CDU Sachsen Anhalt: Uniter-Mitglied willkommen. Kritik an Nazis: Nicht

Dossier

Uniter„… Es gibt Ereignisse, die auf leisen Sohlen daherkommen und dann ein mittelschweres Beben auslösen. Nachrichten, deren Tragweite und Komplexität man erst im Nachhinein überblickt. Die Vorgänge in Sachsen-Anhalt um einen CDU-Kommunalpolitiker mit rechtsextremer Vergangenheit haben das Zeug dazu. Dort weigert sich die mit der SPD und den Grünen regierende CDU, sich von ihrem Kreispolitiker Robert Möritz zu distanzieren. Dieser hat eingeräumt, 2011 als Ordner an einer Neonazi-Demonstration beteiligt gewesen zu sein. Zudem war er bis jetzt Mitglied des Vereins Uniter, der Verbindungen ins rechtsextreme Milieu hat. Und als sei das noch nicht genug, verfügt Parteifreund Möritz auch über eine Hakenkreuz-Tätowierung in Form der unter Rechtsextremen verbreiteten so genannten Schwarzen Sonne. Statt sich von dem Mann zu distanzieren, stärkt ihm die CDU Sachsen-Anhalt den Rücken. (…) Der Kreisverband Anhalt-Bitterfeld hat Möritz nicht nur ohne Gegenstimmen das Vertrauen ausgesprochen. Nein, CDU-Generalsekretär Sven Schulze hat diese Entscheidung auch noch verteidigt. Von den Grünen hingegen, die empört auf die Sache reagierten, fordert er eine Entschuldigung und stellt den Fortbestand der Koalition infrage…“ – aus dem Kommentar „Versagen mit Nazi-Tattoo“ von Anja Maier am 15. Dezember 2019 in der taz online externer Link über die jüngste der wachsenden Zahl von Nachrichten über den Zusammenschluss von CDU und Rechtsradikalen. Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge:

  • Die rechte CDU in Sachsen Anhalt: Hat keine Probleme. Weder mit dem Bundesvorstand noch mit der Koalition – und schon gar nicht mit den eigenen braunen Netzen New
    „… Die Mitgliedschaft von Robert Möritz aus dem CDU-Kreisverband Anhalt-Bitterfeld in dem unter Rechtsextremismus-Verdacht stehenden Verein Uniter ist offenbar kein Einzelfall. Wie aus einem Registereintrag des Amtsgerichts Stendal hervorgeht, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt, war das CDU-Mitglied Theo Schöpfel aus Brehna im Landkreis Anhalt-Bitterfeld im Juni 2012 Gründungsmitglied von Uniter und wurde damals einstimmig zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Der Vorsitzende kam seinerzeit aus Gerbstedt im Südharz, dritter Vorsitzender wurde André S. aus Halle, der sich in internen Chatgruppen „Hannibal“ nennt. Damit waren insgesamt drei der fünf Vorstandsposten mit Vertretern aus Sachsen-Anhalt besetzt. Die Gründung des Vereins fand in Halle statt. 2016 wurde der alte Verein aufgelöst, in Baden-Württemberg gründete sich ein neuer Verein gleichen Namens…“ – aus dem Beitrag „Rechtsextremismus-Verdacht: Ex-CDU-Stadtrat war Vizechef von Uniter“ von Markus Decker am 17. Dezember 2019 im Redaktionsnetzwerk Deutschland externer Link zu einer der Weiterungen des rechtsradikalen Wirkens in der CDU Sachsen Anhalt. Siehe dazu drei weitere Beiträge – zu nicht vorhandenen Reaktionen und zur Bedeutung dieses Sachverhalts im Zuge jüngster Maßnahmen und Schritte:

    • „CDU und Grüne in Sachsen-Anhalt um Entspannung bemüht“ am 16. Dezember 2019 in Spiegel online externer Link meldet unter anderem: „… CDU-Generalsekretär Schulze sagte nun, der Landesvorsitzende der Grünen, Sebastian Striegel, habe ihm gegenüber klargestellt, dass die Grünen möglicherweise falsch verstanden worden sein. Sie hätten nicht die gesamte CDU gemeint. Schulze verteidigte außerdem seinen Parteikollegen Möritz. Dieser habe in seinem Kreisverband Anhalt-Bitterfeld zu den Vorwürfen Stellung bezogen, der Kreisverband habe auf Konsequenzen verzichtet…“
