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Massenproteste gegen Preissteigerung und Regierung in Sri Lanka – Zeit für einen neuen Frühling?

Dossier

Drei Aktivistinnen mit Gota go Home Stirnband vor Protesten„… Die Menschen in Sri Lanka sind in einer Abwärtsspirale gefangen (…) Eine Abwertung der Währung erhöhte den Druck auf den Lebensstandard der Arbeiter:innenklasse. Knappheit und Inflation führten zu Stromausfällen, unerschwinglichen Grundgütern oder dazu, dass es überhaupt keine Grundgüter mehr gab. Dieses Umfeld der Entbehrungen und der Unsicherheit ist der Treibstoff für die spontanen Proteste der letzten Tage und den wachsenden Unmut gegen die Familie Rajapaksa. Die Proteste sind sehr spontan, Hunderte von Menschen gehen auf die Straße…“ schreibt Geert Cool auf International Socialist am 5. April 2022 im Artikel „Sri Lanka: Masses Revolt Against Consequences of Failing System“ externer Link. Wir wollen im Folgenden auf die aktuellen sozialen Bewegungen in Sri Lanka eingehen:

  • Sri Lankas Gewerkschaften protestieren erneut gegen Umschuldung und gelockertes Arbeitsrecht sowie gegen ihren Ausschluss aus dem neugegründeten Arbeiterrat New
    „25. Juli 2023Trotz heftiger Regenfälle protestierten die Gewerkschaften Sri Lankas am 25. Juli in Colombo gegen die vorgeschlagenen arbeitnehmerfeindlichen Änderungen des Arbeitsrechts und den Plan zur Umschuldung des Landes, der die Verwendung der hart verdienten Vorsorgegelder der Arbeitenden und die Umsetzung arbeitnehmerfeindlicher Änderungen des Arbeitsrechts vorsieht. Die Entscheidung der Regierung, einen Plan zur Umschuldung der Staatsschulden einzuführen, der Teil des „Rettungspakets“ des Internationalen Währungsfonds (IWF) ist und der die Verwendung der hart verdienten Vorsorgegelder der Arbeitenden vorsieht, kommt zu einer Zeit, in der die arbeitenden Menschen des Landes aufgrund der extrem hohen Inflation und der Währungsabwertung, die zu einem erheblichen Rückgang ihrer Realeinkommen geführt hat, bereits unter schrecklichen Bedingungen leben. Bei der Umschuldung zur Gewährleistung der „Schuldentragfähigkeit“, die das Hauptanliegen des IWF ist, wird die Hauptlast von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Sri Lankas getragen, da der Schuldenerlass durch die internationalen Inhaber von Staatsanleihen, zu denen auch die multilateralen Entwicklungsbanken gehören, nur 35 Prozent beträgt. Im Rahmen der Optimierung der Inlandsverschuldung werden die Schatzwechsel der Zentralbank und die Staatsanleihen der Rentenkassen, einschließlich des Employee Provident Fund und des Employee Trust Fund, zur Umstrukturierung der Schulden genutzt, indem die Zinssätze für diese Anleihen gesenkt werden. Dieser Schritt deckt jedoch nur einen kleinen Teil ab, denn etwa 61 Prozent der gesamten inländischen Schulden sind von dem Programm ausgeschlossen, einschließlich der Anleihen inländischer Geschäftsbanken. Anton Marcus, Co-Sekretär der IndustriALL-Mitgliedsorganisation Free Trade Zone and General Services Employees Union, äußerte sich besorgt, ‚Mit diesem Schritt versucht die Regierung, die gesamte Last auf die Arbeiterklasse dieses Landes abzuwälzen. Das ist inakzeptabel. Die Gewerkschaften haben den Gouverneur der Zentralbank von Sri Lanka in einem gemeinsamen Brief gebeten, ein Treffen mit allen Gewerkschaften einzuberufen, um die Vor- und Nachteile des Plans zu prüfen.‘
    Im Juni wurden vier Gewerkschaften, darunter auch die IndustriALL-Mitgliedsorganisationen, aus dem neu gegründeten Nationalen Arbeitsbeirat ausgeschlossen. Dies geschah inmitten der Versuche der Regierung, arbeitnehmerfeindliche Arbeitsrechtsänderungen zu verabschieden. Die vorgeschlagene Zusammenlegung von 48 Arbeitsgesetzen in ein einziges hat bei den Gewerkschaften Besorgnis ausgelöst, da dadurch international anerkannte Standards in Bezug auf Arbeitszeiten, Überstunden, Vereinigungsfreiheit und Tarifverhandlungen abgeschafft werden könnten, wodurch die Arbeitenden möglicherweise schutzlos bleiben. Die Arbeitgeber könnten auch die Befugnis erhalten, Arbeitende zu entlassen, die sich gewerkschaftlich organisieren oder eine Gewerkschaft gründen. Swasthika Arulingam, Präsident*in der IndustriALL-Mitgliedsorganisation Commercial and Industrial Workers‘ Union, erklärte, ‚Die von der srilankischen Regierung vorgeschlagenen Änderungen der Arbeitsgesetze untergraben die Rechte der Arbeitenden erheblich und heben jeglichen Schutz auf, den sie unter den bisherigen Gesetzen hatten. Durch den Ausschluss unabhängiger Gewerkschaften aus dem NLAC ist zudem klar, dass die Regierung die Vertretung der Arbeitenden schwächen und sie entmachten will.‘ Kemal Özkan, stellvertretender Generalsekretär von IndustriALL Global Union, brachte seine Solidarität mit den sri-lankischen Mitgliedsorganisationen zum Ausdruck und forderte die Regierung auf, die umstrittenen Arbeitsrechtsreformen zurückzunehmen und die Ersparnisse der Arbeitenden davor zu schützen, dass sie für die Umschuldung verwendet werden.“
    engl. Stellungnahme von IndustriAll vom 25. Juli 2023 externer Link („Sri Lanka: unions protest government’s debt restructuring and labour law changes“), siehe auch:

    • Sri Lanka: Trotz heftiger Regenfälle haben Tausende Gewerkschafter am Dienstag in Sri Lankas Hauptstadt Colombo gegen arbeiterfeindliche Regierungsmaßnahmen demonstriert (Foto). Konkret gegen ein gelockertes Arbeitsrecht, was Kündigungen von Beschäftigten erleichtert, und gegen ein Umschuldungsprogramm der Staatsschulden, wie es das sogenannte Rettungspaket des IWF verlangt. Dabei werden nicht nur staatliche Vorsorgefonds von Arbeitern zur »Sanierung« des Haushalts geplündert, ferner bedeuten Teuerungswelle und Währungsabwertung enorme Einbußen bei Realeinkommen.“ Kurzmeldung in der jungen Welt vom 26.07.2023 externer Link („Protestwetter“)
    • Krise in Sri Lanka: Colombo erfüllt Bedingungen des IWF
      Sri Lanka legt einen Umschuldungsplan zur Bewältigung der Wirtschaftskrise vor. Der Inselstaat beugt sich dabei den Bedingungen des Weltwährungsfonds…“ afd-Meldung vom 29. 6. 2023 in der taz online externer Link
    • Precarity and Protest in Neoliberal Sri Lanka
      engl. Artikel von Sandya Hewamanne vom 27.6.2023 in Asian Labour Review externer Link
    • SEP weist Einladung der sri-lankischen Regierung zu Diskussion über die „Arbeitsrechtsreform“ zurück
      Die Socialist Equality Party (SEP) in Sri Lanka erhielt am 26. Mai einen Brief von Arbeitsminister Manusha Nanayakkara, in dem sie um Vorschläge für Reformen des Arbeitsrechts gebeten und zur Diskussion darüber eingeladen wurde…“ Socialist Equality Party (Sri Lanka) in dt. Übersetzung am 12. Juni 2023 in wsws externer Link
    • Attack on trade union rights in Sri Lanka
      In another attempt to weaken trade union strength, the Sri Lankan government has arbitrarily removed four trade unions, including IndustriALL affiliates, from the reconstituted National Labour Advisory Council (NLAC)…“ IndustriALL-Meldung vom 31.5.2023 externer Link
  • Sri Lanka: Streiks gegen Privatisierungswelle. Proteste gegen IWF-Diktat. Etliche Staatsbetriebe sollen verkauft werden 
    Im krisengeplagten Sri Lanka könnte es in nächster Zeit zu einem neoliberalen Kahlschlag kommen. Um Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) für den neuen Nothilfekredit in Höhe von rund drei Milliarden US-Dollar nachzukommen, bereitet die Regierung die Privatisierung etlicher Staatsbetriebe vor. Der IWF hatte in der Vorwoche die erste Rate von 330 Millionen Dollar überwiesen. Insgesamt erstrecken sich die Beihilfen über einen Zeitraum von 48 Monaten. Der Preis dafür, nach einem Jahr im wirtschaftlichen Ausnahmezustand nun wieder ein Stück Liquidität gewonnen zu haben, aber ist hoch. Und gerade die kämpferischen Gewerkschaften scheinen nicht gewillt, ihn widerstandslos hinzunehmen. Schon den ganzen März über hatten sie diverse Protestaktionen gegen den Deal mit dem IWF und dessen Nebenbestimmungen organisiert. Die Streikwelle dürfte sich nun im April fortsetzen.
    Unter anderem steht die staatliche Ceylon Petroleum Corporation (CPC), die für die Treibstoffimporte und -verteilung verantwortlich ist, zum Ausverkauf an. Am 29. März hatte sie wieder im großen Stil damit begonnen, Benzin und Diesel an die Tankstellen landesweit zu verteilen. Eigentlich wurde dabei jede Hand gebraucht. Mindestens 20 führenden Gewerkschaftern wurde aber wegen der Proteste ein Betretungsverbot für die jeweiligen Betriebsgelände auferlegt. Zwei Tage hatten sie vor der Konzernzentrale einen »Satyagraha« gestartet. Der in Südasien länderübergreifend gebräuchliche Begriff bezieht sich auf den indischen Freiheitskämpfer Mohandas Karamchand »Mahatma« Gandhi und bezeichnet Formen des friedlichen Widerstands wie insbesondere Hungerstreik. »Versuche, die CPC zu privatisieren, sind ein Akt des Verrats«, sagte Jagath Wijegunaratne, Gewerkschaftsführer der Sri Lanka Nidahas Sevaka Sangamaya, laut dem Onlineportal Newsfirst.lk am 27. März.
    Der Verband, dem er vorsteht, ist bei weitem nicht der einzige, der kämpft. Auch beim Stromkonzern Ceylon Electricity Corporation (CEC) stehen die Zeichen auf Sturm. Die Ceylon Electricity Board Engineer’s Union (CEBEU) hat gegenüber der Zeitung The Island Proteste angekündigt. Dabei schien es Mitte März bei CEC nach einem Treffen zwischen Management und Gewerkschaftsspitze der CEBEU noch, als könnte in bezug auf die »Reformpläne« in dem Großbetrieb eine Einigung erzielt werden…“ Artikel von Thomas Berger in der jungen Welt vom 3.4.2023 externer Link (im Abo)
  • Sri Lanka: Hunderttausende beteiligen sich am Streiktag gegen staatliche Kürzungen – trotz Verordnungen über den Minimalbetrieb in allen „systemrelevanten“ Bereichen 
    Hunderttausende von Beschäftigten des sri-lankischen öffentlichen Dienstes und der Privatwirtschaft protestierten am Mittwoch mit einem eintägigen Streik gegen die Kürzungsmaßnahmen und Angriffe auf demokratische Rechte. Sie widersetzten sich damit den Anweisungen der Wickremesinghe-Regierung, einen Minimalbetrieb aufrechtzuerhalten. Ärzte und Pflegekräfte, Lokführer und Beschäftigte der Häfen, der Energiebetriebe, der Post und der Telekom beteiligten sich am Streik. Dazu kamen Angestellte der staatlichen und privaten Banken, Akademiker sowie Universitätspersonal und Lehrer. Dienstleistungsbetriebe wie Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, die Post, das Telekommunikationswesen und die Elektrizitätswerke standen still. Singhalesisch- und tamilischsprachige Arbeiter, darunter auch Einwohner der kriegswüsteten Stadt Jaffna im Norden des Landes, beteiligten sich und trotzten so den religiösen und ethnischen Spaltungen, die die herrschenden Eliten schüren. Zu den vom Internationalen Währungsfonds (IWF) diktierten Maßnahmen gehören: eine neue Lohnsteuer, mit der Arbeiter stärker belastet werden, höhere Zinsen bei den Banken, höhere Beiträge für Strom und andere Versorgungsleistungen, die Kürzung der Überstundenzuschläge, die Privatisierung von Staatsbetrieben und der Abbau von Zehntausenden von Stellen im öffentlichen Dienst. Die Streikenden forderten die Rücknahme all dieser Maßnahmen und die Zahlung einer Unterstützung in Höhe von 20.000 Rupien (228 Euro) als Ausgleich für die hohen Lebenshaltungskosten. Um den Streik zu verhindern, hatte Wickremesinghe am Dienstag die Verordnungen über den Minimalbetrieb in systemrelevanten Bereichen auf die Eisenbahn und das Postwesen ausgeweitet. Schon bisher sind Streiks im Energie-, Erdöl-, Hafen-, Gesundheits- und Verkehrsbereich verboten. Außerdem wurde den Postbeschäftigten der Urlaub gestrichen…“ Bericht vom 17. März 2023 bei wsws externer Link, siehe auch:

    • Sri Lanka unions stage strike to protest against IMF bailout plan
      Public sector workers demand the government roll back high taxes imposed as a precondition to unlock $2.9bn IMF loan…“ Artikel vom 15 Mar 2023 in Al Jazeera externer Link 
  • Sri Lanka: Massenstreiks gegen Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen am 1. März 2023 trotz neuem Streikverbot
