Wie es in Schwerin ein Gericht sieht, so sehen es Behörden anderswo auch: Lebenslanger rechtsradikaler Aktivismus ist auch eine einmalige Verfehlung

Nix gelernt? Rechten Terror und Rassimus bekämpfen!„… Im Urteil des Landgerichts Schwerin gegen Marko G. liest man etwa: Es stehe fest, „dass es sich bei dieser Tat um eine einmalige – wenn auch zeitlich und inhaltlich sehr ausgedehnte – Verfehlung gehandelt“ habe. Marko G., 49 Jahre alt, ist Polizist, er war lange beim Spezialeinsatzkommando (SEK) in Mecklenburg-Vorpommern. Außerdem ist er Chef der Prepper-Gruppe Nordkreuz, die als Teil des „Hannibal“-Netzwerkes bekannt wurde. Gegen zwei ihrer Mitglieder ermittelt der Generalbundesanwalt wegen Terrorverdachts. Marko G. selbst wurde im Dezember 2019 zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Dass er rund 55.000 Schuss Munition hortete, hat viele Menschen bestürzt. Nicht nur PolitikerInnen im ganzen Land wollen wissen: Von welchen Behörden stammte diese Munition? Und warum besitzt ein Polizist überhaupt eine illegale Maschinenpistole? Bei der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern laufen gleich mehrere Disziplinarverfahren – gegen Marko G. selbst, aber auch gegen mutmaßliche Helfer. Diese sind ausgesetzt, solange die Strafverfahren andauern. Ein Urteil bietet die Grundlage für weitere Entscheidungen. Nun liegt das schriftliche Urteil der Großen Strafkammer 4 des Landgerichts Schwerin gegen Marko G. vor, es umfasst 64 Seiten. Die taz veröffentlicht es hier im Volltext. Es ist noch nicht rechtskräftig, weil die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt hat. Das Urteil könnte Einfluss darauf haben, wie die Nordkreuz-Affäre letztlich gewertet wird: Geht es hier um harmlose Prepper, deren schrulliges Hobby es ist, sich auf irgendwelche Katastrophen vorzubereiten? Oder ist Nordkreuz eine gefährliche Gruppierung von Rechtsextremen?…“ – aus dem Beitrag „„Eine einmalige Verfehlung““ von Sebastian Erb und Chrstina Schmidt am 24. April 2020 in der taz online externer Link zum Urteil aus Schwerin – worin das Gericht natürlich recht hat ist, dass lebenslanger rechtsradikaler Aktivismus auch eine einmalige Verfehlung ist. Zu weiteren aktuellen Aspekten rechtsradikaler uniformierter Aktivität vier weitere Beiträge:

  • „Umsturzpläne rechtsextremer Sicherheitskräfte“ von Alisa Keil am 16. April 2020 bei zdf.de externer Link fasst zu diesem einmalig verfehlten Verein zusammen: „… Die Pläne rechter Umstürzler wirken real – und es stellen sich dringende Fragen über die Rolle der Polizei und der Bundeswehr. Der Ausgangspunkt: Ende 2019 kommt Marko G. in Schwerin vor Gericht. Er ist Gründungsmitglied des KSK, einer Eliteeinheit innerhalb der Bundeswehr, und Scharfschützenausbilder beim SEK Mecklenburg-Vorpommern. 2017 und 2019 findet man bei ihm 17 Waffen und mehrere zehntausend Schuss Munition. Der Elite-Polizist will sich auf einen Katastrophenfall vorbereitet haben – mit guten Freunden aus der Region. Alles unter dem Gruppennamen „Nordkreuz“. Die Beweisaufnahme ergibt: Der Mann ist zweifelsohne rechtsradikal. Obwohl die Polizei gegen ihn ermittelte, sammelte er weiter Munition und Waffen, um optimal vorbereitet zu sein. Die Munition erhielt er von Kollegen – die Spuren führen zu den wichtigsten Spezialeinsatzkräften in ganz Deutschland. Marko G. wird zwar nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt, kommt aber auf freien Fuß: 19 Monate Haft auf Bewährung. Seine Freunde feiern ihn noch im Gericht. Eine Analyse der Unterstützer zeigt, wie weit der Einfluss der Gruppe reicht: Gemeinsam organisierten sie ein Netzwerk von rechten Verschwörern, zu denen – so geht aus einer SMS von Marko G. hervor – „2.000 Gleichgesinnte“ mit Kontakten nach ganz Europa gehören. Recherchen des ZDF belegen, dass die Munition von Bundeswehr- und Polizei-Spezialeinheiten aus ganz Deutschland kommt. Darunter Munition aus Nordrhein-Westfalen und aus Bayern…“
