Rassistische Ausfälle im Schalker Stadion: Gesinnungsgleich – nicht nur mit dem Vorstand
„… Kurz ein paar wichtige Fakten zu Jordan Torunarigha: Der Mann kommt aus Chemnitz, spielt seit fast 14 Jahren für Hertha, ist 22 Jahre alt, ein sehr talentierter deutscher Innenverteidiger und nein, normalerweise weint er nicht einfach so auf dem Platz. Er weint auch nicht nach Niederlagen, glauben Sie mir, als Hertha-Fan gab es in den vergangenen Jahren genug Gelegenheiten, das zu überprüfen. Gestern aber weinte Torunarigha. Weil er, so erzählte es sein Mitspieler Niklas Stark nach dem Spiel, rassistisch beleidigt worden war. „Jordan hat’s mir gesagt“, sagte der Kapitän gegenüber dem Tagesspiegel. „Der war heulend auf dem Platz. Da fragt man schon mal, was los ist. So was geht überhaupt nicht. Das ist menschlich abstoßend.“ (…) Tönnies Aussagen haben sicher nicht dabei geholfen, Rassisten und Rechten den Gang ins Stadion zu vermiesen. Aber zu behaupten, erst die Beleidigungen des Chefs hätten Rassisten den Weg in den Fanblock bereitet, ist relativierender Blödsinn. Denn das, was gestern mutmaßlich passiert ist, also Affenlaute in Richtung eines Fußballers, hat mit Schalke selber herzlich wenig zu tun. Es hätte genauso gut in Hamburg, in Münster oder in Berlin passieren können, in Dresden oder in Rostock. Eben überall in einem Land, in dem eine rechtsradikale Partei in Sonntagsfragen mittlerweile auf knapp 15 Prozent der Wählerstimmen kommt. Überall in einem Land, in dem Leute keine Scham mehr dabei verspüren, sich in öffentlichen Räumen als rechts zu outen...“ – aus dem Beitrag „Wir haben ein Problem“ von Max Dinkelaker am 06. Februar 2020 bei Elf Freunde über die „jüngsten“ einer ganzen Reihe solcher Aggressionen. Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge:
- „Rassistische Sprüche als Karrierebegleiter“ am 05. Februar 2020 in neues deutschland online zeichnet einen Lebensweg nach: „… Die ersten acht Jahre seines Lebens verbrachte Torunarigha mit seiner Familie in Chemnitz. Sein Vater Ojokojo war 1990 kurz nach dem Mauerfall aus Gabun dorthin gewechselt, hatte beim Chemnitzer FC einen Vertrag erhalten und war einer der ersten schwarzen Spieler im Ost-Fußball. Sohn Jordan eiferte seinem Vorbild nach, wollte auch Fußballer werden und bekam schon früh zu spüren, dass er nicht immer willkommen war. »In Chemnitz haben mich einige Eltern meiner Freunde früher nicht akzeptiert«, berichtete Jordan Torunarigha über seine Anfangsjahre als Kicker. »Beim Fußball wurde ich komisch angeschaut. Nicht von den Kindern, die kennen Rassismus nicht. Aber von deren Eltern habe ich immer wieder eine Abneigung verspürt.« Chemnitz ist auch heute noch Schauplatz rassistischer Anfeindungen. Der Chemnitzer FC hatte im letzten Jahr monatelang mit rechtsradikalen Attacken aus dem Umfeld zu tun. Im September trat Geschäftsführer Thomas Sobotzik entmutigt und frustriert von seinem Amt zurück, nachdem er mit Beleidigungen und Bedrohungen durch Teile der Fans zu kämpfen hatte. Zuletzt wurde es etwas ruhiger um den CFC. Torunarighas Vater Ojokojo wurde in Chemnitz schon in den 90er Jahren Opfer von Anfeindungen. »Diskriminierungen lauerten überall«, berichtete der heute 49-Jährige der »Bild«-Zeitung. »Ich wurde bei einem Stadtfest durch die Stadt gejagt. Die Polizei half mir erst, als sie erkannten, dass ich ein Fußballprofi war«, erinnerte sich der Afrikaner…“
- „Wachsamkeit gegen rechtsextreme Fans in den Stadien“ am 06. Februar 2020 beim Migazin zu einem Statement aus der Fanforschung zu den Schalker Vorfällen: „… Fanforscher Pilz sagte, beim Fußball gebe es genauso viel Rassismus wie in der übrigen Gesellschaft auch. Es sei bedauerlich, dass sich ausgerechnet Schalke-Fans zu den rassistischen Beleidigungen hätten hinreißen lassen. Der Verein sei einer der ersten gewesen, der sich aktiv gegen Rechtsradikale unter den Fans gewehrt habe. Die Fan-Szene engagiere sich stark gegen Fremdenfeindlichkeit und rechte Hooligans. Allerdings müsse sich Schalke-Aufsichtsratschef Clemens Tönnies fragen, „ob dies die Geister sind, die er gerufen hat“, sagte Pilz. Tönnies hatte im August vergangenen Jahres bundesweit für Kritik und Schlagzeilen gesorgt, als er in einer Rede höhere Steuern im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert hatte…“