    • „Warum die CDU-Spitze zu den Vorgängen in Sachsen-Anhalt schweigt“ von Robert Roßmann am 17. Dezember 2019 in der SZ online externer Link zu diesem Thema: „… Wer in der CDU-Zentrale nachfragt, warum sich alle wegducken, bekommt erstaunlich offen signalisiert, dass man verunsichert sei und nicht wisse, wie man mit so einem Fall am besten umgehen solle. Einerseits geht es um derart Grundsätzliches, dass eine Parteiführung nicht schweigen sollte. Andererseits führen Zurechtweisungen aus Berlin an der Basis meist zum Gegenteil dessen, was sie erreichen sollen. Und so hat sich die CDU-Spitze für einen eigenartigen Mittelweg entschieden. Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer und Generalsekretär Paul Ziemiak schweigen öffentlich zwar weiterhin zu dem Fall. Aber die CDU sorgte dafür, dass eine SMS von Bundesgeschäftsführer Stefan Hennewig bekannt wurde, die dieser an die Generalsekretäre und Geschäftsführer der Landesverbände geschickt hat. Normalerweise wirkt ein Bundesgeschäftsführer nur intern, das Vorgehen ist deshalb extrem ungewöhnlich. In der SMS skizziert Hennewig die Position des Adenauer-Hauses zum Fall Robert Möritz. Und die ist genauso unentschlossen wie die Kommunikation der Partei…“
    • „Zweite Chance für die Generation Baseballschläger“ von Peter Nowak am 17. Dezember 2019 bei telepolis externer Link unter anderem zur „Einordnung“ dieser Entwicklungen in die Kontinuität der jüngeren Zeit: „… Dort war man natürlich empört und forderte eine Entschuldigung vom ungeliebten Koalitionspartner. Schließlich macht die Mehrheit der CDU deutlich, dass sie die Kooperation nicht zur Förderung ökokapitalistischer Motive eingegangen ist. Sie will vielmehr hier ihrem Beschluss treu bleiben, dass es keine Kooperation mit der Linkspartei und der AfD geben soll. Immer wieder gibt es an der CDU-Basis Vorstöße, die Abgrenzung nach Rechtsaußen aufzuheben. Erst Anfang September sorgte ein Papier für Schlagzeilen, in dem gefordert wurde, das Nationale mit dem Sozialen zu verbinden. Vor einigen Wochen musste der CDU-Innenminister von Sachsen-Anhalt auf Druck der beiden Koalitionspartner SPD und Grüne dem vorher hochgelobten rechten Polizeigewerkschaftler Reiner Wendt mitteilen, dass er doch nicht Staatssekretär in seinem Ressort werden kann. SPD und Grüne befürchten, dass mit der Berufung Wendt ein Signal nach Rechtsaußen gesandt werden sollte. In der CDU-Basis gab es aber viel Unzufriedenheit damit, dass nun mit Wendt ein Law-and-Order-Politiker geopfert wurde, der zuvor hochgelobt wurde. Nun geht der Streit wieder um ein CDU-Mitglied, das aber anders als Wendt bisher kaum bekannt war. Es geht um Rainer Möritz, der für die CDU im Kreistag Anhalt-Bitterfeld sitzt. Zunächst wurde er mit einem rechten Tattoo bekannt, das auch Hakenkreuze zeigen soll. Darauf bezog sich die provokative Frage der Grünen. Bald stellte sich heraus, dass er vor 8 Jahren als Ordner an einer Neonazi-Demonstration teilgenommen hat. Zunächst leugnete Möritz seine rechte Vergangenheit, dann räumte er sie ein. Doch die CDU wollte sich nicht von ihm trennen. Der Generalsekretär der CDU-Sachsen-Anhalt, Sven Schulze erklärte, dass Möritz eine zweite Chance verdient habe. Das erinnert bis in die Wortwahl an die Zeit, als nach 1945 viele ehemaligen Nazis eine zweite Chance in der CDU bekommen haben. Damals hatten viele Hakenkreuze Platz in der Union. Die Ex-NSDAP-Mitglieder gingen nach dem erzwungenen Ende ihrer alten Partei recht unterschiedlich damit um…“
