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PedidosYa (Delivery Hero) in Uruguay: Das Unternehmen hat etwas Tyrannisches und Dystopisches zugleich

Dossier

PedidosYa, Tochter von Delivery Hero (und Sponsor der uruguayischen Fussballmannschaft) entlässt 251 Lieferant*innen - die Gewerkschaft UTP bittet um internationale Unterstützung„… Camila Lara, Vorsitzende der Gewerkschaft UTP (Unión de Trabajadores de PedidosYa), erzählt, wie die Gewerkschaft vor vier Jahren entstand. „Das Unternehmen sagte: Okay, wir gehen auf eure Forderungen ein. Aber das bedeutet einen Einstellungsstopp für Uruguay. Wir lagern Geschäftsprozesse nach Kolumbien aus. Dort finden wir leicht Leute, die die Arbeit machen, die ihr nicht machen wollt.“ Luiza de Souza, die wie Camila in der Erstellung von Inhalten für die Website arbeitet, möchte dabei klarstellen: „Wir fordern, dass auch die outgesourcten Arbeitskräfte zu den gleichen Bedingungen bei PedidosYa angestellt werden. Die Technologie 4.0 erlaubt es heutzutage, von überall zu arbeiten. Das bringt aber auch eine Kolonialisierung 4.0 mit sich. Nach der Übernahme durch Delivery Hero hat ein Outsourcing eingesetzt, das nach den billigsten Arbeitskräften sucht. Das Unternehmen, das für das Outsourcing zuständig ist, wirbt auf seiner Website damit, dass es die Personalkosten von PedidosYa um 45 Prozent gesenkt hat. Der Gewinn geht nach Deutschland.“…“ Aus dem Interview von Britt Weyde aus der ila 465 mit der Gewerkschaft UTP/PedidosYa, Montevideo – wir danken! Siehe Grundinformationen zu Delivery Hero und PedidosYa ganz unten im Beitrag und aktuelle Entwicklung:

