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Die reaktionäre Gegenoffensive der türkischen Regierung wird an allen Fronten fortgeführt, aber v.a. gegen die Medien (und in Europa unterstützt)

Dossier

Turkey up in arms against Erdoğan!„… Vor dem Istanbuler Justizpalast sind am Freitagmittag rund fünfzig Personen festgenommen worden. Die Gruppe hatte sich vor dem Gerichtsgebäude zu einer Solidaritätskundgebung für 24 Studierende zusammengefunden, die am Vortag bei Protesten an der Boğaziçi-Universität in Gewahrsam genommen worden waren. Die türkische Polizei war gewaltsam gegen die Protestierenden vorgegangen...“ – aus dem Bericht „Boğaziçi: 50 Festnahmen bei Solidaritätskundgebung“ am 26. März 2021 bei der ANF externer Link über eine der reaktionären Maßnahmen der türkischen Regierung gegen StudentInnen, Opposition, JournalistInnen… Siehe dazu auch weitere aktuelle Meldungen und Hintergrundbeiträge:

  • Schlag gegen kurdische Medien: Razzien und Festnahmen gleichzeitig in Belgien, Frankreich und in der Türkei New
    • Razzien bei Stêrk TV und Medya Haber; „Sabotage gegen freie kurdische Presse“
      Die bei den kurdischen Fernsehsendern Stêrk TV und Medya Haber in Denderleeuw vorgenommenen Durchsuchungen haben nach Ansicht der Belegschaft nur darauf abgezielt, die freie Presse zu sabotieren.
      Die in der Nacht zum Dienstag von der belgischen Bundespolizei vorgenommenen Durchsuchungen bei den kurdischen Fernsehsendern Stêrk TV und Medya Haber TV haben nach Ansicht der Belegschaft darauf abgezielt, diese zu kriminalisieren und zu sabotieren. Überfallartig hätten sich hunderte Beamte gewaltsam Zutritt in die Studios sowie Räumlichkeiten der Produktionsfirmen Sterk N.V, Roj N.V. und Hivron N.V in Denderleeuw verschafft, als sich so gut wie niemand in den Büros aufhielt und ohne dass die Geschäftsführung sowie Rechtsvertretung zugegen gewesen sei, erklärte Heval Aslan bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der beiden Sender. Die Moderatorin warf den Behörden vor, die Durchsuchungen seien in rechtswidriger Weise erfolgt. Rabiat vorgehende Polizisten hätten zudem haufenweise technisches Equipment, Computer und anderes Material unbrauchbar gemacht und in Teilen zerstört.
      „Wir verurteilen diesen rechtswidrigen, antidemokratischen Akt mitten in Europa, der weniger einer Durchsuchung als einem Piratenangriff ähnelte“, hieß es in einer von Aslan verlesenen Erklärung. „Die Razzien in unseren Räumlichkeiten waren illegal und stellen einen Angriff auf unsere freien Medien dar, die die Stimme des kurdischen Volkes sind. Es kann kein Zufall sein, dass die türkische Polizei zur gleichen Zeit Durchsuchungen bei kurdischen Medienschaffenden in der Türkei durchführte. Bezeichnend ist auch, dass das Vorgehen auf den Tag der kurdischen Presse fiel, der in diesem Jahr zum 126. Mal begangen wurde
      .“…“ Meldung vom 23. April 2024 bei ANF externer Link
    • De Standaard: Razzia bei kurdischen Sendern auf französisches Ersuchen
      Nach Angaben der belgischen Tageszeitung De Standaard hat der nächtliche Polizeiüberfall auf die kurdischen Sender Stêrk TV und MedyaHaber in Brüssel auf Ersuchen der französischen Anti-Terror-Staatsanwaltschaft PNAT stattgefunden. Die flämische Tageszeitung De Standaard hat über die nächtliche Durchsuchung der kurdischen Medienunternehmen Stêrk TV und Medya Haber TV in Denderleeuw bei Brüssel berichtet externer Link und sich dabei auf den kurdischen Verband NAV-BEL und die belgische Bundesstaatsanwaltschaft bezogen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft seien die Razzien auf Ersuchen der französischen Anti-Terror-Staatsanwaltschaft PNAT im Rahmen von Ermittlungen gegen die Finanzierung der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) durchgeführt worden, heißt es in dem Artikel: „Unser Land beteiligt sich an dieser Operation. Für Frankreich und die Europäische Union ist die PKK eine terroristische Organisation. In Belgien steht die PKK nicht auf der Terrorliste.“…“ Meldung vom 23. April 2024 bei ANF externer Link
    • Schlag gegen kurdische Medien: Belgische Polizei stürmt Fernsehsender Stêrk TV und Medya Haber TV bei Brüssel. Festnahmen von Journalisten in der Türkei
      Kurz nachdem die türkische Armee am Wochenende einen erneuten Einmarsch in die Kurdistan-Region des Irak begonnen hatte, stürmte die belgische Polizei in der Nacht zum Dienstag mit Hunderten Beamten die Studios von zwei kurdischen Fernsehsendern. Bei den bis in die frühen Morgenstunden andauernden Durchsuchungen der Studios von Stêrk TV und Medya Haber TV in Denderleeuw bei Brüssel wurden nach Angaben der kurdischen Nachrichtenagentur ANF Computer und Ausstattung beschlagnahmt. Zudem habe die Polizei Kabel durchtrennt und technische Anlagen zerstört, offenbar um einen weiteren Sendebetrieb zu verhindern. Securityleute der Sender mussten sich während der Durchsuchungen, mit Handschellen gefesselt, auf den Boden legen. Die beiden Satellitensender strahlen in türkischer sowie der in der Türkei weiterhin Beschränkungen unterliegenden kurdischen Sprache Nachrichten und Kulturprogramme für ein Millionenpublikum in Europa und im Nahen Osten aus und dienen auch linken türkischen Oppositionellen als Plattform. Der europäische Dachverband kurdischer Vereine KCDK-E rief am Dienstag »die Öffentlichkeit und unser Volk dazu auf, unsere Fernsehsender zu schützen und sich gegen die Unterdrückung der freien Presse zu wehren«.