  • „Nazi-Chats und Auslandsmissionen“ von Christina Schmidt und Sebastian Erb am 19. April 2020 in der taz online externer Link zur weiteren Einmaligkeit der Verfehlungen hier insbesondere ein weiteres Mal einer keineswegs unfähigen Staatsanwaltschaft: „… Als Polizeibeamte in Rostock die Wohnung eines Kollegens von der Wasserschutzpolizei durchsuchten, ging es eigentlich um ein Disziplinarverfahren. Dann aber fanden sie Patronen, die offenbar unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, Waffen und Devotionalien aus der NS-Zeit. Der Fall erinnert an andere rechtsextreme Vorfälle in der Polizei Mecklenburg-Vorpommern, an Haik J. etwa, den Kriminalpolizisten, der Feindeslisten geschrieben haben soll und Mitglied der Prepper-Gruppe „Nordkreuz“ war. Diese Gruppe hatte Marko G. ins Leben gerufen, ein ehemaliger SEK-Polizist. Er ist inzwischen wegen illegalen Waffen- und Munitionsbesitzes verurteilt. Die LKA-Ermittler fanden Nachrichten von Sven J., die sie für strafrechtlich relevant hielten, wie aus einem Protokoll des Innenausschusses im Schweriner Landtag vom Dezember hervorgeht. Die Staatsanwaltschaft Schwerin sah allerdings keinen hinreichenden Tatverdacht. Es wurde also ein Disziplinarverfahren eingeleitet, in dessen Zuge auch sein Haus durchsucht und Waffen gefunden wurden. Die Staatsanwaltschaft ließ damals verlauten, sie sehe keine Anhaltspunkte für eine Verbindung zu rechtsextremen Netzwerken…“
  • „Unangemeldeter AfD-Protest in Pirna: Initiator ist Polizeibeamter“ am 23. April 2020 beim Idas externer Link über die Aktivitäten eines Nazis in Uniform: „… Janich hatte bei Facebook bereits in der vergangenen Woche und später nochmals „meinen Spaziergang“ angekündigt. Mobilisiert wurde auch über Messengerdienste, wo von einem „stillen Spaziergang“ die Rede war, bei dem man „für unsere Grundrechte“ demonstrieren will. Offenbar kritisierte man die Schutzmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie. Eine auch in normnalen Zeiten obligatorische Anmeldung lag nicht vor. Vor Ort warteten daher bereits Polizei und Ordnungsamt, um die Lage zu überwachen. Als sich gegen 19 Uhr tatsächlich Menschen versammelten, ging die Versammlungsbehörde auf Janich zu: Gewähren lassen würde man das Treffen nur, wenn die Anmeldung nachgeholt wird. Dazu erklärte sich Janich bereit, der daraufhin umfangreiche Auflagen akzeptieren und durchsagen musste. So sollte es maximal 50 Beteiligte geben, die namentlich erfasst und mit einem Mundschutz ausgestattet werden müssen. Außerdem durfte nur eine stationäre Kundgebung ohne Marschroute abgehalten werden. Daran hielt sich aber niemand, die Anwesenden umrundeten das Rathaus, kaum jemand trug Mundschutz, Abstandsregeln wurden nicht befolgt, Desinfektionsmittel gab es nicht. Vielmehr wurden „fortlaufend Verstöße gegen die Beschränkungen“ registriert, teilte die Polizei, die nicht eingeschritten ist, im Nachhinein mit. Durchsagen der Beamt*innen blieben fruchtlos, stattdessen wurden sie beschimpft – nach Angaben der Sächsischen Zeitung unter anderem als „Merkel-Schergen“ und „Wichser“. Auch gegen Janich richtete sich der Unmut, der immer noch damit beschäftigt war, den Auflagenkatalog zu verlesen. Dafür brauchte er eine halbe Stunde, so lange, wie die Versammlung höchstens dauern durfte. Nachdem ihm die zwangsweise Auflösung angekündigt wurde, beendete er die Versammlung selbst. Danach beruhigte sich die Lage…“
  • „Drogen und Kinderpornos: 67 bayerische Polizisten suspendiert“ am 25. Aril 2020 bei nordbayern.de externer Link meldet über die Benennung in der Überschrift hinaus das nicht mehr erwähnenswerte: „… In Bayern sind 67 Polizisten suspendiert. Die Vorwürfe gegen sie reichen von Drogenbesitz, Kinderpornografie bis hin zur Zugehörigkeit zu sogenannten Reichsbürgern, wie aus einer Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage von FDP-Fraktionschef Martin Hagen hervorgeht. 20 der suspendierten Beamten seien vorläufig aus dem Dienst enthoben (Stand: 01. April). Wird ein Polizist suspendiert, kann ihm nach § 39 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) die „Führung der Dienstgeschäfte“ verboten werden. Dazu reicht schon ein Verdacht. Der Beamte kann aber auch gleich nach Art. 39 Bayerisches Disziplinargesetz(BayDG) vorläufig aus dem Dienst enthoben werden. Der Polizist wird dann wahrscheinlich entlassen, er verliert vermutlich seinen Beamtenstatus oder den Anspruch auf Rente. In 25 Fällen wurde nach Angaben des Innenministeriums Anklage erhoben, gegen sieben Polizisten erging ein Strafbefehl...“
  • Siehe zu Marko G. zuletzt am 06. April 2020: Die Waffensammler vom Nazi-Nordkreuz: Waren bekannt. Und als Schieß-Ausbilder beliebt…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=171127
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