„Der tägliche Einzelfall“: Noch ein Nazi bei der Berliner Polizei. Der faschistische Mobilisierung betrieb
„… Bei einem Berliner Polizeibeamten, der von Hessen in die Hauptstadt gewechselt war, wurde am 7. Februar wegen des „Verdachtes der Volksverhetzung“ und des Verwendens von „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main vollstreckt. Das teilte die Polizei am Mittwoch mit. Sie sprach gegenüber der B.Z. von einer „proaktiven“ Kommunikation auf die Frage, warum es so lange gedauert habe, den Fall öffentlich zu machen. „Das Ermittlungsverfahren hatte Vorrang“ vor Bekanntmachen des Sachverhalts, so der Polizeisprecher. Nun wolle man jedoch selbst als Erster mit der Nachricht an die Öffentlichkeit gehen. Die Durchsuchungsmaßnahmen fanden demnach sowohl am Arbeitsplatz als auch an der Wohnanschrift des Polizisten statt. Dabei konnten mögliche Beweismittel beschlagnahmt werden, deren Auswertungen aktuell noch andauern. Bestandteil der laufenden und durch das LKA Hessen geführten Ermittlungen sei die Mitgliedschaft des nun Berliner Polizeimitarbeiters in einem WhatsApp-Gruppenchat, in dem unter anderem auch Gewaltdarstellungen und rechtsextreme Inhalte ausgetauscht worden sein sollen...“ – aus der Meldung „Razzia! Berliner Polizist (35) Mitglied in rechtsextremem Gruppenchat“ am 19. Februar 2020 in der Berliner Zeitung online
– an der, wie so oft, auffällt, dass Chatgruppen-Mitgliedschaft eher als eine Art Meinungsaustausch bewertet wird, denn als Medium zur Verabredung von Verbrechen. Siehe dazu und zu den Hintergründen und Gesamtentwicklungen vier weitere Beiträge:
- „Verdacht auf Volksverhetzung: Wohnung eines Polizisten durchsucht“ von Hanning Voigts am 19. Februar 2020 in der FR online
dazu: „… Wie die Polizei Berlin mitteilte, ermittele die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen den Beamten, der von Hessen nach Berlin gewechselt ist, wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Er soll Mitglied in einem Whatsapp-Gruppenchat gewesen sein, in dem „Gewaltdarstellungen und rechtsextreme Inhalte“ ausgetauscht worden sein sollen, hieß es…“
- „Berliner Polizist soll Wortführer in rechtsextremem Chat sein“ von Alexander Fröhlich am 19. Februar 2020 im Tagesspiegel online
schon etwas deutlicher: „… Bei dem Beamten handelt es sich um einen 35 Jahre alten Polizeioberkommissar. Ihm wurde die Führung der Dienstgeschäfte verboten, er darf also vorläufig nicht arbeiten – bei vollen Bezügen. Auch ein Disziplinarverfahren wurde eingeleitet. Über eine Suspendierung samt möglicher Kürzung der Bezüge und eine Entfernung aus dem Dienst kann erst auf Grundlage der weiteren Ermittlungen entschieden werden. Das LKA Hessen und die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main ermitteln gegen den Beamten wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Der Beamte war nach Tagesspiegel-Informationen im vergangenen Jahr von der Polizei Hessen zur Berliner Polizei gewechselt und auf einem Abschnitt in Wedding tätig. Der Polizist sei Mitglied „in einem WhatsApp-Gruppenchat, in welchem auch Gewaltdarstellungen und rechtsextreme Inhalte ausgetauscht worden sein sollen“. Bei der Durchsuchung wurden Beweise beschlagnahmt, teilte die Berliner Polizei am Mittwoch mit. „Auf seinem Handy wurde etwas gefunden“, hieß es aus der hessischen Justiz. Es werde nun geprüft, ob er nur mitgelesen oder auch selbst rechtsextremistische Inhalte geteilt hat. Wie der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen erfuhr, soll der Beamte in den Chats nicht nur mitgelesen haben, vielmehr soll er einer der Wortführer gewesen sein. In der Chatgruppe sollen mehr als 50 Personen gewesen sein, aber nicht nur Polizisten, wie es hieß...“ – worin allerdings die Angabe fehlt, wie viele es denn waren, wenn es „nicht nur“ Polizisten waren, die da Nazi-Mobilisierung betrieben
- „Extremisten in Uniform“ von Anton Maegerle am 19. Februar 2020 in Kontext