      Belgien stand wiederholt in der Kritik der türkischen Regierung, da das Land einen im Vergleich zu Deutschland oder Frankreich liberaleren Umgang mit der kurdischen Befreiungsbewegung pflegt. Zwar hatte es 2010 schon einmal eine Großrazzia beim Sender Roj TV – dem Vorgänger von Stêrk TV – sowie verschiedenen in Brüssel ansässigen kurdischen Exilinstitutionen wie dem Nationalkongess Kurdistan unter dem Vorwurf der Terrorismusunterstützung gegeben. Doch im Jahr 2020 urteilte das Kassationsgericht in Brüssel, dass das Antiterrorgesetz des Landes nicht auf die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) angewendet werden könne, da diese keine terroristische Organisation, sondern »Konfliktpartei in diesem innertürkischen bewaffneten Konflikt« sei. (…)
      Dass mit den offenbar vom türkischen Geheimdienst orchestrierten Lynchattacken zugleich Druck auf die belgischen Behörden ausgeübt werden sollte, ihrerseits schärfer gegen die kurdischen Exilinstitutionen vorzugehen, erscheint naheliegend.
      Entsprechend sprachen die beiden von der Polizei durchsuchten Sender hinsichtlich der Razzien, deren offizielle Begründung ihnen noch nicht vorlag, in einer Erklärung vom Dienstag morgen von einem »internationalen Angriffskonzept« gegen die kurdische Bewegung. Ziel sei es, »die Stimme des kurdischen Volkes zum Schweigen zu bringen«. Denn gleichzeitig mit den Razzien in Belgien wurden in Istanbul und Ankara sieben für kurdische Oppositionsmedien tätige Journalisten festgenommen. Auch im französischen Drancy wurde am Dienstag das örtliche kurdische Gemeindehaus von der Polizei durchsucht, mehrere Kurden wurden festgenommen. Dass die Polizei auf der Buchmesse der türkischen Ägäisstadt Izmir Geschichtsbücher beschlagnahmt hatte, wie die Nachrichtenagentur Medya News am Montag berichtete, weil diese das Wort »Kurdistan« im Titel führen, fügt sich ins Gesamtbild
      …“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 24.04.2024 externer Link
    • Repression gegen kurdische Medien: Anzahl festgenommener Journalist:innen in der Türkei steigt
      Laut aktuellem Stand sind in der Türkei neun Medienschaffende bei Hausdurchsuchungen in Istanbul, Ankara und Riha festgenommen worden. Nach drei weiteren Personen wird gefahndet, den Festgenommenen wird ein Rechtsbeistand verweigert…“ Meldung vom 23. April 2024 bei ANF externer Link
    • Razzia bei kurdischen Sendern in Belgien auf französisches Ersuchen – Aufruf zu Protesten
      „… Der Europaverband KCDK-E ruft angesichts der Angriffe auf die kurdischen Medien zur Mobilisierung auf. In der Erklärung heißt es: „Wir rufen die Öffentlichkeit und unser Volk dazu auf, unsere Fernsehsender zu schützen und sich gegen die Unterdrückung der freien Presse zu wehren. Die Studios von Stêrk TV und Medya Haber TV in Belgien, die Stimme des kurdischen Volkes sind, wurden heute mitten in der Nacht von der Polizei gestürmt und abgeriegelt. Wir verurteilen diese Razzia durch den belgischen Staat mitten in Europa, das sich selbst als Hüter der Menschenrechte und Demokratie darstellt. Der belgische Staat muss diese antidemokratische Haltung sofort aufgeben und die Einschüchterungsversuche von Stêrk TV und Medya Haber TV, Sendern, die von Millionen von Menschen gesehen werden, beenden. Unser Volk muss sofort aktiv werden. Es muss für seine Stimme und seinen Willen eintreten und sich zum Schutz seiner Fernsehsender mobilisieren. Wir rufen unser Volk in Europa dringend auf, Stêrk TV und Medya Haber TV zu schützen.”“ Pressemitteilung vom 24.04.2024 von Civaka Azad externer Link – Kurdisches Zentrum für Öffentlichkeitsarbeit e.V.
    • [Türkei] Journalisten reagieren auf die Verhaftung ihrer Kollegen: „Journalismus zu verhindern ist ein Verbrechen, kein Journalismus!“
      Mit dem Aufruf von DİSK Basın-İş gaben Journalisten eine Erklärung gegen die Verhaftung ihrer Kollegen bei Hausdurchsuchungen in Istanbul und Ankara und die Durchsuchungen der Studios von Sterk TV und Medya Haber in Belgien ab…“ türk. Meldung vom 24. April 2024 bei sendika.org externer Link (maschinenübersetzt)
  • Türkei: Wahlsieg gegen die Pressefreiheit
    „Angst und Verzweiflung. Das sind die Gefühle vieler Journalist*innen nach dem erneuten Wahlsieg des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan (AKP) am Sonntag in der Türkei. Sind sie begründet? Was kommt als Nächstes auf die am Boden liegende Pressefreiheit zu? Und wie könnte es trotz allem weitergehen? (…) Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden.“ Das ist die prompte Reaktion der meisten Journalist*innen, fragt man sie nach den Folgen des Wahlergebnisses für die Pressefreiheit in der Türkei. Diesen Eindruck untermauert die kürzlich erschienene Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen (RSF): Dort stürzte das Land um 21 Ränge ab auf Platz 165 von insgesamt 180 beurteilten Staaten und liegt damit noch hinter Afghanistan und Russland. Schon jetzt sitzen in der Türkei mindestens 58 Medienschaffende im Gefängnis. Jetzt noch mit ihrer Freilassung oder der Einstellung der Dutzenden unfairen Gerichtsverfahren zu rechnen, wäre töricht. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die genau das verlangen und welche der Präsidentschaftskandidat Kemal Kılıçdaroğlu (CHP) im Falle seines Wahlsiegs zu respektieren versprochen hatte, werden die Gerichte unter Erdoğan wohl weiterhin ignorieren. (…) Das sogenannte „Desinformationsgesetz“, das im Oktober verabschiedet und hier von allen nur „Zensur-Gesetz“ genannt wird, stellt ein Instrument dar, das zwar schon angewandt, aber noch nicht annähernd ausgeschöpft wurde. Damit ließe sich die öffentliche Debatte, die ohnehin fast nur noch in den Sozialen Medien stattfindet, noch weiter zügeln. Nicht neu, aber bedenklich, insbesondere wenn dieses Instrument der Regierung noch häufiger zum Einsatz kommt, ist die staatliche Medienaufsichtsbehörde RTÜK. Nur zwei Tage nach der Stichwahl kündigte sie ein Ermittlungsverfahren gegen die Journalistin Çiğdem Toker an, weil diese in der Wahlnacht bei FOX News den Hinweis gewagt hatte, dass es für eine