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Automobilzulieferer Farplas bei Istanbul entlässt Hunderte von Gewerkschaftsmitgliedern und lässt die Protest-Besetzung mit brutalem Polizeieinsatz räumen/verhaften

Dossier

Türkei: Automobilzulieferer Farplas bei Istanbul entlässt Hunderte von Gewerkschaftsmitgliedern und lässt die Protest-Besetzung mit brutalem Polizeieinsatz räumen/verhaftenSeit Tagen kämpft die Belegschaft von Farplas – einem Automobilzulieferer (u.a. für Renault, FIAT, Toyota, Hyundai, FORD) in Kocaeli bei Istanbul um die Anerkennung ihrer gewerkschaftlichen Organisierung. Anstatt die im linken Gewerkschaftsbündnis DISK organisierte Gewerkschaft Birleşik-Metal-Iş  anzuerkennen, entließ das Unternehmen Hunderte von Gewerkschaftsmitgliedern, woraufhin die ArbeiterInnen kurzerhand das Werk besetzten. Sie kletterten auf das Dach der Fabrik und drohten vom Dach zu springen, um die Polizei am Betreten der Fabrik zu hindern, aber die Polizei brachte Luftmatratzen unter das Gebäude und verhaftete etwa 200 ArbeiterInnen in der Nacht auf Montag, 31.1. Auch Vorgesetzte, die sich mit den KollegInnen solidarisierten, wurden infolge des Pfefferspray-Angriffs der Polizei festgenommen. Schnell formieren Unterstützer:innen Demonstrationszüge und protestieren in Solidarität mit den Festgenommenen… Siehe zu der andauernden Auseinandersetzung weitere Informationen:

  • Der [französische] Gewerkschaftsbund Solidaires ist besorgt darüber, wie das autoritäre Erdogan-Regime die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Türkei mit Füßen tritt New
    Die Türkei, die sich immer mehr in ein autoritäres und repressives Modell verstrickt, stützt sich auf ihre Unternehmen, um die Gewerkschaftsmitgliedschaft von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu kriminalisieren.
    Gewerkschaftsrechte sind von der türkischen Verfassung anerkannte Grundrechte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Türkei wiederholt wegen ungerechtfertigter Entlassungen von gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern verurteilt. Die Statistiken des EGMR weisen den türkischen Staat als das Regime aus, das das Gewerkschaftsrecht am stärksten kriminalisiert.
    Der Gewerkschaftsbund Solidaires unterstützt die türkischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Farplas-Automobilfabrik in Gebze und die Gewerkschaften Limter-Is und Disk, die einen Monat lang gestreikt haben. Der Streik wurde am Montag, den 7. April beendet, da es in einem Land mit hoher Inflation an Lebensunterhalt fehlt. Ihr Kampf geht jedoch mit anderen Mitteln weiter.
    Sie klagten über die Entlassung von mehr als 115 Arbeitern allein aufgrund ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit. Die Firma Farplas, ein internationales Schaufenster für türkisches Know-how im Bereich der Polymerlieferungen für die Automobilindustrie, beliefert viele große Hersteller wie Renault, Ford, Toyota, Mercedes, Tesla und viele andere.
    Mehr denn je beweist das kapitalistische Regime in der Türkei wie auch anderswo seine aktive Beteiligung an autoritären und sogar faschistischen Auswüchsen. Es greift die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an, indem es ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen, ihre Rechte und ihre Mittel zur kollektiven Verteidigung angreift. Internationale Solidarität!“ Maschinenübersetzung der franz. Solidaritätserklärung vom 15.4.22 externer Link
  • ArbeiterInnen vor der Farplas-Fabrik kämpfen weiter für die Wiedereinstellung der Entlassenen – und gegen die gelbe Gewerkschaft „Türk Metal Farplas“ 
    In Farplas reagierten die ArbeiterInnen auf den Wunsch des Chefs, die türkische Metallgewerkschaft zu holen. ArbeiterInnen versammelten sich vor der Fabrik „Raus aus Türk Metal Farplas!“ gesungene Parolen
    Die ArbeiterInnen, die sich seit Tagen für die Wiedereinstellung der entlassenen ArbeiterInnen und ihre Gewerkschaftsrechte bei Farplas einsetzen, reagierten auf den Wunsch des Chefs, Türk Metal gewaltsam einzuziehen. Sie versammelten sich erneut vor der Fabrik, um ihre Forderungen dem Chef zuzurufen, der die von ihnen gewählte und mehrheitlich gestellte United Metal-Is nicht akzeptierte.
