Neonazi-Angriff auf Fest für Vielfalt in Bad Freienwalde: Nur antifaschistische Selbstverteidigung – wie so oft – verhinderte Schlimmeres
„Nach einem rechten Überfall auf ein Straßenfest erheben Veranstalter Vorwürfe gegenüber der Polizei. Diese habe die Gefahr von rechts nicht ernst genommen. (…) Es hätte ein entspannter Sonntagnachmittag werden können, an dem das Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ mit dem Fest ein Zeichen setzen wollte für eine vielfältige Gesellschaft und gegen Queerfeindlichkeit, Hass und den Rechtsruck in der Region. Doch um kurz vor zwölf Uhr stürmen rund ein Dutzend Vermummte auf den Platz. (…) Mindestens zwei Menschen bekommen einen Schlag ins Gesicht. So berichten es drei Augenzeugen unabhängig voneinander der taz. Auch in einem Video des Senders RBB ist zu sehen, wie einer der Angreifer mit Trainingshose und Sturmhaube einem Mann mit der Faust heftig ins Gesicht schlägt. (…) Erst im Februar hatte die Jugendorganisation der Partei „III. Weg“ eine Veranstaltung des Bündnisses „Bad Freienwalde ist bunt“ im Visier…“ Artikel von Jean-Philipp Baeck vom 16.6.2025 in der taz online
(„Nur antifaschistische Selbstverteidigung verhinderte Schlimmeres“) und weitere Informationen:
- Statement von „Bad Freienwalde ist bunt“ zum Angriff vom 15.6.2025 – Was bleibt?
„Nach intensiver, monatelanger Vorbereitung und Wochen voller Vorfreude fand heute unsere Kundgebung „Bad Freienwalde ist bunt“ statt. Doch bevor es richtig los ging, wurde unsere Veranstaltung von einem Dutzend bewaffneter, rechtsextremer Angreifer attackiert. Maskiert mit Sturmhauben in den Reichsfarben und ausgestattet mit Schlagstöcken und Quarzhandschuhen griff die Gruppe Standbetreiber:innen und Besucher:innen an. Das mutige Einschreiten unserer Ordner:innen sowie weiterer Teilnehmender verhinderte größeren Schaden, auch wenn mindestens drei Personen durch Schläge verletzt wurden. Diesen wünschen wir eine schnelle Genesung.
Die Medien konzentrieren sich nun auf diesen Gewaltakt. Dabei ist es wichtig, auch davon zu berichten, was danach geschah: Wir haben zum fünften Mal die Vielfalt in unserer Kleinstadt im Osten Brandenburgs gemeinsam mit Menschen aus der Region und Gästen, mit queeren Menschen, Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung und Menschen mit Behinderung generationenübergreifend gefeiert. (…)
In diesem Jahr haben sich so viele Kooperationspartner wie nie zuvor beteiligt und mit rund 400 Besucher:innen aller Generationen hatten wir einen großartigen Zuspruch. Danke an alle, die sich von dem feigen Angriff nicht haben einschüchtern lassen! (…)
Als Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ verteidigen wir hier alles, wofür unsere Demokratie steht: Meinungs- und Versammlungsfreiheit, Menschenwürde und Menschenrechte. Und dieses Engagement war heute nicht ausreichend geschützt. Als der Angriff erfolgte, war die Polizei nicht vor Ort. Die Gefahr, der unsere Veranstaltung ausgesetzt war, wurde falsch eingeschätzt. Das muss sich ändern! Die Bedrohung durch gewaltbereite rechtsextreme Jugendliche muss ernst genommen werden. Es müssen Mittel zur Prävention, zum Monitoring der rechten Szene und zur effektiven Strafverfolgung bereitgestellt werden! Wir waren heute da. Wir sind auch morgen da. Wir werden uns auch weiterhin für eine vielfältige, solidarische Gesellschaft einsetzen.“ Statement vom 15. Juni 2025bei der Ini
- Buntes Freienwalde trotzt rechter Gewalt: Kundgebung für Vielfalt und Demokratie nach gewalttätigem Naziüberfall dennoch gestartet