Demokratie mehr als Wahlen braucht. Und schon am Montag hatte RTÜK mitgeteilt, Strafen für sieben Fernsehsender, darunter etwa Halk TV, zu verhängen. Der Vorwurf: Die Medien hätten angeblich das Sendeverbot am Wahltag nicht eingehalten. (…) Die Zivilgesellschaft in Europa muss die unabhängige Presse in der Türkei noch stärker unterstützen als bisher. Die finanzielle Förderung für Exilmedien, wie sie der von Reporter ohne Grenzen gegründete JX Fund etwa für Medien aus Belarus bereitstellt, ist dabei ein Schlüssel. Solche Programme sollten so ausgebaut werden, dass auch die Türkei, und die am heftigsten verfolgten kurdischen Medien, davon profitieren. Auch türkischsprachige Berichterstattung freier Medien in Deutschland wie zum Beispiel die Radiosendung „COSMO TÜRKÇE“ vom WDR sind äußerst wertvoll. Davon braucht es mehr und das bestehende Angebot sollte bei der Zielgruppe noch viel besser beworben werden. (…) Kritische Journalist*innen in der Türkei sollten sich außerdem zusammentun und eine – große, parteiunabhängige und professionelle – Nachrichtenagentur sowie einen Fernsehsender gründen, um Verwirrungen und anderen Probleme wie am Wahlabend künftig zu begegnen (…). Zu guter Letzt scheint die Türkei an einem Punkt in ihrer Geschichte angekommen zu sein, an dem es – einmal mehr – helfen könnte, von der kurdischen Bewegung zu lernen. Nicht hinsichtlich ihrer Ideologie oder Medienarbeit, in der es oft an Distanz und Kritik fehlt. Sondern in Bezug auf ihren zähen Widerstandsgeist, ihren kollektiven Ansatz und ihren unerschütterlichen Mut. Egal, wie blutig die Massaker in der Geschichte, egal, wie viele von ihnen eingesperrt werden, die kurdische Bewegung macht immer weiter, steht immer wieder auf. Das sind Eigenschaften, die es jetzt für alle in der Türkei braucht, die sich echte Demokratie wünschen – um der Angst und Verzweiflung etwas entgegenzusetzen.“ Kolumne aus Istanbul vom 31. Mai 2023 von Leonie Schmitt in  Menschen machen Medien von ver.di/dju externer Link
  • Presse unter Generalverdacht. Türkei: Neues Desinformationsgesetz schafft Pressefreiheit de facto ab. Jegliche kritische Berichterstattung wird kriminalisiert 
    Die AKP-Regierung in der Türkei plant einen weiteren Angriff auf die Freiheit der Presse und die Arbeit von Journalisten. Ein neues Gesetz soll unter dem Vorwand, die Verbreitung von Falschinformationen zu unterbinden, jegliche noch bestehende kritische Berichterstattung kriminalisieren. Betreffenden Autoren drohten dann ein- bis dreijährige Haftstrafen. Genauer soll bestraft werden, wer »unwahre Informationen bezüglich der inneren und äußeren Sicherheit, der öffentlichen Ordnung und der allgemeinen Gesundheit verbreitet, mit dem Ziel, Besorgnis, Angst oder Panik in der Bevölkerung zu erzeugen und den gesellschaftlichen Frieden zu stören.« Die Medienplattformen sollen dazu gezwungen werden, alle Informationen über die Autoren herauszugeben, damit ein Gerichtsverfahren gegen sie eröffnet werden kann. Kritiker befürchten, dass von dieser Gesetzesänderung weitaus mehr Personen betroffen wären als offizielle Pressemitarbeiter. De facto wäre damit potentiell jeder straffällig, der der Regierung unliebsame Informationen in den sozialen Netzwerken verbreite. (…) Außerhalb des gesetzlichen Rahmens nehmen aktuell auch die physischen Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in der Türkei zu. In einem Bericht von Reporter ohne Grenzen (RSF) sagte deren Geschäftsführer Christian Mihr, man befürchte, dass die aktuellen Angriffe eine neue Welle der Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten ankündigen, wie es sie schon bei den Kommunalwahlen 2019 gegeben hat. RSF verortet die Türkei auf Platz 149 von 180 in der internationalen Rangliste der Pressefreiheit. Die Zahl der verhafteten Journalisten gibt die Organistation mit neun an, real ist die Zahl jedoch weitaus höher, denn viele Medienschaffende arbeiten ohne offiziellen Presseausweis, den in der Türkei bisher das Präsidialamt ausstellte. Laut dem neuen Gesetz wird dafür nun das Ministerium für Kommunikation zuständig sein…“ Artikel von Svenja Huck, Istanbul, in der jungen Welt vom 13.10.2022 externer Link
  • Journalist:innen protestieren in Ankara gegen neuen Gesetzesentwurf, der Zensur weiter verschärft „Journalist:innen in Ankara legten ihre Stifte gegen das Zensurgesetz nieder: „In diesem Gesetz gibt es keine Pressefreiheit, sondern Schweigen, Einschüchterung und Inhaftierung.“ – Artikel vom 22. Juni 2022 auf sendika.org externer Link (türk. – Maschinenübersetzung): „… Journalist:innen versammelten sich vor der Ulus-Statue mit dem Aufruf des Presserats, der Vereinigung zeitgenössischer Journalist:innen, der Vereinigung diplomatischer Korrespondent:innen, der DİSK Basın-İş, der Journalist:innenvereinigung von Ankara, der Journalist:innenvereinigung von İzmir, der KESK Haber-Sen, der Vereinigung parlamentarischer Korrespondent:innen, der Journalist:innenvereinigung der Türkei, der Konföderation der Journalist:innen der Türkei und der Journalist:innenunion der Türkei. (…) Nazmi Bilgin, Vorsitzender der Journalist:innenvereinigung von Ankara, der die gemeinsame Erklärung verlas, begann seine Rede mit einer Verurteilung der Polizei, die ihnen nicht erlaubte, am Tor des Parlaments eine Erklärung abzugeben. Es wurde betont, dass das Gesetz die Pressezensur verschärfen und die Einnahmequellen der Lokalzeitungen schmälern würde, und es wurde darauf hingewiesen, dass es ohne Konsultation von Journalist:innen und Journalist:innenverbänden ausgearbeitet wurde. Mit den Worten ‚Wir sind hier am letzten Ausgang vor dem Tunnel‘ forderten die Journalist:innen die Rücknahme des Gesetzes. Nach der Erklärung zeigten die Journalist:innen ihre Reaktion auf das Zensurgesetz, indem sie ihre Stifte vor der Statue ablegten…“ Siehe auch:
    • Geplantes Zensurgesetz in der Türkei: „Wahlkampforientierte Regelung“