    • „… Tausende Beschäftigte in Sri Lanka haben am Mittwoch gegen ein Verbot der Regierung gestreikt, um gegen neue Sparmaßnahmen zu protestieren. Etwa 40 Gewerkschaften wehren sich gegen Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen, die die Regierung für notwendig hält, um die Wirtschaft zu stabilisieren. Die Streiks haben Banken, Krankenhäuser, Universitäten und Häfen geschlossen, und überall auf der Insel gibt es Streikposten und Proteste. Präsident Ranil Wickremesinghe sieht sich mit einer Welle des Widerstands gegen seine Angriffe konfrontiert. Die Verkaufssteuern sollen nun 30 Prozent erreichen, nachdem die Regierung sie letztes Jahr auf 15 Prozent erhöht hatte. Die Elektrizitätsbehörde wurde letzten Monat angewiesen, die Preise um 66 Prozent zu erhöhen – die zweite Erhöhung innerhalb von sechs Monaten. Das neue Wirtschaftsprogramm von Wickremesinghe wurde vom Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgelegt. Sri Lankas Wirtschaft wurde durch eine Schuldenkrise und wirtschaftliches Missmanagement in der Spitze der Gesellschaft ruiniert. Dies spitzte sich zu, als der Staat im vergangenen April seine Schulden nicht mehr bedienen konnte. Doch der IWF besteht darauf, dass die Bürgerinnen und Bürger jetzt den Preis für sein Angebot zur Refinanzierung des Landes zahlen müssen. Als sich die Gewerkschaften auf Aktionen vorbereiteten, reagierte Wickremesinghe, indem er seine Exekutivbefugnisse nutzte, um Streiks effektiv zu verbieten. Er bestand darauf, dass die Beschäftigten in „wesentlichen Diensten“ nicht streiken dürfen. Einige Gewerkschaften – darunter auch die Gewerkschaften der Eisenbahnen und der Post – befolgten die Anordnung unter Zwang. Die Ingenieure des Ceylon Electricity Board meldeten sich krank, anstatt zu streiken. Und Joseph Stalin, der prominente Vorsitzende der Lehrergewerkschaft, erklärte, dass seine Mitglieder aus Protest gegen die Regierung schwarze Armbinden bei der Arbeit tragen würden. Andere, darunter die Hafenarbeiter, vertraten jedoch eine weitaus härtere Linie. Viele Hundert von ihnen schlossen sich mittags einer Kundgebung in der Hafenstadt Colombo an. „Wir haben den Streik von heute 7 Uhr bis morgen 7 Uhr morgens begonnen. Wir werden die Anordnung der wesentlichen Dienste nicht akzeptieren“, sagte der Anführer der Hafenarbeiter, Niroshan Gorakanage. Und es gibt Anzeichen dafür, dass der heutige Streik nur der erste Schuss in einem größeren Kampf ist. Haritha Aluthge von der Government Medical Officers‘ Association sagte Reportern in Colombo, dass seine Gewerkschaft plant, den Kampf zu verstärken. „Ein symbolischer eintägiger Protest wird die Behörden nicht umstimmen“, sagte er. „Wir werden härtere Maßnahmen ergreifen müssen. (…)
      Die neuen Streiks sind der erste große Akt des Widerstands gegen die Sparpläne der Regierung. Aber nur wenige in Sri Lanka werden den großen Aufstand vergessen, der das Land im letzten Sommer erschütterte. Damals trieben riesige Streiks Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf die Straße und zwangen Gotabaya Rajapaksa, den in Verruf geratenen Präsidenten, dazu, das Land fluchtartig zu verlassen. Die Demonstranten drangen in sein Haus ein, schwammen in seinem Pool und zogen in seinen Kleidern durch seine Schlafzimmer. Wickremesinghe hat seit seiner Übernahme der Präsidentschaft einen vorsichtigen Weg eingeschlagen und versucht, die Proteste nicht wieder anzufachen. Er hat auch versucht, zu spalten und zu herrschen, indem er einigen, die sich der Anti-Rajapaksa-Bewegung angeschlossen hatten, begrenzte Zugeständnisse gemacht hat. Aber der IWF spielt mit harten Bandagen. Um Sri Lankas Schulden in Höhe von 38 Milliarden Pfund zu refinanzieren, verlangt er strenge Kürzungen – und dass China einen massiven Schlag auf seine Schulden einstecken muss. Da die Weltbanker befürchten, dass 14 weitere Länder von einem Zahlungsausfall bedroht sind, will der IWF sicherstellen, dass er sein Pfund abbekommt. Das heißt, es steht viel auf dem Spiel. Die Arbeiter:innen in Sri Lanka kämpfen nicht nur für sich und ihre Familien. Ihr Kampf steht für Millionen anderer Menschen auf der ganzen Welt, die sich bald in einer ähnlichen Situation befinden werden.“
      Artikel von Yuri Prasad vom 1. März 2023 externer Link („Strikes hit Sri Lanka against new austerity drive“)
    • Streikverbot erfolgte einen Tag vor geplanten Massenstreik
      „Sri Lankas Regierung erklärte am 28. Februar [2023], dass sie angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise Streiks in mehreren Schlüsselsektoren verbietet. Der Schritt erfolgte einen Tag vor einer geplanten eintägigen landesweiten Arbeitsniederlegung, zu der die Gewerkschaften aufgerufen hatten, um gegen schmerzhaft hohe Steuern und Stromrechnungen zu protestieren. Die Wut auf Präsident Ranil Wickremesinghe wird immer größer. Seine Regierung hat die Ausgaben gekürzt und die Steuern erhöht, um nach mehr als einem Jahr wirtschaftlicher und politischer Umwälzungen ein Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu erhalten. Wickremesinghes Büro erklärte, er habe seine Exekutivgewalt genutzt, um eine Anordnung über unverzichtbare Dienste zu erlassen. Mit dieser Anordnung wurden die geplanten Gewerkschaftsstreiks verboten. In einer Erklärung heißt es, er habe erklärt: „Öffentliche Verkehrsmittel, die Lieferung von Lebensmitteln oder Getränken, Kohle, Öl, Treibstoff, die Instandhaltung von Anlagen für den Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr, Flughäfen, Häfen und Eisenbahnlinien werden mit sofortiger Wirkung zu unverzichtbaren Diensten erklärt. Wer sich der Anordnung unverzichtbarer Dienste widersetzt, riskiert den Verlust seines Arbeitsplatzes. Die Regierung Sri Lankas hat die Energiekosten entsprechend den Forderungen des IWF um das Dreifache erhöht. Sie hat diese Entscheidung getroffen, um die Verluste der staatlichen Versorgungsbetriebe zu verringern und sich so für eine 2,9 Milliarden Dollar schwere Rettungsaktion zu qualifizieren. Sri Lanka hat den IWF um Hilfe gebeten, nachdem das Land im April 2022 seine Auslandsschulden in Höhe von 46 Milliarden Dollar nicht mehr bedienen konnte. Der IWF muss die Mittel jedoch erst noch freigeben. Er wartet auf finanzielle Zusicherungen Chinas, dass es bereit ist, einen „Haircut“ – einen Wertverlust – bei den Krediten an das südasiatische Land hinzunehmen. China ist der größte bilaterale Einzelgläubiger Sri Lankas. Daraufhin hatten mehr als 40 Gewerkschaften angekündigt, am 1. März Streiks durchzuführen, um gegen die Verdoppelung der Steuern seit Januar zu protestieren. Unter den Gewerkschaften waren auch die Gewerkschaften der Bankangestellten und des staatlichen Krankenhauspersonals.
      Sri Lanka bis 2026 bankrott
      Sri Lanka befindet sich seit Ende 2021 in einer nie dagewesenen Wirtschaftskrise. BBC News erklärte im Juli 2022, dass die Krise wahrscheinlich auf die Fehlausgaben des ehemaligen Präsidenten Gotabaya Rajapaksa seit dem Ende des Bürgerkriegs in Sri Lanka im Jahr 2009 zurückzuführen ist. Die Regierung selbst machte jedoch die Covid-Pandemie und einen Terroranschlag im Jahr 2019 für die Schädigung der Tourismusindustrie des Landes verantwortlich. Wie auch immer, die Krise hat zu schweren Engpässen bei Lebensmitteln, Treibstoff und Medikamenten geführt. Sie führte auch zu monatelangen Protesten, die Rajapaksa im Juli 2022 zu Fall brachten. Bei den Parlamentswahlen löste Wickremesinghe Rajapaksa ab. Wickremesinghe hat seitdem erklärt, dass die Wirtschaft im Jahr 2022 um 11% geschrumpft ist und dass Sri Lanka bis mindestens 2026 bankrott sein wird. Außerdem gab er bekannt, dass das Land kein Geld hat, um die ursprünglich für den 9. März angesetzten Kommunalwahlen zu finanzieren. Diese Entscheidung hat ihm den Vorwurf eingebracht, er nutze die Wirtschaftskrise, um die Demokratie zu unterdrücken. Der srilankische Nachrichtendienst Newswire hat Aufnahmen veröffentlicht, auf denen zu sehen ist, wie die Polizei am 27. Februar mit Tränengas gegen die Entscheidung, die Wahlen ausfallen zu lassen, protestiert. Schätzungsweise 10.000 Menschen gingen während des Protests in der Hauptstadt Colombo auf die Straße.“ Artikel von Glen Black vom 28. Februar 2023 in The Canary externer Link („Sri Lanka’s government has banned strikes amid its economic crisis”)
  • Sri Lankas autokratischer Präsident sagt angesichts von Massenprotesten gegen das Austeritätsdiktat des IWF die Kommunalwahlen ab
    Die Entscheidung des nicht gewählten sri-lankischen Präsident Ranil Wickremesinghe, die landesweiten Kommunalwahlen am 9. März abzusagen, verstößt in eklatanter Weise gegen die Verfassung und die demokratischen Grundrechte. Bereits seit Wochen versucht Wickremesinghes Regierung, die im Auftrag des Internationalen Währungsfonds (IWF) brutale Sparmaßnahmen umsetzt, die Wahlen zu sabotieren, weil sie eine massive und demütigende Niederlage befürchtet…“ Beitrag von K. Ratnayake am 25. Februar 2023 in wsws externer Link
  • IndustriALL fordert Schuldenerlass für Sri Lanka aufgrund schwerer Finanzkrise
    „Die IndustriALL-Mitgliedsorganisationen schließen sich dem Aufruf von mehr als 180 Ökonom:innen und Entwicklungsexpert:innen aus aller Welt an, die Schulden Sri Lankas zu streichen, und fordern, dass alle bilateralen, multilateralen und privaten Kreditgeber die Last der Umstrukturierung mittragen, da das Land dies nicht aus eigener Kraft schaffen kann und größere internationale Unterstützung und Solidarität benötigt. Zu den wichtigsten Kreditgebern Sri Lankas gehören die Asiatische Entwicklungsbank, Japan, China und die Weltbank. Anton Marcus, Co-Sekretär der IndustriALL-Mitgliedsorganisation Free Trade Zones and General Services Employees Union, wandte sich in einem Schreiben an den Internationalen Währungsfonds (IWF), globale Arbeitnehmerorganisationen und Arbeitnehmerrechtsgruppen: „Sri Lanka braucht sofortige Hilfe bei der Bewältigung der Auslandsschuldenkrise. Der IWF muss den Kreditgebern die Hand reichen und ein verantwortungsvolles Forum schaffen, um dem Land zu helfen. Die Arbeiterklasse in Sri Lanka befindet sich in einem bedauernswerten Zustand. Leider hat es die Regierung versäumt, im Haushalt 2023 irgendeine Entlastung für die Armen vorzusehen.“ Auf einem von IndustriALL organisierten Solidaritätstreffen äußerten die Mitgliedsorganisationen ihre Besorgnis über die wachsende Armut in Verbindung mit zunehmender Unterernährung bei Kindern und Schulabbrüchen aufgrund unerträglicher wirtschaftlicher Härten. Die Mitgliedsorganisationen fordern, dass die Regierung folgendes unternimmt:
    Sofortige Rücknahme der indirekten und direkten Steuern auf alle wichtigen Lebensmittel, die Tariferhöhungen für Strom und Energie sofort zu stoppen; die Einrichtung eines nationalen dreigliedrigen Rates für Wirtschaftsreformen. Der stellvertretende IndustriALL-Generalsekretär Kemal Özkan sagt: „IndustriALL steht fest an der Seite der Mitgliedsorganisationen in Sri Lanka und unterstützt ihre Forderungen voll und ganz. Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft ihre Unterstützung zeigt, indem sie einem Land die Schulden erlässt, in dem sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht einmal zwei Mahlzeiten am Tag leisten können, da die steigenden Lebenshaltungskosten schwer auf ihnen lasten.“ Pressemitteilung von IndustriAll vom 16. Januar 2023 externer Link („Public appeal to cancel Sri Lanka’s debt“)
  • Die neue/alte Regierung in Sri Lanka weigert sich mit Gewerkschaften zu verhandeln, während die Wirtschaft in eine neue Krise schlittert
    „Sri Lanka erlebt die schlimmste wirtschaftliche und politische Krise seiner Geschichte. Nach Angaben der Weltbank wird das Wirtschaftswachstum des Landes im Jahr 2022 um neun Prozent und 2023 um weitere vier Prozent zurückgehen. Die Lebensmittelinflation ist so hoch wie nie zuvor und die Preise für importierte Waren sind um 80 Prozent gestiegen. Zusammen mit der Abwertung der srilankischen Währung hat dies verheerende Folgen für die arbeitende Bevölkerung. Swasthika Arulingam, Präsident der Commercial and Industrial Workers Union (CIWU), sagt dazu: „Während die Lebensmittelpreise in die Höhe geschossen sind, sind die Löhne stark gesunken. Die Arbeitenden können sich nicht einmal zwei Mahlzeiten pro Tag leisten. Unterernährung ist zu einem ernsthaften Problem im Land geworden. Es gibt Berichte über Kinder, die in den Schulen in Ohnmacht fallen, weil sie zu wenig Nahrung zu sich nehmen.“ Ahilan Kadirgamar, ein leitender Dozent an der Universität von Jaffna, sagte, dass sich die Wirtschaftskrise schon seit langem zusammenbraut. Die Wirtschaftspolitik der srilankischen Regierung seit der Öffnung des Landes ist hauptverantwortlich für die aktuelle Situation. Selbst in diesen schwierigen Zeiten hat die Regierung nicht die Absicht gezeigt, ihre Politik zu ändern, wie der Haushalt für das kommende Jahr zeigt. Es gibt keinen Versuch, die Nahrungsmittelkrise anzugehen oder den arbeitenden Menschen des Landes Erleichterung zu verschaffen.
