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„Black Lives don’t matter. For Europe“ oder: Wie US-Südstaaten-Gemeinden sich zur Wehr setzen gegen die Pellet-Exporte nach Europa

Holzkohlenmeiler in Carajás, Brasilien. Foto von Lisa CarstensenHolzpellets werden weltweit – und insbesondere in Europa wo in Wirklichkeit 60% aller angeblich erneuerbaren Energien aus Pellets gewonnen werden – immer noch als alternative Energiequelle „verkauft“. Und der größte Produzent von Holzpellets der Welt – sind die Südstaaten der USA. Die Bundesstaaten North und South Carolina, das südliche Georgia und Alabama, sowie das nördliche Florida sind die Gegenden, in denen die Produktion von Pellets konzentriert ist – nicht zuletzt aus Küstenwäldern dieser Staaten. Enviva ist das Unternehmen, das weltweit führend bei dieser Produktion ist und hat in mehreren dieser Staaten Anträge auf Erweiterung seiner entsprechenden Anlagen gestellt. Anlagen, die zumeist eben in zwar durchaus industrialisierten, aber dennoch ländlichen, also ärmeren Gegenden liegen – mit einer überdurchschnittlich hohen afroamerikanischen Bevölkerung. In den letzten Jahren haben sich nun zahlreiche örtliche Initiativen – zur Verteidigung von Wäldern und gegen den bei der Produktion besonders großen Wasserverbrauch durch zusammen mit Wäldern wegfallenden natürlichen Schutz. In dem Artikel „Europe Drives Destruction of US Forests in the Name of Fighting Climate Change“ von Dana Smith am 21. September 2020 bei Truthout externer Link wird – unter anderem – vom Kampf der Gruppierung „Clean Water for North Carolina“ externer Link beschrieben, die – wie andere Initiativen auch, in der Lage waren, so breit zu mobilisieren, dass die Regierung des Bundesstaates von weiteren Genehmigungen „absah“ – und andere Gouverneure bekundeten, in ihren künftigen Maßnahmen zur Stärkung alternativer Energien würden Pellets kein Bestandteil mehr sein. Die Bewegung in diesen Bundesstaaten ist inzwischen so groß geworden, dass es nicht nur Kooperation mit einer ganzen Reihe europäischer Initiativen gibt – sondern auch erste Reaktionen europäischer Regierungen auf diese Proteste. Siehe dazu auch drei weitere Hintergrundbeiträge – die vor allen Dingen deutlich machen, dass die sozialen und ökologischen Probleme, die bei der Pellet-Produktion entstehen, seit langem bekannt sind:

  • „Wie Holzpellets die Wälder ruinieren“ von Günter Willinger am 01. Februar 2016 bei Spektrum.de externer Link stellt aus wissenschaftlicher Sicht klar: „… Vor allem in England, aber auch in anderen EU-Staaten wie Belgien, den Niederlanden, Dänemark oder eben Frankreich werden alte Kohlemeiler – die von Gesetz wegen geschlossen werden müssen – auf den Betrieb mit Holzpellets umgerüstet. Sie verschlingen dann Hunderttausende bis Millionen Tonnen Holz im Jahr. Wirtschaftlich ist das nur durch staatliche Subventionen für Umbau und Betrieb der angeblich klimafreundlichen Energie. Die Regierungen müssen ihre Klimaziele bis 2020 erreichen, und die Energiekonzerne ergreifen die Chance, die Betriebsdauer ihrer alten Anlagen zu verlängern. Auch deutsche Konzerne wie E.on, RWE oder German Pellets sind weltweit dabei, sich den Holznachschub für ihre Biomassekraftwerke zu sichern – auf Kosten der Wälder in Europa und Nordamerika, wie Kritiker befürchten. Der Bedarf an Holzpellets ist rapide gewachsen. Waren es 2001 noch zwei Millionen Tonnen weltweit, wurden 2014 bereits 27 Millionen Tonnen hergestellt. Davon wurden drei Viertel oder 18,8 Millionen Tonnen Pellets in der EU verbrannt: 11 Millionen in privaten oder gewerblichen Heizungsanlagen und 7,8 Millionen in großen Kraftwerken als Kohleersatz. Während über fünf Millionen Tonnen dieser Industriepellets aus Nordamerika importiert wurden, stammen die in Heizungen genutzten Pellets fast ausschließlich von europäischen Produzenten. Nach verschiedenen Schätzungen wird sich der Pelletbedarf in den nächsten fünf bis zehn Jahren verdoppeln bis verdreifachen. Eine Prognose rechnet mit einem Pelletbedarf von 35 Millionen Tonnen allein in Europa im Jahr 2020...“