  • „Nazikontakte spalten Kenia“ vom 15. Dezember 2019 ist eine dpa-Meldung externer Link (hier ebenfalls in der taz) zu diesem Vorfall und den allseits keineswegs originellen Reaktionen: „… Der CDU-Kreisvorsitzende Matthias Egert hatte der Mitteldeutschen Zeitung bestätigt, dass Möritz auf dem Arm ein Tattoo trägt, das eine sogenannte Schwarze Sonne zeigt, eine Kombination mehrerer Hakenkreuze. „Herr Möritz hat erklärt, dass er diese Bedeutung damals nicht kannte. Er trägt das Symbol aus Interesse an der keltischen Mythologie“, sagte Egert der Zeitung. Schulze hatte den Kreis nach Bekanntwerden der Vorwürfe gebeten, diese schnellstmöglich auszuräumen. Der Kreisvorstand, dem Möritz als Beisitzer angehört, entschied sich am Freitag gegen personelle Konsequenzen. Möritz habe sich auf der mehrstündigen Sondersitzung glaubhaft von der rechtsextremen Szene distanziert, sagte Schulze. Die Personalie war am Samstag zu einer handfesten Krise der Magdeburger Kenia-Koalition eskaliert. SPD und Grüne hatten die Entscheidung des Kreisvorstandes kritisiert und eine Reaktion der Landes-CDU gefordert. SPD-Landeschef Burkhard Lischka warf der CDU und ihrem Vorsitzenden, Innenminister Holger Stahlknecht, politische Orientierungslosigkeit vor. Er vermisse einen „Aufschrei der Anständigen in der CDU“, sagte Lischka…“
  • „Neonazitattoo lässt Koalition wackeln“ von Robert D. Meyer am 15. Dezember 2019 in neues deutschland online externer Link dazu unter anderem: „… Die Begründungen sind abenteuerlich, etwa für das rechtsextreme Tattoo. »Herr Möritz hat erklärt, dass er diese Bedeutung damals nicht kannte. Er trägt das Symbol aus Interesse an der keltischen Mythologie«, zitiert die »Mitteldeutsche Zeitung« den CDU-Kreischef Matthias Egert. Möritz sei zum Zeitpunkt der Neonazi-Demonstration 19 Jahre alt gewesen, politisch nicht gefestigt und habe sich mit Sympathisanten der rechten Szene umgeben. Aus »falsch verstandener Loyalität« sei er der Bitte dieser Leute nachgekommen, die Demo zu begleiten. Das sei ein Fehler gewesen, teilte der Kreisverband nach seiner Sitzung am Freitag mit. Rückendeckung statt Kritik erhält Möritz auch auf Landesebene. Generalsekretär Sven Schulze erklärte auf Twitter, die CDU habe »definitiv kein Rechtsextremismusproblem«. Auch griff er die Grünen für eine Erklärung an, die mit »Wieviel Hakenkreuze haben Platz in der CDU« überschrieben ist. Schulze forderte eine Entschuldigung, sonst sei »eine Fortsetzung der Koalition kaum denkbar.« (…) Die LINKEN-Politikerin erinnert daran, dass die Christdemokraten in Sachsen-Anhalt zuletzt wiederholt durch Vorstöße hin zu einer Öffnung der Partei nach Rechtsaußen auffielen. So sei es kein Zufall, dass Stimmen aus dem Kreisverband Anhalt-Bitterfeld, in dem die reaktionäre Vereinigung »Werteunion« stark vertreten ist, eine der Ersten in der CDU waren, die ein Zugehen auf die AfD forderten....“
  • „Wie viele Hakenkreuze haben Platz in der CDU?“ am 14. Dezember 2019 bei den Grünen Sachsen-Anhalt externer Link fragt zwar: „… Die ‚Schwarze Sonne‘ ist ein Element des Nationalsozialismus und ein Weltanschauungssymbol der SS. Sie besteht aus zwölf in Ringform gefassten gespiegelten Sig-Runen oder drei übereinander gelegten Hakenkreuzen. Wir fragen: Wie viele Hakenkreuze haben Platz in der CDU? Die nun behauptete Deutung der Personalie als jugendliche Verfehlung ist unglaubwürdig. Ein Ausstieg aus einer rechtsextremen Szene ist immer ein aktiver Prozess. Wenn das in Rede stehende Vorstandsmitglied tatsächlich einen Bruch mit der Szene hätte vollziehen wollen, hätte er nicht im Netz eine SS-Tätowierung zur Schau gestellt und positiv auf extrem rechte Bands Bezug genommen, sondern hätte seine Tätowierung entfernen lassen, wie es andere Aussteiger getan haben. Es braucht eine klare Antwort der demokratischen Kräfte in der CDU. Wir sehen den Parteivorsitzenden Holger Stahlknecht und Ministerpräsident Haseloff in der Pflicht, sich als klares Bollwerk gegen jeden Rechtsextremismus zu positionieren…“ – hat aber, angesichts der Verweigerung durch diese Herrschaften kein Wort für irgendwelche Konsequenzen übrig…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=159448
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