      Rechtsanwalt Veysel Ok von der Media and Legal Studies Association (MLSA) warnt vor der Verabschiedung einer Gesetzesvorlage gegen Fake News: Die türkische Regierung wolle ihren Kontrollmechanismus erweitern und Informationen monopolisieren. Eine Diktatur zeichnet sich unter anderem durch die Gleichschaltung der Medien und ein Informationsmonopol aus. Die türkischen Regierungsparteien AKP und MHP haben am 27. Mai einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, der unter anderem für die vorsätzliche Verbreitung von „Desinformationen und gefälschten Nachrichten” bis zu drei Jahren Haftstrafe vorsieht. Journalistenverbände kritisieren den Entwurf als „Zensurgesetz“. Rechtsanwalt Veysel Ok ist Ko-Direktor der Media and Legal Studies Association (MLSA) und hat sich gegenüber ANF zu den Hintergründen geäußert. (…) Der Journalismus in der Türkei stehe ohnehin bereits unter großem Druck, sagt Ok und führt weiter aus: „Wenn Sie Informationen verbreiten, die von der Regierung nicht erwünscht sind, von Waldbränden bis zum Dollarkurs, von der kurdischen Frage bis zur Syrienpolitik, kann sowohl Ihr Konto in den sozialen Medien geschlossen werden als auch Ihnen eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren drohen. So hat beispielsweise der CHP-Vorsitzende Kemal Kılıçdaroğlu in den sozialen Medien eine Korruptionsbehauptung aufgestellt, doch mit dem neuen Gesetz wird er dies nicht mehr tun können. Auch Journalistinnen und Journalisten machen ihre Arbeit in den sozialen Medien. Die Bürgerinnen und Bürger werden nicht einmal mehr in der Lage sein, eine andere Meinung als die offizielle Erklärung der Regierung zu irgendeinem Thema – von den Haselnusspreisen bis zum Waldbrand in Marmaris – zu äußern.“ Ok erklärt weiter: „ Bisher ist beispielsweise ein kurdischer Journalist, der das Bild eines in die Luft schießenden Polizeibeamten während einer Verhaftung in Başkale veröffentlichte, wegen ,Propaganda und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung‘ vor Gericht gestellt worden. Mit dem neuen Gesetz würde er auch wegen ,Irreführung der öffentlichen Meinung‘ und ,Verbreitung falscher Informationen‘ angeklagt werden. Der Social-Media-Account, auf dem er die Nachricht gepostet hat, wird sofort gesperrt. Es sieht so aus, als würde unser Zugang zu solchen Nachrichten völlig verschwinden.“
      Bei dem geplanten Gesetz handele es sich um eine „wahlkampforientierte Regelung“, sagt Rechtsanwalt Veysel Ok: „Dies ist das Problem aller Bürgerinnen und Bürger. Heute gibt es einen Oppositionskandidaten, der einen Regierungswechsel herbeiführen könnte, vorausgesetzt, er gewinnt die Wahlen. Wenn dieses Gesetz verabschiedet wird, wird der Oppositionskandidat nicht mehr in der Lage sein, seine Rede zu halten. Dies wurde bereits in Ländern wie Russland und China versucht. Es war teilweise erfolgreich. Natürlich gibt es keine Möglichkeit, auf Dauer erfolgreich zu sein. Niemand kann Informationen monopolisieren, aber die Verabschiedung dieses Gesetzes vor der Wahl beeinträchtigt die Sicherheit der Wahlen…“ Meldung vom 26. Juni 2022 bei ANF externer Link                                           
    • Medienschaffende protestieren gegen Zensurgesetz in der Türkei
      In Istanbul haben Journalist:innen und Gewerkschaften gegen das von der türkischen Regierungskoalition geplante Gesetz gegen Desinformation und Fake News protestiert. Der Entwurf wurde als eindeutiges Zensurgesetz bezeichnet. Journalist:innen haben in Istanbul gegen das geplante „Zensurgesetz“ protestiert. An der Protestaktion vor dem Friedensdenkmal in Şişhane nahmen die Mediengewerkschaft Basın-İş, die Journalistengewerkschaft TGS und die Gemeinschaft der Journalist:innen in der Türkei (TGC) sowie zahlreiche weitere Medienschaffende teil. Hintergrund des Protestes ist der von der türkischen Regierungskoalition aus AKP und MHP am 27. Mai ins Parlament eingebrachte Gesetzentwurf, der unter anderem für die vorsätzliche Verbreitung von „Desinformationen und gefälschten Nachrichten” bis zu drei Jahren Haftstrafe vorsieht. Özge Yurttaş erklärte im Namen der Gewerkschaft Basın-İş, dass sich das Gesetzesvorhaben gegen alle Medien richte, die nicht regierungsnah sind. „Es handelt sich um eines der finstersten Gesetze in der Geschichte der Republik und bedroht neben digitalen Medien auch ganz normale Bürgerinnen und Bürger“, so die Gewerkschafterin. Die Argumentation der „öffentlichen Interessen“ und der „nationalen Sicherheit“ werde herangezogen, um Nutzer:innen digitaler Medien zu verurteilen und alle zum Schweigen zu bringen, die die Regierung nicht unterstützten. (…) Für die TGC ergriff Uğur Güç das Wort und verurteilte den Entwurf als schwerwiegendes Zensurgesetz: „Anders kann man es nicht nennen. Desinformationen werden ohnehin von der Regierung selbst verbreitet. Wenn wir sagen, dass Inflation herrscht und die Benzinpreise steigen, wird man uns ins Gefängnis werfen. Wir haben keine Angst vor dem Gefängnis, wir werden ohnehin ständig verhaftet und vor Gericht gestellt. Trotzdem werden wir weiter die Wahrheit schreiben.“ Der 40 Artikel umfassende Gesetzentwurf definiert die Begriffe „Desinformation” und „Vorsatz” nur vage und kann von der Regierung benutzt werden, um die Veröffentlichung unliebsamer Informationen nach Gutdünken strafrechtlich zu verfolgen…“ Meldung vom 21. Juni 2022 bei ANF externer Link
    • Türkei: Neues Social-Media-Gesetz
      Oppositionspolitiker, Aktivisten und Journalisten in der Türkei haben wegen eines Social-Media-Gesetzentwurfs Alarm geschlagen.„Jeder und alles, was der Regierung nicht passt, kann ins Visier genommen werden“, sagte der Cyberrechts-Aktivist Yaman Akdeniz der Deutschen Presse-Agentur. Das Gesetz muss noch vom Parlament verabschiedet werden. Dort hält die regierende AKP eine Mehrheit mit ihrem Partner, der ultranationalistischen MHP. Von beiden stammt der Entwurf. Besonders ein Artikel über die Verbreitung von Falschinformationen hatte für viel Diskussion gesorgt. Demnach drohen bis zu drei Jahre Gefängnis, wenn etwa mit dem Motiv, Beunruhigung auszulösen, Falschinformationen zur inneren und äußeren Sicherheit des Landes, der öffentlichen Ordnung und allgemeinen Gesundheit verbreitet werden. (…) Auch für Online-Medien sieht das Gesetz neue Regeln vor. Journalistenverbände warnten, der Gesetzentwurf könne zu einem der strengsten Zensur- und Selbstzensurmechanismen in der Geschichte der türkischen Republik werden. Ünal Ceviköz, Politiker der größten Oppositionspartei CHP, kündigte den Kampf gegen eine „Mentalität“ an, die „Rechte mit Füßen“ trete…“ dpa-Meldung vom 21.06.2022 bei it-zoom.de externer Link
