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Eine Millionen Sudanes*innen gehen gegen Militärcoup auf die Straße – Aufruf zum Generalstreik und zivilem Ungehorsam

Dossier

Sudan Uprising: Sudanes*innen gehen gegen Militärcoup auf die StraßeNach dem Coup des sudanesischen Militärs am Montag, den 25.10.2021 gegen die Übergangsregierung, die das Land seit der Dezember-Revolution von 2019 regiert, gingen mehr als eine Millionen Sudanes*innen auf die Straße, um Widerstand gegen die neue Militärregierung zu leisten. Die Sudanese Communist Party (SCP) und nahestehende Gewerkschaften wie die Sudaneses Professionals Association (SPA), Khartoum University Professors‘ Union, und die Sudanese Pilots Union (SPU), rufen weiter zum Generalstreik und der Blockade der Militärregierung durch zivilen Ungehorsam im ganzen Land auf. Das Militär hat Mitglieder der Übergangsregierung gekidnappt und unter Hausarrest gesetzt, sowie Kontrolle über Radio- und Fernsehstationen errungen, und den Zugang zum Internet abgeschaltet. So die wichtigsten Informationen aus dem englischen Artikel von Pavan Kulkarni vom 25.10.2021 bei Peoples Dispatch externer Link („Over a million people take to the streets against coup by Sudan’s military“), siehe weitere Informationen:

  • Sudanesische Linke warnt vor Putsch und ruft zum politischen Generalstreik auf: Wahlen finden unter Abkommen zwischen Militärjunta und rechtem Flügel statt New
    „Die Militärjunta, die den Sudan regiert, und die rechtsgerichteten politischen Parteien haben ein Rahmenabkommen zur Bildung einer Übergangsregierung und zur Durchführung von Neuwahlen unterzeichnet. Die Sudanesische Kommunistische Partei hat erklärt, dass dies Millionen von Menschen ausschließt und das Putschregime legitimiert. Das Rahmenabkommen, das im Dezember unterzeichnet wurde, um eine Machtteilung zwischen der sudanesischen Militärjunta und einer rechten Parteienkoalition zu erreichen, hat keine verfassungsrechtliche Legitimität, warnte Saleh Mahmoud, Sekretär für Außenbeziehungen der Sudanesischen Kommunistischen Partei (SCP). Die politischen Parteien der Koalition der Kräfte der Freiheit und des Wandels (Forces of Freedom and Change, FFC) haben kein Mandat der Bevölkerung, um mit den Putschisten zu verhandeln, erklärte er dem Vorsitzenden der Kommission der Afrikanischen Union (AU), Moussa Faki, bei einem Treffen in der Hauptstadt Khartum am 13. Februar. Das Treffen zwischen Delegierten der SCP und dem Friedens- und Sicherheitsrat der Afrikanischen Union (AU) fand auf Fakis Einladung hin statt und fand vor dem Hintergrund zunehmender internationaler Interventionen statt, um eine Machtteilung zwischen der Armee und der FFC zu vereinbaren. Bei den Massendemonstrationen gegen die Junta, die seit dem Putsch der Armee am 25. Oktober 2021 nicht nachgelassen haben, wird jedoch weiterhin die Parole „Keine Verhandlungen, keine Kompromisse, keine Partnerschaft“ mit dem Militär auf den Straßen des Sudan gerufen.
    Westliche Gesandte treffen sich mit Putschisten
    Ungeachtet dieser Stimmung trafen Abgesandte der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Norwegens und der Europäischen Union (EU) am 7. Februar in Khartum ein, um sich mit den Militärputschisten und Vertretern:innen der FFC-Parteien zu treffen, die das Rahmenabkommen unterzeichnet haben. Die Sonderbeauftragte der Europäischen Union für das Horn von Afrika, Annette Weber, sagte: „Wir sind in den Sudan gekommen, um eine Botschaft der Hoffnung und Unterstützung für das Rahmenabkommen zu überbringen“. Zu den Protesten, die mit dem Besuch zusammenfielen, hatten die Widerstandskomitees (RCs) aufgerufen. Ein Netzwerk von mehr als 5.000 dieser Komitees, die in verschiedenen Vierteln des Landes verteilt sind, führt seit dem Putsch die pro-demokratischen Proteste gegen die Militärjunta an. Das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzte (Central Committee of Sudanese Doctors, CCSD) meldete mehrere Verletzte bei der Niederschlagung der Proteste am 7. Februar, unter anderem durch scharfen Beschuss. Am 9. Februar, als Protestierende zum Präsidentenpalast marschierten – dem Sitz des Putschisten und Armeechefs Abdel Fattah al Burhan, wo sich die internationalen Gesandten mit ihm trafen – töteten die Sicherheitskräfte einen 15-jährigen Jungen mit einem Tränengaskanister, der ihm in den Kopf geschossen wurde. Seit dem Putsch sind bereits 124 Menschen bei Repressionen getötet worden. (…) Keines dieser Probleme kann gelöst werden, solange die Militärjunta nicht gestürzt und ihre Generäle für alle ihre Verbrechen vor ein internationales Gremium wie den Internationalen Strafgerichtshof gestellt werden“, argumentierte er und bekräftigte den Aufruf der SCP, die Straßenproteste mit einem politischen Generalstreik und totalem zivilen Ungehorsam zu unterstützen.“ Artikel von Pavan Kulkarni vom 18. Februar 2023 auf Peoples Dispatch externer Link („Sudanese left warns that election under military junta-right wing deal will legitimize coup”)
  • Sudan: Blutiger Jahrestag 
    Ein Jahr nach der Machtübernahme des Militärs im Sudan haben erneut Zehntausende im ganzen Land gegen Regierungschef Abd Al-Fattah Al-Burhan demonstriert. Am 25. Oktober 2021 hatte Burhan die zivilen Teile der Übergangsregierung entmachtet, seither kommt es nahezu täglich zu Protesten in der Hauptstadt Khartum (Bild), die gewaltsam niedergeschlagen werden. In der Zwillingsstadt Omdurman wurde ein Mensch getötet, wie das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzte mitteilte. Damit stieg die Zahl der Toten im Zusammenhang mit den Protesten auf 119.“ Agenturmeldung in der jungen Welt vom 27.10.2022 externer Link
  • Welle von Streiks und Protesten in verschiedenen Sektoren im ganzen Sudan mit neuem Höhepunkt: Elektrizitätsarbeiter in Khartum besetzen Kontrollraum und schalten Strom ab 
    Streikende sudanesische Elektrizitätsarbeiter haben ihren laufenden Streik wegen der Löhne ausgeweitet, indem sie den Kontrollraum des Bahri-Wärmekraftwerks besetzten und die elektrische Last um 20 Prozent reduzierten. Nach Angaben der TAM (Alliance of Demand-based Bodies) ist dies Teil eines stufenweisen Protestes und das Ergebnis der Ignoranz der Unternehmensleitung gegenüber den Forderungen der Beschäftigten nach der Umsetzung der Gehaltsstruktur für 2022, wie zuvor vereinbart, und der Auszahlung von Geldern, die ihnen seit Anfang des Jahres zustehen. Die Besetzung folgt auf tagelange Proteste der Beschäftigten vor den Gebäuden des Energieministeriums. Der Gehaltsausschuss der Beschäftigten im Elektrizitätssektor erklärte am 5. September, dass die Beschäftigten von der Bereitschaftspolizei angegriffen worden seien.
    Der Streik der Elektrizitätsarbeiter ist Teil einer größeren Welle von Streiks und Protesten von Arbeitnehmern in verschiedenen Sektoren im ganzen Sudan, wobei in den letzten Tagen auch Reinigungskräfte aktiv wurden. Die Reinigungskräfte in Khartum kämpfen für unbefristete Verträge und ein Ende der Arbeitsplatzunsicherheit sowie für höhere Löhne, zusätzlich zu anderen Forderungen in Bezug auf Ferienarbeit, Arbeitssicherheit, Gesundheit und Sozialversicherung. In einer von der Sudanese Workers Alliance for the Restoration of Trade Unions veröffentlichten Erklärung heißt es dazu: „Wir fordern, dass der Status der Arbeiter und Fahrer der Reinigungsbehörde des Staates Khartum in einen unbefristeten Status umgewandelt wird und dass sie für die Ungerechtigkeit, die ihnen in den letzten Jahren zugefügt wurde, entschädigt werden, und betonen, dass diese Behandlung auch für alle Arbeiter und Fahrer der lokalen Reinigungsbehörden im gesamten Sudan gelten sollte. Denn es ist eine Schande und eine moralische Verfehlung, wenn sie ihre mageren Gehälter nicht durch den Verkauf von leeren Dosen und Flaschen, Metall und anderen Dingen zum Überleben aufbringen können.