    Zu Beginn dieses Jahres wurden friedliche Proteste gegen die Lebensmittel- und Treibstoffkrise von der Regierung mit militärischer Gewalt unterdrückt. Die demokratischen und gewerkschaftlichen Rechte werden in Sri Lanka massiv angegriffen. Akira Takakura, stellvertretender Präsident:in von IndustriALL, sagte: „Die Rechte der Arbeitenden sind in Sri Lanka bedroht. Die Arbeitgeber nutzen die Wirtschaftskrise aus, um die Gewerkschaftsrechte zu untergraben. Wir sind solidarisch mit unseren Mitgliedsorganisationen in Sri Lanka, die sich an vorderster Front für den Schutz der Rechte der Arbeitenden einsetzen.“ Die IndustriALL-Mitgliedsorganisationen erklärten, die Regierung habe sich geweigert, mit den Gewerkschaften über arbeitsbezogene Themen zu sprechen. Trotz wiederholter Aufforderungen der Gewerkschaften an die Regierung, die Sitzung des Nationalen Arbeitsbeirats einzuberufen, ist dies bisher nicht geschehen. Anton Marcus, Generalsekretär der IndustriALL-Mitgliedsorganisation Free Trade Zones and General Services Employees Union, sagte: (…) „Die Arbeitenden und die Gewerkschaften wehren sich nach Kräften. Das Land braucht eine gewerkschaftlich geführte soziale Bewegung, die alle arbeitenden Menschen zusammenbringt. Wir müssen zusammenstehen, wenn wir unsere demokratischen und gewerkschaftlichen Rechte schützen wollen. Atle Høie, IndustriALL-Generalsekretär, sagte: „Die Arbeitenden haben seit dem Beginn der Krise viele Härten erlebt. IndustriALL steht in diesen schwierigen Zeiten fest an der Seite der Gewerkschaften und der Arbeitenden in Sri Lanka. Wir fordern die srilankische Regierung auf, die Forderungen der Gewerkschaften unverzüglich zu prüfen.“ Aus der engl. Stellungnahme von IndustriALL vom 9. Dezember 2022 externer Link („IndustriALL stands in solidarity with working people in Sri Lanka“ / IndustriAll solidarisiert sich mit den arbeitenden Menschen Sri Lankas)
  • Neue Proteste in Sri Lanka gegen die repressive Wickremesinghe-Regierung und für Erhöhung des Mindestlohns
    „Am 2. November werden die wichtigsten Gewerkschaften und Oppositionsparteien eine weitere Runde von Protesten gegen die Unterdrückung der Proteste durch die Regierung Ranil Wickremesinghe und das Versagen bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise starten. „Gewerkschafter:innen, Aktivist:innen und Studierende aus Sri Lanka demonstrierten am Donnerstag, den 27. Oktober, in der Hauptstadt Colombo gegen die schlechte Wirtschaftslage und die Unterdrückung der Proteste durch die Regierung. Zu der Kundgebung hatten das Trade Union Coordination Centre (TUCC) und das Combined People’s Movement, ein Zusammenschluss von Gewerkschaften und zivilgesellschaftlichen Organisationen, aufgerufen. Die Protestierenden äußerten ihre Besorgnis darüber, dass die von Ranil Wickremesinghe geführte Regierung abweichende Meinungen durch Einschüchterung, willkürliche Verhaftungen und Inhaftierung von Zivilpersonen unter dem Terrorismusbekämpfungsgesetz (PTA) unterdrückt. Die Polizei hat regelmäßig Tränengas und Wasserwerfer eingesetzt und Protestierende unter verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen, darunter dem PTA, festgenommen. Am 6. Oktober hatte der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHRC) eine Resolution verabschiedet, in der er die Regierung Sri Lankas aufforderte, frühere und derzeitige Beamte im Zuge des gewaltsamen Vorgehens gegen Protestierende während der wirtschaftlichen Turbulenzen im Land zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen. In der kommenden Woche wird es auf der Insel zu weiteren Protestierenden kommen. Mehr als 100 politische Parteien, Gewerkschaften, Studentenbewegungen und zivile Organisationen, darunter die größte Oppositionspartei im Parlament, die Samagi Jana Balawegaya (SJB), die Sri Lanka Freedom Party (SLFP), die Frontline Socialist Party (FSP), die Ceylon Teachers‘ Union (CTU) und die Inter-University Students‘ Federation (IUSF), haben für den 2. November eine Großdemonstration in Colombo geplant, die sie als „ersten Schritt zum Sturz von Wickremesinghe und der Regierung“ bezeichnen. Der Generalsekretär der Ceylon Trade Union (CTU), Joseph Stalin, der selbst im August verhaftet wurde, verurteilte die Regierung für ihr „Unterdrückungsprogramm“ und erklärte gegenüber The Morning.lk: „Wir haben eine gemeinsame Erklärung gegen das Regierungsprogramm unterzeichnet und mehrere Parteien wie der SJB haben ihre Unterstützung für diesen Protest ausgedrückt (…) Unsere Hauptforderungen an die Regierung sind die Aufhebung des PTA, die Freilassung von [Wasantha] Mudalige und Siridhamma Thero (studentische Aktivist:innen) und allen anderen, die zu Unrecht unter dem PTA inhaftiert sind, die Beendigung der Blockade und Behinderung friedlicher Proteste und die Beendigung der Angriffe und Verhaftungen der Teilnehmer:innen und die Freilassung aller, die von der Polizei wegen ihres Engagements für den Volkskampf verhaftet wurden…“ Artikel von Peoples Dispatch vom 30. Oktober 2022 externer Link („Sri Lanka set to see more protests against Ranil Wickremesinghe government”)

    • Siehe dazu auch die Meldung auf Newswire.lk vom 2. November 2022 externer Link „Massenprotest: Polizei blockiert Zufahrt zum Fort-Bahnhof” (engl.)
    • Kosten für Lebensmittel sind im September um 95% gestiegen – auch der Mindestlohn muss rauf, vor allem in der Bekleidungsindustrie
      „Die Gewerkschaften fordern, dass der nationale Mindestlohn auf 26000 LKR (71 US$) erhöht wird, aber die Regierung hat sich nicht bewegt. Die Lebensmittelinflation ist in Sri Lanka im September auf 95 Prozent gestiegen, während die Löhne weiterhin stagnieren. In einigen Fabriken erhalten die Arbeitenden sogar nur 16000 LKR (44 US$), den nationalen Mindestlohn. Die Löhne für Arbeitsende in Freihandelszonen reichen nicht aus, um eine Wohnung zu bezahlen. Die anhaltende Lohnkrise in der Region hat in Sri Lanka, das sich noch nicht von einer beispiellosen Wirtschaftskrise erholt hat, die schlimmsten Formen angenommen. Vor der Krise konnten sich die Arbeitenden trotz niedriger Löhne über Wasser halten, weil sie Überstundenzuschläge, Anwesenheitsprämien, Transportmöglichkeiten und andere Anreize erhielten; seit dem Wegfall dieser Vergünstigungen ist der Nettolohn jedoch drastisch gesunken. Die Unternehmen begründen die Abschaffung der Anreize mit der schlechten Auftragslage. (…) Vertreter:innen globaler Bekleidungsmarken, die am 21. Oktober am Runden Tisch teilnahmen, um über die Notwendigkeit existenzsichernder Löhne zu diskutieren, berichteten, dass die Bekleidungsindustrie aufgrund der hohen Inflation weltweit derzeit im Überlebensmodus arbeitet. Die Hersteller in Sri Lanka stehen im harten Wettbewerb mit anderen südasiatischen Ländern, die ihre Preise niedrig halten und pünktlich liefern können. Die Marken versicherten, dass sie die Fabriken in Sri Lanka am Laufen halten werden, damit die Arbeitenden ihre Arbeitsplätze behalten können. (…) Die Notwendigkeit eines branchenweiten Wandels in der Bekleidungsindustrie, um den Arbeitenden angemessene Löhne zu garantieren, wurde sowohl von den Gewerkschaften als auch von den Marken anerkannt…“ Stellungnahme von IndustriAll vom 27. Oktober 2022 externer Link („Sri Lankan workers struggle due to high inflation“)
  • Sri Lanka: Regierung geht mit brutaler Polizeigewalt gegen Studentendemonstration vor
    „Am Donnerstag ging die sri-lankische Polizei mit brutaler Gewalt gegen Studierende in Colombo vor, die gegen die anhaltenden undemokratischen Maßnahmen von Präsident Ranil Wickremesinghe und seine sozialen Angriffe auf die Arbeiterklasse und die Armen protestierten. Die Inter-University Student Federation (IUSF) mobilisierte etwa 2.000 Studierende, die gegen 15 Uhr am Lipton Circus im Stadtzentrum von Colombo demonstrierten und zum etwa drei Kilometer entfernten Geschäftsviertel Colombo Fort ziehen wollten. Der Veranstalter Wasantha Mudalige von der ISUF erklärte zu Beginn der Demonstration vor der Presse, es gebe keine Berechtigung dafür, die Demonstration zu verbieten. Die Demonstration sei organisiert worden, weil keines der Probleme der Massen gelöst worden sei. Er warnte Präsident Wickremesinghe davor, Repressionsmaßnahmen gegen die Demonstranten zu benutzen. Ein hochrangiger Polizeibeamter bezeichnete die Veranstaltung dennoch als „illegal“. Deshalb sei die Polizei befugt, Teilnehmer zu verhaften und alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sie zu beenden. Die Polizei und die Sicherheitskräfte Sri Lankas haben durch die drakonischen Notstandsgesetze der Regierung umfangreiche Befugnisse erhalten. (…) Eine halbe Stunde nach Beginn der Demonstration stellte sich den Studierenden ein massives Aufgebot von 500 Polizisten, darunter auch aus Spezialeinheiten, mit zwei Wasserwerfern entgegen. Die Demonstranten wurden sofort mit Wasserwerfern und Tränengas angegriffen. Polizeibeamte und schwer bewaffnete Mitglieder der Spezialpolizei verfolgten die Studierenden mehr als zwei Kilometer weit nach Borella und setzten wiederholt Wasserwerfer und Tränengas ein. Die Polizei schlug auf Demonstranten ein und zerrte einige von ihnen in Polizei-Jeeps. Als sich an der Borella Junction mehrere hundert Studierende versammelten, wurden sie erneut von Spezialpolizei und Wasserwerfern brutal angegriffen und bis in den Stadtteil Narahenpita gejagt. Die Polizei stoppte auch die Busse des öffentlichen Nahverkehrs und suchte nach Studierenden, um sie zu verhaften. (…) Diese Polizeibrutalität ist eine eindeutige Warnung: die Wickremesinghe-Regierung wird all ihre repressiven Befugnisse einsetzen, darunter den Einsatz von Militär und Polizei, um jede regierungsfeindliche Aktion der Arbeiter, Jugend und armen Bevölkerung zu unterdrücken, die für ihre sozialen und demokratischen Rechte kämpfen…“ Beitrag von Sakuna Jayawardena vom 19. August 2022 bei wsws.org externer Link, siehe außerdem:

    • Sri Lanka: Nach den Protesten ist vor den Protesten“
      „… Erstaunlich wenig Präsenz in den Forderungen der Proteste haben die Folgen des Bürgerkrieges im Norden des Landes. Der riesige Militäretat Sri Lankas, der seit den 80er Jahren im Bürgerkrieg gegen die sozialistische LTTE (Liberation Tiger of Tamil Eelam) verbraucht wurde, frisst noch immer ernome Löcher in den Staatshaushalt. Die LTTE wollte im Norden und Osten der Insel in den von der tamilischen Bevölkerung bewohnten Gebieten einen eigenen Staat errichten und hatte dies vor dem Genozid 2009 de-Facto auch umgesetzt. Heute werden die Regionen durch den riesigen Militärapparat besetzt gehalten. Auf eine Zivilperson kommen im Schnitt vier Soldaten.Genausowenig präsent sind die Rechte der tamilischen Bevölkerung im bereits genannten 6-Punkte-Plan. Die tamilische Bevölkerung hat einen Bevölkerungsanteil von 12 Prozent, die der tamilischsprachigen Muslime mit 10 Prozent. Die Unsichtbarkeit tamilischer Belange kritisiert Gajendrakumar Ponnambalam stellvertretend für die linke tamilische Freiheitsbewegung in einem Telefoninternview. Der 42-jährige ist der Abgeordneter des sri-lankischen Parlaments und Präsident der Tamil National Peoples Front (TNPF), einer Koalition aus politischer Partei und zivilgesellschaftlichen Organisationen, Gewerkschaften und Intellektuellen…“ Artikel von Henning von Stoltzenberg, erschienen am 1. August 2022 auf Lower Class Magazine externer Link
  • Siegeserklärung der Bewegung #GotaGoHome2022 – Proteste gegen die Unterdrückung durch die Regierung Wickremesinghe gehen (dennoch) weiter
    • Sri Lanka: Protestierende geben Siegeserklärung ab (#Gotagogama_Declaration)
      Wir, das Volk von Sri Lanka, das sich auf den Straßen der Insel und in den Gotagogama-Protestgemeinschaften auf der ganzen Welt versammelt hat, erklären hiermit den Sieg der Bewegung #GotaGoHome2022.
      Wir haben uns unter einem Aufruf und einem Bekenntnis versammelt, Grenzen überbrückt und Unterschiede anerkannt. Heute erklären wir diesen Sieg zu einem bedeutenden Meilenstein des Volksaufstandes. Wir, die Generationen, die mit den neuen Medien und dem Internet aufgewachsen sind, verstehen die Macht gewaltfreier Aktionen. In einem Land, das mit dem Blut frustrierter Jugendlicher getränkt ist, in einer Geschichte voller niedergeschlagener Volksaufstände, haben wir Widerstandskraft bewiesen, Kreativität bewiesen und alles Gute vereint, um diesen historischen Sieg zu erringen, trotz außergewöhnlicher Chancen.
      Wir hatten kein zentrales Kommando und keine Führer, die uns sagten, was wir als Nächstes tun sollten. Dennoch arbeiteten wir wie ein Bienenstock, der sich in jedem Moment den Erfordernissen anpasste. Wir versuchten, jahrzehntelangen Hass, religiöse Gleichgültigkeit und andere Barrieren, die uns trennten, zu überwinden – manchmal mit Erfolg, manchmal ohne. Sie schickten Spione, sie schickten Schläger. Sie schickten Agenten der Zerstörung. Sie hetzten unsere eigenen Leute gegen uns auf, einige in Sarongs, andere in Uniformen. Doch wir haben uns durchgesetzt. (…)
      Gotagogama war nicht nur ein Ort, es ist ein Moment in der Geschichte, ein dauerhafter Wandel in unserem kollektiven Denken. Wir werden seine Existenz unter uns für immer ehren und wertschätzen. Der Aragalaya geht weiter. Es wird so lange dauern, bis wir das Sri Lanka geschaffen haben, das sein Volk wirklich verdient hat. Sieg für das Volk!“ Maschinenübersetzung des engl. Beitrags vom 10.8.22 in Sri Lanka Brief externer Link („Sri Lanka: Protestors make victory declaration (#Gotagogama_Declaration)“) – wobei unklar bleibt, worin dieser Sieg bestehen soll -, siehe auch:
    • Sri Lanka: Landesweite Proteste gegen die Unterdrückung durch die Regierung Wickremesinghe
      „… Zu den Demonstrationen am Dienstag hatten die beiden Gewerkschaftsverbände Trade Union Coordinating Centre (TUCC) und Trade Unions and Mass Organisations Movement (TUMO), sowie die United People’s Movement aufgerufen. Sie sahen sich aufgrund der weit verbreiteten Wut über die Verhaftung Dutzender Demonstranten dazu gezwungen. (…) Nachdem Wickremesinghe zum amtierenden Präsidenten ernannt und später offiziell vereidigt worden war, verhängte er drakonische Notstandsmaßnahmen, beschimpfte die Regierungsgegner als „Faschisten“ und „Terroristen“ und entfesselte eine landesweite Hexenjagd durch die Polizei. Bei einer gemeinsamen Operation von Polizei und Militär am 22. Juli wurden Demonstranten, die das Präsidialsekretariat und dessen Umgebung besetzt hielten, brutal vertrieben, insgesamt wurden neun Menschen verhaftet und Dutzende verwundet. Am Dienstag fanden in Colombo, Maharanga und Honagama Demonstrationen statt, außerdem in abgelegeneren Orten wie Anuradhapura, Mahiyanganaya, Welimada, Ampara, Badulla, Galle, Balangoda, Hambantota, Hatton, Kurunegala, Kantale, Puttalam, Ambalangoda, Meerigama und Kegalle. Die Demonstranten trugen Transparente und Plakate mit Aufschriften wie „Schluss mit der Unterdrückung durch die Ranil-Rajapaksa-Regierung“, „Freilassung aller verhafteten Demonstranten“, „Die Allparteienregierung ist eine Falle für die Volksmacht“ und „Auflösung des Parlaments, macht Platz für die Stimme des Volkes.“ (…) Die Regierung Wickremesinghe ist angesichts einer schweren Wirtschaftskrise, die durch die Corona-Pandemie und den Nato-Stellvertreterkrieg gegen Russland verschärft wird, dazu entschlossen, alle Forderungen des Internationalen Währungsfonds zu erfüllen und den unvermeidlichen Widerstand der Arbeiterklasse gegen diese Angriffe zu unterdrücken. Am Dienstag erhöhte die Regierung die Stromtarife um mehr als 75 Prozent und will Ende der Woche auch die Wassertarife in einem ähnlichen Ausmaß erhöhen. Sie hat außerdem einen Ausschuss eingesetzt, der das Ceylon Electricity Board umstrukturieren soll. Ihr Vorhaben umfasst die Privatisierung aller Staatsunternehmen, die Zerstörung von Hunderttausenden von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst, Subventionsabbau und höhere Steuern. Wickremesinghe drängt auf eine Allparteienregierung mit Unterstützung der Gewerkschaften, um diese brutalen Angriffe durchzusetzen. Wie die Socialist Equality Party (SEP) mehrfach erklärt hat, können die herrschende Klasse und ihre Regierung diese Angriffe nicht friedlich umsetzen. Deshalb bereiten sie sich darauf vor, ihre repressiven Maßnahmen zu verschärfen. (…) Ein Beschäftigter von Hatton Education Zonal erklärte: „Die Regierung von Ranil Wickremesinghe setzt bereits Austeritätsmaßnahmen um. Sie hat bereits begonnen, unsere Rechte und Zulagen abzuschaffen, auch andere Dinge werden gekürzt. Sie wird die Forderungen des IWF nach Privatisierungen umsetzen.“ Reportage vom 13. August bei wsws externer Link
  • Stalin vorerst frei. Vorsitzender der Lehrergewerkschaft SLTU ist das bisher prominenteste Opfer einer neuen Repressionswelle in Sri Lanka – Anklage bleibt
    Montag vormittag (Ortszeit) wurde Joseph Stalin zunächst auf Kaution freigelassen. Am 3. August war der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft Sri Lankas (SLTU) vor dem SLTU-Hauptsitz in der Hauptstadt Colombo festgenommen worden. Die Untersuchungshaft sollte bis 12. August andauern. Mit der Kautionsentscheidung kamen die Justizbehörden jetzt den Protestaktionen für seine Freilassung zuvor, die die SLTU und andere für den Montag nachmittag nach Schulschluss organisiert hatten. Dennoch ist die Erleichterung begrenzt. Denn die gegen Stalin erhobenen Vorwürfe bleiben bestehen. Es geht um eine Protestaktion am 28. Mai, an welcher der erfahrene Gewerkschafter in vorderster Front teilgenommen hatte. Dabei soll er gegen eine gerichtliche Anordnung verstoßen haben.