    • „Vage“ und „offen für Willkür“: Türkei schockiert mit neuem Social-Media-Gesetz
      Er könnte zu einem der strengsten Zensurmechanismen der Türkischen Republik werden, warnen Journalisten. Ein neuer Gesetzentwurf für soziale Medien beinhaltet, dass „alles, was der Regierung nicht passt, ins Visier genommen werden kann.“ Bei Verstoß drohen mehrjährige Haftstrafen. Oppositionspolitiker, Aktivisten und Journalisten in der Türkei haben wegen eines Social-Media-Gesetzentwurfs Alarm geschlagen. „Jeder und alles, was der Regierung nicht passt, kann ins Visier genommen werden“, sagte der Cyberrechts-Aktivist Yaman Akdeniz. Das Gesetz muss noch vom Parlament verabschiedet werden. Dort hält die regierende AKP eine Mehrheit mit ihrem Partner, der ultranationalistischen MHP. Von beiden stammt der Entwurf. Besonders ein Artikel über die Verbreitung von Falschinformationen hatte für viel Diskussion gesorgt. Demnach drohen bis zu drei Jahre Gefängnis, wenn etwa mit dem Motiv, Beunruhigung auszulösen, Falschinformationen zur inneren und äußeren Sicherheit des Landes, der öffentlichen Ordnung und allgemeinen Gesundheit verbreitet werden. (…) Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte soziale Medien in der Vergangenheit etwa als Bedrohung für die Demokratie bezeichnet. „Die Zukunft der Grundfreiheiten in der Türkei sieht düster aus“, sagte Akdeniz. Den Entwurf nannte er „den finalen Versuch der Regierung, die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei durch die Schaffung eines Klimas der Angst zu unterdrücken“. Und weiter: „Das wird ihre neueste Waffe vor den Parlamentswahlen 2023 sein.“ Agenturmeldung vom 16.06.2022 bei ntv.de externer Link
  • Türkei: Über 60 Medienschaffende im Gefängnis
    „… Die Türkei bleibt weltweit das größte Gefängnis für Medienschaffende. Darauf macht der im nordkurdischen Amed (tr. Diyarbakır) angesiedelte Journalistenverein Dicle-Firat (DFG) in einem monatlichen Bericht über die Rechtsverletzungen im Bereich der Pressefreiheit in der Türkei aufmerksam. Die Organisation beziffert die Zahl der aktuell hinter Gittern sitzenden Medientätigen mit 63. Das ist zwar ein deutlicher Rückgang zum Rekordstand von 170 im Jahr 2017, allerdings sind dutzende weitere im Journalismus Tätige gerichtlicher Verfolgung ausgesetzt. Allein im März wurden dreizehn Mitarbeitende von Medien zu Gefängnisstrafen in Höhe von insgesamt 32 Jahren verurteilt. „Dies ist ein besonders drastisches Zeichen der Rechtlosigkeit in der Türkei“ resümiert DFG. Gegen sechzig Journalist:innen seien Prozesse weiterhin anhängig, in sechs Fällen wurden die Klagen im Vormonat zugelassen. Unter der Rubrik „Verletzung des Rechts auf Leben, Freiheit und Sicherheit“ listet DFG vier gewaltsame Übergriffe auf Medienschaffende durch Sicherheitskräfte, drei Razzien und sechs Festnahmen auf. In fünfzehn dokumentierten Fällen seien die Kolleginnen und Kollegen von der Polizei systematisch an der Ausübung ihrer journalistischen Tätigkeit gehindert worden. Dieses Vorgehen betraf den Angaben zufolge die Berichterstattung über Kundgebungen und weitere Veranstaltungen im öffentlichen Raum. Besonders besorgt zeigt sich DFG über Sperrungen oppositioneller Webseiten. Mindestens sechs Portale wurden nach Angaben des Vereins im März blockiert. Die Sperrungen wurden nach entsprechenden Gerichtsentscheidungen durch die Telekommunikationsbehörde umgesetzt. Zur Begründung wird in der Regel auf den „Erhalt der nationalen Sicherheit und öffentlichen Ordnung“ verwiesen, allerdings ohne Details zu nennen. Die Erfahrung zeigt, dass solche Maßnahmen oft auf Anfragen der Polizei oder der paramilitärischen Gendarmerie und meist aus politischen Gründen erfolgen. Die gesperrten Seiten gehören meistens in einen kurdischen oder linken Kontext. Erst gestern war die Internetpräsenz von JinNews blockiert worden. Seit der Gründung im Jahr 2017 wurden bereits mehr als vierzig Webseiten der feministischen Frauennachrichtenagentur von den türkischen Behörden gesperrt. Doch auch einzelne Nachrichtenbeiträge werden kontinuierlich gesperrt. Denn hierzu brauchen Behörden und Ministerien keinen Gerichtsbeschluss. Grundlage ist das umstrittene Internetgesetz 5651, das sich in den letzten Jahren als ein inflationär benutztes Mittel zur Ausschaltung jeglichem politischen Dissens erwiesen hat…“ Beitrag vom 2. April 2022 von und bei ANF externer Link
  • Wie die Türkei das freie Wort mit Terrorismus gleichsetzt und Journalist:innen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt 
    Über 100 Journalist:innen sind auch 5 Jahre nach dem Putschversuch in der Türkei hinter Gittern. In einem gemeinsamen Bericht von der „International Journalists Association“ (IJA) „Gesellschaft für bedrohte Völker“ (GfbV) wird aufgeführt, wie Journalist:innen wegen Terrerdelikte zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt werden…“ Dokumentation vom 15. Juli 2021 bei der International Journalists Association externer Link
  • Organisierter Anschlag auf HDP-Zentrale in Izmir: Wut und Trauer um Deniz Poyraz 
    Deniz Poyraz ist in der HDP-Zentrale in Izmir von einem türkischen Faschisten ermordet worden. Die HDP geht von einem organisierten Anschlag aus, der kurdische Europaverband KCDK-E ruft zu Protesten auf. Die HDP-Mitarbeiterin Deniz Poyraz ist von einem türkischen Faschisten in der Parteizentrale in Izmir ermordet worden. Die rund um die Uhr von der Polizei überwachten Räumlichkeiten wurden von dem Täter angezündet. Der Anschlag stellt einen Höhepunkt der Angriffe auf die HDP dar…“ Beitrag vom 17. Juni 2021 bei ANF News mit Bildern externer Link, siehe weitere Infos/Stellungnahmen:

    • DIDF: Wir verurteilen den rassistisch-faschistischen Anschlag auf die HDP aufs Schärfste!