    Zusammengefasst: Wir sind der Meinung, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als dass die Generalversammlungen ihre Gewerkschaftsorganisationen aufbauen, denn der Kreis der Verletzung der Rechte der Arbeiter und der übrigen Kategorien von Arbeitnehmern wird jeden Tag größer, und nach unserer Einschätzung reicht eine freie und unabhängige demokratische Gewerkschaftsorganisation, die sich auf die Legitimität ihrer Generalversammlung stützt, aus, um die Rechte ihrer Mitglieder zu schützen, ihre gemeinsamen Interessen zu verteidigen und die Verwirklichung des Auftrags und der Ziele der Arbeit und der Arbeitnehmer gegenüber der Gesellschaft als Ganzes zu gewährleisten.“
    Auch die Assistenzärzte planen in den nächsten Tagen eskalierende Aktionen, nachdem das Gesundheitsministerium ihnen seit acht Monaten die Zahlung finanzieller Leistungen verweigert hat; ein Streik ist für den 11. September geplant.“ Maschinenübersetzung des nngl. Berichtes vom 7.9.2022 im MENA Solidarity Network externer Link mit Fotos und Video („Electricity workers in Khartoum occupy control room and cut power as pay strike escalates“)
  • Sudan: Kein Ende der Proteste / “Die Widerstandskomitees sind der Keim” – Interview mit einer Revolutionärin aus Sudan
    • „In Sudan haben Demonstrierende am Mittwoch abend erneut gegen die Militärjunta protestiert. In der Hauptstadt Khartum blockierten mehr als 4.000 Menschen eine Hauptstraße. Nach Angaben des Zentralkomitees der sudanesischen Ärzte starb dabei ein Demonstrant, nachdem er von einem Tränengaskanister der Polizei am Kopf getroffen und von einem Fahrzeug der Einsatzkräfte überrollt worden war. Mit seinem Tod stieg die Zahl der Menschen, die bei den Antiputschdemonstrationen getötet wurden, auf 117, berichtete der Sender Al-Dschasira.“ Meldung der Jungen Welt vom 2. September 2022 externer Link
    • “Die Widerstandskomitees sind der Keim” – Interview mit einer Revolutionärin aus Sudan
      „… Die Widerstandskomitees sind Basisgruppen, die aus lokalen Gemeinschaften hervorgegangen sind und von Bewohner*innen der Nachbarschaften in ganz Sudan gebildet werden. Ich sehe nirgendwo größeres Potential, dass die Menschen selbst zu Wort kommen und ihre Anliegen verteidigen. Die Widerstandskomitees sind der Keim für ein zukünftiges lokales Regierungssystem, in dem die Menschen selbst die Kontrolle über die lokalen Behörden und Ressourcen haben, um diese für ihre Entwicklungsbedürfnisse zu nutzen. In der Phase des Militärputsches vom 25. Oktober 2021 sind die Widerstandskomitees die wichtigste Kraft des Widerstandes gewesen. Sie organisierten wöchentliche Proteste, ertrugen dabei all die Morde und die Gewalt, erarbeiten ihre politischen Visionen in Form von politischen Chartas, verfassten Erklärungen und organisierten Foren zu aktuellen politischen Themen. In einer postrevolutionären Gesellschaft können sie zwischen mehreren Szenarien entscheiden: ob sie als Widerstandskomitees bestehen bleiben oder zu Gruppen werden, die Druck ausüben, indem sie die Behörden überwachen und die gesellschaftlichen Forderungen durchsetzen, so wie sie es Ende 2019 – 2021 getan haben. Ich könnte mir vorstellen, dass einige ihrer Mitglieder sich entscheiden werden, dem Übergangslegislativrat beizutreten oder sich auf eine andere Ebene der politischen Praxis zu begeben, was neuen Generationen von Rebell*innen die Möglichkeit gibt, sich den Widerstandskomitees anzuschließen…“ Interview mit Muzna Alhja erhoben am 4. Juli 2022, erschienen am 1. September 2022 bei Lower Class Magazine externer Link.
  • Sudan: Vorbereitungen für einen Generalstreik am 24. August für den Sturz des Militärregimes und Aufruf zur internationalen Solidarität gegen Unterdrückung der Proteste
    Im ganzen Sudan mobilisieren Aktivisten zur Unterstützung eines Aufrufs der Widerstandskomitees (Gremien in den Stadtvierteln, die die Proteste koordinieren und mobilisieren und die revolutionäre Volksbewegung aufbauen) zu einem Generalstreik am 24. August. Ziel des Streiks ist es, das herrschende Militärregime zu stürzen, das von Generälen angeführt wird, die im Oktober 2021 zivile Politiker aus dem Amt geputscht haben. Damit endet eine Phase der Zusammenarbeit zwischen dem sudanesischen Militär und Vertretern der Oppositionsparteien, die nach dem Volksaufstand gegen Diktator Omar El Bashir im Jahr 2019 an die Regierung kamen.
    Die Putschisten sind seit Monaten mit Massenprotesten, zivilem Ungehorsam und Streiks in einigen Sektoren konfrontiert. Es ist ihnen nicht gelungen, die Volksbewegung zu zerschlagen, und die Widerstandskomitees haben weiterhin regelmäßig zu Demonstrationen mobilisiert und die Generäle daran gehindert, eine stabile Regierung zu bilden. Ihre Weigerung, mit den Generälen zu verhandeln, ihnen Legitimität zu verleihen oder sich an der Regierung zu beteiligen, wird von Millionen von Menschen unterstützt. Sie haben auch Initiativen entwickelt, die eine Reform der bestehenden staatlichen Institutionen vorschlagen, wie z. B. die Charta für die Errichtung der Volksautorität und die Revolutionscharta für die Volksmacht, die in einem Prozess der demokratischen Diskussion in den Stadtvierteln und mit den Basisorganisationen erarbeitet wurden.
    In der Zwischenzeit hat sich die wirtschaftliche Lage für die einfachen Menschen massiv verschlechtert, die Preise sind in die Höhe geschossen, so dass Millionen von Menschen Mühe haben, sich die Grundversorgung, die Strom- und Gasrechnungen und die Transportkosten zu leisten. Parallel zu den revolutionären Mobilisierungen auf den Straßen gegen die Generäle kam es in einigen Sektoren zu großen Streiks über Löhne und Arbeitsbedingungen. Im Frühjahr dieses Jahres streikten Lehrer:innen im ganzen Sudan und boykottierten die Bewertung von Prüfungen, wodurch sie einige Zugeständnisse bei der Bezahlung und den Arbeitsbedingungen erzwingen konnten. Auch Staatsbedienstete und Bankangestellte streikten. Nach Jahren, in denen die Gewerkschaften nur Arme der Regierungspartei waren, werden nun neue Gewerkschaften von unten aufgebaut.
    Nach den Erfolgen im Streik organisieren Aktivisten des Sudanesischen Lehrerkomitees (STC) Massenversammlungen im ganzen Sudan, um eine demokratisch gewählte Führung für eine neue Lehrergewerkschaft zu bilden, die eine Massenbasis unter den Lehrern der Primar- und Sekundarstufe hat.
    Di
    e Herausforderung für die Aktivisten in den Widerstandskomitees und die Organisatoren in den Betrieben besteht darin, die Wut über die Lebenshaltungskosten und die Arbeitsbedingungen mit Fragen über das Wesen des Staates und die Rolle der Generäle in ihm zu verbinden, um die wirtschaftlichen und politischen Flügel der revolutionären Mobilisierung zusammenzubringen. Im Bildungssektor sind die Zusammenhänge klar erkennbar: Das Militärregime hat zurückgeschlagen, nachdem es durch den erfolgreichen Massenlehrerstreik zu Zugeständnissen gezwungen worden war, indem es STC-Aktivisten schikanierte, und versucht nun, die alte, das Regime unterstützende Lehrergewerkschaft zu reaktivieren, wobei es von Hemedti, dem derzeitigen Vizepräsidenten und Anführer der brutalen Miliz der Rapid Support Forces, unterstützt wird. Der Plan des Regimes besteht darin, die volle administrative Kontrolle über das Bildungswesen wiederzuerlangen und die Lehrer daran zu hindern, sich unabhängig vom Staat zu organisieren.
    Als Reaktion darauf haben Aktivisten der STC einen Aufruf an Lehrer und Aktivisten der revolutionären Bewegung gestartet, gemeinsam gegen Hemedtis Plan vorzugehen und die Kontrolle über den Bildungssektor zu übernehmen. Im Bundesstaat Khartum nehmen die STC-Komitees Kontakt zu den Widerstandskomitees auf, um eine Kampagne zur Verteidigung der Bildung und des Vereinigungsrechts zu koordinieren.
    Auch im Gesundheitswesen gibt es mit den Ärzte- und Apothekergewerkschaften eine starke unabhängige gewerkschaftliche Organisation, die eine Schlüsselrolle in der Revolution gespielt hat. Allerdings ist es dem Regime gelungen, seit dem Putsch vom Oktober 2021 viele revolutionäre Aktivisten in anderen Schlüsselsektoren wie der zivilen Luftfahrt, dem Elektrizitätssektor und dem Bankwesen zu entlassen. Es stellt sich auch die Frage, wie die verschiedenen Generationen von Aktivisten miteinander verbunden werden können – die meisten Anführer der Widerstandskomitees sind junge Menschen, Studenten und Hochschulabsolventen, die nicht in die Arbeitswelt eingebunden sind.