„»Nach intensiver, monatelanger Vorbereitung und Wochen voller Vorfreude fand heute unsere Kundgebung ›Bad Freienwalde ist bunt‹ statt.« Das erklärt das gleichnamige Bündnis noch am Sonntag. »In diesem Jahr haben sich so viele Kooperationspartner wie nie zuvor beteiligt und mit rund 400 Besucher*innen aller Generationen hatten wir einen großartigen Zuspruch.« Begeistert mit ihrem Auftritt habe unter anderem die im iranischen Teheran geborene Sängerin Faravaz Farvardin. Das Bündnis dankt allen, »die sich von dem feigen Angriff nicht haben einschüchtern lassen«. Denn bevor es richtig losging mit der mittlerweile fünften Auflage dieser Kundgebung, attackierte ein Dutzend mutmaßlicher Rechtsextremisten Standbetreiber und Besucher mit Schlagstöcken und verletzte mindestens drei Menschen im Gesicht, nach anderen Angaben gab es vier Verletzte. Obwohl die Täter unerkannt flüchten konnten, besteht wenig Zweifel, dass es Rechte waren, denn sie hatten sich mit Sturmhauben in den Farben des deutschen Kaiserreichs vermummt. »Wir waren beim Aufbau und zehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung«, zitiert die Nachrichtenagentur dpa Bündnissprecherin Jule Grienitz. Ordner und beherzt eingreifende Besucher konnten die Angreifer dann abdrängen. »Als der Angriff erfolgte, war die Polizei nicht vor Ort. Die Gefahr, der unsere Veranstaltung ausgesetzt war, wurde falsch eingeschätzt. Das muss sich ändern. Die Bedrohung durch gewaltbereite rechtsextreme Jugendliche muss ernst genommen werden«, fordert das Bündnis. Nach Angaben der Polizei waren Einsatzkräfte da, aber nicht an der richtigen Stelle. Deshalb habe die Polizei den Angriff nicht verhindern und die Täter nicht ergreifen können. (…)
Ganz überraschend kam die Attacke nicht. Schon in den Vorjahren war es am Rande der Kundgebungen zu Störungen durch Neonazis gekommen, die Teilnehmende filmten und so einzuschüchtern versuchten. Im April vergangenen Jahres beschmierten Rechte die Route einer Demonstration von »Bad Freienwalde ist bunt« mit Drohungen. Im Februar 2025 bedrohten sie Teilnehmer einer Tanzaktion des Bündnisses und von den 50 Plakaten, mit denen auf die Veranstaltung am Sonntag hingewiesen wurde, sind etwa die Hälfte heruntergerissen worden. Nach Einschätzung der Beratungsstelle Borg spitzt sich die Situation immer weiter zu – nicht allein in der Stadt Bad Freienwalde, sondern im gesamten Landkreis Märkisch-Oderland. »Seit letztem Jahr registrieren wir vermehrt Angriffe auf demokratische Veranstaltungen und subkulturelle Orte«, sagt Julian Mockel von der Opferperspektive. (…)
Auch am Wochenende gibt es neben dem Vorfall in Bad Freienwalde noch mindestens einen weiteren: In der Nacht zum Sonntag wird am Rathaus von Dallgow-Döberitz im Havelland die dort aufgezogene Regenbogenflagge angezündet. (…) »Wenn Neonazis mit Waffen ein Familienfest angreifen, zeigen sie vollends ihre menschenverachtende Einstellung«, urteilt Maica Vierkant vom brandenburgischen Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus. »Angeheizt wird die aggressive politische Stimmung, aus der solche Gewalt entsteht, auch von der AfD, die in ihren politischen Initiativen regelmäßig die demokratische Zivilgesellschaft diffamiert.«“ Artikel von Andreas Fritsche vom 16. Juni 2025 in Neues Deutschland online - Polizei an falscher Stelle: Neonazis greifen Fest für Vielfalt an – und entkommen. Die Veranstalter haben eine klare Botschaft – auch an die Polizei
„Es sollte ein buntes Fest werden, ein Zeichen für Vielfalt und Toleranz und gegen Hass und Hetze. Doch kurz vor Beginn der Veranstaltung „Bad Freienwalde ist Bunt“ greift eine Gruppe von zum Teil Vermummten Menschen an. Die Polizei spricht von 10 bis 15 Angreifern, die Schlagwerkzeuge oder Holzstöcke dabei hatten. (…) Die Angreifer flüchteten noch vor dem Eintreffen der Polizei. Die Verletzten mussten nicht von Rettungskräften behandelt werden. (…) Die Opferperspektive und die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Obwohl es in vergangenen Jahren am Rande von Kundgebung zu rechten und rassistischen Störungen gekommen sei, habe die Polizei das Gefährdungsrisiko als zu gering und damit falsch eingeschätzt. Deshalb seien keine Polizeikräfte vor Ort gewesen. Beide Beratungsstellen fordern, die wachsende Gefahr durch extrem rechte Gruppen ernst zu nehmen und Betroffene besser zu schützen. (…)