      Bei einem rassistisch-faschistischen Anschlag auf das Büro der Demokratischen Partei der Völker (HDP) in Izmir am 17.6. wurde die Mitarbeiterin des Parteibüros und HDP Mitglied Deniz Poyraz ermordet. Unser tiefstes Mitgefühl und aufrichtiges Beileid gelten der gesamten Familie von Deniz Poyraz wie auch allen demokratischen und friedenspolitischen Kräften in der Türkei. Vor dem Hintergrund, dass die HDP immer wieder Zielscheibe von Angriffen der Regierungskoalition der AKP und MHP ist, darf der Anschlag nicht als Zufall bewertet und eingeordnet werden. (…) Die Politik der Aggression richtet sich nach innen – mit härteren Methoden gegen größere Kreise von Kritikern, politischen Gegnern, demokratischen Kräften und Kurden, die sich ihr nicht beugen wollen. Als Reaktion auf den bewaffneten Angriff auf das Parteibüro der HDP in Izmir postete der Mafiaboss Sedat Peker, dass die Regierung keine Scheu habe, weitere Lynchattacken in Auftrag zu geben, um aus dem politischen und sozialen Chaos zu profitieren. Sich dagegen zu widersetzen, ist Teil der Solidarität mit der HDP. Denn dieser Angriff galt nicht der HDP alleine, sondern allen demokratisch-fortschrittlichen Kräften in der Türkei. Die türkische Regierung versucht indes, ihre Politik der Polarisierung nach Deutschland zu exportieren. So hat sie die Aktivitäten und Organisierung türkisch-nationalistischer Strukturen in Deutschland, einschließlich faschistischer Mafiaorganisationen wie die „Osmanen Germania“ maßgeblich unterstützt und gegen Oppositionelle in Deutschland eingesetzt. Die Forderung nach Demokratie und friedlichem Zusammenleben des türkischen und kurdischen Volkes in der Türkei eint viele türkeistämmige Menschen auch in Deutschland. Die Chaos-Politik der türkischen Regierung befeuert Spaltung und Hetze, deren Leidtragende die Werktätigen wie breite Teile der Bevölkerung in der Türkei und Deutschland sein werden. Wir, die Föderation der Demokratischen Arbeitervereine, verurteilen den Anschlag auf das Parteibüro der HDP in Izmir, fordern die strafrechtliche Verfolgung des Täters und seiner Hintermänner und aller Verantwortlichen und rufen zur Unterstützung der Solidaritäts- und Protestaktionen auf, zu denen in mehreren Städten in diesen Tagen aufgerufen werden.“ DIDF Bundesvorstand am 17.06.2021 externer Link
    • Istanbul: „Der Mord an Deniz Poyraz ist kein Einzelfall“
      In Istanbul haben Gewerkschafts- und Berufsverbände gemeinsam mit der HDP gegen den Mord an Deniz Poyraz protestiert und die systematische Hetze der Erdogan-Regierung gegen alle Andersdenkenden angeprangert. In der Türkei und in vielen Orten in Nordkurdistan haben am Freitag Proteste gegen den Mord an Deniz Poyraz durch einen offenbar in Syrien ausgebildeten türkischen Faschisten in der HDP-Zentrale in Izmir stattgefunden. Parallel nahmen Tausende Menschen an der Beerdigung in Izmir teil. In Istanbul gaben Gewerkschafts- und Berufsverbände gemeinsam mit der HDP eine öffentliche Erklärung zu dem Mord ab. Die Kundgebung vor der Süreyya-Oper in Kadiköy wurde bereits vor Beginn von der Polizei behindert…“ Beitrag vom 19. Juni 2021 bei ANF News mit Bildern und Videos sowie Hintergründen externer Link – siehe ebd auch: Nach Anschlag auf HDP: Wut ebbt nicht ab externer Link
  • Anordnung zur Zensur: Seit Anfang Mai verbietet Ankara, Einsatzkräfte zu filmen. Anstieg von Polizeigewalt befürchtet 
    „Der türkische Staat wurde Anfang des Monats vom Verfassungsgerichtshof zur Zahlung von 40.500 Lira (ca. 4.000 Euro) Schmerzensgeld an eine Demonstrantin verurteilt, die im März 2014 von Polizisten misshandelt worden war. Sadiye Dilan Dogan hatte sich an einer Protestaktion anlässlich des Todes des 15jährigen Berkin Elvan infolge von Polizeigewalt in Istanbul beteiligt. Dabei wurde sie von Polizisten getreten und geschlagen. Schließlich war offenbar mit Absicht ein gepanzertes Einsatzfahrzeug über den Fuß der am Boden liegenden Frau gefahren. All das wurde von anderen Demonstranten mit Mobiltelefonen dokumentiert. Aufgrund dieser Aufnahmen sah das Gericht einen Verstoß gegen das in Artikel 15 der Verfassung enthaltene Verbot von Folter vorliegen. Bereits jetzt sind solche Urteile die absolute Ausnahme – und aufgrund eines neuen Dekrets der Generaldirektion für Sicherheit ist es inzwischen nahezu unmöglich, legal Bild- oder Tonmaterial für willkürliche Polizeigewalt anzufertigen. Denn am 27. April hatte der Chef der obersten Polizeibehörde, Mehmet Aktas, alle Beamten angewiesen, künftig die Aufnahmen von Einsätzen in Bild, Film oder Ton durch Bürger zu verhindern und bei Zuwiderhandlungen anzuzeigen. Begründet wurde diese Anweisung mit den Persönlichkeitsrechten und der Sicherheit der Beamten, von denen immer wieder Bilder im Internet veröffentlicht würden. (…) Während ungewiss ist, wann sich die von der Regierung gleichgeschalteten Richter am türkischen Verwaltungsgericht mit der Klage gegen das Dekret befassen werden, haben rund 100 Journalisten, Aktivisten, Dokumentarfilmer und Verbände angekündigt, offensiv gegen das von ihnen als »null und nichtig« betrachtete Verbot zu verstoßen. In der Türkei – wo 95 Prozent der Printmedien und Fernsehsender von der islamistischen Regierungspartei AKP kontrolliert werden – ist Pressefreiheit so gut wie nicht vorhanden. Mehr als 100 Journalisten sitzen aufgrund ihrer Arbeit im Gefängnis. Und die wenigen verbliebenen Oppositionssender werden von der staatlichen Rundfunk- und Fernsehaufsichtsbehörde regelmäßig sanktioniert.“ Bericht von Nick Brauns in der jungen Welt vom 17. Mai 2021 externer Link