    Die sudanesischen Aktivisten fordern weiterhin die Solidarität der internationalen Gewerkschaftsbewegung ein. Sie mobilisieren auch Solidarität für Arbeitnehmer, die anderswo kämpfen. Die Organisatoren eines Sitzstreiks gegen die Goldminenunternehmen im Bundesstaat River Nile sandten am 17. August die folgende Botschaft an britische Gewerkschafter. Die Alliance of Demand-based Bodies externer Link (TAM)[Fratzebuch], ein Zusammenschluss von mehr als 70 Basiskampagnen für Umweltgerechtigkeit, Arbeitnehmer- und Flüchtlingsrechte, erklärte:
        „Wir loben die Kämpfe der britischen Gewerkschaften und unterstützen Ihre Forderungen. Wir wollen eine Bewegung ohne Grenzen aufbauen, um die Forderungen der einfachen Menschen zu erheben. Die Verarmung der Mehrheit zum Nutzen einer reichen Minderheit ist eindeutig ungerecht. Großkonzerne sind die Ursache für großes Elend. Streiks und Proteste sind ein Menschenrecht. Der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten ist Teil des Rechts auf Leben. Leben geht vor Profit. Die Entlassung von Arbeitnehmern ist ein Verbrechen gegen die Gesellschaft. Wir sind solidarisch mit denen, die sich mit uns solidarisch zeigen. Rechte machen nicht an einer Grenze halt. Gemeinsam für die Abschaffung von Kolonialismus und Ausbeutung“. (Alliance of Demand-based Bodies (TAM) und Demonstranten beim Sit-in in Al-Obeidiya, River Nile State)
    Das Sit-in in Al-Obeidiya hat Hunderte von Minenarbeitern und Einheimischen mobilisiert, um grundlegende Dienstleistungen und ein Ende der Umweltverschmutzung durch die Goldminenkonzerne zu fordern, die die natürlichen Ressourcen der Region im Bündnis mit korrupten und brutalen Milizenführern wie Hemedti (Mohamed Dagalo) plündern, der die Miliz der Rapid Support Forces befehligt.
    Die RSF ist für zahlreiche Massaker verantwortlich, doch die westlichen Regierungen üben ständig Druck auf die revolutionären Kräfte aus, damit sie ihre Forderungen nach einer vollständigen demokratischen Zivilregierung aufgeben und Milizen und Militärs in die Regierung einbeziehen. Sie arbeiten weiterhin mit Hemedti zusammen, der derzeit Vizepräsident des Sudan ist, sowie mit General Abdelfattah al-Burhan, der die Junta anführt. Die Putschisten werden auch von regionalen Mächten wie Ägypten, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Israel unterstützt, die alle bewaffnet sind und von den USA, Großbritannien und den europäischen Regierungen unterstützt werden.“ Maschinenübersetzung der (engl.) Meldung von Mena Solidarity Network vom 19.8.2022 externer Link („Sudan Update: Preparing for a general strike – solidarity toolkit“), siehe dazu (und unterschreibe):

    • [Erklärung und Petition] Solidarität mit der sudanesischen Revolution nach dem Aufstand vom 30. Juni – Schluss mit den Massakern an Demonstrant:innen
      Am 30. Juni 2022 gingen Hunderttausende in ganz Sudan auf die Straße, um eine demokratische, zivile Regierung anstelle der Generäle und Milizenführer zu fordern, die im Oktober letzten Jahres durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen waren. Erneut wurden sie von den Behörden mit Gewalt empfangen, die die Sicherheitskräfte schickten, um die Demonstranten zu töten, zu verstümmeln und zu verhaften. Laut einer am 30. Juni vom Sudanese Unified Doctors‘ Office veröffentlichten Erklärung wurden Mediziner „Zeugen mehrerer Angriffe der Sicherheitskräfte auf Krankenhäuser im Bundesstaat Khartum sowie auf das medizinische Personal, das unermüdlich an der Behandlung der Verletzten arbeitet“. Bis zum 1. Juli wurden während der Proteste am 30. Juni neun Menschen von den Sicherheitskräften getötet, womit sich die Gesamtzahl der Toten seit Oktober 2021 auf 113 erhöht hat.
      Solche Angriffe der sudanesischen Sicherheitskräfte sind nur allzu bekannt. Während des jüngsten landesweiten Streiks der sudanesischen Lehrer wegen ihrer Gehälter und Arbeitsbedingungen verhafteten und schlugen die Sicherheitskräfte streikende Lehrer und warfen Tränengasgranaten in eine Grundschule, wodurch die Schüler und das Personal in Angst und Schrecken versetzt wurden.
      Wir sind entsetzt darüber, dass westliche Regierungen diesem brutalen Regime, das demokratische Grundrechte mit Füßen tritt, Demonstranten ungestraft tötet und streikende Arbeitnehmer angreift, weiterhin Legitimität verschaffen. Es reicht nicht aus, „vollständige und transparente Untersuchungen“ der Morde zu fordern und den Familien der Ermordeten „Beileid“ zu bekunden, wie es die britische Botschaft in Khartum am 1. Juli tat.
      Wir fordern die westlichen Regierungen auf, unverzüglich alle Kontakte mit der sudanesischen Junta abzubrechen und ein striktes Embargo für Waffen und Ausrüstungen zu verhängen, die zur Unterdrückung der Proteste eingesetzt werden könnten. Dieses Embargo muss sich nicht nur auf direkte Transfers erstrecken, sondern auch auf solche durch verbündete Staaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Israel und Ägypten, die an vorderster Front die Putschisten militärisch und diplomatisch gedeckt haben.
      Die westlichen Regierungen müssen aufhören, Druck auf die sudanesische Zivilgesellschaft und die politischen Bewegungen auszuüben, damit sie sich mit dem Regime, das sie tötet, zusammensetzen und verhandeln, und stattdessen dem Regime von Al-Burhan die Unterstützung entziehen.“ Maschinenübersetzung des engl. Aufrufs und Petition Mena Solidarity Network externer Link („Statement: Solidarity with the Sudanese Revolution after the 30 June uprising. Stop the massacres of protesters“)
    • Zu den Erstunterzeichnern gehören Hunderte von internationalen Gewerkschaftern und Aktivisten (Mag Wompel hat bauch unterschrieben)
    • Unter action@menasolidaritynetwork.net werden Soli-Grüße gesammelt
  • Sudan: Proteste gegen Militärregierung und ethnische Gewalt gehen weiter, zuletzt mit mind. 60 Toten 
    Im Sudan haben wieder Menschen gegen die Militärregierung protestiert. In der Hauptstadt Khartum gingen Sicherheitskräfte am Sonntag mit Tränengasgranaten gegen die Protestierenden vor, wie der französische Auslandssender RFI am Montag berichtete. Demnach prangerten die Demonstrantinnen und Demonstranten auch die jüngste ethnische Gewalt im Südosten des Landes an. Zuvor waren bei Konflikten zwischen Angehörigen der Hausa- und der Berta-Volksgruppe laut Berichten Dutzende Menschen getötet und verletzt worden. Laut dem unabhängigen Onlineportal „Sudan Tribune“ ging den Auseinandersetzungen am Wochenende in der Region Blauer Nil ein Mord nach einem Streit zwischen Angehörigen der beiden Volksgruppen voraus. Mindestens 60 Menschen wurden anschließend bei Kämpfen getötet und Dutzende weitere verwundet, wie RFI unter Berufung auf Behördenangaben berichtete. Die Demonstrantinnen und Demonstranten am Sonntag verurteilten laut dem Bericht die Gewalt in der Region und riefen zur Einheit auf. Zuvor hatte auch der UN-Sonderbeauftragte Volker Perthes zum Frieden aufgerufen…“ epd-Meldung vom 18.07.2022 externer Link (Sudan: Proteste gegen Militärregierung und ethnische Gewalt“)
  • Proteste gegen Militär: Neun Tote bei Demonstration im Sudan
    Seit das Militär im Sudan die Macht übernommen hat, kämpft die Demokratiebewegung des Landes für eine zivile Regierung. Das Militär wehrt sich mit Gewalt. Im Sudan sind bei Demonstrationen gegen die Regierungsbeteiligung des Militärs nach Angaben einer Ärzte-Organisation mindestens neun Menschen durch den Einsatz von scharfer Munition getötet worden. Hunderte friedliche Demonstranten seien am Donnerstag in der Hauptstadt Khartum auf die Straße gegangen, um Demokratie zu fordern und dabei teilweise von Sicherheitskräften schwer verletzt worden, teilte das sudanesische Ärzte-Komitee am Freitag mit. Viele von ihnen zogen dennoch am Freitag in Richtung Präsidentenpalast, um ihren Forderungen Gehör zu verschaffen, hieß es. (…) Gegen die fortdauernde Regierungsbeteiligung des Militärs, dem schwere Menschenrechtsverstöße und Korruption vorgeworfen werden, kommt es immer wieder zu blutigen Straßenprotesten. Nach Angaben des Ärzte-Komitees sind seit Januar 112 Demonstranten ums Leben gekommen…“ Agenturmeldung vom 1.7.2022 in der FAZ online externer Link, siehe auch:

    • Tweet der FAU vom 1. Juli 2022 externer Link mit Video: „Im #Sudan gehen die Proteste gegen die #Junta der Putschisten weiter. Gestern waren hunderttausende auf den Straßen und überwanden  u.a. eine Containerblockade des Militärs über eine der Hauptbrücken in #Khartoum. Am Aufstand sind auch Anarchist:innen beteiligt. #SudanUprising“
  • „Diese Unterdrückung ist unverantwortlich“. Der Sudan zwischen kritisiertem Dialog und fortgesetzter Gewalt
    • Zwischen Dialog und Gewalt: Der Sudan am Scheideweg
      Sudans Militär gibt sich neuerdings wieder dialogbereit – doch ein großer Teil der Protestbewegung lehnt Gespräche ab. Dem Land könnte eine weitere Verschärfung der politischen und wirtschaftlichen Krise bevorstehen.