    Die Causa Joseph Stalin ist in dem südasiatischen Inselstaat beileibe kein Einzelfall – seit Tagen mehren sich Meldungen über Festnahmen von Teilnehmern der Massenproteste, die schließlich zum Sturz von Expräsident Gotabaya Rajapaksa (formeller Rücktritt zum 14. Juli) geführt hatten. (…)
    Erst etwa ein Jahr ist es her, dass Wickremesinghe sich selbst kritisch zu einer früheren Festnahme des SLTU-Chefs geäußert hatte. Damals saß er als seit der Wahl 2020 einziger Abgeordneter der früher mehrfach die Regierung anführenden Vereinigten Nationalpartei (UNP) noch auf der Oppositionsbank. Und erst wenige Tage ist es her, dass Saman Ratnapriya, ein weiterer Teilnehmer der Protestaktion vom 28. Mai, von ihm zum neuen Leiter der für Gewerkschaftsfragen zuständigen Behörde ernannt wurde. »Es ist klar, dass nicht nur die UNP als Partei die Aktion an jenem Tag unterstützt hat, sondern der Protest auch den Segen von Wickremesinghe selbst hatte«, wurde Ravi Kumudesh, Kovorsitzender des gewerkschaftlichen Koordinationszentrums, von Al-Dschasira am 4. August zitiert. (…)
    Das Free Media Movement (FMM) zeigte sich in einer Stellungnahme ebenfalls solidarisch. Journalistinnen und Journalisten stünden schließlich ebenso wie der Gewerkschafter im Visier des Staatsapparats: Das Criminal Investigation Department, eine zentrale Ermittlungsbehörde, hat bereits diverse Medienschaffende verhört. Derweil warten nicht nur Angehörige ihrer Berufsgruppe weiterhin auf den Beginn einer offiziellen Untersuchung zu den Attacken von Sicherheitskräften auf Journalisten, die von der durch den neuen Präsidenten kurz nach seiner Vereidigung angeordneten Räumung des zentralen Protestcamps am 22. Juli berichtet hatten. Die nationale Menschenrechtskommission hat unterdessen eigene Ermittlungen zu Übergriffen auf Medienschaffende am 9. Juli angestellt, als nicht nur der Präsidentenpalast gestürmt wurde, sondern auch Wickremesinghes ­Residenz in Flammen aufging. Joseph Stalin, der früher schon zum Beispiel gegen Militarisierung im Bildungswesen protestiert hat, ist das bisher prominenteste Opfer dieser Verfolgungs- und Einschüchterungswelle.“ Artikel von Thomas Berger in der jungen Welt vom 09.08.2022 externer Link
  • An der sozialen Misere hat sich nichts geändert – neue Massenproteste auf Sri Lanka, auch gegen Verhaftung von Joseph Stalin und weiteren Gewerkschafter:innen
    • Tweet von RiotPrime2022 vom 6.8.22 externer Link zum entsprechenden Video: „Neue Massenproteste auf Sri Lanka 3 Wochen nachdem der Aufstand die alte Regierung gestürzt hat. An der sozialen Misere hat sich nichts geändert.“
    • Protest in Sri Lanka gegen Notstand
      Die Lage in Sri Lanka ist angespannt. Die Ernährung von Millionen Menschen ist gefährdet. Während die Politik Wege aus der Krise sucht, fordern Demonstranten die Freilassung von Aktivisten. Im Krisenland Sri Lanka hat die Opposition ein Ende des Ausnahmezustands und der Verhaftungen von Demonstranten gefordert. Die «Einschüchterung und willkürliche Festnahme von Demonstranten» müsse aufhören, wurde Oppositionsführer Sajith Premadasa nach einem Treffen mit Präsident Ranil Wickremesinghe vom Online-Magazin «EconomyNext» zitiert. Im Hauptprotestlager der Regierungsgegner auf der Strandpromenade Galle Face Green in Colombo, wenige hundert Meter vom Präsidentenbüro entfernt, harrten am Wochenende zwar nur noch wenige Demonstranten aus, in einem Vorort der Hauptstadt kam es aber erneut zu einer Protestkundgebung, wie die «Sunday Times» meldete. (…) Gleich nach seiner kürzlichen Amtseinführung hatte Präsident Wickremesinghe das wichtigste Protestlager beim Präsidentenbüro von Sicherheitskräften stürmen und auflösen lassen. Seither kommt es zu Verhaftungen von Anführern der Proteste. Der Staat wirft den Regierungsgegnern Gewalt und Beschädigung von Staatseigentum vor. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hielt der neuen Führung dagegen kürzlich vor, sie wende die Notstandsgesetze an, «um Demonstranten zu schikanieren und willkürlich festzunehmen». Viele Protestierende stehen der Bewegung Aragalaya (Singhalesisch für «Kampf») nahe. Bei erneuten Protesten in Colombos Vorort Nugegoda skandierte die Menge «Aragalaya ist nicht vorbei!»…“ Agenturmeldung vom 7.8.2022 in der Welt online externer Link
    • Gewerkschaftschef in Haft: Joseph Stalin von der Sri Lanka Teachers Union hat den Regierenden den Kampf angesagt
      Mitstreiter hielten es auf Handy fest, als Polizisten in Sri Lankas Hauptstadt Colombo am Mittwoch den Generalsekretär der Lehrergewerkschaft SLTU, Joseph Stalin, festnahmen. Nachfragen des 54-Jährigen zur Grundlage der Verhaftung blieben unbeantwortet. Erst im Nachhinein teilte die Polizei mit, es gehe um Verstoß gegen Gerichtsauflagen bei einer Demonstration Ende Mai. Beobachter halten dies für vorgeschoben. Der neue Staatschef Ranil Wickremesinghe will mit Härte die Proteste der Aragalaya-Bewegung beenden, die für die spektakuläre Besetzung des Präsidentenpalastes verantwortlich war. Bei der Erstürmung eines Protestcamps durch die Armee wurden kürzlich Dutzende Menschen verletzt, es läuft eine Verhaftungswelle gegen führende Köpfe.
      Dazu gehört Gewerkschafter Stalin, der vorerst bis Ende nächster Woche in Untersuchungshaft bleibt. Der Sohn eines Hafenarbeiters ist Lehrer. (…) Zur Radikalisierung der SLTU trugen die monatelangen Schulschließungen während Corona bei. Neue Belastungen durch Homeschooling und schlechte Ausstattung sorgten für großen Frust bei den meist weiblichen Lehrkräften, die hoch angesehen, aber schlecht bezahlt sind. Mit einem fast 90-tägigen Streik wurden Lohnerhöhungen durchgesetzt, aber die Gewerkschaft und ihr Generalsekretär gerieten in Konflikt mit der Regierung. Im Juli 2021, noch unter den Corona-Auflagen, protestierten Stalin und 30 weitere Aktivisten gegen eine Bildungsreform, die aus ihrer Sicht zur Militarisierung der Universitäten führe. Alle wurden verhaftet und kurzerhand in eine Quarantänestation verfrachtet. Die SLTU war auch vorne dabei, als es im April wegen der sich rapide verschlechternden sozialen Lage zum größten Streik in Sri Lanka seit Jahrzehnten kam. »Wenn die Regierung nicht bereit ist zu gehen, werden wir sie rauswerfen müssen«, rief Stalin bei einer Kundgebung.“ Artikel von Kurt Stenger vom 07.08.2022 im ND online externer Link, siehe dazu zuvor:
    • Protest- und Gewerkschaftsführer: Sri Lanka verhaftet Joseph Stalin
      In Sri Lanka ist Joseph Stalin, Anführer der Proteste gegen den ehemaligen sri-lankischen Präsidenten Gotabaya Rajapaska, verhaftet worden, berichtete die singapurische Zeitung „The Straits Times“. Joseph Stalin ist Sekretär der sri-lankischen Lehrergewerkschaft und wurde nach Angaben der Polizei festgenommen, weil er im Mai eine Demonstration abgehalten hat, obwohl sie gerichtlich verboten war. Im Zusammenhang mit den Protesten sitzen bereits zahlreiche weitere Demonstrierende in Untersuchungshaft. (…) In der vergangenen Woche wurde ein weiterer Gewerkschaftsaktivist verhaftet, weil er zwei offizielle Flaggen des Palastes entfernt und sie als Bettlaken und Sarong benutzt hatte…“ Meldung vom 04.08.2022 bei t-online externer Link
    • Sri Lanka: Revolte im Paradies
      Massenproteste auf den Straßen Colombos, Spitzenpolitiker, die ins Ausland fliehen, und eine kollabierende Wirtschaft. Wie konnte es dazu kommen?Video von Max Leschanz, Ayham Yossef, Yasaman Hasani vom 5. August 2022 in derstandard.de externer Link
  • Gota Go Gama-Protestcamp wird von neuem Regierungschef am 22. Juli angegriffen und geräumt – vor der friedlichen Rückgabe – weitere Proteste sind geplant
    • Ranil Wickremesinghe lässt die Muskeln spielen: Sicherheitskräfte in Sri Lanka durchsuchen Protestcamp
      „Die srilankischen Sicherheitskräfte haben am frühen Morgen eine gewaltsame Razzia im wichtigsten Protestcamp der Regierungsgegner in Colombo durchgeführt, Protestierende verprügelt, Zelte zerstört und neun Personen festgenommen. Bei der Razzia am Freitag stürmten Tausende von Polizisten und Soldaten in Einsatzkleidung das als Gota Go Gama bekannte Protestcamp, in dem Hunderte von Menschen seit über drei Monaten leben. Mehr als 50 Menschen wurden bei dem Angriff verletzt, und drei Personen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden, wie freiwillige Helfer des Johanniterordens vor Ort berichteten. Die Razzia erfolgte einen Tag nach der Vereidigung des unbeliebten Ranil Wickremesinghe als neuer President:in Sri Lanka nach dem Sturz des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa, der unter großem öffentlichen Aufruhr aus dem Land fliehen musste. Nach Angaben von Anwesenden begannen bewaffnete Militärs in schwarzen Uniformen mit der gewaltsamen Räumung von Zelten in der Nähe des Präsidialsekretariats, dem Amtssitz des President:in, der seit einem Protest gegen die Regierung in der vergangenen Woche von Protestierenden besetzt ist. Neun Personen wurden festgenommen, sagte ein Polizeisprecher und fügte hinzu, die Protestierenden hätten ‚kein Recht, das Gebiet zu halten‘. Die Protestierenden hatten angekündigt, das Gebäude am Freitagnachmittag friedlich an die Regierung zurückgeben zu wollen, doch stattdessen nahm die Regierung es mit Gewalt zurück. (…)
      Die Aktion schien eine Machtdemonstration des neu gewählten Wickremesinghe zu sein, der in einer schwachen politischen Position gesehen wird und unter starkem öffentlichen Druck steht, zurückzutreten. Am Tag seiner Wahl zum President durch die Abgeordneten in einer geheimen Abstimmung hatte Wickremesinghe die Protestierenden gewarnt, die er zuvor als von ‚Faschisten‘ und ‚Extremisten‘ unterwandert bezeichnet hatte. (…)
      Eine der ersten Amtshandlungen von Wickremesinghe als President:in war die Verhängung des Ausnahmezustands, der den Streitkräften und der Polizei weitreichende Befugnisse einräumte, um Verdächtige zu verhaften und über lange Zeiträume festzuhalten, ohne dass sie angeklagt werden. (…) Akila Aluwatte, einer der Anwälte, die zum Ort des Geschehens kamen, bezeichnete den Vorfall als ‚Verletzung der Menschenrechte‘. Die Protestierenden hatten angekündigt, das Gebäude friedlich zu räumen, aber stattdessen haben die Behörden es gewaltsam eingenommen und die Menschen brutal zusammengeschlagen.‘(…)
      Die Regierung von Wickremesinghe äußerte sich nicht zu der Razzia. Am Freitagmorgen nach der Razzia wurde Dinesh Gunawardena, ein langjähriger Verbündeter der Rajapaksa-Familie und alter Schulfreund von Wickremesinghe, als neuer Minister:in vereidigt. Trotz des Versprechens, eine parteiübergreifende Einheitsregierung zu bilden, wurde auch bekannt gegeben, dass das Kabinett unter Präsident Wickremesinghe fast genau dasselbe bleiben würde wie unter Präsident Rajapaksa, nämlich von Abgeordneten der Regierungspartei Rajapaksas dominiert, was die Befürchtung weiter schürte, dass sich dieses neue Regime nicht von dem letzten unterscheiden würde…“
      (engl.) Artikel von Hannah Ellis-Petersen, erschienen am 22. Juli 2022 im Guardian externer Link
    • Sri Lankas Parlament wählt neuen Präsidenten
      „Sri Lankas Interimspräsident Ranil Wickremesinghe ist zum neuen Staatschef in dem südasiatischen Krisenland gewählt worden. Laut dem offiziellen Abstimmungsergebnis erhielt der 73-Jährige bei dem Votum im Parlament 134 Stimmen. Auf Ex-Bildungsminister Dullas Alahapperuma entfielen demnach 82 Stimmen. Für den Chef der linken Oppositionspartei JVP, Anura Dissanayak, votierten nur drei Abgeordnete…“ Agenturmeldung, veröffentlicht am 20. Juli 2022 auf n-tv externer Link
    • Hundert Tage Protest
      „Seit mehr als hundert Tagen demonstrieren sie schon am Galle Face Green, der Strandpromenade von Colombo. Das Datum wurde gefeiert wie ein Bergfest, zumal es den Protestierenden in der vergangenen Woche gelungen war, den Präsidenten Gotabaya Rajapaksa aus dem Amt und aus dem Land zu jagen. Aber was kommt nun? Am Mittwoch soll Ranil Wickremesinghe, sechsmaliger Ministerpräsident des Landes, als Rajapaksas Nachfolger vom Parlament bestätigt werden. Doch dass Sri Lanka mit diesem Kandidaten zur Ruhe kommt, ist nicht anzunehmen. ‚Diese Menschen berauben unser Land seit der Unabhängigkeit 1948‘, hatte Lahiru Weerasekara, 32, der SZ auf dem Galle Face Green gesagt, da waren die Proteste noch jünger. Weerasekara engagiert sich in der Grünen-Partei Sri Lankas, die allerdings derzeit keine Chancen hat, einen Kandidaten durchzubringen. Wie viele Demonstranten malte sich Weerasekara jedes Wochenende weiße Streifen unter die Augen, als Symbol für Erleuchtung. ‚Die müssen alle zurücktreten‘, skandierte er. Wie die meisten Menschen in Sri Lanka mit 22 Millionen Einwohnern ist er für keinen der drei verbliebenen Kandidaten, die nun gegeneinander antreten…“ Artikel von David Pfeifer vom 20. Juli 2022 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
    • Wie kam es zu den Protesten in Sri Lanka?
