Europa wird rechts: Von Finnland bis Spanien übernimmt die Rechte das Ruder. Fehler der Linken tragen dazu bei

Dossier

Volksverpetzer: Die Verbindungen des europaweiten Neofaschismus-Netzwerkes – auch zu Le Pen„… Mit dem Umfragehoch der AfD und dem Wählerschwund der Linken steht Deutschland nicht alleine da. EU-weit zeichnet sich ein Rechtsruck ab. Er zeigt sich nicht nur in Italien, wo die Postfaschistin Giorgia Meloni im Oktober 2022 Ministerpräsidentin wurde. Allerdings konnte sie in Brüssel durchsetzen, dass die EU ihre Agenda in der Einwanderungspolitik unterstützt. Gegenüber linken Regierungen wie der von Alexis Tsipras in Griechenland 2015 gab es weniger Entgegenkommen. Diese unterschiedliche Akzeptanz und Kooperationsbereitschaft Brüssels gegenüber den Regierungen der Mitgliedstaaten hat offenbar Auswirkung auf den grundsätzlichen politischen Kurs der Union. Denn während die Rechten Erfolge erzielen und Vereinbarungen mit Brüssel treffen, werden die Linken wie eben die damalige griechische Regierung ausgebremst und auch in geradezu entwürdigender Weise bloßgestellt…“ Beitrag von Wasilis Aswestopoulos vom 18. Juli 2023 in Telepolis externer Link, siehe dazu:

  • Europa auf dem Weg nach rechts: Enge Kooperation mit einigen Rechtsaußenparteien unter Kommissionschefin von der Leyen ist für die Zeit nach der Wahl im Gespräch New
    „Bei der Europawahl im Juni drohen Parteien der äußersten Rechten laut Umfragen in einem Drittel der Mitgliedstaaten zur stärksten, in einem weiteren Drittel zur zweit- oder drittstärksten Kraft zu werden. Dies zeigt eine Analyse des European Council on Foreign Relations (ECFR), einer EU-weit vernetzten Denkfabrik. Im EU-Parlament wären die Rechtsaußen-Fraktionen ECR und ID nach aktuellem Umfragestand gemeinsam stärker als die Fraktion der Sozialdemokraten und als die der konservativen EVP. EVP und Sozialdemokraten stehen laut Umfragen vor Verlusten und könnten gemeinsam mit der liberalen Fraktion Renew Europe zwar noch rechnerisch eine knappe Mehrheit bilden; diese wäre aber in der parlamentarischen Praxis nicht stabil. Entsprechend dauert die Debatte an, ob unter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach der Wahl nicht auch Kräfte der äußersten Rechten zu einer intensiven Kooperation herangezogen werden sollen – vor allem aus der Fraktion ECR, der unter anderem die Schwedendemokraten und Vox aus Spanien angehören. Angeführt wird diese Fraktion von den ultrarechten Fratelli d’Italia unter Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. (…) Meloni wiederum hat im vergangenen Jahr insbesondere im Rahmen der Flüchtlingsabwehr sehr eng mit von der Leyen kooperiert; sie reiste gemeinsam mit der Kommissionspräsidentin im Sommer 2023 nach Tunis und kürzlich nach Kairo , um dort jeweils Deals zur Abschottung des Mittelmeers gegen Bootsflüchtlinge, die sie zuvor in die Wege geleitet hatte, zu unterzeichnen. Von der Leyen hat sich im Februar erstmals klar zu möglichen Koalitionen nach ihrer wahrscheinlichen Wiederwahl geäußert. Dabei zog sie drei „rote Linien“: Sie werde lediglich mit Kräften kooperieren, die erstens „proeuropäisch“ seien, zweitens „den Rechtsstaat“ achteten und drittens die Ukraine unterstützten bzw. „gegen Putins Versuch“ kämpften, „Europa zu schwächen und zu spalten“. Wie das Beispiel Meloni zeigt, schließt dies zumindest Teile der ECR ein. Während die polnische PiS sowie der ungarische Fidesz durch die Verweise auf den „Rechtsstaat“ bzw., im Fall des – zur Zeit fraktionslosen – Fidesz, auf die Unterstützung der Ukraine ausgeschlossen werden, ist das bei anderen ECR-Parteien nicht unbedingt der Fall. Unklar ist zudem, ob die Formel womöglich den RN einschließt, dessen Führung sich von Russland losgesagt hat und nicht mehr auf einen Austritt aus der EU orientiert. Tatsache ist jedenfalls, dass der cordon sanitaire, mit dem in Europa die extreme Rechte lange Zeit ausgeschlossen wurde, auch im Europaparlament zu bröckeln beginnt.“ Bericht vom 26. März 2024 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link
  • Befragung in acht europäischen Ländern enthüllt (und wird beim Burgtheater online vorgestellt): Steigendes Verlangen nach einem autoritären Führer
    • Neue Studie enthüllt: Steigendes Verlangen nach einem autoritären Führer
      „Eine aktuelle Studie zeichnet eine düstere Zukunft für die Demokratie. Autoritäre Einstellungen erstarken in Europa. Auch Deutschland ist betroffen.
