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Uber organisiert eine Kampagne in Kalifornien: Mit Millionen Dollar für die Freiheit. Der Ausbeutung

DAs Uber Streikplaka der IWGB in London am 8.5.2019Der US-Fahrdienstvermittler Uber klagt im Streit um ein Gesetz zu Freiberuflern und Freiberuflerinnen den Bundesstaat Kalifornien. Uber zog vor dem heutigen Inkrafttreten des Gesetzes gemeinsam mit der Kurierfirma Postmate vor Gericht. Das kalifornische Gesetz stuft unabhängige Selbstständige in gewissen Fällen als Angestellte ein, was ihnen einen Mindestlohn und Ansprüche auf Gesundheitsleistungen garantiert. Das steht konträr zum Geschäftsmodell der „Gig Economy“, bei dem Unternehmen wie Uber kurzfristig kleine Aufträge an unabhängige Freiberufler vergeben. Der Fahrdienstvermittler müsste wegen des Gesetzes höhere Sozialabgaben zahlen. Er bezeichnet den Text als verfassungswidrig: Unternehmen und Freiberufler hätten das Recht, im Rahmen dieses Geschäftsmodells zu arbeiten. In ihrer Klage argumentieren Uber und Postmate, die „Gig Economy“ erlaube Fahrern und Fahrerinnen, „Geld zu verdienen, wann und wo sie es wollen, mit nie da gewesener Unabhängigkeit und Flexibilität“. (…) Uber und sein US-Konkurrent Lyft haben jeweils 30 Millionen Dollar (27 Millionen Euro) zurückgelegt, um gegebenenfalls ein Referendum zu organisieren, damit das Gesetz durch einen vorgeschlagenen Kompromiss zu sozialen Rechten ersetzt wird...“ – aus der Meldung „Streit um Selbstständigengesetz: Uber klagt Kalifornien“ am 31. Dezember 2019 beim ORF externer Link – wobei der Gesamtbetrag, den die Unternehmen für diese Kampagne ausgeben wollen, noch viel höher liegt, als die Gelder für ein mögliches Referendum… Siehe dazu vier weitere Beiträge über das verabschiedete Gesetz und seine Bedeutung – sowie dazu, wie Uber & Co ihre Kampagne organisieren – und mit wem…

  • „Kalifornien: Gesetz soll aus Uber- und Lyft-Fahrern Angestellte machen“ von Martin Holland am 11. September 2019 im heise newsticker externer Link hatte zur Verabschiedung des Gesetzes gemeldet: „… In Kalifornien hat das Oberhaus einem Gesetz zugestimmt, das nicht nur den Arbeitsmarkt in dem US-Bundesstaat kräftig umkrempeln, sondern das Geschäftsmodell von Internet-Startups wie Uber oder Lyft drastisch beeinflussen dürfte. Der unter der Abkürzung AB5 (Assembly Bill 5) firmierende Gesetzentwurf sieht vor, dass die unabhängigen Mitarbeiter nicht nur von Uber & Co. rechtlich zu Angestellten machen würde. Mit dem Gesetz wird ein Urteil des Obersten Gerichtshofs von Kalifornien umgesetzt und erweitert, berichtet der San Francisco Chronicle. Uber, Lyft und der Lieferdienst DoorDash haben aber weiteren Widerstand angekündigt und dafür fleißig Geld gesammelt. (…) Unter Berufung auf Experten schreiben US-Zeitungen nun, dass Anbieter wie Uber 20 bis 30 Prozent höhere Kosten haben würden, wenn das Gesetz Realität wird. Gewerkschaften hoffen im Gegenzug auf viele neue Mitglieder. Insgesamt gehe es um Hunderttausende Stellen, schreibt der Chronicle. Ein einjähriger Aufschub sei lediglich für Zeitungszusteller vorgesehen. Für jede Menge klassische Berufe wurden demnach ebenfalls Ausnahmen vorgesehen, vor allem wenn die Betroffenen direkt mit den Kunden verhandeln und ihre eigenen Preise festlegen. Das trifft demnach etwa auf Friseure, Anwälte, Ingenieure, Makler und Grafikdesigner zu...“
  • „Jagd auf die Einhornfirmen“ von Tilan Baumgärtel am 24. September 2019 in der taz online externer Link kommentierte damals unter anderem so: „… Daher stellt sich langsam die Frage, ob das Geschäftsmodell von Uber, Lyft und all den anderen Firmen, die mit ähnlichen Methoden die weltweiten Märkte erobern wollen, überhaupt funktioniert. Wenn diese Firmen schon dann nicht in der Lage sind, Geld zu verdienen, wenn sie ihre Fahrer nach Herzenslust ausbeuten können – , was soll dann erst passieren, wenn sie diese normal bezahlen müssen? Die neuen Regeln dürften Lyft und Uber allein in Kalifornien pro Jahr schätzungsweise 800 Millionen Dollar kosten. Dabei galt gerade Uber seit seiner Gründung als die firmengewordene Bestätigung, dass eine vollkommen freie Marktwirtschaft ohne staatliche Einmischung die besten Ergebnisse für alle liefert. In welchem Land auch immer die Firma ihre Dienste anbot, trat sie auf, als gälten die lokalen Gesetze für sie nicht. Das führte zu Protesten von Taxifahrern. Immer wieder machten wahllos eingestellte Chauffeure durch gesetzwidriges Verhalten Schlagzeilen. In Ländern wie Indonesien, Thailand, den Niederlanden, Spanien und Indien wurde Uber zeitweise oder dauerhaft verboten. Die Chefs taten alles, um Uber als Firma zu profilieren, die glaubt, dass für sie keine Regeln gelten. Das Unternehmen missbrauchte Kundendaten und plante die Einschüchterung missliebiger Journalisten und Politiker. Man senkte die versprochene Bezahlung seiner Fahrer nach Gutdünken und trieb viele von ihnen in die Insolvenz. Firmengründer Travis Kalanick, ein bekennender Anhänger des Marktradikalismus, installierte als Management eine Jungsclique, die bei Uber eine toxische Firmenkultur etablierte, zu der sexuelle Übergriffe und erbarmungslose Leistungsanforderungen an Untergebene gehörten. (…) Das AB-5-Gesetz aus Kalifornien ist ein Beispiel dafür, dass das möglich ist – interessanterweise kommt es aus genau dem US-Bundesstaat, in dem solche Geschäftsideen seit Jahrzehnten ausgebrütet und finanziert werden…
  •  „Courts Block State Laws Aimed at Protecting Workers, For Now“ von Ervin Mulhaney am 02. Januar 2020 bei Bloomberg Law externer Link berichtet über mehrere Gerichtsurteile, die Gesetze mit genaueren Bestimmungen über Arbeitsbedingungen (zu mindestens einstweilen) blockieren, die zu Jahresbeginn in Kraft treten sollten. Darunter eben auch das „Uber-Gesetz“ aus Kalifornien. Interessant dabei auch, dass es nicht die Unternehmen selbst waren, die vor Gericht zogen, sondern der Verband der Transportunternehmen, die California Trucking Association. Ein Hinweis auch darauf, dass die so modernen Unternehmen mit sehr altmodischen schmutzigen Methoden kämpfen.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161306
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