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Der Streik der Gefangenen in den USA geht über die ursprünglich vorbereiteten 17 Bundesstaaten hinaus

usa_gefängnisstreik_21.8.2018Weltrekorde, die US-Amerikaner nicht feiern: Fast 2,3 Millionen Menschen sitzen in amerikanischen Gefängnissen. Das sind etwa 25 Prozent der weltweiten Gefängnisbevölkerung. Nicht nur in absoluten Zahlen mehr als in jedem anderen Land, sondern auch gemessen an der Einwohnerzahl. Die Gründe dafür sind vielfältig, zu ihnen gehören ein teils alttestamentarisches Rechtsverständnis, hohe Mindeststrafen, ein Zusammenhang zwischen Urteilshärte und Ethnie/Wohlstand des Beschuldigten. Dazu dient der Gefängnisbetrieb als Geschäftsmodell für private Betreiber und in einigen abgelegenen Gegenden als wichtiger Arbeitgeber. 75 Prozent der US-Amerikaner sind für eine Reform des Strafrechts, selbst konservative Politiker wollen – wenn auch oft aus Kostengründen und wegen fehlender Kapazitäten – weniger US-Bürger für Jahrzehnte eingesperrt sehen. Seit dem 21. August protestieren nun die Insassen selbst für bessere Bedingungen. In zehn Bundesstaaten sind Gefangene in den Hungerstreik getreten oder verweigern die Arbeit, dazu gab es vereinzelt Protestkundgebungen vor den Haftanstalten. Die Aktionen sollen noch bis zum 9. September andauern, koordiniert werden sie unter anderem von Organisationen wie „Jailhouse Lawyers Rock“, einem anonymen Verbund von Insassen in South Carolina. In South Carolina findet sich auch der Anlass für den Streik. Dort kam es im April zu heftigen Ausschreitungen in einem Gefängnis. Beim Streit zwischen Gangs starben sieben Insassen durch Messerstiche, gut zwei Dutzend weitere wurden verletzt. Anonym beschwerten sich Augenzeugen, dass die Wärter sieben Stunden lang nicht eingegriffen hätten – und wiesen auch darauf hin, dass das Gefängnis überfüllt und die sanitäre Situation schlecht sei. Seit dem Vorfall darf kein Insasse seine Zelle länger als eine Stunde pro Tag verlassen…“ – aus dem Artikel „Keine Lust mehr auf unbezahlte Arbeit“ von Johannes Kuhn am 31. August 2018 bei der SZ online externer Link, worin ausführlich über Gründe und Hintergründe des Gefangenenstreiks in den USA informiert wird. Siehe dazu auch zwei weitere aktuelle Beiträge und den Hinweis auf den letzten unserer bisherigen Berichte:

  • „Der Streik, den es nicht gibt“ von Dorothea Hahn am 31. August 2018 in der taz externer Link unter anderem über das Medienecho: „Verlässliche Zahlen über die aktuellen Proteste gibt es nicht. Die Informationen stammen aus Versatzstücken von Angehörigen und AktivistInnen. Die Gefängnisverwaltungen mauern. Nur in drei Bundesstaaten haben sie bislang überhaupt zugegeben, dass es Proteste gibt. Überall sonst bestreiten sie die Existenz von Protesten in Gefängnissen. „Es gibt externe Agitatoren, die versuchen, unsere Gefangenen aufzuwiegeln,“ sagte Chris Gautz von der Gefängnisverwaltung in Michigan zu Journalisten, „glücklicherweise hören die Gefangenen nicht auf sie.“ Mehrere Gefängnisse haben mit Lockdowns auf die Proteste reagiert, haben die Insassen rund um die Uhr eingesperrt und Besuche und Telefonkontakte verboten. In Florida erklärt Karen Smith von der Gruppe Incarcerated Workers Organizing Committee (IWOC) die Informationsblockade der Gefängnisbehörden damit, dass sie eine Ausweitung der Proteste verhindern wollen: „Die Gefangenen sollen nicht erfahren, dass so etwas in dem massiven Gefängnisstaat möglich ist.“…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=136932
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