  • PedidosYa, Tochter von Delivery Hero (und Sponsor der uruguayischen Fussballmannschaft) entlässt 251 Lieferant*innen – die Gewerkschaft UTP bittet um internationale Unterstützung New
    • Hilferuf aus Uruguay
      Am 5. Januar 2024 beschloss „PedidosYa“, Tochterunternehmen von „Delivery Hero“ mit Sitz in Berlin, einseitig die Entlassung von 251 Arbeiter*innen. Die Gewerkschaft „Unión de Trabajadores de PedidosYa“ bittet um Unterstüzung
      Die „Unión de Trabajadores de PedidosYa“, eine gewerkschaftliche Organisation, die alle Beschäftigten des Unternehmens Delivery Hero in Uruguay vertritt, das in unserem Land unter dem Namen „PedidosYa“ gegründet wurde, möchte Sie über die Situation informieren, in der sich Hunderte Arbeiter und Arbeiterinnen aufgrund der schlechten Geschäftspraktiken der Vertreter der Firma Delivery Hero konfrontiert sehen.
      Am 5. Januar 2024 beschloss das Unternehmen einseitig die Entlassung von 251 Arbeiter und Arbeiterinnen. Dies geschah durch einen Videoanruf, der nicht länger als fünf Minuten dauerte. Das Unternehmen löste einen arbeitsrechtlichen und sozialen Konflikt aus, der bis heute andauert und in dem wir für unsere Wiedereinstellung kämpfen müssen. In Uruguay sind wir an diese Art von Unternehmenspolitik nicht gewöhnt. (…) Es ist wichtig zu erwähnen, dass das Unternehmen in unserem Land ein ununterbrochenes Wachstum verzeichnet, Gewinne in Millionenhöhe erwirtschaftet und Steuerbefreiungen in Millionenhöhe seitens des uruguayischen Staats erhalten hat. Dies geht in keinem Verhältnis zu der Situation, in der sich 251 Arbeiter und Arbeiterinnen heute befinden, da wir unsere Löhne nicht erhalten. Die Arbeitslosenquote liegt landesweit bei 8,6 %, was bei allen Beteiligten und insbesondere in der uruguayischen Gewerkschaftsbewegung große Besorgnis hervorruft.
      In Anbetracht der obigen Ausführungen bitten wir um ein möglichst baldiges Treffen, um die Situation näher zu erläutern und Möglichkeiten für ein gemeinsames Vorgehen auszuloten. 251 Familien sind auf unser Handeln angewiesen…“ Meldung vom 16.01.2024 in der ila externer Link, sie dokumentiert eine Zuschrift der Unión de Trabajadores de PedidosYa, siehe auch:
    • „#despidosya #despidosyauy
      Am 5. Januar hat @deliveryherocom unter seinem lateinamerikanischen Namen @Pedidosya in einer zweiminütigen Sitzung 250 Arbeiter arbeitslos und ihre Familien ohne ihre Haupteinkommensquelle zurückgelassen.
      Wir lehnen es ab, dass wieder einmal ein Multimillionen-Dollar-Unternehmen aus Europa in unsere lateinamerikanischen Länder kommt, um Geld zu verdienen, und die Arbeiter dann in einer prekären Situation zurücklässt, um in das nächstgelegene Land zu gehen, das sich in einer Krise befindet, damit sie weniger bezahlen können. Sie haben kein soziales Gewissen und sind sich der traurigen Folgen nicht bewusst, die sie hinterlassen, wo auch immer sie auf der Suche nach ihren unendlichen Profiten sind. DH ist ein Unternehmen auf der ganzen Welt, das mit der Ausbeutung Tausender Arbeiter Geld verdient.“ engl. Thread der Unión de Trabajadores de PedidosYa vom 7.1.2024 externer Link und ab da auf deren Twitter-Account externer Link aktuelle Infos (auch zu Protesten bei der Nationsalmannschaft) und den Pressespiegel
    • Für Freitag, 19.01 ist eine Protestkundgebung geplant, siehe den span. Aufruf auf Twitter externer Link

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Das Unternehmen hat etwas Tyrannisches und Dystopisches zugleich

Gespräch mit der Gewerkschaft UTP/PedidosYa, Montevideo

Die Mai-Ausgabe (Nr. 456) der Zeitschrift ila - das Lateinamerika-Magazin - zum Thema "Logistik"Plaza del Congreso, Buenos Aires, Ende März. Die Nächte sind noch warm und laden zum Draußensitzen ein. Auf dem Platz gibt es eine öffentliche Filmvorführung. Bei einem generös gefüllten Glas Rotwein stellt sich ein Gefühl für die Metropole ein. Immer wieder kommen junge Männer mit kleinen Kindern an den Tisch. „Una moneda por favor“, eine Münze bitte. An der Eingangstür zum Restaurant stoppen im Dreiminutentakt Kuriere, mit den typischen unergonomischen Würfeltaschen auf dem Rücken, um Pizza oder Burger abzuholen. Ich studiere die Firmenzeichen. Die Mikro-Statistik ergibt: Die Fahrer arbeiten für Rappi, UberEats, vor allem aber für PedidosYa. Einige Tage später geht es nach Montevideo. „Ja, die Essenskuriere, was für ein beschissener Job. Die bauen viele Unfälle, weil sie so gestresst sind“, seufzt meine Gastgeberin. Eine andere Freundin erzählt, dass die Bringdienste aktuell Aufregerthema seien, weil die Kuriere samt Fahrzeugen die Gehwege vor den Schnellrestaurants verstopfen würden. Erfreulicherweise gibt es in Uruguay, typisch für das kleine Land mit seinen Arbeitskämpfen, die Gewerkschaft UTP, die Union der Angestellten bei PedidosYa. Und die haben nicht nur rege Social-Media-Kanäle, sondern reagieren auch fix und positiv auf eine Gesprächsanfrage.