  • Schauprozess in Ankara: Mordanklage gegen Mitglieder von linker HDP wegen Kobani-Protesten von 2014. Staatsanwaltschaft fordert 15.000 Jahre Haft für Demirtas 
    „Im Gefängniskomplex von Sincan in der türkischen Hauptstadt Ankara begann am Montag ein Prozess gegen führende Mitglieder der linken Demokratischen Partei der Völker (HDP), der an die Schauprozesse gegen Sozialisten unter der Militärdiktatur in den 80er Jahren erinnert. Die 108 angeklagten Politikerinnen und Politiker im sogenannten Kobani-Prozess werden in der 3.530 Seiten langen Anklageschrift der »Zerstörung der Einheit des Staates und der Gesamtheit des Landes«, des Terrorismus und des Mordes beschuldigt. Hintergrund ist ein über den Kurznachrichtendienst Twitter verbreiteter Aufruf zu Massenprotesten gegen die Dschihadistenmiliz »Islamischer Staat« (IS), den die Generalstaatsanwaltschaft als Aufforderung zur Gewalt wertet. Als der IS am 6. Oktober 2014 nach dreiwöchiger Belagerung in das Stadtzentrum der von den kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG und YPJ verteidigten syrisch-kurdischen Stadt Kobani an der Grenze zur Türkei eindrang, hatte der HDP-Vorstand dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen und diejenigen zu unterstützen, »die bereits auf der Straße sind, um gegen die Angriffe des IS und gegen das Embargo der AKP-Regierung zu protestieren«. (…) 28 Angeklagte befinden sich in Untersuchungshaft, darunter die beiden bereits im November 2016 inhaftierten früheren Parteivorsitzenden Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag. Allein gegen Demirtas als Hauptangeklagten fordert die Staatsanwaltschaft 15.000 Jahre Haft…“ Artikel von Nick Brauns in der jungen Welt vom 27. April 2021 externer Link, siehe auch:               

    • „Kobanê-Verfahren“: Internationale Prozessbeobachtung in Ankara
      Elf ausländische Delegationen werden am Montag den Prozessauftakt im sogenannten „Kobanê-Verfahren“ in Ankara beobachten. Über 1.200 Anwältinnen und Anwälte wollen die 108 Angeklagten verteidigen. Am Montag findet vor der 22. Strafkammer des Schwurgerichts in Ankara der Prozessauftakt im sogenannten „Kobanê-Verfahren“ gegen 108 Politikerinnen und Politiker statt. Der Großteil der Angeklagten kommt aus der Demokratischen Partei der Völker (HDP), darunter sind auch die ehemaligen Parteivorsitzenden Selahattin Demirtaş und Figen Yüksekdağ. Der Prozess wird im In- und Ausland als eindeutig politisch motiviertes Verfahren zur Ausschaltung der Opposition eingestuft. Elf Delegationen aus dem europäischen Ausland wollen die Verhandlung am Montag beobachten (…) Bis zu 1.200 Anwältinnen und Anwälte haben dem Gericht ihre Lizenzen vorgelegt, um an der Verteidigung teilzunehmen. Zahlreiche weitere Anwaltsvereinigungen werden die Verhandlung beobachten, darunter die Juristen für Gerechtigkeit, Anwaltssolidarität, Zeitgenössischer Anwaltsverein, Juristen für Demokratie und der Anwaltsverein für Freiheit (ÖHD). Darüber hinaus werden die Anwaltskammern von Izmir, Diyarbakır (Amed), Van (Wan), Şırnak (Şirnex), Urfa (Riha), Tunceli (Dersim), Hakkari (Colemêrg), Ağrı (Agirî), Bursa, Mardin (Mêrdîn) den Fall beobachten. Auch Oppositionsparteien und Gewerkschaften, Menschenrechtsorganisationen und Vertreter*innen von zivilgesellschaftlichen Organisationen werden teilnehmen. Am ersten Prozesstag werden die HDP-Vorsitzenden und die Fraktion anwesend sein, an den folgenden Tagen wird die Mehrheit der HDP-Fraktion an der Verhandlung teilnehmen. Angeklagt sind in dem Verfahren 108 Persönlichkeiten aus Politik, Zivilgesellschaft und der kurdischen Befreiungsbewegung, die im Zusammenhang mit den Protesten während des IS-Angriffs auf Kobanê im Oktober 2014 terroristischer Straftaten und des Mordes in dutzenden Fällen beschuldigt werden. Allein für den ehemaligen HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtaş fordert die Generalstaatsanwaltschaft bis zu 15.000 utopische Jahre Haft. 28 der Angeklagten sind inhaftiert…“ Beitrag vom 25 April 2021 bei ANF Deutsch externer Link
    • HDP und Türkei: »Oppositionell« und »links«
      „… So ist es wenig überraschend, dass die Berichterstattung der deutschen Medien zum drohenden Parteiverbot der linken Oppositionspartei HDP und der jetzige Prozess gegen 108 führende HDP-Politiker*innen von Merkwürdigkeiten begleitet wird. Bereits die Benennung der HDP als »pro-kurdisch« oder »kurdisch« macht eine falsche Tendenz deutlich. Das Parteiprogramm, die Äußerungen der Partei und noch wichtiger die politische Praxis machen deutlich, dass eine solche ethnische oder nationale Zuschreibung nicht adäquat ist. Die Gründung der HDP im Jahr 2012 geht auf ein Bündnis von linken kurdischen Bewegungen mit denjenigen türkischen linken Kräften zurück, die bereit waren, den Staatsnationalismus in der Türkei zu hinterfragen und die Realität einer multiethnischen und multireligiösen Gesellschaft zu akzeptieren. Die HDP versteht sich als eine linke Partei für alle marginalisierten Bevölkerungsgruppen in der gesamten Türkei. Dies führt bisweilen zur Kritik von nationalistischen Kurd*innen, die der HDP vorwerfen, nicht ausschließlich als eine Interessenvertretung der Kurd*innen aufzutreten. Aber die Partei hat ein pluralistisches Politikverständnis, in dem die Rechte und Interessen verschiedener Gruppen einen legitimen