Die Nazi-Morde (nicht nur) in der neuen BRD: Anstatt eines Kommentares zum Verbot von Combat 18

Vom Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus – die NSU-„Affäre“„… Um diesen möglichen Betrug zu verhindern, habe ich mich auch speziell mit den von Rechten getö­teten Menschen befasst, die weder in offiziellen noch in inoffizielle Aufstellungen erschei­nen.  Am Beispiel der Fälle im Land Thüringen lässt sich die gegenwärtige Situation des Ge­denkens gut able­sen, wo seit 1990 zwölf politisch motivierte Morde von Rechten und zwei unaufgeklärte stattgefun­den haben. Die staatlichen Stellen anerkennen jedoch nur eine Tötung als politisch motivierte Tat eines Rechten an. Die Beratungsstelle für Betroffene rechter, ras­sis­tischer und antisemitischer Gewalt in Thüringen (ezra), hat sieben weitere Tötungen ermittelt und fordert deshalb wissenschaftliche Überprüfungen. Im Bundesland Berlin ist die offizielle Anerkennung in einer grotesken Schieflage, da für die Zeit von 1990 bis 2018 staatliche Stellen nur neun von Rechten getötete Menschen anerkennen. Nach meinen Recherchen gab es in Berlin jedoch in diesem o. g. Zeitraum 28 Tötungen durch Rechte und eine Tötung ist nicht aufgeklärt. Die Tageszeitungen Frankfurter Rundschau und Der Tagespiegel veröffentlichten am 14. Sep­tem­ber 2000 eine Chro­nik mit 93 Todesopfern, die aus rassistischen Motiven heraus geschahen. Die Schröder-Fischer-Regie­rung anerkannte nur 24 Tote, die aus politischen Gründen getötet worden wa­ren. Am 16. September 2010 schrieb Der Ta­gesspiegel, zusammen mit der Wochen­zeitung Die Zeit, diese Chronik fort und sie ka­men dabei nun auf 150 politische Todesfälle, die rechten Tätern zuzu­schreiben sind. Für den Zeitraum von 1990 bis 2010 do­kumentiert eine Wanderausstellung des Ver­eins Opferperspektive und der Fried­rich-Ebert-Stiftung (FES) 156 Todes­fälle. Die Antonio-Amadeu-Stiftung geht davon aus, dass in diesem Zeitraum 193 Men­schen von Rechten getötet wur­den. Das vom Bundesministerium des Innern (BMdI) ge­führte Bundeskri­minalamt (BKA) bewertete im Juni 2018 nur 83 Todesfälle durch rechte Täter…“ – aus dem umfangreichen Dokumentations-Beitrag „Liste der von Rechten getötete Menschen (1990 bis 2018) – chronologisch und nach Bundesländern geordnet“ von Harry Waibel am 14. Januar 2020 beim Gewerkschaftsforum.de externer Link dokumentiert (ursprünglich bei scharf links erschienen). Siehe dazu auch die Erinnerung an einen Vortrag, in dem auch die Verbrechen der Zeit vor 1990 zusammenfassend dargestellt werden – und einen sehr aufschlussreichen Twitter-Kanal mit datumsaktueller Dokumentation:

  • „“Unvorstellbare Einzelfälle“ und „neue Phänomene“? – Kontinuitäten des rechten Terrors“ ein Video eines von Caro Keller am 27. Dezember 2019 auf dem 36. CCC externer Link gehaltener Vortrag, in dessen Begleittext unter anderem darauf verwiesen wird: „… Je größer jedoch die Häufung der Anschläge, desto absurder erscheinen die Worte von „unvorstellbaren Einzelfällen“, begangen von „verrückten Einzeltätern“. Diese Erzählungen haben einen anderen Zweck, als rechten Terror die Grundlage zu entziehen. Sie sollen sagen: ‚Wir hätten es nicht wissen können, hätten nichts tun können und werden auch zukünftig nichts verhindern‘. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Rechter Terror hat auch nach 1945 nie aufgehört und obwohl an jedem Fall etwas Spezielles ist, so gibt es doch Gemeinsamkeiten und Kontinuitätslinien. Rechtsterroristen und Rechtsterroristinnen wie etwa der NSU oder Anders Breivik kämpften immer mit den Mitteln der Zeit für die Umsetzung ihrer Ziele: Der Umsturz der Gesellschaft durch massive Gewalt, um ihre wahlweise autoritäre, heteronormative, völkische Vision einer Volksgemeinschaft verwirklichen zu können. Aus dieser Geschichte des rechten Terrors und den gesellschaftlichen Reaktionen darauf können wir lernen ihnen etwas entgegenzusetzen. Caro Keller von NSU-Watch wird anhand exemplarischer Fälle die wichtigen Kontinuitätslinien herausarbeiten. Vor diesem Hintergrund nimmt sie auch den aktuellen rechten Terror, Phänomene wie toxische Männlichkeit oder „Gamification of Terror“ in den Blick…“
  • KeinVergessen“ externer Link ist ein Twitter-Kanal, der eine sehr umfangreiche Dokumentation von Nazi-Morden nach Datum in verschiedenen Zeiten leistet – und aus dem der Umfang dieser Verbrechen sehr deutlich wird…
  • „Rechtsterroristische Gewalt in den 1970er Jahren. Die Kühnen-Schulte-Wegener-Gruppe und der Bückeburger Prozess 1979“ von Barbara Manthe im Heft 1/2020 der Viertelsjahreshefte für Zeitgeschichte externer Link soll hier stehen als eines von vielen möglichen Beispielen über Nazi-Verbrechen vor 1990. In dem Abstract zu dem Artikel (Abo-pflichtig) heißt es: „… 1979 standen zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Neonazis vor Gericht, denen terroristische Aktivitäten vorgeworfen wurden. Sie hatten in Norddeutschland eine Untergrundgruppe, die Kühnen-Schulte-Wegener-Gruppe, gebildet. Über diesen Fall ist, wie über den bundesdeutschen Rechtsterrorismus vor 1990 generell, bislang nur wenig bekannt. Barbara Manthe beleuchtet den Entstehungskontext und die Taten der Gruppe, die Raub- und Banküberfälle beging und politische Attentate plante. Zudem analysiert sie den Gerichtsprozess gegen die Täter in Bückeburg (Niedersachsen). Welchen Einfluss hatte der Sicherheitsdiskurs der 1970er Jahre auf die Verhandlung, die von den Verantwortlichen ausdrücklich Terroristenprozess präsentiert wurde?…

Siehe auch unser Dossier: Rechtsextremismus: Tote, die nicht zählen

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161675
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