von Britt Weyde

Der Druck war enorm. Die Zuständigen für die Chats mit Kund*innen, Restaurants und Fahrer*innen mussten auf viele Anfragen gleichzeitig in einem vorgegebenen Zeitfenster reagieren. Die Folge: Stress und Panikattacken.“ Camila Lara, Vorsitzende der Gewerkschaft UTP (Unión de Trabajadores de PedidosYa), erzählt, wie die Gewerkschaft vor vier Jahren entstand. „Das Unternehmen sagte: Okay, wir gehen auf eure Forderungen ein. Aber das bedeutet einen Einstellungsstopp für Uruguay. Wir lagern Geschäftsprozesse nach Kolumbien aus. Dort finden wir leicht Leute, die die Arbeit machen, die ihr nicht machen wollt.“ Luiza de Souza, die wie Camila in der Erstellung von Inhalten für die Website arbeitet, möchte dabei klarstellen: „Wir fordern, dass auch die outgesourcten Arbeitskräfte zu den gleichen Bedingungen bei PedidosYa angestellt werden. Die Technologie 4.0 erlaubt es heutzutage, von überall zu arbeiten. Das bringt aber auch eine Kolonialisierung 4.0 mit sich. Nach der Übernahme durch Delivery Hero hat ein Outsourcing eingesetzt, das nach den billigsten Arbeitskräften sucht. Das Unternehmen, das für das Outsourcing zuständig ist, wirbt auf seiner Website damit, dass es die Personalkosten von PedidosYa um 45 Prozent gesenkt hat. Der Gewinn geht nach Deutschland.“

Der 27-jährige Maxi Picart ist Politikwissenschaftler und in der Qualitätskontrolle von PedidosYa beschäftigt. Er weist auf weitere Folgen hin: „In Kolumbien gibt es eine größere Fluktuation beim Personal. Außerdem übernehmen sie mehr Aufgaben als wir. Gleichzeitig müssen wir uns hier um die Fehler kümmern, die die outgesourcten Arbeitskräfte machen, weil sie weniger Einarbeitung bekommen haben. Wir bügeln das Missmanagement des Unternehmens in anderen Ländern aus.“ Camila erklärt das Arbeitsparadigma der Plattformökonomie. „Es gilt als vorteilhafter, ,Kooperationspartner‘ statt Angestellter zu sein.“ Dadurch werden Verantwortung und Kosten vermieden. Luiza ergänzt: „Die Kurierfahrer*innen werden als Einmannbetriebe bezeichnet, die für das Unternehmen PedidosYa Dienstleistungen erbringen. Bei Arbeitsunfällen haben sie nicht die gleichen Rechte und Behandlungsmöglichkeiten wie Angestellte.“

Die Geschäftsführung von PedidosYa spricht nicht gerne über Zahlen. Etwa 1200 Personen sind in Uruguay angestellt, dazu 2000 bis 3000 Kurierfahrer*innen. Maxi Picart erklärt die ungenauen Zahlen. „Einige Fahrer*innen teilen ihr Konto mit anderen. So sind mehr Fahrer*innen unterwegs als offiziell registriert.“ In dem Sektor arbeiten viele Migrant*innen aus Venezuela und Cuba. Camila erläutert die Hintergründe: „Sie teilen ihre Konten aus purer Not. Für Migrant*innen ist das Leben hier superteuer. Und das Unternehmen nutzt ihre Verletzbarkeit aus.“ Rodrigo Otero, der sich bei PedidosYa um den Chat mit den Kund*innen kümmert, ergänzt: „Das zeigt die Monopolstellung von Pedidos Ya in der Region. Das Unternehmen hat etwas Tyrannisches und Dystopisches zugleich.“ Rodrigo ist der Einzige der vier, der zum Arbeiten in die Konzernzentrale an der Rambla von Montevideo geht. „Wer in den schicken Büros mit Blick auf die Uferpromenade arbeitet, darf nicht diejenigen vergessen, die sich auf der Straße abhetzen“, meint Camila. 90 Prozent der Angestellten von PedidosYa wollen trotzdem im Home-Office arbeiten.

