»
Uganda »
»
»
Uganda »
»
»
Uganda »
»

Landgrabbing for Coffee in Uganda: Durch die Armee vertrieben für eine Plantage des Kaffeekonzerns Neumann

Dossier

2001 in Uganda: 4.000 Menschen vertrieben - für deutschen Kaffee„Kleinbauer Tumwine besaß zwei Häuser, 30 Tiere und vier Hektar fruchtbares Land. Er lebt im Westen von Uganda und seine Familie hatte ihr Auskommen bis zum 18. August 2001. Dann wurde sie zusammen mit 4000 anderen Menschen durch die ugandische Armee vertrieben, um Platz zu schaffen für eine Plantage des Hamburger Kaffeekonzerns Neumann. Neumann ist weltweit führender Rohkaffee-Importeur. Die ugandischen Soldaten walzten in vier Dörfern Häuser nieder, legten Feuer und verwüsteten die Felder. In Folge der gewaltsamen Räumung starben mehrere Menschen. Seitdem streiten die Kleinbauern für ihr Recht. Neumann lehnt jede Verantwortung für die Vertreibung ab, aber ein aktuelles Gerichtsurteil gibt dem Unternehmen eine Mitschuld…“ Feature von Michael Enger im Deutschlandfunk vom 18.03.2014 externer Link Audio Datei samt Manuskript, siehe dazu:

  • Profit durch Vertreibung in Uganda: Mittellos mit deutscher Hilfe – Betroffene klagen seit Jahren auf Entschädigung – bis heute erfolglos New
    Für eine deutsche Kaffeefirma hat Ugandas Armee einst viele Familien vertrieben. Betroffene klagen seit Jahren auf Entschädigung – bis heute erfolglos.
    Enttäuschung steht Peter Kayiira ins Gesicht geschrieben. Der 62-jährige Ugander steht am Hohen Gericht in Ugandas Kleinstadt Mubende und erklärt Mitstreitern, warum der Verhandlungstermin, der für diesen Dienstag im Juni angesetzt war, wieder einmal vertagt wird: „Der Richter wurde versetzt“, sagt er. Der nächste Termin sei im Oktober. „Damit verlieren wir ein halbes Jahr“, seufzt Kayiira und fügt schnell hinzu: „Aber nach so langer Zeit werden wir nicht auf­geben.“ Die rund zwei Dutzend Bauern und Bäuerinnen, die um den kleinen Mann herum stehen, nicken. Sie alle haben sich aus ihren Dörfern auf den umliegenden Hügeln nach Mubende aufgemacht, ihre Schuhe poliert und sich ihre schwarzen T-Shirts übergestreift, die sie jüngst haben drucken lassen. „22 Jahre Kampf für Gerechtigkeit – umsonst!“, steht darauf geschrieben. Darunter sieht man einen Bauer, der eine Erdkugel als Last trägt. Darauf sind die deutsche und die ugandische Flagge abgedruckt. Über 22 Jahre prozessieren die Bauern bereits, ein Marathonverfahren. Sie haben 2002 sowohl die ugandische Regierung verklagt als auch den deutschen Kaffeekonzern Neumann Kaffee Gruppe (NKG) beziehungsweise dessen ugandischen Ableger: die Kaweri-Kaffeeplantage. Der Grund: Die 400 Familien, die einst auf Hügeln bei Mubende lebten, wurden ihnen zufolge 2001 gewaltsam vertrieben, um einer rund 2.500 Hektar großen Plantage zu weichen. Bis heute, so sagen sie, gab es dafür keine Entschädigung. (…) „Wir werden jetzt nicht aufgeben“, spricht Kayiira den Bauern Mut zu. Er war einst Lehrer in der Grundschule, bis diese 2001 von Neumann übernommen wurde. (…) Jüngst haben die Bauern neue Hoffnung geschöpft: Das Hohe Gericht in der 140 Kilometer entfernten Hauptstadt Kampala hat im vergangenen Jahr das Verfahren nach Mubende verlegt. Es soll neu aufgerollt werden. Doch die Termine werden stetig verschoben. Auch dieser nun im Juni. Immerhin: Diesen Mai war eine Delegation des Deutschen Bundestags zu Besuch, hat sich die Geschichte der ugandischen Bauern angehört. Diese haben den Abgeordneten aus Berlin eine Petition überreicht. Darin „bitten“ sie die Bundesregierung, dass diese auf Ugandas Regierung Druck ausübt, damit der „endlose Gerichtsprozess endlich schnell und zügig verhandelt wird“. Sie hoffen, dass die Bundesregierung nach Inkrafttreten des Lieferkettenschutzgesetzes in Deutschland Anfang 2024 Druck macht, die Einhaltung der Menschenrechte auch einzufordern. (…) Zurück in Berlin wandten sich die Abgeordneten an das zuständige Ministerium für Wirtschaft und Klima. „Hat die Bundesregierung Kenntnis von dem Fall der gewaltsamen Vertreibung von über 4.000 Menschen durch die ugandische Armee von ihrem Land im Jahr 2001?