versucht sich an einem längst unmöglichen aktuellen Überblick, hier der Teil, der unter politischer Kriminalität berichtet wird: „… Linke Aktivisten in Berlin bedroht: Ein Berliner Polizist hat Drohbriefe mit persönlichen Daten an Personen geschickt, die der linken Szene in Berlin zugerechnet werden. Darin drohte er, die Daten an Rechtsextreme weiterzuleiten. Inzwischen hat der Beamte gestanden, die Briefe im Dezember 2017 verschickt zu haben und hat einen Strafbefehl über 3 500 Euro akzeptiert. / Statt extremistische Aufschriften zu entfernten, malt die Brandenburger Bereitschaftspolizei welche dazu: Gegen neun Beamte der in Cottbus stationierten Brandenburger Bereitschaftspolizei, die im November am Großeinsatz gegen Aktionen des Klimaschutz-Bündnisses „Ende Gelände“ in der Lausitz beteiligt waren, läuft ein Disziplinarverfahren. Sie hatten ein Selfie gepostet, das die Polizistengruppe vor einem riesigen Wandgemälde mit der Aufschrift „Stoppt Ende Gelände“ zeigte, geschmückt mit einem Krebs – dem Wappentier der Stadt Cottbus, das auch von rechtsextremen und identitären Gruppen als Symbol verwendet wird. Später hieß es, die Beamten, die Order hatten, die Wand zu übermalen, hätten neben dem Krebs auch die Initialen „DC“ zurückgelassen, das Kürzel der rechtsextremen Gruppierung „Defend Cottbus“. / Informationen für Neonazis in Dieburg, Hessen: Das Amtsgericht Dieburg in Südhessen hat im März einen Polizisten zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er vertrauliche Daten an eine Bekannte mit Verbindungen in die Neonazi-Szene weitergegeben hat. / Volksverhetzung ohne Konsequenzen in Sachsen: Im Dezember 2019 wurde bekannt, dass ein Disziplinarverfahren gegen den sächsischen Polizeihauptmeister Roland G. eingestellt wurde. Im September 2017 hatte das Amtsgericht Dresden den Polizisten wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er auf Facebook Hass gegen Geflüchtete geschürt hatte. Der Beamte teilte auf seinem öffentlich einsehbaren Profil einen Beitrag, in dem es hieß, „in schwer bewaffneten Horden werden die art- und wesensfremden Ausländer (in der Mehrzahl muslimischen Glaubens) aus ihren Ghettos ausbrechen, die Kontrolle über europäische Großstädte übernehmen und auf bestialische Weise alles ausplündern“. Berufsrechtliche Konsequenzen folgten für den Polizeihauptmeister keine – er ist weiter im Polizeidienst tätig. / Rassistischer Angriff auf Geflüchteten in Baden-Württemberg: In einer Berufungsverhandlung am Landgericht Augsburg im März wurden zwei Polizeibeamte des Polizeireviers Giengen verurteilt, nachdem sie im September 2016 einen Geflüchteten aus Senegal rassistisch beleidigt und körperlich angegeriffen hatten. Ein 43-jähriger Polizeibeamter wurde zu einer elf-monatigen Haftstrafe, auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, sowie Zahlung von 3 000 Euro verurteilt. Der 41-Jährige muss 9 000 Euro zahlen…“
- „Einzelfälle oder Schattenarmee?“ am 09. Januar 2020 bei Cilip
war eine Veranstaltungsankündigung mit Heike Kleffner und Sebastian Wehrhahn zum Thema, bei der inzwischen auch die Tondatei des Vortrags zu finden ist. In der Ankündigung hieß es unter anderem: „… Der Fall Franco A., Prepper, Reichsbürger, NSU 2.0, rechte Chatgruppen, der Verein Uniter, rechte Geheimdienstpräsidenten, Feindeslisten und Drohbriefe: Jeder Fall für sich ist schon besorgniserregend. PolizistInnen und SoldatInnen dürfen Waffen einsetzen, RichterInnen Freiheitsentzug verhängen, Innenbehörden haben Zugang zu sensiblen Informationen und können Überwachungsmaßnahmen anordnen. Wie groß ist die Bedrohung durch rechte Gruppen und Netze in den Sicherheitsbehörden?…“
- Siehe zuletzt am 05. Februar 2020 zum Thema: Trotz aller Enthüllungen wird immer noch versucht, die „Einzelfall“-These der Nazis bei der Polizei aufrecht zu erhalten: Geht. Wenn man Rechtsradikal zu normal erklärt…