Wie sieht es in Sachen Ausstattung aus? Camila erzählt: „Zu Beginn der Pandemie haben alle im Home-Office Computer bekommen, teilweise Router. Die Gewerkschaft sorgte dafür, dass wir eine Teilerstattung für unsere Internetkosten bekommen. Außerdem erreichten wir, dass wir ergonomisch angepasste Ausstattung ausgeliehen bekommen, Schreibtischstühle, Fuß- oder Bildschirmstützen.“

Eine Sache eint alle, die für PedidosYa arbeiten: „Wir werden ständig bewertet“, sagt Camila. Maxi erläutert: „Wie schnell löst du ein Problem, gehst auf eine Anfrage oder Beschwerde ein? Es gibt standardisierte Zeitvorgaben. Wenn du länger brauchst, wirst du schlechter eingestuft. Wenn du überdurchschnittlich fix bist, bekommst du eine Prämie. Die Gewerkschaft hat sich dafür eingesetzt, dass die Qualität der Bearbeitung eine größere Rolle spielen sollte.“ Luiza weist darauf hin, dass das Ranking nicht nur die Höhe des Gehalts beeinflusst. „Gravierender ist, dass ein niedriges Ranking aufgrund einer schlechten Performance ein Kündigungsgrund sein kann. Ein Beispiel: Ich arbeite im Kundenchat. Eine Bestellung ist nicht angekommen. Der genervte Kunde beschwert sich. Als Mitarbeiterin muss ich genaue Anweisungen befolgen, mit welchen Worten, Sätzen und Emojis ich reagiere. Daran halte ich mich. Danach bekomme ich eine Bewertung vom Kunden. Vielleicht bewertet er mich schlecht. Und obwohl ich mich minutiös an die Vorgaben des Unternehmens gehalten habe, geht mein Ranking den Bach runter!“

Das argentinische Forschungszentrum Fundar hat das algorithmische Arbeitsmanagement analysiert und kommt zu dem Schluss, dass es angesichts der radikal veränderten Arbeitsbedingungen dringend neuer Regelungen zum Schutz der Arbeitnehmenden bedarf. Die Plattformen sammeln bei Bestellungen jeweils über 170 Daten, von den Kund*innen, den Restaurants, den Kurier*innen, der Plattform selbst. Bei der Automatisierung hakt es auch mal, wie Rodrigo berichtet: „Die Fahrer*innen haben uns erzählt, dass sie häufig nicht das Trinkgeld bekommen, das die Kund*innen bei der Online-Zahlung angeben. Bei ihren mageren Einkünften ist das bitter.“

Können bei diesem Arbeitsregime Methoden aus dem 20. Jahrhundert – Streiks, Demos – wirksam sein? „Die Vereinzelung ist riesig“, erzählt Luiza. „Wir haben Mitglieder, die wir im realen Leben noch nie gesehen haben.“ Camila ergänzt: „Aktuell haben wir knapp 90 Mitglieder. Wir hatten auch schon mal 160. Aber im ersten Pandemiejahr wurden 50 Leute entlassen, 25 aus der Gewerkschaft. Bei der Auslagerung von Prozessen ins Ausland gab es neulich ein Angebot zum ,freiwilligen Ausscheiden‘ inklusive einer Abfindungszahlung. Auch Gewerkschaftsmitglieder haben das angenommen.“