      „… Sri Lanka hat nun einen neuen Staatschef – übergangsweise. Im Amt ist Ranil Wickremesinghe ist allerdings schon seit dem 11. Juli, da er in seiner damaligen Funktion als Premierminister des Inselstaates automatisch geschäftsführender Präsident wurde, nachdem Gotabaya Rajapaksa zurückgetreten ist. (…) Sein Rücktritt stellte einen ersten großen Erfolg der schon seit März anhaltenden Proteste und Generalstreiks am 28. April und 6. Mai dar. Die zentrale Forderung der Protagonist:innen des Streiks – Bankangestellte, Eisenbahner:- und Lehrer:innen – war sein Rücktritt gewesen. Basil Rajapaksa, ein anderer Bruder der Ex-Präsidenten, war bis vor Kurzem noch Finanzminister. Doch so wie weitere Familienmitglieder sah auch er sich in Anbetracht der lautstarken Forderungen danach gezwungen, zurückzutreten. (…) Die Demonstrant:innen haben sich inzwischen aus dem Präsidentensitz zurückgezogen, doch die Proteste gehen weiter. Die Opposition scheint sie nicht oder zumindest nicht komplett unter Kontrolle zu haben. Sie hatte Rajapaksa und Wickremesinghe zwar zum Rücktritt aufgefordert, wollte jedoch trotz politisch großer Differenzen eine Einheitsregierung formieren, um als solche die Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über die Bedingungen für ein erneutes Darlehen weiterführen zu können. Das bereits hoch verschuldete, asiatische Land zahlt seit April keinen Cent der 51 Milliarden US-Dollar Auslandsschulden an Gläubiger:innen mehr. Ein neues Darlehen, wie Rajapaksa und dessen Opposition anstreben, würde mit Einsparungs- und Privatisierungsmaßnahmen einhergehen und die Situation der armen und arbeitenden Bevölkerung nur weiter verschlechtern. Konkret fordert der IWF, vor dem Hintergrund des Haushaltsdefizits, die Staatskosten massiv zu senken, die Restriktionen auf Importe zu beenden, indirekte Steuern wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer zu erhöhen und staatlich Unternehmen zu privatisieren. Der Vorschlag der Opposition, zusammen mit dem IWF zu der Einigung zu kommen, sich auf Kosten des Volkes und der Arbeiter:innenklasse noch mehr zu verschulden – eine demobilisierende Strategie – kann für die kämpferischen Massen in Sri Lanka keine Lösung darstellen. Sie stehen an der Spitze einer neuen Klassenkampfwelle, die seit Ende 2018 in aller Munde ist. Die Gelbwesten in Frankreich, Student:innen in Chile, Indigene in Ecuador, Proteste gegen den IWF in Haiti, andere in Hongkong, im Iran, im Irak, im Sudan und an vielen weiteren Orten. Die Quarantänen hatten die Wogen vorerst geglättet. Doch seit geraumer Zeit beobachten wir, dass sich die Welle wieder aufbäumt: In Myanmar und Südkorea, in Peru und Kolumbien, im Libanon und nun auf Sri Lanka.“ Beitrag von Inés In vom 20. Juli 2022 bei Klasse Gegen Klasse externer Link
  • «Die Demokratie in Sri Lanka war und ist in einer ernsthaften Krise. Es braucht Reformen und eine neue politische Klasse» 
    „Spontan, kreativ, jung, gebildet und vor allem wütend und entschlossen: In Sri Lanka fordern Aktivisten fundamentale Änderungen der politischen Kultur. Der Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa ist ein unerwarteter Erfolg, aber nur der Anfang. (…) Die Massenproteste am 9. Juli übertrafen alle Erwartungen. Hunderttausende demonstrierten in Colombo ihren Unmut. Viele kamen mangels Benzin zu Fuss, zum Teil von weit her. Junge, Alte, Städter, Leute aus dem Dorf. In Colombo schien ein riesiges Volksfest im Gang zu sein, gewaltige Chöre verlangten lauthals den Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa und des von diesem im Mai eingesetzten neuen Premierministers Ranil Wickremesinghe. Der Präsident hatte sich am Morgen noch in seiner Residenz aufgehalten in der irrigen Meinung, er sei dort geschützt. Doch die Sicherheitskräfte hatten dem Ansturm der Massen nichts entgegenzusetzen. Am Nachmittag schwammen Aktivisten im Pool des Präsidenten, seine Fitnessgeräte wurden getestet, das breite Bett für weich und angenehm erklärt, über Twitter baten die Eindringlinge den Präsidenten, ihnen das Passwort für sein Wi-Fi zu übermitteln. Die Bilder gingen um die Welt. Der Präsident war zu diesem Zeitpunkt auf einem Schiff der Marine unterwegs, am Abend gab er bekannt, dass er vier Tage später zurücktreten werde. Zu verdanken haben die Aktivisten diesen unerwarteten Erfolg ihrer Entschlossenheit und der Überzeugung, dass der Machtwechsel friedlich erfolgen müsse. «Aragalaya» heisst auf singhalesisch Kampf, aber auch Anstrengung. (…) Nuzly Hameem, vor wenigen Wochen noch ein unbekannter 28-jähriger Bauingenieur, gibt heute internationalen Fernsehstationen eloquent Auskunft über die Ziele und die Strategie der Bewegung. Der junge Mann gehört der muslimischen Minderheit an. Sechsmal erlebte er Tränengaseinsätze, einmal wurde er ohnmächtig von Freunden in Sicherheit gebracht. Nach den Schlägereien am 9. Mai lag er zwei Tage im Spital. Die Motive des jungen Muslims waren wirtschaftlicher Natur: «Es gab kein Licht, kein Fernsehen, die Leute konnten nicht einmal kochen.» Inzwischen ist sein Anliegen politisch. Er kritisiert, dass die Politiker rassistische Parolen verwendeten, um an die Macht zu gelangen. (…) Father Jeevantha Peiris kümmerte sich als Priester in der Diözese von Ratnapura vor allem um tamilische Plantagenarbeiter: «Täglich kamen weinende Leute zu mir. Mit ihrem Lohn von 1000 Rupien pro Tag (weniger als 3 Franken) können sie ihre Familien nicht mehr ernähren.» Seit dem 9. April lebt der 45-jährige Katholik im «Gota Go Gama» und war massgeblich an der Ausarbeitung eines Sechs-Punkte-Plans beteiligt: «Wir brauchen strukturelle Änderungen und letztlich eine neue Verfassung. Das ist eine Bürgerrechtsbewegung, hier entsteht eine neue Generation.» (…) Tatsächlich ist die Offenheit, Friedfertigkeit und Kreativität der Bewegung beispiellos in der Geschichte Sri Lankas. Die Aktivisten organisieren sich über soziale Netzwerke und können innerhalb von Stunden Tausende von Leuten mobilisieren. Die Stürmung der Residenz und des Büros des Präsidenten am 9. Juli erfolgte praktisch gewaltlos, obschon die Sicherheitskräfte zu Beginn mit Schlagstöcken und Tränengas reagierten. Die Gebäude wurden weder geplündert noch zerstört…“ Artikel von Martin Stürzinger aus Colombo vom 18. Juli 2022 in der Neuen Züricher Zeitung online externer Link
  • Trotz Verhängung von Ausnahmezustand gehen Proteste in Sri Lanka weiter – derweil setzt sich Präsident Rajapaksa auf die Malediven ab
    • „… Colombo steht im Ausland mit 50 Milliarden Dollar in der Kreide. Der Internationale Währungsfonds sollte Hilfe bringen, doch forderte stabile Verhältnisse. Selbst eine Allparteienregierung wird nicht reichen, um das grundlegend Nötige zu ändern. Die Protestierenden haben sich nach der Gewalt beruhigt. Seit Sonntag zeigen sie fast märchenhaft die srilankische Variante von ‚Wir sind das Volk‘. Sie besetzen friedlich den Palast, machen sich lustig über „Der Held, der arbeitetet“, den Wahlkampfsong des Präsidenten Song, baden in seinem Pool, sporteln im Gym und picknicken im Garten. Sie wollen sichergehen, dass die Familie wirklich abtritt und Reformen kommen. Verzweiflung hat sie auf die Straße getrieben: Es gibt keine Jobs, aber auch keine Pässe, um das Land zu verlassen. Und ergattert ein Rikschafahrer kostbaren Sprit, kostet der Liter mehr als 1,30 Euro. Die Menschen haben Hunger. Nicht zuletzt der Krieg Russlands gegen die Ukraine setzt den Menschen übers Portemonnaie auch hier zu. 55 Prozent Inflation gibt es, 70 werden erwartet…“ Kommentar von Ingrid Müller, erschienen am 11. Juli 2022 im Tagesspiegel externer Link („Wer sein Land verkauft“).
    • „… Nach diesen brisanten Entwicklungen war Premierminister Ranil Wickremesinghe, der selbst an einen sicheren und geheimen Ort gebracht worden war, der erste, der offiziell seinen Rücktritt bekannt gab. Wickremesinghe war von dem selbst verhassten Präsidenten vor weniger als zwei Monaten ausgewählt worden, um dessen älteren Bruder Mahinda zu ersetzen, der nach einer ähnlichen, explosiven Massenaktion abgesetzt worden war. Dies ist somit der zweite Premierminister, der durch einen Volksaufstand gestürzt wurde, der mit Anfang des Jahres als Reaktion auf den anhaltenden wirtschaftlichen Zusammenbruch auf der Insel ausgebrochen war. Die halbherzige Hoffnung der herrschenden Klasse, dass die Ernennung von Wickremesinghe es ermöglichen würde, den Massenwiderstand zu unterdrücken und ihre brutalen Sparpläne ungehindert durchzusetzen, hat am 9. Juli eine eindrucksvolle Antwort erhalten. Die Privatresidenz des ehemaligen Premierministers wurde übrigens von Demonstrant*innen in Brand gesteckt. Unter Wickremesinghe wurde die Krise immer schlimmer, und es war nur eine Frage der Zeit, bis eine neue Bruchstelle erreicht werden würde. Unmittelbar nach der Erstürmung von Gotabayas Residenz hatten bereits mindestens 16 Abgeordnete seiner eigenen Partei Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) seinen sofortigen Rücktritt gefordert, in dem verzweifelten Versuch, sich von einem Anführer zu distanzieren, den sie bis zur letzten Minute unterstützt hatten. Ein ehemaliger Berater der Rajapaksas brachte die Stimmung in den herrschenden Kreisen auf den Punkt: “In gewisser Weise ist der Präsident schon weg, es ist egal, was er sagt – er ist jetzt irrelevant geworden”. Wenige Stunden nach dem Rücktritt des Regierungschefs wurde Gotabayas Absicht, die Macht “bis nächste Woche” abzugeben, durch die Stimme des Parlamentspräsidenten Mahinda Yapa Abeywardena öffentlich bekannt gegeben. Zum Zeitpunkt als dieser Artikel geschrieben wir ist der Aufenthaltsort von Gotabaya selbst noch unbekannt, obwohl Videoaufnahmen zeigen, wie er sich mit Teilen seiner Familie eilig auf ein Marineschiff begibt…“ Artikel von Serge Jorgan, erschienen am 13. Juli 2022 auf sozialismus.info externer Link („Sri Lanka: Sturm der Massen auf den Präsidentenpalast zwingt Gotabaya Rajapaksa aus dem Amt“).
    • Verkündung des Notstandes durch Wickreseminghe, Rajapaksa hat sich derweil auf die Malediven abgesetzt
      „… Nachdem Sri Lankas faktisch entmachteter Präsident Gotabaya Rajapaksa das Land in der Nacht auf Mittwoch per Flugzeug verlassen hatte, verkündete Premierminister Ranil Wickremesinghe noch am selben Tag den Notstand. Für den Westen des Landes inklusive der Hauptstadt Colombo verhängte er außerdem eine Ausgangssperre. Wickremensinghe wurde in der Folge zum Übergangspräsidenten ernannt. (…) Demonstrantinnen und Demonstranten stürmten am Mittwoch trotz der Ausgangssperre Wickremesinghes Amtssitz. Polizei und Armee gingen mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Menge vor. Dennoch gelangten zahlreiche Demonstranten in die Büroräume des Regierungschefs, wie Augenzeugen der AFP schilderten. Wickremesinghe befahl Polizei und Armee, ‚das Notwendige zu tun, um die Ordnung wiederherzustellen‘. Die Demonstranten wollten ihn daran hindern, seine Pflichten als Übergangspräsident auszuüben (…) Die Militärmaschine mit Präsident Rajapaksa und seiner Ehefrau an Bord war am frühen Mittwochmorgen auf dem Hauptstadtflughafen der Malediven in Male gelandet, wie die dortigen Behörden bestätigten. Er hatte zuvor offenbar bereits versucht, mit einer Militärmaschine nach Indien zu fliegen – wo er aber keine Landegenehmigung erhielt. Auch ein US-Visum wurde ihm verwehrt. Politische Beobachterinnen und Beobachter gehen davon aus, dass Rajapaksa durch seine Flucht einer Strafverfolgung entgehen will. Als Präsident genoss er Immunität, die er nach seinem Rücktritt verloren hätte. Rajapaksa dürfte von den Malediven aus weiter nach Singapur reisen, wie eine anonyme Quelle aus Sri Lankas Regierungskreisen der Nachrichtenagentur Reuters erzählte. Von dort aus könnte Rajapaksa womöglich eine Rücktrittserklärung an das sri-lankische Parlament schicken (…)
      Die Demonstranten sehen in dem Premier jedoch einen Verbündeten des Staatschefs und sind dagegen, dass er dessen Amt vorübergehend übernimmt. Für den Fall, dass er nicht aufgibt, drohten sie mit einem Generalstreik. Dem Büro des Regierungschefs Wickremesinghe lag nach eigenen Angaben kein Zeitplan für eine offizielle Amtsübergabe vor. Diese könnte zwei bis drei Tage dauern, da das Parlament einen neuen Ministerpräsidenten wählen muss. Dafür hat es laut Verfassung sogar bis zu 30 Tage Zeit. Oppositionsführer Sajith Premadasa, der die Präsidentschaftswahl 2019 gegen Rajapaksa verloren hatte, will sich nach eigenen Angaben nun erneut um das Amt bemühen.“ Agenturmeldung, erschienen am 13. Juli 2022 im Der Standard externer Link („Demonstranten in Sri Lanka wollen Übergangspremier Wickremesinghe nicht akzeptieren“).