      Der seit Monaten geltende Ausnahmezustand im Sudan ist aufgehoben, doch gegen die Protestbewegung des Landes geht der Militärapparat weiterhin mit Gewalt vor. Nur wenige Tage, nachdem der selbsternannte Staatschef General Abdel Fattah al-Burhan vergangene Woche sein Dekret verkündet hatte, erschossen staatliche Sicherheitskräfte in der sudanesischen Stadt Omdurman erneut einen Demonstranten – es ist der hundertste getötete Demonstrant seit dem Putsch der Armee im Oktober vergangenen Jahres. (…) Die politischen Gespräche zur Lösung der Krise, die jetzt unter Vermittlung der UN und der Afrikanischen Union (AU) begonnen haben, werden – zumindest bisher – von einem großen Teil der demokratischen Protestbewegung boykottiert. Beim Auftakt blieb ein Drittel der Stühle unbesetzt, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Und der AU-Gesandte Mohamed Hassan Lebatt betonte: „Wir können uns keine politische Lösung vorstellen, ohne die Teilnahme derer, die nicht anwesend sind.“…“ Umfangreicher Beitrag von Kersten Knipp und Jennifer Holleis vom 08.06.2022 bei DW externer Link
    • Gewalt im Sudan „Diese Unterdrückung ist unverantwortlich“
      Der UN-Sicherheitsrat hat die UN-Mission im Sudan um ein Jahr verlängert. Dem Staat droht eine Katastrophe – Tausende sind von Hunger bedroht. Die Proteste gegen die Militärregierung des Landes dauern an. (…) Immer wieder kommt es zu Ausschreitungen mit dem Militär. Bilder der Nachrichtenagentur Reuters zeigen Gruppen von Demonstranten, die Taucherbrillen tragen, um sich vor den Tränengassalven zu schützen, Tücher vor dem Mund, in den Händen Pflastersteine. „Diese Unterdrückung ist unverantwortlich“, so ein älterer Demonstrant. „Es ist nicht richtig. Das sudanesische Volk allein soll das Schicksal des Landes bestimmen. Wir leisten Widerstand, selbst wenn die Hälfte von uns dabei stirbt.“ (…) Aus Sicht von Ossman Merghany, Chefredakteur einer sudanesischen Zeitung, ist die Spitze der Tragödie erreicht. „Mehr als 100 Tote, obwohl die Demonstrationen gar nicht so groß waren, dass sie eine Bedrohung für die nationale Sicherheit dargestellt hätten. Das zeigt, dass es hier um eine systematische Unterdrückung von Protesten geht.“ (…) Kürzlich gab es ein leichtes Entgegenkommen der Armee: Sieben Monate nach dem Putsch hob Militärchef al-Burhan den landesweiten Ausnahmezustand auf. Außerdem wurde angekündigt, alle politischen Gefangenen freizulassen – einige durften tatsächlich bereits gehen…“ Reportage von Anna Osius, ARD Studio Kairo, vom 04.06.2022 bei tagesschau.de externer Link, siehe dazu:
    • Khartoum State Resistance Committees Coordination: „Es gibt keine Verhandlungen mit den Putschist*innen, keine Verhandlungen über den zivilen Staat und keine Partnerschaft mit dem Militärrat“
      Der Sturz des Putsches, der Sieg der Revolution und die Verwirklichung ihrer Ziele werden durch die Stärke und die Einheit der revolutionären Kräfte, die sich der Diktatur widersetzen, erreicht, denn wir beobachten, dass bestimmte Akteur*innen versuchen, einen Keil zwischen unsere revolutionären Kräfte zu treiben, aber wir werden dies nicht zulassen. Die Massen unserer widerständigen Bevölkerung: Wir, die Koordination der Widerstandskomitees, haben eine Einladung des Dreiparteienmechanismus erhalten, um die Tür für direkte Verhandlungen mit den Putschist*innen am Verhandlungstisch zu öffnen. Wir haben es immer wieder gesagt und wiederholt, dass es keine Verhandlungen mit den Putschist*innen, keine Verhandlungen über den zivilen Staat und keine Partnerschaft mit dem Militärrat gibt. Die politische Lösung von oben nach unten, die im Rahmen des dreigliedrigen Mechanismus angestrebt wird, reicht nicht aus, um die Ursachen der eigentlichen Krise des Konflikts zu bekämpfen, und verhindert, dass die tieferen Ursachen des tatsächlichen historischen Problems, vor dem unser Land steht, angegangen werden. (…) Wir hoffen auch, dass die internationale Gemeinschaft die Ambitionen und Bestrebungen der sudanesischen Bevölkerung für einen demokratischen Übergang durch die Einrichtung einer zivilen Regierungsform unterstützt und nicht durch eine neue Partnerschaft mit der militärischen Putschbehörde bekämpft. Und dass wir die Anführer*innen des Putsches ablehnen, die entsetzliche Verbrechen begangen haben, die unverzeihlich sind und nicht verjähren, während wir gleichzeitig sicherstellen, dass wir nicht mit dem militärischen Establishment verhandeln, sondern entschlossen sind, seine Anführer*innen zu stürzen, gründlich zu reformieren und sie zur Rechenschaft zu ziehen...“ Erklärung vom 8. Juni 2022 am 9.6.2022 bei Enough14D in der Übersetzung von Riot Turtle externer Link
  • Revolution im Sudan: Gewerkschaften, Räte und Imperialismus 
    „Die Demonstrationen im Sudan halten an. Auch nach dem Sturz des ehemaligen Machthabers Omar al-Bashir kämpfen die Menschen gegen die Militärregierung und für soziale Gerechtigkeit.  Ihre Ablehnung gegenüber dem Militär ist deutlich: «Keine Verhandlungen, keine Partnerschaft, keine Legitimität», doch von internationaler Seite wird die Zusammenarbeit mit dem Militär gestützt und der Putsch legitimiert. (…) Angesichts der Massenproteste setzten Generäle Omar al-Bashir im April 2019, nach fast 30 Jahren Herrschaft, ab, und ein militärischer Übergangsrat übernahm die Macht. Die Militärs hofften, so ihre Macht halten zu können – aber es gelang ihnen nicht, die Massen von der Straße zu vertreiben. Die Proteste wuchsen an, die Menschen beharrten auf einer zivilen Regierung. Ende Mai setzte ein Generalstreik die Übergangsregierung massiv unter Druck. Als Antwort mobilisierte das Militär am 3.Juni bewaffnete Kräfte und ließ die Sitzblockade vor den Hauptquartieren der Armee in Khartum blutig räumen. Hunderte wurden ermordet, verletzt, vergewaltigt. Einer der Hauptbeteiligten an dem Massaker war General Mohammed Dagalo, bekannt als Hemedti, Mitglied der Übergangsregierung. Hemedti ist einer der reichsten Männer Sudans, seine Einnahmequellen reichen von einem Netzwerk an Unternehmen über Goldminen zu Drogenschmuggel und Menschenhandel. (…) Der Oppositionsverband «Kräfte der Freiheit und des Wandels» sowie der «Sudanesische Berufsverband» hatten sich auf eine Zusammenarbeit mit dem Militär eingelassen, konnte sich aber nicht gegen dieses durchsetzen. Doch die Menschen auf der Straße gaben nicht nach, und eine neue politische Kraft nahm die entscheidende Rolle in den Protesten nach dem Putsch ein: die