      Immer mehr Menschen in Europa wünschen sich eine Ablösung des demokratischen Systems und den Wechsel zu autoritären Staatsformen. Vor allem in den südeuropäischen Ländern Italien und Frankreich geht die Stimmung in diese Richtung, aber auch in Osteuropa. In Deutschland vertritt ein geringerer Teil der Bevölkerung diese Auffassung – aber auch hierzulande wird dieser größer. Das belegt nun eine groß angelegte Befragung in acht Ländern, die von dem Wiener Historiker Oliver Rathkolb geleitet wurde. Aus Deutschland zählte die Frankfurter Historikerin und Politikwissenschaftlerin Sybille Steinbacher zu der Forschungsgruppe. Sie leitet das Fritz-Bauer-Institut und lehrt an der Goethe-Universität. (…) Besonders dramatisch ist die Lage der Demokratie den Ergebnissen nach in Italien und Frankreich, wo jeweils mehr als 40 Prozent der Befragten sich eine autoritäre Herrschaftsform wünschen. Weitere rund 20 Prozent sprechen sich teilweise dafür aus. In Deutschland und Österreich liegen diese Zahlen deutlich niedriger, doch auch hier sind sie gestiegen. Bei der vorangehenden Befragung 2019 befürworteten in Deutschland noch 13 Prozent einen ‚starken Führer‘, bei der von 2022 waren es 17 Prozent. Die Zahl der Gegnerinnen und Gegner eines solchen Regimes gingen um fünf Prozentpunkte von 44 auf 39 Prozent zurück. Es sei „auffallend, dass in allen Ländern, die auch 2019 untersucht wurden, die Zustimmung zum starken Führer steigt“, fassen Petra Ziegler und Andreas Schulz-Tomancok die Ergebnisse im Namen der Autor:innen zusammen. (…) Parteien und Politiker:innen genießen nach der jüngsten europaweiten Studie kein gutes Ansehen. In sämtlichen acht Ländern befanden mehr als die Hälfte der Befragten, dass die meisten Politiker:innen sich „nur um die Interessen der Reichen und Mächtigen“ kümmerten. In Großbritannien und Italien erreichte diese Aussage Werte von fast zwei Dritteln, in Deutschland stimmte ihr etwas mehr als die Hälfte der Befragten zu. Ein Grund für die Verdrossenheit mit der parlamentarischen Demokratie zeigt sich darin, wie viele Menschen der Aussage zustimmen: „Leute wie ich haben kein Mitspracherecht darüber, was die Regierung tut.“ In allen Staaten wird dieses Statement von mehr Menschen geteilt als verneint. In Deutschland glauben 45 Prozent der Befragten, sie hätten nichts zu sagen – rechnet man diejenigen hinzu, die teilweise zustimmen, sind es sogar drei Viertel der Teilnehmenden…“
      Artikel von Pitt von Bebenburg vom 18. März 2024 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
    • Interessant darin: „Die Präsentation der Studie im Burgtheater erfolgte auf ungewöhnliche Weise – nämlich eingebunden in literarische Annäherungen. Neun namhafte Autorinnen und Autoren, darunter Kathrin Röggla (Deutschland), Gerhild Steinbuch (Österreich) und Terézia Mora (Ungarn), hatten Texte zum Thema verfasst, die von Schauspielerinnen und Schauspielern des Burgtheaters vorgetragen wurden.“ – siehe dazu:
    • WEBSERIE: Onlinelesungen zu Demokratie & Autoritarismus
      Eine neunteilige Webserie beim Burgtheater externer Link präsentiert Texte europäischer Autor*innen zum Thema Demokratie & Autoritarismus. Mit Annamária Láng, Tobias Moretti, Martin Schwab & Marie-Luise Stockinger
    • Siehe zu der Befragung in acht europäischen Ländern:
      Autoritarismus, historische Wahrnehmungen und demokratische Dispositionen in Österreich, der Tschechischen Republik, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Italien, Polen und dem Vereinigten Königreich: Methodik und vergleichende Ergebnisse der Online-Umfragen 2019 und 2022. Vorabdruck eines Artikels von Petra Ziegler, Andreas Schulz-Tomancok und Jana Jodlbauer externer Link vom März 2024 aus der Studie des Wiener Instituts für Kultur- und Zeitgeschichte (VICCA), in Kooperation mit dem Fritz Bauer Institut und Goethe-Universität Frankfurt/Main Oliver Rathkolb (ed.), Authoritarian Trends and the Rebirth of Parliamentary Democracy in Europe, erscheint im Herbst 2024.