  • Sechs-Punkte-Aktionsplan präsentiert: Aktivist:innen der GotaGoGama-Bewegung in Sri Lanka halten Presseversammlung vom Präsidentschaftspalast aus
    • „Die Aktivist:innen von GotaGoGama [GGG] stellten am Samstag sechs unmittelbare Forderungen an alle politischen Parteien sowie an den_die künftige:n President:in, den_die Premierminister:in und die Regierung. Sie verkündeten ihre Forderungen vor der Bevölkerung und den Medien im Haus des Presidenten. In ihrer Erklärung gaben die Aktivist:innen der GGG folgendes bekannt:
      „Der folgende Aktionsplan artikuliert das höchste Ziel des historischen Volksaufstandes in Sri Lanka, der mit der Forderung nach dem sofortigen Rücktritt von Präsident Gotabaya Rajapaksa und seiner gesamten brutalen Regierung gestartet wurde; er wurde mit tiefem Respekt für die verschiedenen Ansichten der vielen Menschen, die sich dem Protest des Volkes angeschlossen haben, entworfen; die durch Konsens zusammengehalten werden, aber das Recht auf Meinungsverschiedenheiten zulassen; die durch die Kraft der Solidarität inmitten zahlreicher Debatten, Argumente und Gespräche entstanden sind; die im Juli 2022 verfasst und vom Protestort Galle Face aus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, um allen Menschen in Sri Lanka Erleichterung und inneren Frieden zu bringen.
      GGG-Forderungen
      1. Gotabaya Rajapaksa muss/sollte mit sofortiger Wirkung vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktreten
      2. Ranil Wickremesinghe und die Regierung, einschließlich des Rajapaksa-Regimes, müssen/sollten mit sofortiger Wirkung zurücktreten (dies schließt alle Kabinettsmitglieder, Minister:innen, stellvertretende Minister:innen und Projektminister:innen, Sekretäre:innen, Direktoren:innen und Berater:innen von Ministerien, Präsidenten:innen von staatlichen Institutionen und Unternehmen, Botschafter:innen ein)
      3. Nach dem Rücktritt der Regierung Gota-Ranil [GR] sollte eine Übergangsregierung eingesetzt werden, die sich den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zielen und Bestrebungen des ‚Volkskampfes/Janatha Aragalaya‘ anschließt. Es sollte ein rechtlich anerkannter Volksrat eingerichtet werden, durch den Vertreter:innen des ‚Janatha Aragalaya‘ in der Lage sind, wirksam mit der Interimsregierung zu verhandeln und zu vermitteln.
      3.1 Ausarbeitung eines dringenden kurzfristigen Aktionsplans zur Unterstützung der von der derzeitigen Wirtschaftskrise bedrängten Bevölkerung. Zu behandelnde Bereiche:
      – Ein Programm für die Bereitstellung und Verteilung unverzichtbarer Güter wie Lebensmittel, Treibstoff, Gas und die Bereitstellung von Einrichtungen wie Bildung, Gesundheit, öffentlicher Verkehr und Energie
      – Streichung von Mikrofinanz- und Landwirtschaftskrediten
      – Streichung der Schulden von Leasingunternehmen und Kleinbetrieben oder Ausarbeitung einer Methode für die langfristige Rückzahlung
      3.2 Freilassung friedlicher Demonstrant:innen, die derzeit inhaftiert sind, einschließlich aller politischen Gefangenen. Gewährleistung eines Prozesses der Gerechtigkeit für diejenigen, die Opfer von politischer Einschüchterung und Rache sind
      3.3 Ein Programm, das allen Familien der Opfer von außergerichtlichen Tötungen und Verschleppungen Gerechtigkeit verschafft
      3.4 Eine Untersuchung auf der Grundlage eines Audits, um alle vom politischen Regime gestohlenen Gelder und Vermögenswerte wiederzuerlangen und alle Schuldigen nach dem Gesetz zu bestrafen. Zu behandelnde Bereiche:
      – Der von Politiker:innen auf hinterhältige Weise erworbene Reichtum
      – Steuerhinterziehung von Unternehmen, die enorme Gewinne erzielen
      – Unmoralische Gewinne von Einzelpersonen und Unternehmen, die von der Politik unterstützt werden
      3.5 Eine vollständige Überarbeitung des derzeitigen Steuersystems: Überarbeitung der Steuerpolitik mit dem Ziel, den Prozentsatz der indirekten Steuern zu minimieren und den Prozentsatz der direkten Steuern zu erhöhen, so dass große Konzerne und Unternehmen im Rahmen eines gestaffelten Steuersystems mit höheren Steuern belastet werden
      4. Nach der Entmachtung von GR müssen folgende Schritte unternommen werden, bis eine neue Verfassung in Kraft ist, die die Macht des Volkes bekräftigt
      – Beschneidung der Exekutivbefugnisse des_der Präsident:in
      – Stärkung der demokratischen Institutionen und, wo immer möglich, eine weitere Demokratisierung der bestehenden Verfassung
      5. Eine neue Verfassung, die die Souveränität des Volkes bekräftigt, soll so schnell wie möglich durch ein Referendum eingeführt werden. Zu behandelnde Bereiche:
      – Das Recht auf Leben soll als Grundrecht anerkannt werden
      – Die Exekutivpräsidentschaft muss abgeschafft werden
      – Ein geeignetes Verfahren für faire Wahlen
      – Ein Verfahren, das das Recht auf Abberufung gewählter Vertreter:innen vorsieht, die dem Volk gegenüber nicht rechenschaftspflichtig sind
      – Ein Verfahren, das es dem Volk ermöglicht, an der Ausarbeitung und Änderung von Gesetzen mitzuwirken
      – Beseitigung der in der derzeitigen Verfassung enthaltenen Einschränkungen der Menschenrechte und der Rechte von Frauen und Kindern und Stärkung dieser Rechte
      – Unterstützung des Rechts der Bevölkerung auf Bildung und Gesundheit
      – Ergreifung geeigneter rechtlicher Maßnahmen gegen diejenigen, die für die Verletzung der Umwelt unter dem Deckmantel der Entwicklung verantwortlich sind. bei Entscheidungen über die Umwelt den folgenden wissenschaftlichen Ansatz verbindlich vorzuschreiben
      – Rassismus und Rassenunterdrückung zu beseitigen. Stärkung der einschlägigen Rechtsgrundlagen, die die Gleichheit von Religion, Sprache, Sexualität und anderer kultureller Identität sowie Demokratie und politische Freiheit bekräftigen
      – Das Recht des Volkes, ein Referendum einzuberufen, das die Zustimmung eines bestimmten Prozentsatzes der registrierten Wähler voraussetzt
      6. Das grundlegende Ziel der Übergangsregierung ist die Umsetzung der oben genannten Vorschläge. Sie sollte für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr tätig sein, während dessen die neue Verfassung verabschiedet werden sollte
      Dementsprechend sollten die Klauseln 3 und 4 als dringende Erfordernisse betrachtet und innerhalb von höchstens sechs Monaten umgesetzt werden.
      Klausel 5 sollte innerhalb eines Zeitraums von höchstens 12 Monaten umgesetzt werden. Solange dies nicht der Fall ist, wird das Volk Aragalaya auf neue Weise fortbestehen.“ Meldung von Sri Lanka-Brief, erschienen am 12. Juli 2022 externer Link („Sri Lanka youth protesters issue 6 immediate demands“).
  • Sri Lanka: Palast des Präsidenten gestürmt und angeeignet – ist dessen Rücktritt zu trauen?
    • Regierungssturz in Sri Lanka: Der Palast bleibt vorerst besetzt
      Die Lage ist für die Bevölkerung nicht mehr erträglich. Viele befürchten, dass der Präsident trotz allem seine Macht erhalten will. Teilweise mit Schwimmreifen und in T-Shirts plantschen Menschen im Luxuspool. Aber es ist nicht irgendeine Villa in einem der besten Viertel von Sri Lankas Hauptstadt Colombo, die sie sich ausgesucht haben und die als Videokulisse im Netz viral geht. Hunderte Menschen haben über das Wochenende den Präsidentenpalast, also den offiziellen Wohnsitz des sri-lankischen Staatsoberhaupts Gotabaya Rajapaksa eingenommen. Während auf den TV-Bildschirmen in den Wohnräumen des Palasts die Nachrichten über die Besetzung laufen, bereiten die Demonstrant:innen im Freien eine „Küche für alle“ vor, andere testen die Fitnessgeräte. Selten war die Stimmung auf diesem Anwesen in den vergangenen Wochen wohl so ausgelassen – als wäre die tiefe Krise, in der sich der Inselstaat Sri Lanka befindet, vergessen. Ein Regierungssprecher kündigte noch am Wochenende inmitten dieser Unruhen an, Rajapaksa wolle am kommenden Mittwoch zurücktreten, um „einen friedlichen Machtwechsel zu gewährleisten“. Den Unmut über die Regierung unter der Führung der Familie Rajapaksa hatten weite Teile der Bevölkerung seit Wochen öffentlich geäußert und ein Protestcamp in der Hauptstadt errichtet, das Menschen über Religionen hinweg vereinte. Die Rücktrittsforderung an Gotabaya Rajapaksa – „Hau ab, Gota!“ – war immer wieder zu hören. Eine zunächst angesetzte Ausgangssperre konnte die Demonstrant:innen am Samstag nicht zurückhalten. (…) Polizeibeamte wirkten in Schilderungen teils unschlüssig, auf wessen Seite sie stehen sollen: der Demonstrant:innen oder des alten Regimes. Dennoch setzte die Polizei Wasserwerfer und Tränengas ein. Bei den jüngsten Protesten am Wochenende wurden auch Journalist:innen von Sicherheitskräften angegriffen und über 90 Personen, darunter Polizeibeamt:innen, sollen verletzt worden sein. Andere beklagten das brutale Vorgehen von Sicherheitskräften gegen unbewaffnete Zivilisten, darunter der maledivische Anwalt Shumba Gong. (…) Nach der Erstürmung des Präsidentenpalastes durch Demonstrant:innen berief der sri-lankische Parlamentspräsident eine Sitzung mit den Führern der politischen Parteien ein. Premierminister Ranil Wickremesinghe (UNP), der virtuell an der Sitzung teilnahm, erklärte, er werde von seinem Amt zurücktreten, nannte aber kein konkretes Datum. Später am Abend teilte der Parlamentspräsident mit, Rajapaksa werde am Mittwoch, den 9. Juli, sein Amt niederlegen. Seitdem haben laut Medienberichten mehrere Minister der Übergangsregierung ihre Ämter niedergelegt. Unter Demonstrant:innen bleiben allerdings Zweifel am Rücktritt…“ Artikel von Natalie Mayroth vom 10.7.2022 in der taz online externer Link, siehe auch:
    • Lage in Sri Lanka: „Surreale Situation nach den Protesten“
      Nach dem angekündigten Rücktritt des sri-lankischen Präsidenten Rajapaksa ist es in der Hauptstadt heute friedlich. Die Menschen picknicken im Innenhof des Palastes, berichtet ARD-Korrespondent Oliver Mayer aus Colombo. Der sri-lankische Präsident Gotabaya Rajapaksa hat in Folge der Massenproteste seinen Rücktritt zum 13. Juli angekündigt. Die Situation beruhigte sich daraufhin. (…) Viele Menschen in Sri Lanka wünschten sich eine komplett neue Regierung, so Mayer weiter. Es könnte sein, dass dies im Laufe der Woche passiere. Er hält es aber für wenig wahrscheinlich, dass sich dadurch die Probleme des Landes lösen ließen. Das asiatische Land habe mehr als 50 Milliarden Dollar Schulden angehäuft. „Das löst sich nicht einfach in Luft auf.“ Beitrag vom 10.07.2022 in tagesschau.de externer Link
    • Sri Lanka: Palast des Präsidenten gestürmt
      Am Samstag haben zehntausende Menschen in Sri Lanka für den Rücktritt des Präsidenten protestiert, dabei stürmten Sie dessen Residenz. Der Präsident ist an einen unbekannten Ort geflohen. Zehntausende Menschen versammelten sich am Samstag in Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas. Die Polizei ging gegen die Demonstration mit Tränengas und Wasserwerfern vor. Dennoch konnte sie die Massen nicht davon abhalten, das bisher schwer bewachte Anwesen des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa zu stürmen. Offenbar konnte dieser nur knapp mit Hilfe seiner Sicherheitskräfte fliehen. Die Demonstrant:innen machen Rajapaksa für die katastrophale wirtschaftliche Situation verantwortlich und fordern seinen Rücktritt. Bei den Protestmärschen skandierten sie „Gotabaya ist verrückt“, „Gotabaya hat Angst“ oder „Gotabaya go home“. Die Inflation beträgt 80 Prozent, es kommt immer wieder zu Stromausfällen. Die Tankstellen verkaufen seit Monaten kaum noch Benzin, Medikamente sind teils nur auf dem Schwarzmarkt erhältlich und die Preise für Lebensmittel für viele Menschen unerschwinglich geworden. Das Land kann aufgrund von Schulden in Höhe von 51 Milliarden US-Dollar bei globalen Investmentfonds und anderen Staaten seine Rechnungen für Treibstoff nicht bezahlen. Gespräche mit dem Internationalen Währungsfonds über die Gewährung von weiteren Krediten verliefen bisher erfolglos, weil der IWF das Land als nicht zahlungsfähig betrachtet…“ Beitrag vom 9. Juli 2022 von Klasse Gegen Klasse externer Link
    • Die Menschen in Sri Lanka sind noch nicht fertig. Jetzt sind sie hinter der Zentralbank her, reißen die Tore ein und stürmen das Gebäude…“ Tweet und Video von WeAreProtestors vom 10.7.22 externer Link
    • Nachdem die Währung abgewertet wurde, Treibstoff knapp und Lebensmittel im teurer wurden ist es in #SriLanka zu starken sozialen Protesten gekommen. Heute hat die Revolte den Präsidentenpalast gestürmt – und den präsidialen Pool übernommen!“ Tweet von Perspektive Selbstverwaltung vom 9.7.22 samt Video externer Link
    • Die Leute und der Palast… Aufstand eines armen, ausgehungerten Volkes! Die kapitalistische Ordnung geht zu Ende…“ Tweet von Ercüment Akdeniz vom 9.7.22 externer Link samt Video
    • Siehe für weitere und aktuelle: #SriLanka #lka #SriLankaCrisis #FuelCrisisLK #GoHomeGota2022 #GoHomeGota #SriLankaEconomicCrisis #SriLankaProtests
  • Occupy Sri Lanka: Demokratisierung durch die Straße 