Widerstandskomitees. (…) Während die Menschen auf der Straße für eine zivile Regierung und soziale Gerechtigkeit kämpfen, verfolgen westliche Staaten und Finanzinstitutionen einen Kompromiss mit dem Militär sowie weitere wirtschaftliche Liberalisierung. Der Sudan ist für die EU und Deutschland als Transitstaat für Migrant:innen aus Somalia, Eritrea und Äthiopien von großer Bedeutung. Schon der Khartum-Prozess 2013/14 zwischen Afrikanischer Union, EU und Sudan hatte das Ziel, die Grenzen des Sudans für den Transit zu schließen. Gelder, die dafür an den Sudan flossen, finanzierten auch die Janjaweed, aus denen die Rapid Support Forces hervorgingen. Diese wirkten am Genozid in Darfur mit, töteten, verletzten und vergewaltigten Tausende. Heute unterstützen sie die Konterrevolution und verüben Massaker an Demonstrant:innen. Trotzdem setzen sich westliche Akteure und Staaten mit ehemaligen Milizenführern und Militärs an einen Tisch und versprechen ihnen eine zentrale Rolle in der Zukunft des Landes. Einer von ihnen ist Volker Perthes. Der ehemalige Direktor der Stiftung «Wissenschaft und Politik», und damit Berater der deutschen Regierung in Sachen Außenpolitik, wurde im Januar zum Sonderbeauftragten der UNO für den Sudan ernannt. (…) Sudanesische Aktivist:innen werfen Perthes vor, den Putsch zu legitimieren. Ihre Ablehnung einer Zusammenarbeit mit dem Militär ist deutlich, so gab eines der Widerstandkomitees in Karara bekannt: «Wir werden unseren Schweiß und unser reines Blut nicht umsonst verkaufen. Die Straßen haben gesprochen. Keine Verhandlungen, keine Partnerschaft und keine Legitimität.» Aktivist:innen und Widerstandkomitees rufen international auf, Druck auf Regierungen auszuüben, sich mit den Menschen auf der Straße zu solidarisieren, statt das Militär und die Konterrevolution zu unterstützen.“ Artikel von Nora Schmid in der Soz Nr. 04/2022 externer Link
  • Tausende demonstrieren im Sudan erneut gegen Militärputsch – trotz tödlicher Gewalt 
    Tausende von sudanesischen Demonstranten sind im ganzen Land auf die Straße gegangen, um gegen den Militärputsch vom Oktober zu demonstrieren und die Freilassung von Gefangenen zu fordern. Trotz der tödlichen Niederschlagung seit der Machtergreifung durch Armeechef Abdel Fattah al-Burhan finden in dem nordostafrikanischen Land regelmäßig Proteste statt, die eine zivile Regierung fordern. (…) Nach Angaben einer unabhängigen Gruppe von Medizinern wurden bei der Razzia mindestens 82 Menschen getötet, viele von ihnen durch Schüsse, und Hunderte von den Sicherheitskräften verwundet. Der letzte Todesfall ereignete sich am Sonntag. „Die Zahl der Festgenommenen hat 200 überschritten“, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung einer Gruppe pro-demokratischer Anwälte, die bestätigte, dass die Freilassung einiger Festgenommener angeordnet worden sei. Unter den Festgenommenen befinden sich mehrere politische Persönlichkeiten und Anti-Putsch-Aktivisten…“ Maschinenübersetzung der (engl.) Meldung vom 21.2.2022 bei Al Jazeera externer Link. Siehe einige (der wenigen) Berichte der letzten Zeit:

    • Lautende Berichterstattung meist mit Videos liefert der Twitter-Account von @CharliB97783485 externer Link (Dank an @BlxckFlamesFox für den Hinweis!)
    • Retweet von Blxck Flames Fox vom 21.2.2022 externer Link mit Video: „“Weiterer Protesttag in Folge gegen das MIlitärregime von General Burhan im Sudan. Bei den gestrigen Protesten kam mindestens ein Mensch ums Leben…“
    • Sudan Erneut Proteste trotz tödlicher Gewalt
      Die Proteste im Sudan gegen die Militärmachthaber gehen weiter – auch nach dem Tod von sieben Demonstrierenden. In der Hauptstadt Khartum errichteten Hunderte Menschen Barrikaden, Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas. Im Sudan haben erneut zahlreiche Menschen gegen die Regierungsbeteiligung des Militärs gehen protestiert. Verschiedene Parteien und Widerstandsorganisationen hatten zu einem zweitägigen Streik und zu zivilem Ungehorsam aufgerufen. Die Demonstrierenden errichteten brennende Barrikaden und blockierten Straßen mit Steinen, Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein. Am Montag waren bei Protesten in Khartum mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen. Einem oppositionellen Ärzte-Komitee zufolge hatten die Sicherheitskräfte mit scharfer Munition auf die Demonstrierenden geschossen. Die sudanesischen Behörden haben wiederholt bestritten, dass bei den seit Monaten andauernden Protesten scharfe Munition eingesetzt wird…“ Meldung vom 18.01.2022 bei tagesschau.de externer Link
    • Proteste im Sudan: „Menschen werden getötet, verletzt oder verhaftet“. Basisgruppen für demokratische Reformen lehnen Gespräche mit Militärs kategorisch ab
      Ein neuer Tag, ein neuer Massenprotest. Meist zweimal die Woche ziehen Zigtausende von Menschen im Sudan durch die Straßen der Hauptstadt Khartum: Ein seit fast vier Monaten anhaltendes Ritual, das mit Sprechchören und Märschen in Richtung Präsidentengebäude beginnt – und mit einer gewalttätigen Antwort der Sicherheitskräfte endet. Schwaden an Tränengas, Schlagstockeinsätze, Verhaftungen – und gezielte Schüsse von Scharfschützen: So wird die Zahl der Todesopfer pro Kundgebung im einstelligen Bereich gehalten. Nicht zu viel, um keinen Eklat oder internationalen Aufschrei auszulösen. Und nicht zu wenig, um die Angst der Protestierenden weiter zu schüren. Irgendwann, so das Kalkül der Militärmachthaber, werden die zermürbt zu Hause bleiben. Tun sie aber nicht. Noch immer gehen Woche für Woche Zigtausende auf die Straßen Khartums und anderer Städte. Selbst am gestrigen Valentinstag drückten sie auf diese Weise ihre „Liebe für den Sudan“ aus. Die Sicherheitskräfte wussten mit der Metaphorik nichts anzufangen: Sie antworteten in der einzigen von ihnen beherrschten Sprache, der Gewalt. „Menschen werden getötet, verletzt oder verhaftet, um unsere Proteste zu stoppen“, sagt Reem Sinada, 34-jährige Dozentin für Tiermedizin an der Universität Khartums: „Aber das wird nie passieren.“ Das Beharrungsvermögen der Opposition verblüfft. Mit derselben Hartnäckigkeit hatte sie vor drei Jahren Militärdiktator Omar al-Bashir aus dem Amt entfernt. (…) Noch nie in der an Coups nicht gerade armen Geschichte des Landes wurde gegen einen Staatsstreich dermaßen lange Widerstand geleistet, sagt Kholood Khair von der Khartumer Denkfabrik „Insight Strategic Partners“ im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau.