Vor dem Hintergrund des Outsourcings sind Streiks nicht besonders erfolgversprechend. „Wenn wir die Arbeit niederlegen, wird die App weiter funktionieren, dank der Kolleg*innen in Kolumbien“, seufzt Maxi. „Als Gewerkschaftsmitglieder sind wir nicht so gern gesehen. Das Unternehmen behauptet zwar, dass das keine Rolle spiele. Wenn es aber interne Ausschreibungen gibt, hast du als Gewerkschaftsmitglied weniger Chancen.“ Momentan herrscht in Uruguay eine ziemlich gewerkschaftsfeindliche Stimmung. „Kaum jemand will sich verbindlich engagieren“, bedauert Maxi. Luiza pflichtet ihm bei: „Die Leute wollen aufsteigen und Kohle machen. Eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft steht dem im Weg. Trotz allem versuchen wir uns neu zu erfinden, nutzen Social Media, treffen uns online. Gewerkschaftsarbeit muss sich den neuen Arbeitsbedingungen anpassen.“ Rodrigo erzählt von Erfahrungen mit dem Lehrstuhl für Arbeitsmedizin. „Über ein Jahr lang haben wir einmal monatlich in mehrstündigen Sessions darüber gesprochen, welche Strategien wir gegen die ständigen Anfeindungen auf der Arbeit entwickeln. Das hatte etwas Therapeutisches. Und mit Studierenden der Sozialarbeit haben wir Strategien entwickelt, um neue Leute anzusprechen.“

Die Mitglieder der UTP sind ziemlich jung, wie die Angestellten bei PedidosYa insgesamt. „Da unsere Arbeitsverhältnisse für alle etwas Neues sind, gibt es viele Studien dazu“, erzählt Camila. „Wir sind inmitten einer Revolution des Arbeitsregimes. Wir versuchen uns stärker mit der Universität auszutauschen. Neue Debatten müssen geführt werden. Darüber hinaus sind wir mit Leuten vernetzt, die für PedidosYa fahren, zum Beispiel in Kolumbien, Chile, Argentinien, Brasilien.“

Uruguay macht lediglich sechs Prozent des Marktes von PedidosYa in Lateinamerika aus. „Was hier geschieht, hat nicht viel ökonomisches Gewicht“, meint Camila. Allerdings haben die Vorgänge in Uruguay einen hohen symbolischen Wert. „Wir müssen auf jeden Fall regionale Strategien entwickeln“, schlussfolgert die Gewerkschaftsvorsitzende. Auch Maxi zieht ein nüchternes Fazit: „Unsere Gewerkschaft kann punktuell Schadensbegrenzung betreiben. Die Unternehmenspolitik wird von Deutschland vorgegeben und weltweit umgesetzt. Wenn die Fahrer*innen die Arbeit niederlegen, hat das Auswirkungen aufs Geschäft, die Kette wird durchbrochen. Wenn wir in der Einsatzzentrale streiken, juckt es die Chefs nicht. Dann übernehmen andere. Die Makrophilosophie des aktuellen Kapitalismus verbreitet Unsicherheit, damit wir nicht wissen, ob wir morgen noch Arbeit haben oder nicht. PedidosYa trifft Entscheidungen auf Grundlage von Daten. Dieser Automatisierungsprozess findet überall statt. Wir müssen dafür sorgen, dass dies zum Nutzen der Menschen geschieht. Oder, wenn das nicht klappt, diese Dynamik bremsen“.

Interview von Britt Weyde aus der ila 465 – wir danken! (Das Gespräch führte Britt Weyde am 4. April 2023 in Montevideo)

  • Der Schwerpunkt der ila 465 hat einen Umfang von 28 Seiten (das gesamte Heft 56 Seiten) und kann zum Preis von 6,00 Euro bei der ila (Heerstraße 205, 53111 Bonn, 0228-658613, ila-bonn@t-online.de, www.ila-web.de externer Link) bestellt werden. Siehe das Editorial zur ila 465 externer Link (samt Inhaltsverzeichnis)
    Unsere Empfehlung: Sich selbst oder anderen eine Freude machen und ein Abo der ila externer Link (auch als bunte PDF Version erhältlich) verschenken! Siehe auch die aktuelle Spendenkampagne externer Link