  • Rechte Wahlerfolge in EU: Wie braun wird Europa? Kommunistisches Erfolgsrezept in Österreich heißt: Kümmern!
    Vom Aufstieg der Rechtspopulisten: Eine kritische Betrachtung europäischer Wahlen. Für die bürgerliche Mitte wird es eng. Linke hat Erfolg, wenn sie ein Prinzip beachtet.
    Am 22. November triumphierte in den Niederlanden der Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Ein-Mann-Partei bei den Parlamentswahlen. Die Partij voor de Vrijheid (PVV) gewann mit 23,5 Prozent 37 von insgesamt 150 Parlamentssitzen. Nun scheint sogar eine Regierungsbeteiligung des rechtsradikale Narrative bedienenden Wilders möglich. Auf den ersten Blick scheint es, als wäre es ein unaufhaltsamer europäischer Trend. Gibt es wirklich keinen Ansatz für einen gegenläufigen Trend? (…)
    Biegt die gesamte EU auf die Schnellstraße nach rechts ab? Oder steckt vielleicht noch mehr dahinter? In seiner Analyse zur Wahl in den Niederlanden betont der ARD-Korrespondent Andreas Meyer-Feist aus Brüssel, dass dies eine ernste Warnung für die Ampel in Berlin sei. Meyer-Feist sieht im Wahlergebnis einen Protest der Bürger: „Das Wahlergebnis ist eine radikale Absage an das, was war. Es zeigt überdeutlich: Die Wählerinnen und Wähler haben zuletzt wenig bis nichts von ihren politischen Führungskräften gehalten, die sie mit Sprunghaftigkeit und Nichtstun enttäuscht haben.“ Eine Feststellung, die vor allem nach der jüngsten Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz am vergangenen Dienstag für Deutschland noch aktueller sein dürfte. Die Umfragen für die kommenden Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen deuten auf ein ähnliches Szenario als Wahlergebnis wie in den Niederlanden hin. (…)
    Offenkundig konzentriert sich der Protest in den vielen EU-Staaten hauptsächlich nach rechts. Auch die Umfragen in Österreich dokumentieren, dass die dortige FPÖ aktuell stärkste Partei ist. (…)
    Auch in Österreich zeigt sich jedoch, dass es eine zaghaft wachsende Opposition von links gibt. Die kommunistische Partei (KPÖ) holte im April bei der Landtagswahl in Salzburg mit 11,7 Prozent den vierten Platz und überholte die Grünen. Bei den vorherigen Wahlen lag sie bei nur 0,4 Prozent. (…) Das gute Abschneiden der KPÖ wird von Beobachtern mit der Glaubwürdigkeit Spitzenkandidaten Kay-Michael Dankl erklärt. Politisch startete Dankl bei den Grünen, verließ sie aber 2017. In Salzburg gewann Dankl mit der gleichen Strategie, mit der seine Parteikollegin Elke Kahr in der steirischen Landeshauptstadt Graz im November 2021 den Bürgermeisterposten gewann. Die KPÖ kümmert sich um Bürger und ihre sozialen Probleme. Sie bietet kostenlose Mieterberatung an. Auch für die Nationalratswahlen gibt es in den Umfragen, die der Partei im Mittel 3,3 Prozent geben, Anzeichen, dass es mit dem Überspringen der Sperrklausel von vier Prozent klappen könnte.