      Der Grund des Oppositionserfolgs sind Hunderte von „Widerstands-“ oder „Nachbarschaftskomitees“, die sich schon während Al-Bashirs Herrschaft im ganzen Land gebildet hatten. Kleine Gruppen an Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, die sich anfangs mit Nahrungsmitteln und sozialen Diensten gegenseitig über Wasser hielten, aber zunehmend politischer wurden. Sie treffen sich in Cafés oder anderen öffentlichen Räumen, um nicht wie die etablierten Parteien undurchsichtiger Hinterzimmer-Manöver bezichtigt werden zu können, und haben keine „Führer“, die eine leichte Beute für die Geheimpolizei wären. Gemeinsam mit den sudanesischen Berufsvereinigungen SPA, in denen sich medizinische, pädagogische und technische Beschäftigte zusammenschlossen, sind die Nachbarschaftskomitees das Rückgrat der Proteste – und wild entschlossen, ihren Kampf bis zur Kapitulation der Offiziere auszufechten…“ Artikel von Johannes  Dieterich vom 15.02.2022 in der FR online externer Link
  • Deshalb schweigt die EU zum politischen Morden im Sudan 
    „Angesichts von zuletzt 71 Toten bei Demonstrationen gegen die Militärherrschaft im nordafrikanischen Land findet die EU nur gemäßigte Worte. Das liegt an einem fragwürdigen Deal mit den Militärherrschern. Im Sudan reißen die Massenproteste gegen die Militärführung nicht ab. Wöchentlich gehen Zehntausende auf die Straßen und fordern eine uneingeschränkt zivile Regierung. Die Putschisten-Führung unter General Abdel Fattah al-Burhan, die am 25. Oktober vergangenen Jahres die selbst eingesetzte Übergangsregierung unter Premier Abdalla Hamdok wieder absetzte, hält aber an ihrer Macht fest und lässt scharf auf Demonstranten schießen. (…) Um die eigenen Interessen zu schützen, schreckt die Friedensnobelpreisträgerin EU jedoch, wie in Libyen und in anderen Regionen, nicht davor zurück, mit einem Regime zusammenzuarbeiten, in dem die dominante muslimisch-arabische Verwaltungsklasse ethnische und religiöse Minderheiten aggressiv unterdrückt. Der 2014 beschlossene Khartoum-Prozess, in dem die Verantwortung für die Migrationskontrolle den afrikanischen Herkunfts- und Transitländern übertragen wurde, ist das eindrücklichste Zeugnis dessen. (…) Zwei Milliarden Euro wurden den strategisch wichtigen, meist in Nordafrika oder der Sahelzone liegenden Ländern in einem Fond bereitgestellt, um Migranten schon vor Erreichen des Mittelmeers zu stoppen. Obwohl auch dieser Vertrag mit Feigenblatt-Artikeln zu zivilgesellschaftlicher Organisationen und guter Regierungsführung versehen ist, sind die Löwenanteile des Geldes für die Kontrolle der irregulären Migration und die Ausstattung der staatlichen Sicherheitskräfte reserviert, wie eine von Migration Control veröffentlichte Studie zeigt. (…) Die RSF unter Hemedti sind maßgeblich an der Grenzkontrolle beteiligt. Er selbst lieferte das beste Beispiel dafür, wie sehr lokale Eliten in neokolonialer Manier bereit sind, die schmutzigen Hände für den eigenen Machterhalt aufzuhalten: Im Jahr 2016 bestätigte er, dass der Sudan kein Eigeninteresse an der Migrationsbekämpfung habe, und die EU deshalb mehr Geld zur Ausstattung seiner Truppe bereitstellen solle. Mit Strafen für Menschenschmuggel, die bis zu 20 Jahren Gefängnis und sogar bis zur Todesstrafe gehen, wird jede versuchte Festnahme von Menschenschmugglern bzw. Fluchthelfern zum Überlebenskampf, was auch die Gefahr für die Sicherheitskräfte sowie deren Verluste erhöht. Regelungen der EU, die eigentlich Leben und Menschenrechte der Migranten schützen sollen, führen so zu kriegsähnlichen Situationen in Afrika.“ Beitrag von Pablo Flock vom 26. Januar 2022 bei Telepolis externer Link
  • Sudanesische Ärzte rufen zur Solidarität auf
    An alle medizinischen Organisationen, Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Bürger der freien Welt: Seit Oktober letzten Jahres demonstriert das sudanesische Volk mit außerordentlichem Mut friedlich auf den Straßen gegen ein weiteres totalitäres Militärregime, das seinen Vorgänger Albashir (einen gesuchten Verbrecher, der den Sudan 30 Jahre lang regiert hat) ablösen und das Land übernehmen will. Das sudanesische Volk hat mit allen verfügbaren friedlichen Mitteln Widerstand geleistet und dabei viele unschuldige Menschenleben verloren, während es sich für Demokratie, Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit einsetzte.
    Wir kämpfen gegen gewalttätige und rücksichtslose Kräfte, die nicht zögerten, militärische Waffen gegen waffenlose Demonstranten einzusetzen, um ihre Träume und Hoffnungen zu unterdrücken. Seit dem 25. Oktober haben wir 72 Menschen verloren und mehr als 2000 wurden verwundet, als wir an den Protesten für die Demokratie im ganzen Sudan teilnahmen. Die meisten wurden durch direkte Schusswunden in Kopf, Hals oder Brust getötet. Die Milizen des Militärputsches haben ungeheuerliche Menschenrechtsverletzungen begangen, darunter Vergewaltigungen, die Behinderung der medizinischen Notversorgung der Bedürftigen, Angriffe auf Krankenhäuser mit Tränengas und Betäubungsgranaten, Angriffe auf medizinisches Personal bei der Ausübung seines Dienstes und die Verhaftung von Verwundeten und Verletzten aus ihren Krankenhausbetten. (…) Wir bitten Sie, sich mit unserem friedlichen Kampf für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit zu solidarisieren. Wir bitten Sie, sich an Ihre Regierungen und Vertreter zu wenden und sie zu drängen, ihren Einfluss und ihre politische Macht gegen diesen Staatsstreich einzusetzen. Wir fordern regionale, globale, politische und wirtschaftliche Sanktionen gegen die Verantwortlichen des Putsches, um dem Putschregime jegliche Legitimität und internationale Anerkennung zu verweigern…“ Maschinenübersetzung aus dem (engl.) Aufruf von Central Committee of Sudan’s Doctors (CCSD) externer Link am 24.1.2022 dokumentiert beim MENA Solidarity Network
  • Aufruf zum Streik und zivilem Ungehorsam am 18. und 19. Januar nach dem Tod von 7 DemonstrantenInnen
    Eisenbahner und Beschäftigte des Gesundheitswesens führen Streiks im Sudan an, Widerstandskomitees rufen nach dem Tod von 7 DemonstrantenInnen zu „totalem zivilen Ungehorsam“ auf
    Die Ermordung von sieben revolutionären Aktivisten im Sudan am Sonntag, den 17. Januar, hat eine neue Welle des Widerstands im ganzen Land ausgelöst, mit zwei Tagen Streik und zivilem Ungehorsam am 18. und 19. Januar. Die Aktivisten wurden von den Sicherheitskräften und der Armee während der anhaltenden Proteste erschossen, die einen sofortigen Übergang zu einer zivilen Regierung forderten und das Militärregime ablehnten, das am 25. Oktober die Macht übernommen hatte.
    Die sudanesische Aktivistin Sara Abbas erklärte. „Das Militär verschärft die Gewalt, und es wird nur noch schlimmer werden. Krankenhäuser in Khartum werden seit Wochen angegriffen, Sanitäter werden regelmäßig verprügelt, Tränengas eingesetzt und verletzte Demonstranten verhaftet (wie aus ihren Betten entführt). Eine massive Erhöhung der Strompreise in letzter Zeit zeigt, dass das Regime ein Geldproblem hat. Die jüngste Ermordung eines Polizeibeamten wurde einem jungen Revolutionär angelastet, der inzwischen verhaftet wurde.“
    „Den meisten Sudanesen ist klar, dass die Morde von Teilen des Regimes begangen wurden, um die barbarische Gewaltanwendung zu rechtfertigen, einschließlich des Einsatzes von Anti-Flugzeug-Waffen gegen menschliche Körper, Schallbomben, scharfer Munition und des absichtlichen Abfeuerns von Tränengaskanistern auf die Köpfe und Gesichter der Demonstranten (heute wurden alle Todesfälle durch Kugeln verursacht, aber viele Todesfälle in den letzten Wochen waren auf Traumata durch den Aufprall von Gaskanistern auf den Kopf zurückzuführen). Die Mitglieder des Widerstandskomitees waren in der letzten Woche mit einer aggressiveren Verhaftungskampagne konfrontiert als sonst.“
    Die staatliche Koordinierung der Widerstandskomitees in Khartum, ein Gremium, das sich aus Delegierten der in den Stadtvierteln ansässigen Komitees zusammensetzt, die die Protestbewegung als Reaktion auf den Militärputsch angeführt haben, hat für den 18. und 19. Januar zu einem Generalstreik und zivilem Ungehorsam externer Link aufgerufen.
    Aktivisten aus dem ganzen Land sind dem Aufruf gefolgt. Beschäftigte des Gesundheitswesens hatten bereits angekündigt, die Arbeit in Krankenhäusern, die keine Notfälle sind, einzustellen. Der Lenkungsausschuss der Sudanesischen Eisenbahnergewerkschaft mit Sitz in Atbara rief die sudanesischen Arbeitnehmer zu einem politischen Generalstreik und zivilem Ungehorsam als Reaktion auf die Erschießung von Demonstranten auf. Die Sudanese Workers Association for the Restoration of Trade Unions hat in einer Erklärung auf Facebook mitgeteilt, dass die folgenden Gewerkschaften und Gewerkschaftslenkungsausschüsse ihre Unterstützung für die Streiks und den zivilen Ungehorsam angekündigt hätten…“ Maschinenübersetzung des (engl.) Beitrags vom 20.1.2022 beim MENA Solidarity Network externer Link
  • „Wir müssen die Waffe des Streiks in der Hand behalten“: Gerichts- und Bankangestellte fordern Würde und legen Gerichte im ganzen Sudan lahm 
    Die von den Widerstandskomitees angeführte Massenbewegung, die eine zivile Regierung und Demokratie fordert, erschüttert den Sudan weiterhin mit großen Protesten. Trotz zunehmender Unterdrückung und regelmäßiger Tötung von Demonstranten durch die Sicherheitskräfte nehmen immer noch Zehntausende an Demonstrationen gegen den Militärputsch teil. Neben den Protesten auf der Straße haben sich in einigen Betrieben wichtige Kämpfe entwickelt, und die Aktivisten beginnen, den Kampf um wirtschaftliche Würde mit dem Kampf um Demokratie und politische Freiheit zu verbinden.
    Streiks der Justizangestellten legen Gerichte im ganzen Sudan lahm
    Tausende von Justizangestellten haben zwischen dem 2. und 6. Januar gestreikt, um eine Erhöhung ihrer Zulagen zu fordern, um die steigenden Lebenshaltungskosten zu decken. Die Beschäftigten der Justizbehörde organisierten landesweite Aktionen, die von Streikausschüssen in allen Provinzen koordiniert wurden, die nach Angaben der Sudanesischen Arbeitnehmervereinigung für die Wiederherstellung der Gewerkschaften (SWAFRTU) in einigen Gebieten eine Beteiligung von bis zu 100 Prozent verzeichneten. Khartum, Omdurman, Port Sudan, Gedaref, Nord-Darfur und West-Kordofan gehörten zu den Provinzen, in denen die gesamte Belegschaft die Arbeit niederlegte.
