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Nach dem Massaker: Proteste und Generalstreik

Dossier

Turkey up in arms against Erdoğan!Die Schreckensbilanz bisher: 128 Tote, mehr als 500 teils schwer Verletzte. (Siehe dazu unser Dossier Bombenanschlag auf Friedenskundgebung in Ankara: “Sie meinen nicht nur die HDP, sie meinen uns alle”) Bereits am Samstag kam es in Folge des doppelten Bombenanschlags auf eine Friedenskundgebung in Ankara in verschiedenen türkischen Städten zu Protesten, die von Zusammenstößen mit der Polizei begleitet waren. Am Sonntag morgen versuchte die Polizei in Ankara, mit Absperrungen, Tränengas, Gummigeschossen und Knüppeleinsatz ein öffentliches Gedenken an die Opfer am Platz des Geschehens zu verhindern. Trotz allem gelang es den Anwesenden, in den abgesperrten Bereich vorzudringen und dort Blumen niederzulegen. Anschließend setzte der Zug die Route fort, die eigentlich für die Demonstration am Samstag vorgesehen gewesen war. Am Sonntag abend kam es bei Protesten in Antalya ebenfalls zu Zusammenstößen mit der Polizei, vier Personen wurden festgenommen. Für den 12. und 13. Oktober ist zum Generalstreik aufgerufen, auch Schüler und Studenten sowie verschiedene Zeitungen folgen diesem Aufruf. Gleichzeitig versucht die türkische Regierung weiter, den Informationsfluss zu behindern. Die Webseite unserer Kolleg*innen von Sendika.org etwa wird regelmäßig zensiert. Unsere Kolleg*innen reagieren damit, dass regelmäßig eine neue Domain aufgemacht wird: Waren sie am Freitag noch unter http://sendika1.org erreichbar, sind sie inzwischen bei http://sendika4.org externer Link angelangt, die nächsten Webseiten sind vorbereitet… Siehe dazu:

  • Statt Aufklärung des Verbrechens: Kriminalisierung der Selbsthilfe
    Leerstehende Polizeiautos darf man nicht für Krankentransporte verwenden, auch nicht wenn gerade zwei Bomben innerhalb einer Friedensdemo explodiert sind, der Schlüssel steckt, die Polizei weit und breit nicht zu sehen ist, der Krankenwagen nicht durchkommt und man sich direkt bei der nächsten auffindbaren Polizistengruppe zu erkennen gibt. Die nimmt einen dann erst einmal in Gewahrsam. Und man darf auch nicht zu Blutspenden aufrufen, wenn die Regierung schon beschlossen hat, dass es kein Problem gibt. Bei solch fahrlässiger Chaotisierung des Gesundheitswesens sorgt dann schon schon der Gesundheitsminister persönlich beim Staatsanwalt dafür, dass Ermittlungen eingeleitet werden. Jedenfalls in der Türkei, wo zum Glück Recht und Ordnung herrschen und den Behörden bekannte angehende Selbstmordattentäter selbstverständlich nicht einfach mit präventiven Maßnahmen zu rechnen haben, solange ihre Bombe noch nicht in einer Menschenmenge explodiert ist. Siehe dazu unsere Übersetzung des Beitrags „Hallelujah! Turkish state caught the bloody criminals: Those trying to find blood for the wounded!“, den Mehmet Bayram am 14. Oktober 2015 bei Sendika.Org News veröffentlicht hat
  • WorkWeekRadio: Turkey Attack On Labor
    Interview beimWorkWeek Radio vom 15. Oktober 2015 externer Link Audio Datei (englisch) unter anderem mit einem Journalisten der Hürriyet, der als Gewerkschafter auf der Demo in Ankara am letzten Samstag anwesend war – über das Fehlen von Sicherheitskontrollen im Vorfeld der Demo, die Polizeiübergriffe im Anschluss an die Detonationen, und darüber, dass ein Reporter der Hürriyet wegen unliebsamer Twitter-Meldungen am 1. Oktober 2015 von AKP-Hooligans vor seinem Haus krankenhausreif geschlagen wurde. Die Schläger hätten später erklärt, sie wären für diesen Übergriff von einem ehemaligen Mitglied der Spezialeinheiten der Polizei bezahlt worden.

  • Die Proteste gegen den Staatsterror in der Türkei gehen weiter
    Nach dem Bombenanschlag auf die Friedensdemonstration vergangenen Samstag, die von Gewerkschaften und Berufsverbänden organisiert wurde und bei der 105 Menschen ihr Leben verloren haben, ist die Türkei nun auf den Straßen. Die Gewerkschaften haben für Montag und Dienstag zu einem Generalstreik aufgerufen. In allen 4 Ecken der Türkei haben die Arbeiter ihre Arbeit niedergelegt, die Schüler und Studenten boykottieren die Schule und die Universität. In Beyazit/Istanbul wurden, wie in vielen anderen Städten, Arbeiter des Krankenhauses, die streikten, von der Polizei angegriffen. Das Bild des zweiten Streiktages sieht im ganzen Land ähnlich aus. Die Polizeigewalt nimmt immer mehr zu. Auch in Ankara wurden die Demonstranten wieder von der Polizei mit Tränengas angegriffen, so wie direkt nach dem Bombenanschlag am Samstag. Die brutalen Angriffe gehen weiter…“ Wir dokumentieren die DIDF-Stellungnahme zum Stand der Dinge vom 13. Oktober 2015. Siehe auch den Bericht „Turkey stops to honor those killed in Ankara Massacre“ bei Sendika.Org vom 12. Oktober 2015 externer Link darüber, dass das Alltagsleben in der Türkei mit den verschiedenen Schul- und Uniboykotten, Arbeitsniederlegungen, Demonstrationen und den Beisetzungen den Verstorbenen tatsächlich in Teilen zum Stillstand kam
  • Turkey set for general strike, school boycott after Ankara Massacresedika.org: Uniboykott nach dem Massaker in Ankara
    Politische Parteien, Studentengruppen, Anwaltsorganisationen und andere haben ihre Unterstützung für einen zweitägigen Generalstreik ab Montag erklärt, zum Zeichen des Protest gegen das Massaker in Ankara vom 10. Oktober 2015, bei dem mehr als 100 Menschen ihr Leben verloren haben…“ Beitrag bei Sendika.org vom 11. Oktober 2015 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=87675
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