“, so ihre Anfrage. „Hat die Neumann Kaffee Gruppe oder eine ihrer Tochterfirmen von 2001 bis heute staatliche Unterstützung des Bundes erhalten?“, wollen sie wissen. In einer Antwort vom 11. Juni heißt es: Man verfolge die „Entwicklungen in Kaweri seit über 20 Jahren aufmerksam“. Das Ministerium räumt ein: Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG), also die staatliche Entwicklungsbank mit Sitz in Frankfurt, habe Neumann mit rund einer halben Million Euro für Projekte in Lateinamerika und Asien unterstützt, und die deutsche Entwicklungsagentur GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) setze mit Neumann Projekte im Wert von über 3 Millionen Euro um, auch in Ostafrika. (…) Das Lieferkettenschutzgesetz könne jedoch nicht rückwirkend angewandt werden. Die Abgeordneten, mit denen die taz in einem Hintergrundgespräch gesprochen hat, sind aufgebracht. Dass Projekte des Kaffeekonzerns mit Steuergeldern bezuschusst werden, sei ein doppelter Skandal. (…) „Die Vertreibung hat auch mein Leben zerstört“, berichtet der 35-jährige Richard Kafuuma. Im gebügelten Hemd steht er an jenem Morgen vor dem Gericht in Mubende. Er war bei der Vertreibung gerade einmal 13 Jahre alt. Seitdem ist er nie wieder zur Schule gegangen, weil seine Eltern kein Geld mehr hatten für Schulgebühren. Die Hoffnung auf eine Entschädigungszahlung hat er aufgegeben. Kafuuma sagt: „Wir wollen doch nur Gerechtigkeit.“ Artikel von Simone Schlindwein vom 29. Juli 2024 in der taz online externer Link
  • Eine Festnahme aus unpolitischen Gründen in Uganda: Völlig zufällig trifft es den Sprecher der Menschen, die von deutschem Kaffee-Unternehmen zweimal vertrieben wurden…
    „… Am 16. Dezember ist Peter Baleke Kayiira, Sprecher der Vertriebenen der Kaweri Coffee Plantation in Uganda, festgenommen worden. Die Verhaftung geschah kurz nach seiner Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung am Hohen Gericht in Kampala; diese stand im Zusammenhang mit der Vertreibung im Bezirk Mubende im Jahr 2001. Bei der Verhandlung hatte der ugandische Staatsanwalt ein Angebot zur Entschädigung der Vertriebenen vorgestellt. Diese wollen am morgigen Donnerstag entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder weiter prozessieren wollen. Gemäß seiner telefonischen Aussage gegenüber FIAN wurde Baleke Kayiira auf dem Gerichtsgelände von mehreren Personen in Zivil umstellt und ohne Vorlage eines Haftbefehls festgenommen. Ihm sei mitgeteilt worden, dass die Verhaftung auf unbeglichenen Schulden beruhe, zu deren Zahlung er 2016 in einer privaten Angelegenheit verurteilt worden sei. Er werde in das Gefängnis Luzira in Kampala gebracht. Als Sprecher der Vertriebenen der Kaweri Coffee Plantation hat sich Peter Baleke Kayiira engagiert dafür eingesetzt, dass die Betroffenen für die von der ugandischen Armee UPDF im August 2001 illegal verübten Vertreibung umfassend entschädigt werden. Die Regierung von Uganda hat das Land der Dorfbewohner an die Tochtergesellschaft der deutschen Neumann Kaffee Gruppe verpachtet...“ – aus der Meldung „Verhaftung des ugandischen Menschenrechtsverteidigers Peter Baleke Kayiira am 18. Dezember 2019 bei FIAN externer Link, worin auch der ganze Fall – und insbesondere das Zusammenwirken der ugandischen Regierung mit dem deutschen Unternehmen – nochmals kurz skizziert wird.
