) Drohender Rückfall in die Duldung nach einem Jahr (…) Vorgriffsregelung in den Bundesländern notwendig…“ Pressemitteilung vom 06.07.2022 externer Link
  • Kundgebung vor dem Bundestag am Tag des Flüchtlings, 20.06.2022: „Rassistische Migrationspolitik Abschaffen – Gleiche Rechte für alle!” 
    Am Montag, 20.06.2022, dem Tag des Flüchtlings um 17:30 Uhr hält das Bündnis Refugee Action Network eine Kundgebung über die Ungleichbehandlung von Geflüchteten, rassistische Migrationspolitik und Entkriminalisierung von Flucht vor dem Bundestag! Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag ab dem 01.01.2022 einen “Chancenaufenthalt” aufgenommen. Dies soll bedeuten, dass Menschen, die länger als fünf Jahre geduldet in Deutschland leben eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigens Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen, trotzdem verhindern Klauseln wie die des Identitätsnachweises vielen Langzeitgeduldeten weiterhin den Weg zu einer Aufenthaltserlaubnis. „Wer keinen Zugang zu Ausweisdokumente aus den Ursprungsländern hat, hat auch keinen Zugang zu einem legalen Aufenthalt in dem Land, in dem sie schon so lange leben. Das betrifft einen großen Teil der Geflüchteten und muss sofort geändert werden, dass Änderungen des Gestetzes möglich sind, sehen wir am Beispiel Geflüchteter aus der Ukraine!“ sagt Aktivist Bruno Watara von Refugees with Attitudes (R.w.A). Auch die diesjährigen Kriegsangriffe auf die Ukraine ließen viele Menschen nach Deutschland fliehen. Hierunter auch viele Menschen mit nicht-permanenten Aufenthaltstiteln in der Ukraine, beispielsweise ausländische Studierende. Während es den ukrainischen Geflüchteten innerhalb kürzester Zeit ermöglicht wurde eine 3-jährige Aufenthaltserlaubnis zu erlangen, schweben Inhaber*innen eines Drittstaats-Visas bis heute in der Luft. „Die Genfer Konvention zum Völkerrecht muss für alle gelten, denn Krieg und Not ist Krieg und Not – überall auf der Welt. Flucht ist kein Verbrechen!“ sagt Charles Adoo von BIPoC of Ukraine & friends in Germany.“ Aufruf und Pressemitteilung der Gruppe ‚Refugees with Attitudes‘ externer Link

  • Chancen-Aufenthaltsrecht darf nicht ausgehöhlt werden
    PRO ASYL begrüßt es, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser einen Gesetzentwurf zum Chancen-Aufenthaltsrecht vorgelegt hat. Es steht allerdings zu befürchten, dass weniger geduldete Menschen in Deutschland davon profitieren, als es der Koalitionsvertrag vorsieht. Endlich sollen Geduldete, die jahrelang  Angst vor einer Abschiebung hatten, die Chance auf ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten. Das betrifft sehr viele Männer, Frauen und Jugendliche: Über 200.000 Menschen leben in Deutschland mit einer prekären Duldung, haben damit keine feste Perspektive und können in vielen Fällen jederzeit abgeschoben werden. Circa 100.000 von ihnen sind bereits seit fünf Jahren oder länger in Deutschland und könnten somit vom geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht profitieren. Dieses könnte für sie eine haltgebende Brücke sein, über die sie in ein gesichertes Bleiberecht kommen.
    Doch Presseberichte lassen  nun befürchten, dass im Bundesinnenministerium bei der Ausarbeitung der Gesetzesgrundlage so restriktiv vorgegangen wird, dass die Möglichkeit, mit dem Chancen-Aufenthaltsrecht einer signifikanten Anzahl von Menschen aus der Duldung zu helfen, gefährdet wird. PRO ASYL kritisiert, dass Menschen, denen vorgeworfen wird, falsche Angaben zu ihrer Identität gemacht zu haben, laut Referentenentwurf aus dem BMI vom Chancen-Aufenthaltsrecht ausgenommen sein könnten. „Aus der Praxis kriegen wir regelmäßig mit, wie schwierig sich Identitätsklärung und Passbeschaffung für viele Geflüchtete gestalten. Es ist deshalb wichtig, dass dies beim Chancen-Aufenthaltsrecht – das ja noch kein tatsächliches Bleiberecht darstellt – nicht zur Voraussetzung gemacht wird. (…)
    Laut Koalitionsvertrag gibt es nur drei Voraussetzungen für das Chancen-Aufenthaltsrecht: »Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht entgegen:  Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung und Identitätsnachweis gemäß §§ 25 a und b AufenthG).« [Unterstriche hinzugefügt]
    PRO ASYL fordert eine zügige Umsetzung der im Koalitionsvertrag beschlossenen Verbesserungen für geduldete Menschen. Dazu gehört vor allem auch ein Stopp der Abschiebungen von Menschen, die unter die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Bleiberechtsregelungen fallen.“ Pressemitteilung vom 07.06.2022 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=201580
nach oben