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Der Mob tobt auch in Johannesburg: Statt gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung Widerstand zu leisten, treten sie – nach unten, gegen Einwanderer

Erneute Pogrome in Südafrika gegen alle Ausländer„… Hunderte Menschen waren durch eines der Hauptgeschäftszentren von Johannesburg gezogen. Sie plünderten Geschäfte und zündeten Autos und Gebäude an. Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Gummigeschosse gegen die Randalierer ein. Die Unruhen hatten am Sonntag begonnen, nachdem ein Gebäude in der Innenstadt in Brand geraten und zusammengestürzt war. Drei Menschen kamen dabei ums Leben. Die Ausschreitungen breiteten sich danach auf andere Stadtteile Johannesburgs und auf die südafrikanische Hauptstadt Pretoria aus. Örtlichen Medienberichten zufolge wurden unter anderem in Geschäften von Einwanderern Feuer gelegt. m Sonntag gab es zudem einen landesweiten Protest von Lkw-Fahrern gegen die Beschäftigung ausländischer Fahrer. Ausschreitungen dieser Art kommen in Südafrika immer wieder vor. Einige Südafrikaner geben Einwanderern aus Nachbarländern wie Lesotho, Mosambik und Simbabwe die Schuld für die hohe Arbeitslosigkeit. Der für die Polizei zuständige südafrikanische Minister widersprach dem allerdings. Er sagte, die Ausschreitungen hätten mehr mit Kriminalität als mit Fremdenhass zu tun. Der Außenminister Nigerias, Geoffrey Onyeama, bewertete das anders. Bei den Ausschreitungen, so Onyeama, seien viele Ladengeschäfte niedergebrannt und geplündert worden, die von Nigerianern betrieben würden…“ – aus dem Bericht „Fremdenfeindliche Ausschreitungen in Südafrika“ am 03. September 2019 bei der Deutschen Welle externer Link – worin allerdings die in Südafrika sofort aufgekommene Kritik am stellvertretenden Polizeiminister und dessen entsprechenden „mobilisierenden“ Äußerungen fehlt… Siehe in der Materialsammlung dazu auch vier weitere aktuelle Berichte, darunter eine Stellungnahme des Gewerkschaftsbundes SAFTU, der zum Umdenken auffordert, sowie einen Beitrag zu gewerkschaftlicher Opposition gegen die neuen Wirtschaftspläne der ANC Regierung – und wer sie unterstützt:

„31 people arrested for looting, setting shops and cars alight in Johannesburg CBD“ von Riaan Grobler und Ntwaagae Selek am 02. September 2019 bei News24 externer Link berichtet von den Ereignissen seit Sonntag, bei denen unter anderem auch zahlreiche Autowerkstätten (in der Regel in Besitz von Staatsbürgern anderer afrikanischer Staaten) in Brand gesteckt wurden. Bis zu jenem Zeitpunkt also 31 Festnahmen durch die Polizei – der von Betroffenen oftmals Tatenlosigkeit vorgeworfen wurde – und bis dahin 3 Todesopfer, inzwischen sollen beide Zahlen weiter angestiegen sein.