    Griechenland: KKE als „am meisten gewürdigte“ Oppositionspartei
    So kommunistisch wie der Parteiname ist die sozialdemokratisch linke KPÖ nicht. Das trifft eher auf die griechische kommunistische Partei (KKE) zu. Auch Mitglieder unterstützen Bürger an den Arbeitsplätzen, bei drohenden Pfändungen, bei Mietproblemen und bei anderen Problemen im Alltag. (…)
    Unabhängig von der politischen Ausrichtung zeigt sich, ob in Österreich oder Griechenland, dass die Wähler eine konsequente Oppositionsarbeit im Sinne ihres Blickfelds auf Bürgerrechte und die Bewältigung von Alltagsproblemen würdigen. Hier müssten die Parteien des viel zitierten „demokratischen Spektrums“ im übrigen Europa ansetzen, um einen weiteren Rechtsruck Europas effektiv einzugrenzen. Das bloße Kopieren rechter Parolen dürfte dagegen das sicherste Rezept für eine Niederlage sein
    .“ Beitrag von Wassilis Aswestopoulos vom 01. Dezember 2023 in Telepolis externer Link
  • Eine Mehrheit der Europäer glaubt nicht, in einer Demokratie zu leben – autoritäre Einstellung haben sich verfestigt, wenn auch Solidarität an Boden gewinnt
    Die Ergebnisse einer neuen Studie sind alarmierend. Autoritäre Einstellung haben sich verfestigt. Über demokratisches Misstrauen und undemokratische Politik. In Deutschland, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern, wird zurzeit heftig über die wachsende politische Entfremdung großer Teile der Bevölkerung von den etablierten Parteien diskutiert. (…)
    In manchen EU-Staaten haben sich zugleich in den letzten beiden Jahrzehnten mehr oder weniger autoritäre politische Systeme entwickelt, vor allem in Polen und Ungarn. In fast allen Ländern des Kontinents sind rechtsextreme Parteien auf dem Vormarsch. Kritisiert werden die Regierungen und Parlamentarier als korrupt, während sie Interessen und Bedürfnisse der einfachen Menschen nicht im Blick haben.
    Eine neue Untersuchung externer Link zeigt, wie weit die Kluft mittlerweile gewachsen ist zwischen der politischen Elite und ihrer Demokratie-Rhetorik einerseits und der Einschätzung der Bevölkerungen in den EU-Staaten andererseits. Das alarmierende Ergebnis: Nur ein Drittel der Europäer glaubt, dass ihr Land demokratisch regiert wird, und nur 20 Prozent sind mit der Funktionsweise des politischen Systems zufrieden. Das deutet auf eine schwere Krise der Repräsentation hin.
    Dagegen steht ein anderer Befund. So zeigen die Daten externer Link, dass Solidarität externer Link langsam an Boden gewinnt, ungeachtet der Versuchungen des individualistischen Rückzugs. Nahezu alle Europäer bejahen das demokratische System, und drei Viertel halten es für wichtig, in einem auf dieser Grundlage organisierten Land zu leben. 57 Prozent wünschen sich ein größeres Mitspracherecht in Bezug auf ihre Bedürfnisse am Arbeitsplatz und in ihrem täglichen Umfeld. Doch auch dieser positive Befund hat seine Schattenseite. Nur 38 Prozent können als sogenannte „ausschließliche Demokraten“ bezeichnet werden, die die Demokratie als gut und alle andere Systeme als schlecht deklarieren. So würden 52 Prozent der Befragten eine Regierung akzeptieren, die aus Experten besteht, die die Entscheidungen treffen (Technokratie), 32 Prozent haben nichts gegen einen autoritären Führer und 14 Prozent würden sogar ein Militärregime unterstützen. (…) Man sieht an den Studienergebnissen, dass die Bindung der Bürger:innen an das demokratische System schwindet, je stärker der Eindruck entsteht, dass Parlamente und Regierungen nicht für die Bevölkerung arbeiten, sondern primär für Lobbys und Eliten mit Machtzugang. Das ist eine Gefahr, insofern es den Wunsch befördert, dass jemand kommen sollte, um das Land autoritär anzuführen, damit es wieder „funktioniert“. Das gilt nicht nur für Europa, sondern auch, siehe Donald Trump, in den USA. Der Grund für das wachsende Misstrauen gegenüber der real-existierenden Demokratie ist durchaus nachvollziehbar und besitzt eine Basis. So hat der Politikwissenschaftler Martin Gilens mit einem Team von der Princeton University für die Vereinigten Staaten herausgearbeitet externer Link, dass die unteren 70 Prozent der Bevölkerung keinerlei Einfluss auf die Politik haben, während der Einfluss zunimmt, je höher man die Einkommensleiter aufsteige. Eine Untersuchung für den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hat 2016 ähnliche Ergebnisse externer Link für Deutschland ergeben. (…)
    Damit sich die real-existierenden Demokratien wiederbeleben können, muss sich also zuerst einmal die Politik ändern: weg von den Spezialinteressen der oberen Schichten, hin zu den gemeinwohlorientierten Bedürfnissen einer Mehrheit der Bürgerinnen. Das würde Vertrauen schaffen…“ Beitrag von David Goeßmann vom 18. September 2023 in Teleolis externer Link („Eine Mehrheit der Europäer glaubt nicht, in einer Demokratie zu leben“)

Siehe auch unser Dossier: Am autoritären Kipppunkt: In Deutschland werden autoritäre Ereignisse mehr, politische Räume enger. „Law and Order“-Politik hat Konjunktur

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=213663
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