  • Der Kampf der Bauern, die in Uganda von einem deutschen Kaffee-Unternehmen vertrieben wurden, geht weiter – zumal auch vom „Ersatz-Land“ eine Vertreibung folgte…
    kleinbauern schuetzen
    „… Über einen fünfjährigen Zeitraum hat die Menschenrechtsorganisation FIAN die menschenrechtlichen Auswirkungen der gewaltsamen und entschädigungslosen Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Uganda untersucht. Ihre Ergebnisse hat sie nun in einer englischsprachigen Studie veröffentlicht. Darin werden massive Verletzungen sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Menschenrechte durch Uganda und Deutschland aufgezeigt. Die Klage der Vertriebenen wird am 2. Dezember in Uganda erneut vor Gericht verhandelt.  Die Vertreibung fand im August 2001 statt. Von 2014 bis 2019 hat ein Team von FIAN fünfmal vor Ort recherchiert und Vertriebene und Schulleiter zu den Lebensbedingungen seit der Vertreibung befragt. In der Studie kommen viele Vertriebene zu Wort. Diese berichten über Hunger und Armut, fehlenden Zugang zu Trinkwasser, unzureichende Wohnsituation und Bildungschancen, auseinanderbrechende Familien sowie Gewalt gegen Frauen. „Das Ausmaß von Hunger, Armut und Gewalt infolge dieser Vertreibung ist erschreckend,“ betont Gertrud Falk von FIAN Deutschland, die an der Studie mitgearbeitet hat. „Die Recherche zeigt, dass die Zeit diese Menschenrechtsverletzungen nicht heilt. Im Gegenteil: sie verschärfen sich zunehmend aufgrund des fehlenden Zugangs zu Agrarland und Wasser“...“ – aus der Vorstellung der neue Studie „Anhaltende Menschenrechtsverletzungen infolge der Vertreibung zugunsten der Kaffeeplantage der Neumann Kaffee Gruppe“ am 20. November 2019 bei FIAN externer Link Deutschland, in der eine Art Gesamtbilanz der Vertreibungspolitik von Unternehmen und Regierung gezogen wird. Siehe dazu auch den Link zur besprochenen (englischen) Studie, einen Beitrag über die zweite Vertreibung im Oktober 2018, sowie einen zur gerichtlichen Verfügung vom 02. Dezember 2019:

    • „Uganda: Regierung und Neumann Kaffee Gruppe verweigern Entschädigung für Vertriebene“ am 02. Dezember 2019 bei FIAN externer Link zum Gerichtsbeschluss an diesem Tag: „… In der heutigen Gerichtsverhandlung hat der Richter am Hohen Gericht in Kampala/Uganda die Frist noch einmal um zwei Wochen bis zum 16. Dezember verlängert. „Die erneute Verzögerung des Mediationsverfahrens ist ein Skandal“, bewertet FIAN-Referentin Gertrud Falk das Schweigen der Beklagten. Falk ist derzeit vor Ort. „Ein Unternehmen, das sich selbst als weltweit führender Rohkaffee-Dienstleister bezeichnet, verzögert die Entschädigung von Menschen, die unter Hunger und Armut leiden, seitdem sie für die unternehmenseigene Kaffeeplantage vertrieben wurden“. Weder der ugandische noch der deutsche Staat werden ihren menschenrechtlichen Pflichten gerecht: Uganda muss dafür sorgen, dass die Rechte der Betroffenen wiederhergestellt und sie angemessen entschädigt werden. Deutschland muss zum einen das Unternehmen in der Weise regulieren, dass es Wiedergutmachung leistet; zudem muss den Vertriebenen Zugang zum deutschen Justizwesen ermöglicht werden…“
    • „Human Rights violations in the context of Kaweri Coffee Plantation/Neumann Kaffee Gruppe in Mubende/Uganda“ externer Link ist die rund 40-seitige (englische) Broschüre, die im obigen Beitrag vorgestellt wurde.