    Eine breite Protestbewegung drängt Präsident Rajapaksa in Richtung Rücktritt. Aber ihr Erfolg hängt auch vom Umgang mit der blutigen Vergangenheit Sri Lankas ab. (…) Erreicht hat das eine Protestbewegung, die ihren Lauf im März begann und im April das ganze Land erfasste. Getragen wird sie von ganz verschiedenen Leuten. An ihrem Anfang standen Aktionen von Fischern ganz im Süden ebenso wie Arbeitsniederlegungen von Zimmerleuten nahe der Hauptstadt Colombo, Straßenblockaden von Busfahrern in der Landesmitte, branchenweite Proteste im Gesundheitswesen, wilde Streiks in den Freihandelszonen und ebenso lautstarke Proteste vieler junger Menschen und vieler Frauen im Süden, in der Mitte und im Osten der Insel. Protestiert wurde und wird aber auch im Norden, zahlenmäßig geringer und weniger laut. Und natürlich nahm die Bewegung auch Colombo in Besitz. Inbesitznahme ist dabei wortwörtlich zu nehmen: Seit fünf Wochen zelten Tausende zumeist junger Leute auf einem Gelände an der Küste, dem sogenannten Galle Face Green oberhalb eines international bekannten alten Kolonialhotels gleichen Namens. In Anspielung auf die internationalen Occupy!-Proteste heißt das besetzte Gelände „Occupy Galle Face“ oder, auf Singhalesisch, „Gota Go Gama“, „Geh Gota-Dorf“. Dass Gotabaya Rajapaksa endlich gehen soll, ist die Hauptforderung der Proteste, in der sich wirklich alle einig sind. (…) Seither herrscht zwischen der Regierung und den Protestierenden ein spannungsgeladenes Patt. Den nächsten Zug zog der Präsident, indem er ausgerechnet einen langjährigen Widersacher, Ranil Wickremesinghe, zum Nachfolger seines Bruders ernannte. Wickremesinghe war schon mehrfach Premierminister. Er handelte 2002 den Waffenstillstand mit den Tamil Tigern aus: den einzigen Moment, an dem historisch eine friedliche Beilegung des Konflikts möglich schien. Er führte die Regenbogenkoalition, die die Rajapaksas 2015 vorübergehend von der Macht trennte. Aber: Er ist bisher stets gescheitert, und das immer auch durch eigenes Versagen. Viel spricht dafür, dass er auch diesmal scheitern wird. War die Losung des Aufbruchs 2015 „Yahapalanaya!“ (gutes Regieren), lautet sie heute auch deshalb „Aragalaya!“ (Kampf). (…) Trotz der sozialökonomischen Katastrophe wird das politisch weitreichendste Moment der Protestbewegung überall dort erreicht, wo ihr Aragalaya den Untergrund der sri-lankischen Krise aufwühlt: den ethnisch-religiösen, aus Sicht der Minderheiten rassistischen Konflikt. Hier ist die ansonsten denunziatorische Rede der Rajapaksas von „Jugendprotesten“ tatsächlich gerechtfertigt: Es sind vor allem die jungen, meist gebildeten Singhales*innen, es sind singhalesische Frauen der Mittelklassen, die eine Demokratie einfordern, in der alle Bürger*innen Sri Lankas gleich und frei sein sollen, unabhängig von ihrer ethnischen und religiösen Herkunft. Gewännen sie an Einfluss, ließe sich perspektivisch das Nord-Süd-Gefälle auch in den Protesten reduzieren, in dem die Bewegung im tamilischen Norden deutlich schwächer ausfällt. Dort will man zu Recht nicht vergessen, dass Gotabaya Rajapaksa 2019 mit absoluter Mehrheit Präsident wurde und im Parlament sogar über eine Zwei-Drittel-Mehrheit verfügte. Ebenfalls zu Recht zweifeln viele im Norden an Oppositionsführer Sajith Premadasa, dem mutmaßlich ersten Nachfolger der Rajapaksas: er gilt wie sie als singhalesisch-buddhistischer Nationalist. Und: Im Norden zweifelt man auch an der seit Jahren stärker werdenden Linkspartei JVP, die von allen Parteien am entschiedensten die Proteste unterstützt und die Abstandsforderung der Protestierenden trotzdem anerkennt. (…) Niemand kann den Protestierenden abverlangen, aus einer über siebzigjährigen postkolonialen Geschichte einfach herauszuspringen. Gelingen könnte ein solcher Sprung obendrein nur, wenn er von Tamil*innen und Muslim*innen mitgesprungen würde – wofür es ebenfalls vernehmbare Stimmen gibt. Insofern wird sich die Protestbewegung über ihr soziales Anliegen hinaus erst dann bewähren, wenn sie im ursprünglichen Sinn zu einer politischen Bewegung wird: zu einer Bewegung von allen für alle und eine jede. Ob ihr das gelingt, ist offen…“ Artikel von Thomas Rudhof-Seibert vom 17. Mai 2022 bei medico international externer Link
  • Sri Lankas Gewerkschaftsbündnis startet Dauerstreik aus Protest gegen Angriffe auf friedliche DemonstrantInnen und für den Rücktritt des Präsidenten 
    Ein Zusammenschluss von Gewerkschaften in Sri Lanka hat am Dienstag (10.) einen Dauerstreik begonnen, um gegen die Gewalt zu protestieren, die von regierungsfreundlichen Elementen gegen friedliche Demonstranten ausgeübt wurde, die den Rücktritt der Regierung gefordert hatten. Das Gewerkschaftsbündnis, das erst am vergangenen Freitag (06.) eine Arbeitsniederlegung beendet hatte, um Präsident Gotabaya Rajapaksa und die Regierung zum Rücktritt zu bewegen, hatte beschlossen, ab Montag eine Woche lang zu protestieren. Da der unprovozierte Angriff jedoch am Montag stattfand, beschloss das Gewerkschaftskollektiv, den Protest ab Dienstag fortzusetzen, bis Präsident Rajapaksa zurücktritt, so ein Sprecher. Der Vorsitzende der Gewerkschaftsallianz, Ravi Kumudesh, sagte gegenüber Reportern, der Präsident dürfe seinen Rücktritt nicht verzögern. „Wir haben gesehen, dass der ehemalige Premierminister Mahinda Rajapaksa den gestrigen Angriff auf die friedlichen Demonstranten am Galle Face geplant hat“, sagte Kumudesh.
    „Wir fordern die Behörden auf, gegen Mahinda Rajapaksa und seine bezahlten Schlägertrupps vorzugehen, die das Ganze angezettelt und in einen Krieg verwandelt haben“, sagte er. (…) Da auf der ganzen Insel weitere Proteste gegen das derzeitige Regime organisiert wurden, schlossen sich auch die Gewerkschaften zusammen, um die laufenden Proteste gegen die Regierung zu unterstützen. „Wir haben gesehen, dass sogar Gefangene gebracht wurden, um [angeblich die Demonstranten anzugreifen, was von den Gefängnisbehörden bestritten wird]. Wir fordern die Sicherheitsbehörden auf, den Gefängnisdirektor in diesem Zusammenhang zu verhaften und ihn zu verhören. „Wir haben gesehen, wie diese politischen Figuren unschuldige Menschen bedroht haben, die aus ländlichen Gebieten kamen, um sich ihnen anzuschließen. Wir fordern sie auf, auch das zu unterbinden“, sagte Kumudesh. „Und wir fordern den Präsidenten auf, ohne weitere Verzögerung nach Hause zu gehen“, fügte er hinzu…“ Maschinenübersetzung aus dem (engl.) Artikel von Chanka Jayasinghe vom 10.5.2022 bei Enonomynext externer Link
  • Rajapaksa und sein gesamtes Kabinett am Montag zurückgetreten – Schiessbefehl gegen DemonstrantInnen – auch Präsident Gotabaya Rajapaksa soll gehen
    • Gewalttätige Proteste: Sri Lankas Regierung erteilt Schiessbefehl gegen Demonstranten
      „… Nach den tödlichen Ausschreitungen in Sri Lanka haben die Behörden einen Schießbefehl erteilt, um weitere Unruhen zu unterdrücken. Die Sicherheitskräfte seien angewiesen worden, auf jeden zu schießen, der öffentliches Eigentum plündert oder Menschenleben gefährdet, erklärte das Verteidigungsministerium am Dienstag. Am Vortag war bereits eine Ausgangssperre verhängt worden, der sich die Menschen vielerorts jedoch widersetzten. Die seit Wochen andauernden Proteste in Sri Lanka waren am Montag gewaltsam eskaliert. Mit Bussen nach Colombo gefahrene Anhänger Rajapaksas griffen demonstrierende Regierungsgegner mit Stöcken und Knüppeln an, die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Bei den Protesten wurden mindestens acht Menschen getötet, hunderte wurden verletzt. Ministerpräsident Rajapaksa war als Reaktion auf die gewaltsamen Proteste am Montag zurückgetreten. Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa ist weiterhin im Amt. Auf Twitter bittet er die Bürgerinnen und Bürger die Gewalttaten zu beenden…“ Beitrag vom 11. Mai 2022 von MDR externer Link
    • Sri Lankische Arbeiter trotzen der Ausgangssperre und der von der Regierung organisierten Gewalt
      Ein von der Regierung organisierter Angriff bewaffneter Schlägertrupps auf Demonstranten, die ein Lager im Park Galle Face Green im Zentrum von Colombo aufgeschlagen haben, sollte die Bühne für eine weitaus umfassendere Niederschlagung der seit einem Monat andauernden Protestbewegung gegen die Regierung bereiten. Er ist nach hinten losgegangen.
      Unter dem Vorwand der Gewaltbekämpfung verhängte Präsident Gotabhaya Rajapakse eine landesweite Ausgangssperre auf unbestimmte Zeit und mobilisierte das Militär. Er sandte damit bewaffnete Truppen nach Galle Face Green, um die bereits vorhandene starke Polizeipräsenz zu verstärken. Doch anstatt dass die Opposition erstickt werden konnte, wurde sie erst recht angefacht. Tausende von Menschen, wütend über den gewalttätigen Angriff, strömten trotz der Ausgangssperre und des massiven Aufgebots von Polizei und Militär nach Galle Face, um ihre Solidarität mit den Protesten gegen die Regierung zu bekunden. Überall auf der Insel gingen Berichten zufolge Hunderttausende auf die Straße, um dasselbe zu tun. Teile der Arbeiterklasse, darunter das Gesundheitspersonal des Nationalen Krankenhauses in Colombo und Postangestellte, legten spontan die Arbeit nieder, um gegen das Vorgehen der Regierung zu protestieren…“  Bericht von Peter Symonds vom 11.5.2022 bei wsws externer Link
    • Schießbefehl gegen Randalierer
      Tote, Verletzte, zerstörte Gebäude: Angesichts der Unruhen in Sri Lanka hat das Verteidigungsministerium die Sicherheitskräfte angewiesen, auf Menschen zu schießen, die das Eigentum anderer beschädigen oder Leben in Gefahr bringen. Nach den tödlichen Ausschreitungen in Sri Lanka haben die Behörden den Schießbefehl erteilt, um weitere Unruhen zu unterdrücken. Die Sicherheitskräfte seien angewiesen worden, auf jeden zu schießen, der öffentliches Eigentum plündere oder Menschenleben gefährde, erklärte das Verteidigungsministerium. Zudem hat die Regierung Panzerfahrzeuge und Soldaten in die Hauptstadt Colombo entsenden lassen. Gepanzerte Lastwagen fuhren durch die Straßen, Soldaten errichteten Kontrollpunkte. Das Militär war auch in anderen Landesteilen im Einsatz. (…) Am Montag war bereits eine Ausgangssperre verhängt worden, der sich die Menschen vielerorts jedoch widersetzten. So schoss die Polizei an zwei Orten in die Luft, um Gruppen von Menschen auseinanderzutreiben, die Fahrzeuge anzünden wollten. Zuvor hatte eine wütenden Menschenmenge ein Fahrzeug angegriffen und in Brand gesetzt, in dem der ranghöchste Polizist der Hauptstadt Colombo saß. Am Dienstag wurde außerdem ein Luxushotel in Brand gesetzt, das einem Verwandten des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mahinda Rajapaska gehören soll. Insgesamt sind nach Behördenangaben 104 Gebäude und 60 Fahrzeuge niedergebrannt worden…“ Meldung vom 11.05.2022 bei tagesschau.de externer Link
    • Regierungsgegner stürmen Regierungsresidenz in Colombo
      In Sri Lanka hat die Regierung eine Ausgangssperre verhängt. Regierungsgegner hatten in der Nacht die Residenz des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mahinda Rajapaksa gestürmt. Nach tödlichen Unruhen in Sri Lanka hat die Regierung des südasiatischen Landes eine Ausgangssperre verhängt. Landesweit waren am Dienstag tausende Polizisten und Soldaten im Einsatz, um die Maßnahme durchzusetzen. Regierungskritische Demonstranten hatten in der Nacht die Residenz des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Mahinda Rajapaksa in der Hauptstadt Colombo gestürmt; er und seine Familie mussten am frühen Dienstagmorgen von der Armee in Sicherheit gebracht werden. Die seit Wochen andauernden Proteste im von einer schweren Wirtschaftskrise erschütterten Sri Lanka waren am Montag gewaltsam eskaliert. Anhänger Rajapaksas fuhren mit Bussen nach Colombo und griffen demonstrierende Regierungsgegner mit Stöcken und Knüppeln an; die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. (…) Als Reaktion auf die schweren Ausschreitungen waren Rajapaksa und sein gesamtes Kabinett am Montag zurückgetreten. Dagegen blieb der Bruder des ehemaligen Regierungschefs, Präsident Gotabaya Rajapaksa, im Amt. Die Demonstranten fordern nun auch seinen Rücktritt…“ Agenturmeldung am 10.05.2022 in der FAZ online externer Link
    • Sri Lankas Ministerpräsident tritt zurück
      Seit Wochen fordern Demonstrierende in Sri Lanka den Rücktritt des Premiers und des Präsidenten. Regierungschef Mahinda Rajapaksa ist den Forderungen nun gefolgt. (…)Vor der Rücktrittsankündigung war es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und -anhängern gekommen. Dabei wurden mindestens 78 Menschen verletzt, wie die Polizei mitteilte. Sie setzte Tränengas ein. Anschließend verkündete das Verteidigungsministerium eine Ausgangssperre und forderte die Menschen auf, vorerst zu Hause zu bleiben. Ausnahmen gebe es nur für Menschen in unverzichtbaren Berufen, etwa im Gesundheitssektor, in der Telekommunikation, in den Medien oder im Export, hieß es. In den Straßen waren viele Soldaten unterwegs. Der Präsident kann die Parlamentsmehrheit nun auffordern, einen neuen Premierminister zu stellen. Wer derzeit de facto die Mehrheit im Parlament hat, ist unklar. Theoretisch läge diese bei der Regierungspartei. Mehrere Abgeordnete hatten aber unlängst im Parlament erklärt, dass sie sich von der Partei abwenden würden…“ Agenturmeldung vom 9. Mai 2022 in der Zeit online externer Link
    • ‚Aufstand in Sri Lanka. Das Auto eines ehemaligen Ministers wurde von Demonstranten in Colombo ins Wasser geworfen. Auf der ganzen Insel werden Residenzen, Grundstücke und Fahrzeuge von Mitgliedern der Regierungspartei angegriffen.'“ Tweet mit Video von désertions vom 9. Mai 2022 externer Link
    • Sri Lanka ist der erste Dominostein, der angesichts einer globalen Schuldenkrise fällt
      Das südasiatische Land ist das erste, das unter dem wirtschaftlichen Druck einknickt, der durch Russlands Krieg gegen die Ukraine verstärkt wird, aber es wird nicht das letzte sein…“ (engl.)  Artikel von Larry Elliott vom 9.5.2022 in The Guardian externer Link
  • Proteste weiten sich aus, über 1000 Gewerkschaften beteiligen sich an der Organisation von Streiks 
    „Die Vereinigten Gewerkschaften und Massenorganisationen (United Trade Unions and Mass Organisations, UTUMO) erklärten gestern, dass die Beschäftigten der Regierung, des halbstaatlichen Sektors und der Privatwirtschaft heute [28. April 2022] aus Protest gegen die Regierung einen Warnstreik durchführen werden. (…) Der Mitbegründer des Gewerkschaftskoordinierungszentrums, Ravi Kumudesh (…) sagte, dass sich Menschen in allen Sektoren, einschließlich Bildung, Verkehr, Immobilien, Häfen, Elektrizität, Banken, Post, Samurdhi, Entwicklungshelfer:innen und Arbeiter:innen an dem Streik beteiligen. Eine von den streikenden Gewerkschaften organisierte massive Protest- und Kundgebung soll morgen um 12 Uhr vor dem Fort-Bahnhof stattfinden. Darüber hinaus planen die streikenden Gewerkschaften einen Marsch von mehreren Orten aus (…) um sich dem Protest anzuschließen. Die Lanka Private Bus Owners‘ Association (LPBOA) und die Inter Provincial Private Bus Owners‘ Association (IPPBOA) erklärten unterdessen, sie hätten noch keine Entscheidung über die Teilnahme an den heutigen Streiks getroffen. Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben jedoch beschlossen, sich zur Unterstützung des heutigen Streiks aus allen Diensten zurückzuziehen, sagte der Generalsekretär der All Ceylon Transport Workers‘ Union (ACTWU), Sepala Liyanage. Der stellvertretende Generaldirektor des Sri Lanka Transport Board (SLTB), A. H. Panduka, sagte, drei der sieben SLTB-Gewerkschaften unterstützten den Streik.“ Artikel von Chaturanga Samarawickrama auf Daily Mirror vom 28. April 2022 externer Link („More than thousand trade unions join for strike today”).