  • „“Der Waldboden blutet aus““  am 31. Januar 2009 beim Spiegel online externer Link ist ein Interview mit einem Förster – das hier vor allem als Hinweis darauf steht, dass das Thema wahrlich nicht neu ist. Förster Wohlleben sagt in dem Interview unter anderem: „… Heizen mit Holz erinnert an die Situation wie wir sie vor 200 Jahren hatten. Das Resultat damals war: Der Wald verschwand. Nur durch den Siegeszug von Kohle und Öl hat er sich erholt. Wenn heute 80 Millionen Menschen statt wie vor 200 Jahren 20 Millionen wieder auf Holz setzen – und aufgrund des gestiegenen Lebensstandards auch noch den fünf- bis zehnfachen Heizbedarf im Vergleich zu früher haben – muss jedem klar sein: Das kann einfach nicht funktionieren! (…) Aber was viele nicht wissen: Die Späne, aus denen die Pellets hergestellt werden, werden in Blockheizkraftwerken getrocknet. Und die werden zum guten Teil mit importiertem Palmöl betrieben, für das Regenwälder auf Borneo abgeholzt werden. Zudem entsteht bei der Verbrennung Feinstaub. Moderne Pellet-Heizungen sind zwar deutlich besser als herkömmliche Kamine. Aber es entsteht mehr Feinstaub als bei Gas-Heizungen…“
  • „Holzpellets – klimapolitischer Holzweg?“ von Heike Wipperfürth am 21. Juni 2019 im Deutschlandfunk externer Link zum wichtigsten Produzenten, dem Enviva-Konzern unter anderem: „… Weitere Auslöser der Kritik an der schnell wachsenden Holzpellet-Branche sind die zunehmende Verschmutzung der Luft in der Nähe ihrer Betriebe und das Abholzen ganzer Waldgebiete. Das sei ein Angriff auf Biodiversität und Ökosysteme, finden Umweltschützer wie der Gutsbesitzer Jack Spruill aus North Carolina. „Sie nehmen ganze Bäume. Es gibt viele Fotos von LKWs, die bei den Holzpellet-Anlagen von Enviva ganze Baumstämme abliefern. Es stimmt nicht, dass sie nur übriggebliebenes Holz benutzen, das andere nicht wollen“. Enviva hat sich nun mit Umweltschützern geeinigt, neue Anlagen zur Luftreinhaltung in zwei seiner Betriebe zu installieren. Und die Firma hat sich mit Umweltorganisationen zusammengeschlossen, um das Ökosystem und die Artenvielfalt in der Nähe seiner Betriebe zu fördern und wieder herzustellen. Der Nachhaltigkeitsstandard von Enviva sei sehr hoch, sagt Thomas Meth: „Erstens, wo immer Holz geerntet wird, wir nehmen Holz von dieser Ernte, werden Bäume nachgepflanzt, ganz wichtig für die Nachhaltigkeit, da gibt es keine Ausnahme. Wir sind ein Teil des natürlichen Kreislaufs in einem Wald, der geerntet wird, der wächst wieder nach und wir nehmen einen Teil dieser Ernte, der anderswertig nicht verwendbar ist“. Ein Brennstoff des guten Gewissens seien Holzpellets dennoch nicht, sagt der Forscher für Umweltpolitik, Tim Searchinger.  „Wenn Kraftwerke einen Teil ihrer Kohleanlagen auf Holz umgestellt haben, stoßen sie mehr Co2 aus als vorher, können aber behaupten, dass sie ihre Treibhausgasemissionen gesenkt haben, während sie weiter Kohle verbrennen – und bleiben im Geschäft“. Während eine Klage von Umweltschützern aus fünf EU-Mitgliedsstaaten das Aus für die Förderung von Biomasse durch die EU fordert, produziert Enviva auch weiterhin so viele Holzpellets wie möglich. Das Unternehmen erhielt bereits neue Großaufträge von RWE für die Niederlande und Mitsubishi in Japan. Unterstützung erhält es auch von der Trump-Regierung: Die Umweltschutzbehörde EPA will Biomasse noch in diesem Sommer zur erneuerbaren Energie erklären – gegen den Willen ihres wissenschaftlichen Beirats. Und weil der globale Holzpellet-Markt laut Grand View Research bis 2025 um jährlich fast 10 Prozent auf einen Umfang von 16 Milliarden Dollar weiter wachsen soll ist klar, dass Envivas Produkte auch weiterhin sehr gefragt sind...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=179513
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