    DİSK angeschlossene Gewerkschaften gingen nach Farplas, um Solidarität mit ihren Mitgliedern zu zeigen. Die ArbeiterInnen des Widerstands marschierten vor der Fabrik mit den Parolen „Farplas-Arbeiter sind nicht allein“ und „Raus aus Turkish Metal Farplas“. Die ArbeiterInnen warteten weiterhin mit den Slogans „Farplas-Arbeiter ist nicht allein“ und „Unterdrückung kann uns nicht einschüchtern“ mit den Lichtern ihrer Telefone.
    Der Vorsitzende der Limter-İş-Gewerkschaft, Kanber Saygılı, bemerkte, dass Türk Metal versuchte, die ArbeiterInnen unter Druck zu rekrutieren, indem sie eine Vereinbarung mit dem Chef traf, nur um die zu verlängern, obwohl die ArbeiterInnen Mitglieder der mit DİSK verbundenen Limter-İş, der United Metal İş und der Lastik İş sind Prozess.
    Saygılı stellte fest, dass sich die ArbeiterInnen gegen Türk Metal gewehrt haben, das darauf abzielt, die Arbeiter durch die Verlängerung des Tarifvertragsprozesses einzuschüchtern, und sagte: „Unsere Arbeiter wollen, dass Türk Metal von hier vertrieben wird.“ Maschinenübersetzung des (türk.) Beitrags vom 15.2.2022 bei sendika.org externer Link mit vielen Videos
  • Der Protest vor der Farplas-Fabrik geht – tanzend! – weiter und mit wachsender Unterstützung 
    Nachdem die Polizei den Besatzungsprotest angegriffen und 200 Arbeiter in der Farplas-Fabrik festgenommen hatte, gingen die Arbeiter vor der Fabrik erneut in Aktion
    In der Farplas-Fabrik in der Gebze Automotive Supply Industry Specialised Organized Industrial Zone (TOSB) besetzten die Arbeiter die Fabrik, als der Chef eine kompromisslose Haltung gegenüber den Forderungen der Arbeiter zeigte. 200 Beschäftigte wurden infolge des Polizeiangriffs auf die Besatzungsaktion festgenommen. Nach dem Polizeiangriff gingen Farplas-Beschäftigte erneut vor der Fabrik in Aktion. Bei der Aktion, an der die Manager der vereinigten Metal-İş-Zweigstelle und -Zentrale zusammen mit den Farplas-Arbeitern teilnahmen, forderten die Arbeiter, dass die entlassenen Arbeiter wieder eingestellt werden und dass der Chef die Gewerkschaft anerkennt und sich mit den Arbeitern an einen Tisch setzt. An der Aktion nahmen auch Vertreter verschiedener DİSK angeschlossener Gewerkschaften zu Unterstützungszwecken teil. Es wurden auch Reden in der Aktion gehalten, wo der Halay-Tanz aufgeführt und der Slogan „Holt die entlassenen Arbeiter zurück“ skandiert wurde. „Für uns ist überall ein Aktionsfeld“, sagte der Vertreter der United Metal-Is in seiner Rede: Gemeinsam mit unseren Freunden innen und außen werden wir diese rechtswidrige Haltung des Arbeitgebers aufdecken. Insofern ist aus unserer Sicht überall ein Widerstandsfeld, überall ein Streikgebiet. Die Front des Arbeitgeberhauses, die Front des Betriebes, das Innere der Fabrik sind jetzt das Aktionsfeld für uns. Entweder setzt sich der Arbeitgeber mit den Arbeitern zusammen, stimmt zu, redet und erkennt die Gewerkschaft an, oder wir demütigen ihn erneut in der Türkei. Wir werden unser demokratisches Recht voll ausschöpfen. Gemeinsam mit unseren Mitschülern werden wir das erreichen.