    „Wir müssen die Waffe des Streiks beibehalten – sie ist die stärkste, um unsere gerechten Forderungen durchzusetzen“, schrieb der Hofarbeiter und Gewerkschafter Mohammed Abd-al-Majid auf der SWARFTU-Seite. „Die Arbeiter und Angestellten haben alle legalen und legitimen Mittel genutzt, um ihre Rechte zu erlangen, einschließlich Verhandlungen und Folgetreffen, aber als ihnen durch die Auflösung der Gewerkschaften durch den Putschisten alle Türen vor der Nase zugeschlagen wurden, haben sie zum Streik gegriffen.“
    Massenentlassungen bei der Bank of Khartoum, da die Beschäftigten die korrupten Bosse herausfordern
    Mehr als 200 Beschäftigte der Bank of Khartoum wurden entlassen, und über 500 weiteren droht die Entlassung, da die Geschäftsleitung nach monatelangen Mobilisierungen für bessere Arbeitsbedingungen und gegen den Militärputsch hart durchgreift. Die Bank wurde 2010 privatisiert, als die Regierung die meisten ihrer Anteile an den privaten Sektor verkaufte, wobei die Bank of Abu Dhabi 70 Prozent übernahm. Auch Geschäftsleute, die dem alten Regime nahestanden, machten ein Vermögen mit der Privatisierung der Bank. Fadl Mohamed Khair, der in den letzten Tagen des Bashir-Regimes im Zuge der Korruptionsbekämpfung verhaftet wurde, soll allein im Jahr 2018 über 1,9 Milliarden sudanesische Pfund von der Bank erhalten haben.  Seit dem Beginn der Revolution im Dezember 2018 haben die Beschäftigten der Bank of Khartoum begonnen, sich zu wehren. Sie fordern eine Lohnerhöhung, um den steigenden Lebenshaltungskosten gerecht zu werden, und setzen sich dafür ein, die Manager loszuwerden, die Stellenstreichungen durchsetzen, um die Gewinne der ausländischen und einheimischen Bosse der Bank zu maximieren. 
    Solidarität wächst
    Die Kämpfe in den Gerichten und bei der Bank von Khartum haben Solidaritätskampagnen und Bemühungen ausgelöst, streikende Arbeitnehmer und Aktivisten der Widerstandskomitees zusammenzubringen. Zakaria Yunis Musa, ein Gerichtsangestellter in West-Darfur, rief in einem offenen Brief, der auf der Facebook-Seite von SWAFRTU veröffentlicht wurde, zur Solidarität mit den Bankangestellten auf. „Die Gerichtsarbeiter und die Arbeiter der Bank von Khartum müssen sich koordinieren und solidarisch sein“, sagte er, „um die Feudalisten und Kapitalisten zu entlarven. Arbeiter und Lohnempfänger sind am ehesten in der Lage, den Schmerz des anderen zu spüren, und durch Solidarität und Einheit wird es ihnen gelingen, ihre menschlichen, materiellen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Rechte zu erkämpfen.“
    Einige Widerstandskomitees haben Erklärungen zur Solidarität mit den Gerichtsmitarbeitern, Bankangestellten und anderen Streikenden veröffentlicht. Die Koordination der Dezemberrevolution in Ombada, einem Bezirk am westlichen Rand von Omdurman, rief die Aktivisten in einer Erklärung vom 5. Januar dazu auf, sich zu ihrer Unterstützung zu mobilisieren.
    „Wir sollten uns mit den Arbeitern der Bank von Khartum, der Justizbehörde und der Centroid Company solidarisch zeigen, um ihre Rechte wiederherzustellen. Wir müssen das Prinzip der gegenseitigen Solidarität unter allen Kräften des Widerstands verankern, um eine Revolution in den Institutionen und im Wohnungswesen herbeizuführen. Dies wird zum Sturz eines Regimes führen, das eine Wirtschaftspolitik eingeführt hat, die auf der Entlassung von Arbeitnehmern und der Verweigerung ihrer Rechte beruht. Wir müssen ein nationales Wirtschaftssystem aufbauen, das auf der Verstaatlichung aller öffentlichen Güter und Institutionen basiert, die durch dieselbe reaktionäre Politik privatisiert wurden.““ Maschinenübersetzung des (engl.) Beitrags vom 9. Januar 2022 beim Mena Solidarity network externer Link

    • Die Gewerkschaft SWAFRTU gibt es leider nur auf Fratzebuch externer Link
    • Siehe auch: Sudan Update: Demonstranten trotzen weiter den Kugeln des Militärs
      Im Dezember und Anfang Januar kam es im Sudan zu massiven Demonstrationen, bei denen trotz zunehmender Repression Zehntausende auf die Straße gingen. Die wichtigsten Organisationen, die die Protestbewegung mobilisieren und anführen, sind die in den Stadtvierteln ansässigen Widerstandskomitees. Die Widerstandskomitees in Khartum versuchten am 20. Dezember, eine Sitzblockade vor dem Palast der Republik zu errichten, wurden jedoch von den Sicherheitskräften daran gehindert, die scharfe Munition einsetzten. Die Kräfte der Freiheit und des Wandels (FFC), ein Zusammenschluss von Oppositionsorganisationen, forderten eine internationale Untersuchung der Berichte über Vergewaltigung von Demonstranten durch die Sicherheitskräfte bei diesem versuchten Sitzstreik. Das UN-Menschenrechtsbüro bestätigte daraufhin, dass ihm 13 Vorwürfe von „Vergewaltigungen und Gruppenvergewaltigungen“ durch die Sicherheitskräfte bei dieser Veranstaltung.
      Am 2. Januar trat Premierminister Abdalla Hamdok zurück, nachdem es ihm nicht gelungen war, eine Regierung zu bilden. Mit seinem Rücktritt steht die Militärjunta, die am 25. Oktober die Macht übernommen hatte, ohne zivile Unterstützung da. (…) General Burhan hat nun dem Allgemeinen Nachrichtendienst (GIS) im Rahmen des Ausnahmezustands, den er nach dem Putsch vom 25. Oktober verhängt hatte, Verhaftungsbefugnisse erteilt; der GIS begann daraufhin eine gezielte Verhaftungskampagne gegen die Widerstandskomitees. Seit Burhans Putsch vom 25. Oktober wurden mindestens 71 Demonstranten von den Sicherheitskräften getötet, nachdem Maasoum Hashem beim Marsch der Millionen am Sonntag, den 9. Januar, und sieben Demonstranten am 17. Januar in Khartum ums Leben gekommen waren.