Die Sprecherin des Bündnisses, Jule Grienitz, war bei dem Angriff dabei. „Wir waren beim Aufbau und zehn Minuten vor Beginn der Veranstaltung kamen ungefähr zwölf junge Männer vermummt mit Quarzsandhandschuhen und Schlagstöcken auf uns zu gerannt, haben um sich geschlagen, haben drei Leute verletzt“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Angreifer seien von der vom Bündnis bereitgestellten Security-Gruppe abgedrängt worden. „Es ist relativ schwierig, die Situation zu ertragen.“ Es seien Kinder vor Ort gewesen, die alles mitbekommen hätten. Ihren Angaben zufolge wurden drei Menschen verletzt. „Einer hatte ein richtig großes blaues Veilchen, einer eine blutende Verletzung am Mund und einer eine Prellung im Gesicht.“ (…) Bad Freienwalde hat rund 12.000 Einwohner. Die Stadt befindet sich im Osten von Brandenburg, kurz vor der polnischen Grenze, und liegt nach Angaben der Stadtverwaltung 56 Kilometer von Berlin-Mitte entfernt. Der Verfassungsschutzbericht 2023 nennt den Ort auch als einen Treffpunkt der rechten Szene. Die Amadeu Antonio Stiftung teilte auf der Plattform X mit, der bewaffnete rechtsextreme Angriff am helllichten Tag auf ein Fest zeige, wie selbstbewusst und selbstermächtigt die Szene inzwischen sei.“ Meldung vom 16. Juni 2025 im MiGAZIN - 15.06.2025: III. Weg Angriff in Bad Freienwalde
„In Bad Freienwalde kam es am 15. Juni 2025 zu einem weiteren gewaltsamen Angriff durch den III. Weg. (…) Aufnahmen des Geschehens zeigen eine vermummte Person auf das Gelände stürmen. Laut Zeug*innen handelt es sich dabei um Luca Böttcher aus Bliesdorf. Bereits im Jahr zuvor hatte er versucht die Veranstaltung bewaffnet zu stören, konnte allerdings ebenfalls von engagierten Teilnehmenden daran gehindert werden. Erneut gleicht die Durchführung des Angriffs dem Muster bisheriger Aktionen vom III. Weg. Der politische Gegner wird in einer vermeintlich unvorbereiteten Situation koordiniert angegriffen und nach wenigen Momenten wird sich geschlossen zurückgezogen. Die Angreifer liefen wieder in Zweierreihen organisiert und hatten mehrere Autos in unmittelbarer Nähe für die Flucht abgestellt. Es ist der entschlossenen Gegenwehr geistesgegenwärtiger Antifaschist*innen zu danken, dass es nicht zu schweren Verletzungen kam. Dass ein Täter noch vor Ort erkannt und zugeordnet werden konnten, ist ein erfreuliches Ergebnis jahrelanger Aufklärungsarbeit durch antifaschistische Recherche. (…) Die erneute Häufung der Gewalttaten, die auf das Konto des III. Weg gehen, bleibt besorgniserregend und lässt vermuten, dass weder antifaschistische Gegenwehr noch staatliche Repression die Kader der Partei bislang merklich einschüchtern konnten.“ Meldung von ‚Aus Dem Weg‘ vom 16. Juni 2025 - Vermummte greifen Besucher von Vielfaltsveranstaltung in Bad Freienwalde an
„… Die Angreifer attackierten demnach mehrere Teilnehmende, die zum Teil der queeren Community angehören und sich gegen Rechtsextremismus in Brandenburg positionieren. Nach ersten Erkenntnissen seien dabei Holzstöcke oder andere Schlagwerkzeuge eingesetzt worden, wie die Polizei mitteilte. Nach Beobachtungen des rbb-Reporters gab es auch Schläge ins Gesicht. Mindestens zwei Menschen – ein 47 und ein 54 Jahre alter Mann – erlitten dabei nach Polizeiangaben Gesichtsverletzungen.
Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden kann, habe man eine Ermittlungsgruppe unter Federführung des Staatsschutzdezernates, das für politisch motivierte Straftaten zuständig ist, gebildet, sagte Polizeisprecher Roland Kamenz dem rbb am Montag. Es werde unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und auch zum Verdacht des besonders schweren Falles des Landfriedensbruchs ermittelt.
Die Behörde hatte demnach vor Beginn der Veranstaltung Kontakt mit den Veranstaltern. Einsatzkräfte seien zwar vor Ort gewesen. „Allerdings waren zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt unsere Kräfte nicht so dicht am Geschehen dran, dass wir die Auseinandersetzung verhindern konnten. Es ist uns nicht gelungen, die Täter in der Folge zu stellen, sodass jetzt die Ermittler der Kriminalpolizei gefordert sind“, erklärte Kamenz. „Die Qualität der Auseinandersetzung, die uns da gestern begegnet ist, hatten wir vorher noch nicht hier in unserem Zuständigkeitsbereich,“ sagte Kamenz. Daher werde der Vorfall „bei künftigen Veranstaltungen in die Beurteilung der Lage mit einfließen und Berücksichtigung finden.“…“ Meldung vom 16.06.25 im rbbmit Video
Grundinfos:
- „Bad Freienwalde ist bunt“
- #badfreienwalde