Platz haben und keine Gruppe dominieren soll. So kämpft die HDP als eine linke Partei sowohl für die Rechte von LGBTIQ als auch für die Anerkennung des Genozids an den Armenier*innen 1915 – wohl wissend, dass beide Themen in Teilen der türkischen Gesellschaft eher zur Ablehnung gegenüber der HDP führen. Durch die Reduzierung der HDP auf »pro-kurdisch« werden nicht nur die feministischen und LGBTIQ-Bewegungen innerhalb der Partei unsichtbar gemacht, sondern auch Mitglieder und Aktivist*innen aus den zahlreichen kleineren ethnischen und religiösen Minderheiten. So sind zahlreiche Menschen aus der schrumpfenden ezidischen Minderheit in der Türkei in der HDP organisiert, während sie sonst in der Gesellschaft vielfach ausgrenzt und diskriminiert werden. (…) Dieses Nicht-Verstehen führte dazu, dass die deutschen Medien Mitte März 2021 einen politischen Skandal der Bundesregierung weitgehend verpassten. Das Auswärtige Amt formulierte zum drohenden HDP-Verbot neben den üblichen Floskeln über große Sorgen, die man sich mache und die leise Aufforderung an die türkische Regierung, sich an demokratische und rechtsstaatliche Standards zu halten, die Forderung an die HDP, dass die Partei sich von der PKK distanzieren müsse. Das ist nicht nur deswegen skandalös, weil sich die Bundesregierung damit gänzlich der Position der autokratischen türkischen Regierung anschließt. Darüber hinaus legitimiert die türkische Regierung ihre massive Repression gegen die HDP genau mit dieser vermeintlich fehlenden Distanz zwischen HDP und PKK…“ Artikel von Ismail Küpeli vom 27.04.2021 im ND online externer Link
  • „Frontalangriff auf die linke Opposition“ von Ismail Küpeli am 24. März 2021 in nd online externer Link berichtete unter anderem: „… Die Umstände, unter denen die Generalstaatsanwaltschaft den Antrag auf Parteiverbot bekannt gab, machten erneut deutlich, dass es sich um keinen rechtsstaatlichen Vorgang handelt. Es ist vielmehr eine politisch motivierte und von der Regierungsspitze angeordnete Maßnahme gegen die unliebsame linke Opposition. In den letzten Wochen führte die rechtsextreme MHP, de facto Koalitionspartner von Erdoğans Regierungspartei AKP, eine Hetzkampagne gegen die HDP und zielte dabei insbesondere auf deren Abgeordnete. Frei erfundene und völlig absurde Vorwürfe, wonach HDP-Politiker*innen Terrorist*innen oder Terrorunterstützer*innen seien, gingen durch die regierungsnahen Medien. Danach wurde die Aufhebung der Immunität von 20 HDP-Abgeordneten beantragt, um sie anschließend inhaftieren zu können. Gleichzeitig signalisierte die MHP, dass dies aus ihrer Sicht nicht reichen würde und forderte, dass die HDP gänzlich verboten werden müsse. Der Verbotsantrag der Generalstaatsanwaltschaft spiegelt diese Hetzkampagne und wirft der HDP neben Terrorismus und Terrorunterstützung auch eine unzureichende Unterstützung für die nationalen Interessen der Türkei vor – was leicht kryptisch formuliert bedeutet, dass sie die Politik der AKP-MHP-Herrschaft kritisiert und ablehnt…“
  • „Heulende Wölfe“ von Nick Brauns am 26. März 2021 in der jungen welt externer Link berichtet dazu unter anderem: „… Die Wut des Faschistenchefs erregt hatte eine Kleine Anfrage von Ulla Jelpke, der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, über den Einfluss der MHP auf die türkische Regierungspolitik. Denn seit fünf Jahren befindet sich die MHP, ohne eigene Minister zu stellen, in einem strategischen Bündnis namens Volksallianz mit der islamistischen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Bundesregierung gab zur Antwort, dass »politische Forderungen der MHP von türkischen Regierungsmitgliedern aufgegriffen werden und regelmäßig Eingang in Gesetze finden«. Zudem sei »der Anteil von Personen aus dem Umfeld der MHP im Staatsapparat in den letzten Jahren merklich angestiegen«. Ohne Jelpkes Namen direkt zu nennen, sprach Bahceli in seinem Tweet von einer »Feindin der Türkei«, die im Namen der Linkspartei die Anfrage gestellt habe. Staatliche Medien wie die Nachrichtenagentur Anadolu und der Sender TRT berichteten umgehend über Bahcelis Äußerungen, weitere Nachrichtenseiten übernahmen diese Meldung und führten nun Jelpke namentlich an...“
  • „Keine Aufklärung“ von Nick Brauns am 29. März 2021 in der jungen welt externer Link zu den Nicht-Urteilen unter anderem: „… Hrant Dink war am 19. Januar 2007 in Istanbul beim Verlassen der Redaktion der von ihm herausgegebenen Wochenzeitung Agos von einem jugendlichen Faschisten erschossen worden. Vorangegangen war eine Hetzkampagne nationalistischer Kreise einschließlich eines Strafverfahrens wegen »Beleidigung des Türkentums« gegen den Journalisten, weil dieser den bis heute in der Türkei geleugneten Genozid an den Armeniern zur Sprache gebracht hatte. Der zur Tatzeit 16jährige Mörder Ogün Samast war 2011 zu einer Haftstrafe von 23 Jahren verurteilt worden, ein direkter Anstifter der Tat, Yasin Hayal, der auch die Waffe besorgt hatte, erhielt im folgenden Jahr eine lebenslange Haftstrafe. Das Istanbuler Gericht sah es in seiner Urteilsverkündung am Freitag als erwiesen an, dass die als Terrororganisation Fetö verfolgte Gülen-Bewegung hinter dem Mord an Dink steht. So wird in einem abgetrennten Verfahren weiterhin gegen 13 flüchtige Angeklagte, darunter den im US-Exil lebenden Sektenführer Fethullah Gülen, ermittelt…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=188540
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