    • „Uganda: Vertriebene der Kaweri Kaffeeplantage von versprochenem Land vertrieben“ am 05. Dezember 2019 bei FIAN externer Link meldet zur zweiten Vertreibung unter anderem: „… „Ich bin zweimal vertrieben worden, ohne entschädigt zu werden. Mein Leben hat sich dadurch erheblich verschlechtert“, fasst die sechzigjährige Joyce Namakula ihr Schicksal zusammen. Sie wurde 2001 von ugandischen Soldaten von ihrem Land vertriebenen, welches die ugandische Investitionsbehörde seitdem der Kaweri Coffee Plantation Ltd., einem Tochterunternehmen der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe, verpachtet. Aus eigener Kraft baute sie mit ihren Kindern eine neue Existenz in der benachbarten Gemarkung auf. Doch 17 Jahre nach der Vertreibung für die Kaweri Plantage wurde sie im Oktober 2018 erneut ohne Entschädigung vertrieben. „Ihre Geschichte verdeutlicht, dass die Mär vom alternativen Land, auf das die Vertriebenen der Kaweri Coffee Plantation angesiedelt worden seien, schlicht falsch ist“, kommentiert FIAN-Referentin Gertrud Falk. „Die Vertriebenen der Kaweri Kaffeeplantage wurden weder umgesiedelt, noch hätten sie auf dem Land Sicherheit vor weiterer Vertreibung gehabt...“
  • Nach 15 Jahren: Ugandische Landbevölkerung weiterhin im Widerstand gegen deutsche Kaffeeplantage
    Vom 18. bis zum 21. August 2001 machte die ugandische Staatsarmee die vier Dörfer Kitemba, Luwunga, Kijjunga und Kiryamakobe im Bezirk Mubende dem Erdboden gleich. Die Regierung verpachtete das Land an die Kaweri Coffee Plantation Ltd., einer 100%igen Tochterfirma der Hamburger Neumann Gruppe GmbH. Die Soldaten walzten mit Bulldozern Häuser nieder, zündeten Viehställe an und plünderten Lebensmittelvorräte. Die rund 4.000 Bewohner mussten während der Regenzeit schutzlos und ohne angemessenen Zugang zu Trinkwasser in den umliegenden Wäldern kampieren. Einige Vertriebene starben an den Folgen der gewaltsamen Vertreibung. Grundschüler konnten ein Jahr lang nicht zur Schule gehen, da die Kaweri Coffee Plantation die Grundschule in Kitemba zu ihrem Verwaltungssitz umfunktionierte und eine neue Schule erst ein Jahr später gebaut wurde. “Infolge der gewaltsamen Vertreibung werden die sozialen Menschenrechte der Vertriebenen bis heute vielfach verletzt”, so FIAN-Referentin Gertrud Falk. FIAN unterstützt den Kampf der Betroffenen seit 2002“ – aus der FIAN-Pressemitteilung „15 Jahre Vertreibung zugunsten Neumann Kaffeeplantage in Uganda“ am 16. August 2016 bei FIAN externer Link in der auch noch auf die Dokumentation bisheriger Veröffentlichungen zum Thema hingewiesen wird
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=55566
nach oben