      Nach dem Rücktritt Hamdoks gaben die EU und die Troika-Mächte (einschließlich der britischen Regierung) eine Erklärung ab, in der sie eine Rückkehr zur zivil-militärischen Machtteilung auf der Grundlage der Verfassungserklärung von 2019 Erklärung und schlugen einen „international unterstützten und vom Sudan geführten“ Dialog vor...“ Maschinenübersetzung aus dem (engl.) Überblick vom 17.1.2022 beim Mena Solidarity network externer Link zum aktuellen Stand
  • Die Proteste gegen die Militärführung im Sudan reißen trotz Zugeständnissen der Armee nicht ab – bereits mehr als 40 Menschen getötet 
    In der Hauptstadt Khartum und in anderen Teilen des Landes demonstrierten wieder Tausende für eine komplett zivile Regierung und forderten eine Entmachtung der Generäle. Das Militär hatte Ende Oktober geputscht und Übergangsregierungschef Hamdok unter Hausarrest gestellt. Inzwischen wurde dieser wieder eingesetzt, um demokratische Wahlen vorzubereiten. Weil die Armee die Macht aber nicht vollständig abgegeben hat, dauern die Proteste der Demokratiebewegung an. Nach Angaben von Aktivisten wurden dabei bereits mehr als 40 Menschen getötet.“ Meldung vom 26.11.2021 im Deutschlandfunk externer Link
  • Proteste im Sudan: Sechs Tote bei Demonstrationen im ganzen Land und Verhaftung des Al Jazeera-Büroleiters 
    Nachdem im ganzen Sudan am Samstag (13.11.2021) Demonstrationen gegen die Machtübernahme durch das Militär stattfanden, ist nun ein sechster Demonstrant gestorben. Das teilte das Zentralkomitee der sudanesischen Ärzte (CCSD) am Sonntag (14.11.2021) mit. Das jüngste Opfer war ein 15-Jähriger, der in einem Krankenhaus in Khartum an Schusswunden im Bauch starb, so das CCSD. Am Samstag wurden Berichten des Nachrichtensenders CNN zufolge fünf Menschen während der Demonstrationen von den Streitkräften getötet. „Zahlreiche Verletzungen durch scharfe Munition und die Brutalität des Militärs“ wurden aus der sudanesischen Hauptstadt Khartum gemeldet, sagte das CCSD. Es wurde von Schwierigkeiten berichtet, verletzte Demonstrant:innen in ein Krankenhaus zu transportieren. Nachdem General Abdel Fatah al-Burhan, Chef der sudanesischen Streitkräfte, am Donnerstag (11.11.2021) die Bildung eines neuen souveränen Regierungsrates verkündet hatte, riefen pro-demokratische Aktivistengruppen für Samstag zu einem „Millionen-Mann-Marsch“ gegen die Untergrabung der Demokratie auf. Am Sonntag wurde das Haus des Chefs des Al Jazeera-Sitzes in Khartum, El Musalmi El Kabbashi, gestürmt. Er wurde von sudanesischen Militärbehörden verhaftet, wie CNN berichtet. Die Pro-Demokratie-Proteste, die am Samstag und Sonntag im ganzen Land stattfanden, folgten auf mehrere Tage zivilen Ungehorsams in der vergangenen Woche. Die Beteiligung schien jedoch durch die anhaltenden Unterbrechungen der Internet- und Telefonverbindungen eingeschränkt zu sein. Seit dem Staatsstreich vom 25. Oktober sind die Internetdienste schwer gestört, und die Telefonverbindungen sind weiterhin lückenhaft…“ Artikel von Ares Abasi vom 14.11.2021 in der FR online externer Link
  • Sudan: ArbeiterInnen rufen zu Einigkeit und Solidarität gegen den Putsch auf 
    Millionen von Menschen sind in der sudanesischen Hauptstadt Khartum und anderen Städten auf den Straßen, um gegen den Putsch von Armeechef General Abdel Fattah Al-Burhan zu protestieren. Bis zum 26. Oktober wurden 12 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt, als die Truppen auf die Demonstranten schossen. Die Sudanese Professionals Association (SPA), die eine führende Rolle beim Aufstand gegen die al-Bashir-Diktatur im Jahr 2019 gespielt hat, erklärte: „Dieser Putsch ist eine Fortsetzung der Sicherheitskräfte der Nationalen Kongresspartei und ihrer Milizen, die am 11. April 2019 mit dem Ziel begonnen haben, den Weg der Dezemberrevolution zu blockieren und sie abzubrechen. „Wir appellieren erneut an die Widerstandskomitees in allen Bezirken und an alle revolutionären politischen, professionellen und für die Rechte eintretenden Kräfte in allen Städten und Dörfern des Sudan, sich zu versammeln und die Straßen zu besetzen und zu verbarrikadieren und alle Formen des zivilen Ungehorsams und des vollständigen Streiks fortzusetzen, bis wir den Putsch besiegen und das erreichen, was unser Volk unter der Flagge von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden verdient.“
    Die Sudanesische Arbeiterallianz für die Wiederherstellung der Gewerkschaften gab am 26. Oktober als Reaktion auf den Staatsstreich die folgende Erklärung ab: Demokratische Einheitsfront: Ein Aufruf zur Solidarität! Es gibt keine andere Möglichkeit, als den Kampf fortzusetzen, den Putsch zu Fall zu bringen, unsere Massen zu mobilisieren und die Forderungen und Bestrebungen der Dezemberrevolution vollständig durchzusetzen. (…) Wir fordern die Arbeiterklasse weltweit auf, sich mit dem Volk des Sudan zu solidarisieren. (…) Wir müssen uns darüber im Klaren sein. Dieser katastrophale Staatsstreich wird nur denselben sozialen Klassen und den regionalen und internationalen Interessen dienen, die das Bashir-Regime immer zu schützen suchte und die ihrerseits angesichts ihrer Korruption, ihrer Handlungen und Verbrechen während der gesamten diktatorischen Herrschaft ruhig blieben. Wir werden Erfolg haben. Unser Volk ist stärker als Mörder und Saboteure, wir haben ein Vermächtnis des Widerstands angehäuft, das für den Sturz vieler Diktaturen verantwortlich war, die glaubten, sie hätten die Entschlossenheit des sudanesischen Volkes brechen können. Der Sieg unserer Revolution ist sicher, ungeachtet der Brutalität der Konterrevolutionäre und des Blutdurstes der vampirischen Putschisten…“ Maschinenübersetzung aus der Erklärung dokumentiert auf Englisch am 6.11.2021 bei laboursolidarity.org externer Link
  • Militärputsch im Sudan: Tote und Verletzte am Tag des Widerstands 
    Bei Protesten gegen den Militärputsch im Sudan sind drei Menschen durch Schüsse von Sicherheitskräften getötet worden. Die Demokratie-Bewegung hatte zu einem Tag des Widerstands aufgerufen, dem sich viele anschlossen. Bei Massenprotesten der Demokratie-Bewegung im Sudan gegen die Militärmachthaber hat es nach Angaben des unabhängigen Zentralkomitees sudanesischer Ärzte Tote und Verletzte gegeben. Mindestens drei Zivilisten starben demnach in der Stadt Omdurman durch Schüsse von Milizionären. Über Twitter teilte das Ärztegremium mit, die Toten hätten Schusswunden im Kopf- und Bauchbereich. Auch in der Hauptstadt Khartum sei mit scharfer Munition auf Protestierende geschossen worden. Mehr als 100 Menschen seien durch das gewaltsame Vorgehen oder durch Tränengas verletzt worden. Trotz eines Großaufgebots des Militärs waren Tausende Menschen gegen den Militärputsch vor knapp einer Woche auf die Straße gegangen. Die Demokratie-Bewegung hatte zu einem Nationalen Tag des Widerstands ausgerufen. In vielen Teilen der Hauptstadtregion inklusive den Nachbarstädten Omdurman und Nord-Khartum folgten die Menschen dem Aufruf. Auch aus dem östlichen Bundesstaat Kassala wurden Proteste gemeldet. Nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa berichteten Augenzeugen von einer großen Beteiligung der Bevölkerung…“ Meldung vom 30.10.2021 bei tagesschau.de externer Link, siehe auch ein Video auf Twitter externer Link von den massiven friedlichen Protesten gegen den Putsch
  • Die Straße entscheidet. Das Militär im Sudan hat geputscht. Die Revolution steht auf dem Spiel
    Es ging alles ganz schnell: Am vergangenen Montag nahmen Spezialeinheiten der Armee den Ministerpräsidenten Abdalla Hamdok fest und brachten ihn ins Haus des obersten Generals Abdel Fattah al-Burhan. »Aus Sicherheitsgründen«, so der General, »und um einen Bürgerkrieg zu vermeiden, mussten wir diese Maßnahmen ergreifen.« In einer offiziellen Stellungnahme am Dienstag prangerte der General vor laufenden Kameras die Großdemonstrationen an, die in den vergangenen Wochen im ganzen Land stattfanden. Das Zynische daran: Die Demonstranten hatten gegen eine immer größere Einflussnahme des Militärs auf die Politik protestiert und vor einem drohenden Staatsstreich gewarnt. Mittlerweile ist der Premier wieder in seinem eigenen Zuhause, doch die Macht ist weiter in den Händen der Militärs. Dieses verspricht, an den geplanten Wahlen im Sommer 2023 festzuhalten. Doch daran scheint kaum jemand Land zu glauben. Die sudanesische Bevölkerung, das ist offensichtlich, ist nicht bereit, diesen Putsch kampflos hinzunehmen. »Die Menschen protestieren aber nicht nur gegen den Staatsstreich«, so Almuntasir Ahmed im Gespräch mit dem »nd«. »Sie protestieren auch gegen die Dummheit und Korruption mancher Revolutionäre, die über die vergangenen Monate mit dem Militär angebändelt haben«, sagt Ahmed, der ein Sprecher der revolutionären Gewerkschaftsbewegung Sudanese Professionals Association ist. Brennende Reifen, demonstrierende Massen, das Geheul der Sirenen, das sind die Bilder, die es aus dem Sudan rausgeschafft haben. Mindestens drei Menschen haben seit Montag ihr Leben verloren, über 80 wurden schwer verletzt. Das Internet funktioniert nur phasenweise, der Flughafen ist dicht, die Wut der Menschen macht sich breit. (…) Die sudanesische Revolution gegen Ex-Diktator Al-Baschir hatte sich vor allem durch eine hervorragende Organisation der Bevölkerung ausgezeichnet, die sich nur so gegen den allgegenwärtigen Sicherheitsapparat des Diktators durchsetzen konnte. Fast jede Region, jede Nachbarschaft hatte ein revolutionäres Komitee, die zusammen mit den mächtigen Gewerkschaften kooperieren. Auf dieses Netzwerk greifen die Menschen nun auch in dieser Situation zurück. (…) An diesem Samstag ist eine große Demonstration geplant, laut Berichten soll es die größte in der Geschichte des Landes werden.“ Artikel von Philip Malzahn vom 29.10.2021 im ND online externer Link

Grundinfos:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=194675
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