„Die Mitte war noch nie nazifrei“: Hessen wählt Nazi-Ortsvorsteher, Rheinland-Pfalz probiert Wunschkoalitionen, Brandenburg rebelliert nach rechts

Magdeburg, 16. Janaur 2016: Braune Sümpfe trocken legen!In einer hessischen Gemeinde hat der Ortsbeirat einen NPD-Funktionär zum Ortsvorsteher gewählt – einstimmig. Alle sieben anwesenden Vertreter des Ortsbeirats von Altenstadt-Waldsiedlung, darunter Vertreter von CDU, SPD und FDP, wählten am Donnerstagabend den stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden Stefan Jagsch zum Vorsteher, wie die regionalen Verbände von CDU und SPD am Samstag bestätigten. Zwei Abgeordnete von SPD und CDU waren bei der Abstimmung nicht anwesend. Nach einem Bericht der Zeitung „Kreis-Anzeiger“ gab es keinen anderen Kandidaten für die Nachfolge des bisherigen Ortsvorstehers, der für die FDP angetreten war und bereits im Juni seinen Rücktritt angekündigt hatte…“ – aus der dpa-Meldung „„Blackout der Demokratie“ in Hessen“ vom 08. September 2019 externer Link (hier bei der taz getitelt) über das Anwachsen der nationalen Front in der diesbezüglich nicht unbekannten Wetterau – und natürlich zeigten sich diverse Parteileute empört… Zu weiteren Schritten der nationalen Frontbildung weitere aktuelle Beiträge – auch hinsichtlich verschiedener Wählerinnen und Wähler…

  • „Wozu Alternativlosigkeit führt“ von Lotte Laloire und Hans-Gerd Öfinger am 09. September 2019 in neues deutschland online externer Link (abopflichtig) führt einleitend zum Verständnis beitragend an: „Die Nachricht hat weit über Hessen hinaus für Empörung gesorgt: Kommunalpolitiker von CDU, SPD und FDP haben mit Stefan Jagsch einen NPD-Mann einstimmig zum ehrenamtlichen Ortsvorsteher von Altenstadt-Waldsiedlung in der Wetterau gewählt. Über die Wahl vom Donnerstag hatte zunächst der regionale »Kreis-Anzeiger« berichtet. Altenstadt liegt 35 Kilometer nordöstlich von Frankfurt am Main und gilt als Hochburg der NPD. Hier errang die rechtsextreme Partei bei den Kommunalwahlen 2016 zehn Prozent und vier Sitze in der Gemeindevertretung. Ihr Fraktionschef Stefan Jagsch ist kein naiver, pragmatischer Kommunalpolitiker, sondern ein wichtiger Kader der rechten Szene. Er ist Vizechef und Schatzmeister des NPD-Landesverbands. Selbst in Berichten des von einigen als rechtslastig bewerteten hessischen Verfassungsschutzamtes wurde er mehrfach erwähnt. Bei der letzten Bürgermeisterwahl in Altenstadt erhielt er rund sechs Prozent der Stimmen...“
  • „Jetzt arbeiten sie doch zusammen – AfD und CDU in Frankenstein“ am 06. September 2019 in der FR online externer Link ist eine dpa-Meldung über die nächste Zusammenarbeit in der nächsten kleinen Gemeinde (nicht in Hessen, nicht im Osten): „Im Gemeinderat der rheinland-pfälzischen Gemeinde Frankenstein kommt es zu einer Fraktion die aus jeweils einem Mitglied der AFD und der CDU besteht –  trotz Kooperationsverbot. Entgegen der Position der CDU im Bund arbeiten in der pfälzischen Kommune Frankenstein die CDU und die AfD künftig in einer Fraktion zusammen. Sie besteht aus der CDU-Politikerin Monika Schirdewahn und ihrem Ehemann Horst von der AfD. Der Zusammenschluss unter dem Namen „Fortschritt Frankenstein“ sei am Donnerstagabend gebildet worden, sagte Monika Schirdewahn am Freitag...“
  • „Konservative Revolte“ von Anja Maier am 05. September 2019 in der taz online externer Link über die Anführerin der rechten Revolte in der CDU Brandenburg unter anderem: „… Sechs der 15 CDU-Abgeordneten stehen ihrem Partei- und Fraktionschef skeptisch gegenüber, das hat eine Abstimmung im Fraktionsvorstand ergeben. Ludwig und der Abgeordnete Frank Bommert fordern gar Senftlebens Rücktritt. Dies übrigens, obwohl die mit einem prallen Selbstbewusstsein ausgestattete Ludwig gerade ihr Direktmandat an die SPD verloren hat und nun über die Landesliste in den Landtag einziehen muss. Saskia Ludwig, 1968 in Potsdam geboren, ist seit Langem damit befasst, die Grenze der CDU nach rechts zu schleifen. Dass sie versuchen würde, eine Zusammenarbeit mit den Grünen mindestens zu erschweren, ist folgerichtig, blickt man auf ihre politische Karriere zurück. Zuletzt machte sie im Bundestagswahljahr 2017 auf sich aufmerksam, als sie der rechten Jungen Freiheit ein Doppelinterview mit AfD-Chef Alexander Gauland gab...“
  • „Keine Protestwähler“ von Fabian Hillebrand am 05. September 2019 in neues deutschland online externer Link ist ein Gespräch mit Matthias Quent, in dem der Soziologe des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena unter anderem unterstreicht: „… Es wird immer so getan, als sei die AfD ein Protestphänomen oder als seien die Wahlerfolge eine diffuse Reaktion auf die Flüchtlingspolitik Angela Merkels. Wenn wir die ändern, dann erübrigt sich das Problem schon, sagten viele. Es wird immer ein neuer Grund gefunden, statt festzustellen: Es gibt nach wie vor ein faschistisches Potenzial in dieser Gesellschaft. Es wird unterschätzt, dass der Rechtsradikalismus seine eigene Wählerbasis hat. Dieses gibt es schon lange, das zeigt sich in diversen Studien. Und der Rechtsradikalismus ist eine eigene Ideologie. Die kann man proto – oder neofaschistisch nennen. Das tut man ab, indem man sagt, das sind bloß Protestwähler. Ein relevanter Teil der AfD-Wähler sind Rechtsradikale, die von der Partei ein rechtsradikales Angebot bekommen und annehmen. (…) Wenn sich das rechtsradikale Potenzial einmal vom Konservatismus gelöst hat, ist es nicht mehr einzufangen. Wenn Konservative wie rechtsradikale Akteure sprechen , legitimiert es diese nur. Dann wählen die Leute lieber das Original. Und die entfesselte rassistische und völkische Ideologie droht übernommen zu werden – und sei es nur aus Opportunismus...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=154166
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