Rassismusforscherin Anna-Esther Younes: „Ich weiß nicht, ob es Kapitalismus ohne Rassismus geben kann“

[Aufruf von Pro Asyl] Wir geben keine Ruhe - Gemeinsam gegen Rassismus!Im Interview von Fabian Goldmann mit der Rassismusforscherin Anna-Esther Younes bei Telepolis am 22. November 2019 externer Link erläutert diese ihre Sichtweise u.a. wie folgt: „… Was mir als langjährige Beobachterin und Kommentatorin dieser und anderer gesellschaftlicher Debatten rund um Muslime und Musliminnen auffällt, ist, dass wir heute so tun, als wäre die Meinungsfreiheit immer noch ein Recht, das es zu schützen gilt, während Minderheitenschutz und Religionsfreiheit zu Meinungen werden und nicht mehr als Rechte behandelt werden. (…) Wir müssen also fragen, haben Minderheiten und muslimische Gemeinden genauso viel Recht auf Meinungsfreiheit wie die Mehrheitsgesellschaft, oder nicht? Haben Minderheiten die gleichen ökonomische und soziale Macht ihre Meinung in den Medien oder deutschen Institutionen zu vertreten und somit Politik zu formen, Deutschland zu repräsentieren? Das Thema habe ich u.a. im Report 2017 thematisiert. (…)  Nein, es ist nicht nur eine „Klasse vs. Rasse“-Debatte. Und vor allem möchte ich die „Abgehängten“ nicht nur als „Ossis“ verstanden wissen, wie es so oft passiert. (…) Ein guter Soziologe oder Politologe schaut sich nicht nur an, ob die Leute Arbeit haben, sondern zum Beispiel auch, was für eine Arbeit sie haben. Welche Geschichte haben die Menschen die letzten 30 Jahre durchlebt? Wenn es um Daten zu Rassismus geht, zeigt sich der Westen als nicht weniger rassistisch als der Osten – darauf habe ich immer wieder in den Reports hingewiesen. Es gibt keine Korrelation was rassistische Äußerungen angeht, die nicht auch im Westen zu finden sind. Und wenn wir uns die Führung der AfD und Pegida anschauen, sind die meisten davon auch Wessis. (…) Die Angst und Hysterie, darüber zu reden, müssen aufhören, und weiße Deutsche müssen zuhören, wenn wir diese Demokratie aufrechterhalten wollen. Wir müssen über Rassismus in der Politik, in der Polizei, im Verfassungsschutz, in den Sicherheitsbehörden, in Gerichten, Rassismus in der Schule und Kindergärten, im Alltag und in den Medien reden. Wir müssen das tun, um Schlimmeres zu verhindern…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=157766
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