    Farplas-Beschäftigte, die in der United Metal-İş organisiert waren, schlossen sich in der Fabrik, damit die Arbeiter, die entlassen wurden, weil sie Mitglieder der Gewerkschaft waren, wieder arbeiten konnten und ihr Recht, als Gewerkschaftsmitglied zu arbeiten, anerkannt wurde. Die Arbeiter gingen als Vorsichtsmaßnahme gegen den Polizeiangriff auf das Dach der Fabrik. Die Polizei, die die Arbeiter in den Morgenstunden mit Drohnenunterstützung und Pfefferspray angriff, nahm etwa 200 Menschen fest, darunter auch diejenigen, die zur Unterstützung der Widerstandsarbeiter kamen. Die Festgenommenen wurden am Nachmittag nach Abschluss ihrer Aussagen freigelassen.“ Maschinenübersetzung des (türk.) Beitrags vom 2.2.2022 bei Sendika.org externer Link mit Videos der Aktionen

    • Siehe stellvertretend für viele Meldungen und Videos unter #Farplas und #FarplasİscisiYalnızDeğildir den Tweet von Özgür Gelecek vom 2.2.22 externer Link mit dem Video tanzender Proteste und dem (türk.) Text: „#Farplas Arbeiterwiderstand vor der Fabrik geht mit Begeisterung weiter. Die Verantwortlichen der United Metal-İş Union befinden sich derzeit in Gesprächen mit dem Gouverneursamt und dem Chef.“
    • [Video] Farplas Arbeiter*innen protestieren
      „Direne direne kazanacağız – Wenn wir uns wehren und Widerstand leisten, werden wir gewinnen.“ (aus dem Video) Am 31. Januar inhaftierte die türkische Polizei ca. 200 Arbeiter*innen des Autoteile Herstellers Farplas. Diese hatten die Fabrik  besetzt, aus Protest gegen zu geringe Gehälter und den Versuch des Unternehmens, die gewerkschaftliche Organisierung zu unterbinden. Die Proteste begannen bereits am 19. Januar 2022 mit einer ersten Arbeitsniederlegung. Grund waren zu geringe Löhne und ein ebenso unzureichendes Angebot einer Lohnerhöhung von Seiten des Unternehmens…Video bei labournet.tv externer Link (turkish | 1 min | 2022)
  • Kocaeli: Polizei stürmt Fabrik und nimmt 200 Arbeiter:innen fest
    Die türkische Polizei hat die Farplas-Automobilfabrik in Kocaeli gestürmt und mehr als 200 Arbeiter:innen festgenommen, die für ihre Rechte auf gewerkschaftliche Organisierung und gegen die Entlassung von Kolleg:innen protestieren. Am Montagmorgen kam es zu einem Großeinsatz der Polizei gegen streikende Arbeiter:innen in einer Fabrik des Automobilherstellers Farplas in Kocaeli. Wie die im linken Gewerkschaftsbündnis DISK organisierte Gewerkschaft Birleşik-Metal-Iş berichtet, stürmte die Polizei das von den Arbeiter:innen besetzte Fabrikgebäude, setzte Pfefferspray ein und nahm über 200 der Streikenden fest. Die Arbeiter:innen hatten nach der Entlassung von Kolleg:innen die Produktion eingestellt. Die entlassenen Arbeiter:innen protestierten ebenfalls in der Fabrik. Als die Polizeibeamten den Angriff vorbereiteten, stiegen einige Arbeiter:innen auf das Dach und setzten dort ihren Protest mit Slogans fort. Sie riefen: „Wir sind Arbeiter:innen, wir sind im Recht und wir werden siegen.“ Währenddessen kreisten über der besetzten Fabrik Drohnen der Polizei. Arbeiter:innen drohen vom Dach zu springen: Inmitten des Protestes der stürmte die Polizei die Fabrik. Daraufhin setzten Arbeiter:innen ihren Widerstand auf dem Dach fort. Die Gewerkschaft berichtete über den Angriff: „Die Polizei hält Arbeiter:innen fest und geht auf dem Dach von Farplas gegen sie vor. Die Arbeiter:innen drohen, vom Dach zu springen. Die Behörden sind für jede Verletzung verantwortlich.“ Währendessen formieren Unterstützer:innen Demonstrationszüge und protestieren in Solidarität mit den Festgenommenen.
    Die Forderungen der Arbeiter:innen
    Die Arbeiter:innen fordern unter anderem Prämienzahlungen, Lohnerhöhungen, keine Anrechnung von geplantem Arbeitsausfall auf den Jahresurlaub, Hilfszuschüsse aufgrund der Preissteigerungen in der Türkei, Anrechnung der Inflation auf die Gehälter sowie eine Erhöhung der Überstundenzuschläge.
    Wie kommt es zu dem Protest?
    Die Belegschaft der Farplas-Fabrik hatte zunächst eine Lohnerhöhung gefordert. Da das am 19. Januar unterbreitete Angebot für eine Lohnerhöhung jedoch unzureichend war, legte sie aus Protest die Arbeit in der Fabrik nieder. Daraufhin kam es erneut zu Verhandlungen und die Firmeneigner versprachen, dass keine Arbeiter:innen entlassen würden. Die Produktion ging am 20. Januar weiter. Gleichzeitig wurden auch die Verhandlungen fortgesetzt. In der Zwischenzeit organisierten sich die Beschäftigten gewerkschaftlich bei Birleşik-Metal Iş. Inmitten dieser Entwicklungen wurden fast 150 Arbeitnehmer:innen, unter ihnen mehrere Gewerkschaftsmitglieder, entlassen. Als Grund für die Entlassung wurde vom Arbeitgeber auf ihren Protest am 19. Januar hingewiesen. Als Reaktion auf dieses Vorgehen und die Nichtanerkennung der gewerkschaftlichen Organisierung nahm der Widerstand zu und es kam schließlich zur vollständigen Arbeitsniederlegung in Kocaeli.“ Meldung vom 31.1.2022 bei ANF Deutsch externer Link
  • Siehe für laufende Informationen:
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=197443
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