Weitere Quellen:

Delivery Hero und PedidosYa

Einer der größten Player weltweit unter den Essenslieferdiensten ist Delivery Hero. Der Schwede Niklas Östberg hat 2011 das Unternehmen gegründet und groß gemacht, 2017 ging es an die Börse. Das Unternehmen hat zwar seinen Sitz in Deutschland, aber Kuriere von Delivery Hero sind hierzulande seit dem Verkauf im Jahr 2018 an den niederländischen Konkurrenten Takeaway.com nicht mehr unterwegs. Die ursprünglichen Marken Lieferheld, Pizza.de und Foodora gingen an den Rivalen, der vor allem unter dem Namen Lieferando aktiv ist. In der Plattformökonomie herrscht ein gnadenloser Wettbewerb, es kann nur einen Lieferkönig geben. Im Jahr 2021 versuchte Delivery Hero erneut, mit Foodpanda einen Lieferdienst in deutschen Städten anzubieten. Doch Delivery Hero hatte keine Chance gegen Lieferando.

So konzentriert sich Delivery Hero auf Wachstumsmärkte in Asien und Lateinamerika, erschließt neue Geschäftsfelder (Lieferung von Lebensmitteln oder Medikamenten), schreibt aber immer noch keine schwarzen Zahlen. Im Jahr 2014 verleibte es sich mit PedidosYa den größten regionalen Online-Essensanbieter in Lateinamerika ein. Um dessen Erfolgsgeschichte ranken sich die typischen Startup-Mythen: An einer Privatuni in Montevideo tüfteln drei junge Männer an einem Konzept für effiziente Essensbestellungen und gründen im Oktober 2009 PedidosYa. Laut der Chilenischen Handelskammer hat PedidosYa letztes Jahr mit 136000 Restaurants und über 60000 Kurierfahrer*innen in über 500 Städten in 15 Ländern gearbeitet (Argentinien, Bolivien, Chile, Costa Rica, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua, Panama, Paraguay, Peru, Dominikanische Republik, Uruguay, Venezuela; interessanterweise fehlen Kolumbien, wo Rappi Marktführer ist, und Brasilien).

Seit seiner Gründung hat PedidosYa in sechs Investitionsrunden insgesamt 328,5 Millionen US-Dollar an Finanzmitteln aufgebracht, dennoch ist das Unternehmen nicht rentabel. Auch an der Akzeptanz der App muss weiter gearbeitet werden, da 70 Prozent der Kund*innen weiterhin bei den Restaurants bestellen. „Rentabilität wird erreicht, wenn wir so gut wie eine Bestellung pro Kopf im Monat bekommen. Das wollen wir bis 2024 erreichen“, erklärte Geschäftsführer Esteban Gutiérrez gegenüber Bloomberg Media im März 2022.

„Die größte Herausforderung in Lateinamerika besteht darin, dass es eine große Kluft zwischen den Reichen, der Mittelschicht und den Ärmsten gibt“, sagte Gutiérrez gegenüber La Nación im Jahr 2021. Für das Unternehmen reiche es nicht aus, nur in den begüterten Stadtteilen genutzt zu werden. „Der Kunde im dritten Kordon der Peripherie von Buenos Aires sieht eine Essenslieferung als Luxusgut. Auf diesen Verbraucher zielen wir ab.“ Deswegen müsse das Unternehmen eine Expansionsstrategie in städtischen Randgebieten verfolgen. Dabei könnten eigens errichtete „Geisterküchen“ hilfreich sein. „Geisterküchen bringen nicht nur beliebte Restaurants an Orte außerhalb der Stadtzentren, wo es die geringste Anzahl und Vielfalt an Restaurants gibt; sie machen auch die Essenslieferung effizienter. Wenn Restaurants näher an den Wohnort der Kunden rücken, werden die Lieferzeiten kürzer“, heißt es dazu auf der Website von Delivery Hero.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=211949
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