Gedenken an Gezi-Proteste von 2013: Verboten! Wer es dennoch tut: Terrorist!

„Die Situation spitzte sich zu, als rund 25.000 Polizeibeamte, 50 Wasserwerfer, eine nicht unerhebliche Anzahl von gepanzerten Fahrzeugen sowie Hubschrauber entsandt wurden, um jede Versammlung auf dem Taksim-Platz und in der Umgebung zu verhindern. Mit einem zweiten Befehl sollen dann sämtlichen Beamten der Urlaub gestrichen und die Schichten auf zwölf Stunden erhöht worden sein, so die türkische Zeitung Hürriyet. Darüber hinaus seien Sicherheitskräfte aus elf weiteren Provinzen mit Blick auf mögliche Proteste nach Istanbul beordert worden“ – eine Lagebeschreibung aus dem Beitrag Verletzte und Festnahmen: Türkei erlebt turbulenten Jahrestag der Gezi-Park-Proteste  am 01. Juni 2014 bei den Deutsch-Türkischen Nachrichten. Siehe dazu Hintergründe und mehr:

• Auch am 12. Jahrestag des Gezi-Widerstands behindert die türkische Polizei mit Barrikaden und 95 Verhaftungen eine würdige Gedenkfeier von Taksim-Solidarität
  • Der Aufstand von Haziran, 12 Jahre danach: Trotz der intensiven Blockade, die sich in der Mis Street versammelt hat, überschreiten Studenten Barrikaden
    „Anlässlich des 12. Jahrestages des Gezi-Widerstands war Taksim-Solidarität an der Kreuzung von Süslü Saksé Straße und Mis Street bei dem Anruf, der mit den Worten „Dunkel geht, Gezi wird bleiben“. Nach der Gedenkfeier der Toten endete die Aktion. Trotz aller Blockadeversuche der Polizei ging die Universität weiter durch die Barrikaden. 87 Personen wegen Polizeiangriffs auf Universitätsstudenten festgenommen.
    Anlässlich des 12. Jahrestags des Gezi-Aufstands versammelten sich heute (31. Mai) um 19 Uhr auf Aufruf der Taksim-Solidaritätsgruppe Menschen in Taksim und Umgebung und wandten sich dem Gezi-Park zu. Trotz der außergewöhnlichen Absperrung rund um Taksim und Şişhane versammelten sich die Menschen an der Kreuzung Mis Sokak und Süslü Saksı Sokak. Bei der Aktion wurden Transparente mit den Slogans „Gezi lebt im 12. Jahr, überwindet die Barrikaden“ und „Die Dunkelheit verschwindet, Gezi bleibt“ entrollt.
    Sırrı Süreyya Önder, wir grüßen dich!
    Das Programm am Eingang der Mis Sokak begann mit einer Erinnerung an Sırrı Süreyya Önder, der durch sein Verhalten während der Blockade der Baumaschinen, die als Beginn der Gezi-Proteste gelten, bekannt wurde. Als sein Name genannt wurde, applaudierte die Menge begeistert und skandierte „Sırrı, wir versprechen dir Frieden“.
    Nach einer Schweigeminute für die acht Menschen, die während der Gezi-Proteste ums Leben gekommen waren, wurden ihre Namen aufgerufen und „Sie leben!“ gerufen.
    Es wurde angekündigt, dass eine Gedenkfeier für Mehmet Ayvalıtaş stattfinden wird. Ayvalıtaş wird am 2. Juni um 11:00 Uhr auf dem alten Friedhof von Çekmeköy geehrt werden. Am 2. Juni um 13:00 Uhr wird außerdem an der Überführung, an der er getötet wurde, eine Gedenkfeier stattfinden…“ türk. Meldung vom 31. Mai 2025 bei sendika.org mit Fotos und Videos (maschinenübersetzt)
  • Polizei verhinderte Gezi-Gedenkfeier: 83 Personen wurden freigelassen, 12 Personen werden voraussichtlich vor Gericht gestellt
    „Taksim Solidarity rief zu einer Presseerklärung vor dem TMMOB-Gebäude auf, um des 12. Jahrestages des Gezi-Park-Widerstands zu gedenken. Jahrestag des Gezi-Park-Widerstands zu einer Presseerklärung vor dem TMMOB-Gebäude auf. Aufgrund polizeilicher Behinderungen versammelte sich die Menge jedoch um 19.00 Uhr in der Mis-Straße in Taksim. Der Gedenkprozess, der mit dem „Standing Man“-Protest begann, wurde nach der Erklärung in der Mis-Straße mit neuen Festnahmen fortgesetzt. Während 83 Festgenommene wieder freigelassen wurden, wird erwartet, dass 12 Personen vor Gericht gestellt werden. (…) Die Stationen Şişhane und Taksim der U-Bahnlinie Yenikapı-Hacıosman sowie die Straße, in der sich das Gebäude der TMMOB (Union der Kammern und Warenbörsen der Türkei) befindet, wurden vor der Presseerklärung abgesperrt.
    Da alle Straßen, die zum Taksim-Platz und zur Istiklal-Straße führen, durch Polizeisperren blockiert waren, wurde die Versammlung in der Mis-Straße in Taksim abgehalten. Während der Gedenkveranstaltung wurden Transparente mit der Aufschrift „Die Dunkelheit verschwindet, Gezi bleibt“ und „Gezi lebt im 12. Die Slogans „Tausend Grüße an die Gefallenen und Kämpfer von Gezi“, „Überall Taksim, überall Widerstand“, „Es lebe die Revolution und der Sozialismus“, „Schulter an Schulter gegen den Faschismus“, „Die Jugend wird kommen, der Sozialismus wird kommen“ wurden skandiert. Die Massen, die zur Gedenkfeier kamen, durften nicht in die Straße gehen, in der sich die TMMOB-Kammer der Maschinenbauingenieure befindet. Aus diesem Grund kamen die Familien derjenigen, die in Gezi ihr Leben verloren haben, in die Mis-Straße. (…)
    Die Polizei griff ein
    Nach den Erklärungen griff die Polizei in die Massen ein, die von den Seitenstraßen zur Istiklal gehen wollten. Viele Menschen wurden festgenommen… “ türk. Artikel von Eylem Nazlıer vom 31.5.2025 in Evrensel mit Videos (maschinenübersetzt)
• Die Rückkehr der Angst  von Peter Schaber und Willi Berg am 02. Juni 2014 in neues deutschland – wobei die Autoren die Ereignisse so einschätzen „Die Hoffnung, sich die zentralen Plätze wieder aneignen zu können, um mit der »Kommune vom Taksim« da weiterzumachen, wo man vergangenes Jahr aufgehört hat, ist spätestens seit vergangenem Samstag passé. Allerdings muss die Bewegung das auch nicht unbedingt. Die Linke hat in zahlreichen Fabriken, in Armenvierteln wie Gazi, Okmeydani und Kücük Armutlu, und in einigen gesellschaftlichen Sektoren wie in der LGBT-Szene Stellungen erkämpft, die nun zum Keim eines zweiten Gezi werden könnten“

Zum Hintergrund siehe:

• unsere Berichterstattung von und seit 2013 in der Rubrik Internationales » Türkei » Soziale Konflikte und darin v.a.:
• Dossier: „Taksim ist überall und überall ist Widerstand”: Landesweite Proteste gegen die türkische Regierung 2013
• Dossier: Nach der Wahlschlappe in Istanbul kommt der Prozess: Gezipark-Abrechnung als Demonstration des AKP-Regimes?
• Materialsammlung vom 13. März 2014: „Gezi und kein Ende : Wieder Massenproteste, wieder Tote“