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Alphabet Workers Union: Die erste Gewerkschaftsgründung bei Google-USA – und eine der etwas anderen Art…

Dossier

Logo der Google (Alphabet) Betriebsgewerkschaft, gegründet am 4.1.2021„… Mitarbeiter des US-Internetriesen Google und dessen Mutterkonzern Alphabet haben sich erstmals in einer Gewerkschaft zusammengeschlossen. Die Alphabet Workers Union vertrete über 200 Beschäftigte in den USA, teilte die Organisation am Montag (Ortszeit) mit. Das Bündnis will sich für faire Bezahlung und Arbeitsbedingungen einsetzen. Die Mitglieder fordern zudem, dass sich der seit Jahren in der Kritik stehende Konzern strukturell verändert. Google ist aufgrund von Vorwürfen etwa wegen Sexismus, Rassismus und Machtmissbrauch durch Führungskräfte schon länger mit internen Protesten konfrontiert. Im November 2018 hatten deshalb Tausende Beschäftigte zeitweise die Arbeit niedergelegt. Die Alphabet Workers Union stellt in der gewerkschaftsfernen US-Tech-Branche eine seltene Ausnahmeerscheinung dar, vertritt allerdings auch nur einen Bruchteil der insgesamt über 130.000 Mitarbeiter des Alphabet-Konzerns. Das Unternehmen erklärte gegenüber US-Medien allgemein, Arbeitnehmerrechte zu unterstützen, ohne jedoch konkret auf die grundlegende Kritik einzugehen. In der Stellungnahme machte Alphabet indes deutlich, sich auch künftig lieber „direkt mit all unseren Beschäftigten“ zu befassen als mit der neu gegründeten Arbeitnehmervertretung...“ – aus der dpa- Meldung „Google-Mitarbeiter gründen Gewerkschaft“ vom 05. Januar 2021 externer Link (hier bei T-Online) worin auch zumindest sehr kurz die Vorgeschichte skizziert wird und die Tatsache berichtet, dass sich die Betriebsorganisation der CWA anschließt… Siehe dazu die Gründungsmitteilung der AWU auf ihrem Twitter-Kanal, einen beispielhaften aktuellen Bericht aus dem US-Medien-Mainstream, einen älteren Hintergrundbeitrag über die Entwicklung von Leih- und Zeitarbeit bei Google – und den Hinweis auf unser Dossier über die Entlassungsdrohungen in San Francisco (die wesentlich zur Gründung der Gewerkschaft beitrugen):