„Arbeitslose in Südafrika lassen ihre Wut an Ausländern aus“ von Christian Putsch am 03. September 2019 in der NZZ online externer Link berichtet am Dienstagabend: „… 41 Personen sind verhaftet worden. Von den Politikern und Beamten gab es bisher, wenn überhaupt, nur dünne Lippenbekenntnisse. So behauptete etwa Polizeichef Bheki Cele, es handle sich «eher um Kriminalität als um Xenophobie». Letztere diene als Ausrede, «es gab keinen Auslöser für irgendeine Form des Konflikts zwischen Südafrikanern und ausländischen Bürgern». Nigerias Aussenminister Geoffrey Onyeama sagte dagegen, dass Geschäfte von Nigerianern gezielt angegriffen worden seien. Zahlreiche afrikanische Regierungen hatten jüngst den Ton gegenüber Südafrikas wenig entschlossen auftretender Regierung wegen vergleichbarer Angriffe auf ihre Landsleute verschärft. Erst im März hatte es bei ähnlichen Übergriffen in Durban drei Tote gegeben; dort waren Migranten aus Malawi betroffen gewesen (…) Das mit der Wahl des Multimillionärs Ramaphosa verbundene Versprechen eines nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwungs hat sich bisher nicht erfüllt. Die offizielle Arbeitslosenquote beträgt 29%, sie ist so hoch wie selten zuvor in der demokratischen Geschichte des Landes. Dabei rechnen die Behörden diejenigen gar nicht erst ein, die es aufgegeben haben, überhaupt nach einem Job zu suchen. Zählt man diese dazu, beträgt die Quote erschreckende 38,5%. Zwar legte die Wirtschaft im zweiten Quartal um 3, zu, was eine Rezession in diesem Jahr wohl verhindern wird. Doch neue Arbeitsplätze wurden bisher nicht in ausreichendem Masse geschaffen. Zudem ist die Staatsverschuldung jüngst massiv angestiegen, was wirtschaftliche Impulse erschwert. Gleichzeitig limitieren die Behörden mit strengeren Auflagen besonders in Johannesburg den Raum für den informellen Sektor, was für verschärfte Konkurrenz zwischen Südafrikanern mit niedrigem Ausbildungsniveau und afrikanischen Migranten sorgt...“

„Cant disagree with #JuliusMalema on this“ am 02. September 2019 im Twitter-Kanal von Wale Gates externer Link ist das Video einer Rede des EFF-Vorsitzenden Julius Malema, in der er eindringlich darauf hinweist, dass es nicht Nigerianer seien, die Fabriken geschlossen haben und die Menschen auf die Straße geworfen, nicht Simbabwer, die auf ihren Feldern nur Erntehelfer aus Simbabwe beschäftigten, denen sie noch weniger zahlen, als Einheimischen und dass es noch nie vorgekommen sei, dass dafür ein Geschäftsmann aus England oder Indien körperlich angegriffen worden sei, immer würden nur Afrikaner angegriffen – „weil ihr euch selbst hasst, wie es euch die Apartheid gelehrt hat“.

„SAFTU calls on the working class to unite against their real enemies and to cease attacks on each other“ am 02. September 2019 beim Gewerkschaftsbund SAFTU externer Link ist Erklärung und (in den Unternehmen) verbreiteter Aufruf des linken Verbandes, damit aufzuhören, sich gegenseitig anzugreifen, sondern stattdessen gemeinsam vorzugehen gegen „eure wirklichen Feinde“.  38% aller arbeitsfähigen Menschen Südafrikas seien erwerbslos und keine und keiner von ihnen sei von einem Nigerianer oder Angolaner entlassen worden. Dass der ressourcenreichste Kontinent auch der der größten Armut sei, dies führe dazu, dass die meisten Menschen auf der Welt, die ihre Heimat auf der Suche nach einem Auskommen verlassen, aus Afrika sind: Auf dieser Suche sterben viele, und viele, die nach Südafrika kommen (im letzten Jahr rund 3 Millionen – wie schon immer sehr viele aus Simbabwe, aber eben heute bis „hoch“ nach Nigeria) werden angegriffen. Aber nur ein gemeinsamer Kampf für eine andere Gesellschaft könne die Lösung dieser Probleme bringen.

„ANC-affiliated trade union warns of strike against proposed economic reforms in South Africa“ am 03. September 2019 bei Peoples Dispatch externer Link berichtet von den Reaktionen verschiedener Gewerkschaften auf die neuesten Pläne, die vom Finanzministerium ausgearbeitet worden waren. Neben steuerlichen Erleichterungen für Unternehmen und Investitionshilfen sehen diese auch den Abbau „hinderlicher Vorschriften“ vor – was von Gewerkschaftsseite – diesmal sogar einhellig – als Angriff auf Arbeitsrechte verstanden wird. Die jedenfalls sind so eindeutig, dass nicht nur der linke Gewerkschaftsbund SAFTU gegen die Pläne mobilisiert, sondern auch der Gewerkschaftsbund Cosatu, offizieller Bestandteil der Regierung warnt, wenn es bei diesen Plänen bleibe, werde es Streik geben. Unterstützt werden diese Pläne von der DA-Opposition, die sie als nötig bezeichnete und ihre schnelle Umsetzung forderte, wofür die Regierung ihre Unterstützung habe…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=153931
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