  • Neue Enthüllung zu Googles Anti-Gewerkschafts-Strategie: Das Geheimprojekt des Konzerns sollte Mitarbeiter davon abhalten, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Ein Richter ordnet die Herausgabe von Dokumenten an New
    Neue Details über Googles geheime gewerkschaftsfeindliche Kampagne mit dem Namen „Project Vivian“ sind aufgetaucht. Der Datenkonzern bekämpfte mit Project Vivien von Ende 2018 bis Anfang 2020 gewerkschaftliche Organisierungsbemühungen im Unternehmen. Das berichtet das US-Magazin Vice und beruft sich dabei auf konzerninterne Dokumente, die Teil eines arbeitsrechtlichen Verfahrens sind.
    Googles Direktor für Arbeitsrecht, Michael Pfyl, beschreibt in den Unterlagen Project Vivian als eine Initiative, „um Mitarbeiter positiver einzubinden und sie davon zu überzeugen, dass Gewerkschaften scheiße sind“, so Vice externer Link. Ein Google-Anwalt schlug demnach vor, eine „angesehene Stimme zu finden, um einen Meinungsartikel zu veröffentlichen, in dem skizziert wird, wie ein gewerkschaftlich organisierter Tech-Arbeitsplatz aussehen würde, und den Mitarbeitern von FB (Facebook), MSFT (Microsoft), Amazon und Google zu raten, dies nicht zu tun“.
    Googles Personalchefin, Kara Silverstein, unterstützte die Idee, wollte aber „keine Fingerabdrücke“: Der Artikel solle nicht „Google-spezifisch“ geschrieben werden. Der zuständige Verwaltungsrichter befiehlt Google nun, dieses und zirka 180 weitere Dokumente dem Gericht vorzulegen. (…) Anfang 2020 haben Hunderte Beschäftigte Googles und anderer Tochterfirmen der Google-Holding Alphabet, erstmals eine Gewerkschaft für Google-Mitarbeiter in den USA gegründet externer Link. Die Alphabet Workers Union (AWU-CWA externer Link) steht sowohl Voll- und Teilzeitbeschäftigten als auch Leiharbeitern sowie Werktätigen in befristeten Verhältnissen offen. Die Arbeitnehmervertretung ist Teil des Netzes von Lokalgewerkschaften der „Communications Workers of America“, einer Gewerkschaft mit rund 700.000 Mitgliedern in den USA, Kanada und Puerto Rico. Google erkennt die AWU-CWA bislang nicht an.“ Artikel von Andreas Knobloch vom 10.01.2022 bei heise news externer Link
  • Einordnung dieser Neugründung in den gesellschaftlichen Meinungsumschwung gegenüber Gewerkschaften
    • „The Google Uprising in Context“ von Harold Meyerson am 05. Januar 2021 bei American Prospect externer Link ist ein Beitrag, der die Gewerkschaftsgründung bei Google einordnet in einen gesellschaftlichen Meinungsumschwung, der laut verschiedenen Befragungen dazu geführt hat, dass inzwischen 65% der US-Bevölkerung gewerkschaftliche Organisierung positiv betrachten (in den USA ein bisher nicht erreichter Wert) – und die Hindernisse für den „praktischen Vollzug“ in der konsequent antigewerkschaftlichen Offensiv-Strategie der Konzerne sieht und in der Frage, ob jemand „von Außen“ dann bestimmen soll, was passiert…
    • „What is a Minority Union?“ von David Doorey am 04. Januar 2021 bei Law of Work externer Link ist eine kurze Einführung in das US-Arbeitsgesetz und seine Bestimmungen über die Rolle und Möglichkeiten einer (nicht tariffähigen) Minderheitsgewerkschaft (die ja immer dann existiert, wenn es beispielsweise in betrieblichen Abstimmungen eben keine Mehrheit für eine gewerkschaftliche Vertretung gibt).
  • We’re Alphabet workers. We’ve been organizing for over a year, & we’re finally ready to share why. This morning, we’re announcing AWU, the first union open to *all* workers at any Alphabet company. Every worker deserves a union—including tech workersam 04. Januar 2021 im Twitter-Kanal der Alphabet Workers Union externer Link (AWU) war die Originalmitteilung der neuen Betriebsgewerkschaft am Tag zuvor. Worin neben der Vorgeschichte (mehreren erfolgreichen Aktionen, die jeweils durch überraschend große Mobilisierung erreicht wurden – über alle haben wir in dieser unserer LabourNet Germany Rubrik „Google“ berichtet) auch einige der entscheidenden Gründe (und Zielsetzungen) der Gründung unterstrichen werden – wie etwa, sehr zentral, gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Alle in allen Google-Unternehmen. Im dazu gehörenden Thread nicht nur eine endlose Reihe von Glückwünschen usw. (sowohl von vielen Einzelpersonen, als auch von einer ganzen Reihe Gewerkschaften „rund um die Welt“), sondern auch immer wieder einzelne Beiträge, in denen zu Arbeitsbedingungen in der Branche knappe Aussagen getroffen werden…
  • „Google workers unionize, a watershed in Silicon Valley activism“ von Shuana Hussein am 04. Januar 2021 in der Los Angeles Times online externer Link steht hier als Beispiel für die regelrechte Welle an Berichterstattung über die Gewerkschaftsgründung im Mainstream der US-Medien. Worin unter anderem darüber berichtet wird, dass sich zu den ursprünglich etwas über 200 Kolleginnen und Kollegen, die sozusagen Gründungsmitglieder der AWU sind, inzwischen schon einige hinzu gesellt haben – 400 Mitglieder habe die Betriebsgewerkschaft am Ende des Tages. Und eben der wesentliche Unterschied zu „traditionellen Gewerkschaften in den USA“ hervorgehoben wird: Dass auch alle Arten von Vertrags-Beschäftigten organisiert und mobilisiert werden sollen und nicht nur die direkt bei Google (bzw. Alphabet) angestellten „MitarbeiterInnen“. Die AWU sei aufgrund ihrer geringen Größe (noch?) nicht tariffähig, was aber auch nicht ihr Hauptanliegen sei, sondern die Mobilisierung im Kampf für mehr und gleiche Rechte. Die Gewerkschaftsgründung, so wird in dem Beitrag abschließend informiert, sei Ergebnis einer sich direkt darum drehenden Debatte seit Ende 2019 – die seit der Entlassung von Aktivistinnen (siehe den Verweis am Ende dieses Beitrags) nochmals an Kraft gewonnen habe. Mehrere Stimmen von Gewerkschaftsmitgliedern und Gewerkschafts-Soziologen, die im Laufe des Beitrags zitiert werden, unterstreichen, dass jetzt das Entscheidende sei, dass die Mitglieder der AWU-Gewerkschaft „im Fahrersitz“ bleiben und nicht etwa die CWA… Die AWU selbst verweist auf den NYT-Artikel: Hundreds of Google Employees Unionize, Culminating Years of Activism externer Link – siehe auch The ABC’s of Google’s New Union externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=184626
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