    • Laut Srinath Perera von der United Socialist Party war der Massenstreik am 28. April 2022 einer der größten in der Geschichte des Landes. (Artikel vom 29. April 2022 auf Socialistparty.org externer Link: „Sri Lanka erupts – Biggest ever workers’ protest in history“): „Zehntausende von Arbeitnehmer:innen in ganz Sri Lanka traten am Donnerstag, den 28. April, in den Streik. Sie forderten den Rücktritt des korrupten Präsidenten des Landes und der von seiner Familie geführten Regierung, die zu der gegenwärtigen Katastrophe geführt hat, in der die Arbeitnehmer:innen und die Armen nicht einmal die Grundbedürfnisse des Lebens befriedigen können. Der Streik wurde von dem neu gegründeten Kollektiv der Gewerkschaften und Massenorganisationen [UTUMO] ausgerufen. Er wurde sehr positiv aufgegriffen, auch von Gewerkschaften, die diesem Kollektiv nicht angehören, und er wurde von der breiten Öffentlichkeit mit großer Begeisterung aufgenommen. Die Beschäftigten der Eisenbahnen und Häfen, der Banken, der Post- und Telekommunikationsdienste, der Auswanderungs- und Einwanderungsbehörden, der Schulen und Universitäten und vieler anderer Bereiche legten die Arbeit in einem eintägigen Generalstreik nieder. Die meisten öffentlichen Dienste waren komplett geschlossen, da die Arbeitnehmer:innen die Gelegenheit hatten, ihre Wut und ihren Abscheu über diese feudale Art der Familienherrschaft der Rajapaksas zum Ausdruck zu bringen. (…) Tausende von Jugendlichen und anderen Menschen haben sich an einem beispiellosen Dauerprotest vor dem Amtssitz des Präsidenten in der Hauptstadt Colombo beteiligt. Seit dem 9. April blockieren sie dessen Eingang und fordern den Rücktritt des Präsidenten und seines Regimes und erhalten von Tag zu Tag mehr öffentliche Unterstützung. Offiziellen Angaben zufolge liegt die Inflation bei 29 %, aber fast alle anderen Wirtschaftswissenschaftler:innen weisen diese Zahl zurück und verweisen darauf, dass die Inflation die 100 %-Marke überschritten hat. (…) Zehntausende von Arbeiter:innen machten sich auf den Weg zum Hauptbahnhof in Colombo und liefen bei sengender Hitze zu dem Ort, an dem die Jugend protestiert hatte. Sie wurden von den dort versammelten jungen Menschen und anderen Massen begeistert empfangen. Gewerkschaftsführer wandten sich an die Öffentlichkeit und erklärten, dass sie diesen Kampf so lange fortsetzen würden, bis dieses Regime zurücktritt und alle von der korrupten Clique geraubten öffentlichen Gelder in die öffentlichen Kassen zurückfließen. (…) Ähnliche Protestkundgebungen und Demonstrationen fanden in vielen anderen Teilen des Landes statt, und Tausende von Teeplantagenarbeitern tamilischer und indischer Herkunft in den zentralen Hügeln schlossen sich ebenfalls dem Streik an. In mehreren Städten, darunter Nuwara Eliya und Hatton, fanden Protestaktionen statt, und die örtlichen Geschäfte wurden geschlossen…“
    • Für den 29. April 2022 riefen die Kolleg:innen der IT Branche zum Streik auf: Genug ist genug! IT-Profis protestieren an diesem Freitag, den 29. April. Bitte schließt euch zahlreich an, um sich mit Menschen in #SriLanka solidarisch zu zeigen…“, schreibt Harsha Purasinghe am 25. April 2022 auf Twitter externer Link (engl.).
  • Wirtschaftskrise und Aufruhr in Sri Lanka: Der südasiatische Inselstaat wird seit Wochen von massiven Protesten durchgeschüttelt
    „Seit Anfang April gibt es ein Protest-Camp vor dem Sitz des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa. Am Sonntag demonstrierten Tausende Studierende vor dem Wohnhaus seines älteren Bruders, Mahinda Rajapaksa, und forderten dessen Rücktritt. Der Bruder ist nämlich der Premierminister. Der Aufmarsch blieb verhältnismäßig friedlich, schreibt die in Hongkong erscheinende South China Morning Post. Bei früheren Protesten war ein Demonstrant von einem Polizisten erschossen worden. Inzwischen bröckelt auch der Zusammenhalt im Regierungslager, wie der Sender al-Jazeera berichtet. Einige Minister unterstützen die Demonstrationen inzwischen offen, und Präsident Gotabaya Rajapaksa, der von den Demonstranten ebenfalls zum Rücktritt aufgefordert wird, scheint über eine Übergangsregierung nachzudenken. Vor kurzem hatte er bereits zwei weitere seiner Brüder und einen Neffen von ihren Ministerposten entlassen müssen. (…)Der Unmut der Studierenden und sehr vieler anderer Bürgerinnen und Bürger entzündet sich an der prekären Wirtschaftslage, in der sich viele kaum noch ausreichend Lebensmittel leisten können. Die Inflation galoppiert, Kraftstoff gibt es nur noch in homöopathischen Dosen und der Strom wird immer wieder stundenlang abgeschaltet. Elektrische Energie muss derzeit zu einem erheblichen Teil mit importiertem Schweröl und ebenfalls eingeführter Kohle produziert werden. Zu allem Überfluss herrscht nämlich noch Trockenzeit, und die Speicher der Wasserkraftwerke geben nicht mehr viel her. (…) Würde der Strom mit Solar- und Windkraftanlagen produziert, könnte auf die derzeit sehr teure Kohle und Erdölimporte verzichtet werden. Das wäre nicht nur fürs Klima, sondern auch für Sri Lankas Volkswirtschaft besser. Hintergrund der Misere ist ein akuter Mangel an Devisen. Am Montag letzter Woche konnte das Land erstmalig in seiner Geschichte eine Ratenzahlung für einen Auslandskredit nicht bedienen. Mit Indien, China und dem Internationalen Währungsfonds laufen daher Verhandlungen über Kredite, die eine Umschuldung erlauben würden….“ Beitrag von Wolfgang Pomrehn vom 26. April 2022 bei Telepolis externer Link
  • Sri Lanka am Abgrund. Die Regierung in Colombo gerät zunehmend unter Druck der revoltierenden Massen in allen Landesteilen  Massenproteste landesweit: Das Geschwisterpaar an der Regierung des Inselstaates im Indischen Ozean gerät immer stärker und auch persönlich ins Visier aufgebrachter und verzweifelter Einwohner, die unter der Wirtschaftskrise leiden. Seit einigen Tagen ist Sri Lankas zugespitzte wirtschaftliche Krise auch zu einer politischen geworden. Für Präsident Gotabaya Rajapaksa und seine Verwandten, die die Regierung bisher familienintern kontrollierten, wird die Luft immer dünner. (…) Selbst in den schlimmsten Phasen dieser Auseinandersetzungen lag Sri Lanka aber wirtschaftlich nicht so am Boden wie in den vergangenen Monaten. Es ist die schlimmste ökonomische Krise seit der Unabhängigkeit 1948, sind sich die Experten einig. Menschenschlangen bilden sich vor Tankstellen, in denen kaum ein Tropfen Benzin mehr zu haben ist; in den Geschäften sind viele Produkte des täglichen Bedarfs für normale Bürger längst unbezahlbar geworden – so sie überhaupt noch erhältlich sind. Die Inflation erreichte im März mit 18,7 Prozent einen neuen Rekordwert, bei vielen Nahrungsgütern liegen die Teuerungsraten sogar bei 30 Prozent. Viele Betriebe können kaum noch produzieren, in den Krankenhäusern gehen auch lebenswichtige Medikamente aus. Über Monate sind die letzten Devisenreserven des Staates auf ein Minimum zusammengeschmolzen; damit wird vor allem der Schuldendienst bedient, allein 6,9 Milliarden Dollar für das Jahr 2022. Die Preisexplosionen und Engpässe treffen die singhalesisch-buddhistische Bevölkerungsmehrheit ebenso wie Muslime, Christen und Tamilen gleichermaßen. Indien hat gerade im Rahmen eines neuen bilateralen Kredits von einer Milliarde Dollar mehrere Schiffsladungen Reis und Kraftstoff geliefert, kann aber die katastrophale Versorgungslage, bei der selbst Papier für die Schulprüfungen fehlt, kaum spürbar verbessern. Und es sind schon regelrechte Hunger-Proteste, die am letzten Märztag eskalierten, als regierungskritische Demonstrierende und Sicherheitskräfte vor der Privatresidenz des Präsidenten gewaltsam aneinandergerieten. Reporter wurden an freier Berichterstattung gehindert. (…) Zuletzt fanden landesweit mehr als 100 Demonstrationen und Kundgebungen statt. Der versuchte Befreiungsschlag durch einen Rücktritt des gesamten Kabinetts am Dienstag vergangener Woche funktionierte nicht, zumal mit der Regierungsneubildung teilweise nur Namen und Posten getauscht wurden…“ Artikel von Thomas Berger vom 11.04.2022 im ND online externer Link
  • Frühling in Sri Lanka?
    Die Frage ob es in Sri Lanka zu einem vergleichbaren politischen Frühling wie in arabischen oder Lateinamerikanischen Staaten kommen könnte, stellt sich medico international am 3. April 2022 externer Link: „… Explosiv ist die Stimmung in Sri Lanka seit rund sechs Wochen schon: kein Tag ohne massive Proteste gegen die Regierung der Rajapaksa-Familie. Höhepunkt bisher war die Belagerung der Privatresidenz des Präsidenten Gotabaya Rajapaksa durch Hunderte von Demonstrant*innen am 1. April, die erst durch massive Gewalt der Sicherheitskräfte zerstreut werden konnten – und sich auch nicht ohne militante Gegenwehr zerstreuen ließen. In einer unerhörten symbolischen Aktion erschienen zu einem Eilverfahren gegen 50 Inhaftierte spontan über 400 Anwält*innen, um den Angeklagten juristisch beizustehen. Die Richter mussten die Hälfte der Angeklagten freigelassen, die anderen müssen notgedrungen bleiben, weil sie von der Polizei so schwer verletzt wurden, dass sie im Krankenhaus liegen. Zum heutigen Sonntag waren dann weitere landesweite Massenproteste angekündigt, geplant und verabredet in den sozialen Netzwerken zumindest ohne kenntlich werdende politische Führung. (…) Was die Proteste auf Sri Lanka mit den globalen Aufstandsbewegungen der letzten Jahre vergleichbar macht, ist ihre Unabhängigkeit auch gegenüber den Parteien der Opposition einschließlich denen der Linken. Es ist die Jugend und es sind die Armen, die auf die Straße gehen, verstärkt durch Angehörige der Mittelklasse. Politisch ungebunden und meist auch unerfahren, eint sie ein ebenso klares wie schlichtes Ziel: „Gota, go home!“ (Anspielung auch auf den Umstand, dass der Präsident neben seinem srilankischen über einen amerikanischen Pass verfügt). Der Einigkeit im Negativen aber entspricht keine Einigkeit im Programmatischen: die Rajapaksa-Familie soll weg, das Leben soll wieder gelebt werden können. Weil das so ist, kann aktuell kaum ausgemacht werden, was jetzt kommt. Die für heute vorgesehenen Massenproteste finden nicht statt. Die Regierung hat gerade das Internet verlangsamt und die meisten sozialen Netzwerke (bis auf Signal) abgeschaltet. Bis auf weiteres fehlen die Orte, sich zu versammeln und zu beraten. Zugleich drohen gleich zwei konterrevolutionäre Optionen: der entschiedene Wille der Rajapaksas, um jeden Preis an der Macht zu bleiben, und die Möglichkeit eines Militärputsches, der die Familie stürzen würde, um die herrschende Ordnung zu retten…“
  • Drohende Gefahr von Hungersnot in Sri Lanka könnte Revolution heraufbeschwören, vor Monaten noch undenkbar
    „In Sri Lanka droht der 22 Millionen Einwohner:innen zählenden Bevölkerung der Hungertod, da sich die Wirtschaftskrise im Land weiter verschärft und Lebensmittel immer knapper werden, warnte ein hochrangiger Politiker. In einer Parlamentsdebatte, die vor dem Hintergrund der schlimmsten Finanzkrise seit der Unabhängigkeit des Landes und der sich im ganzen Land ausbreitenden regierungsfeindlichen Proteste stattfand, warnte der Parlamentssprecher Mahinda Yapa Abeywardana, dass dies ‚erst der Anfang‘ sei. ‚Die Lebensmittel-, Gas- und Stromknappheit wird sich weiter verschärfen. Es wird zu einer akuten Lebensmittelknappheit und zu Hungersnöten kommen‘, sagte Abeywardana vor dem Parlament. Der wirtschaftliche Zusammenbruch in Sri Lanka spitzte sich am Mittwoch zu, als die srilankische Rupie abstürzte und sich zur weltweit am schlechtesten abschneidenden Währung entwickelte. Staatsanleihen in Dollar fielen und wurden auf einem sehr schlechten Niveau gehandelt, während der Aktienmarkt um weitere 2 % fiel. (…) Viele sehen in den Protesten den Beginn einer vom Volk geführten Revolution auf den Straßen Sri Lankas, die einen vollständigen Regimewechsel und die wirtschaftliche Emanzipation des Landes fordert. Noch vor wenigen Monaten wäre eine solche Herausforderung für das Rajapaksa-Regime undenkbar gewesen, da der starke Präsident in der buddhistischen singhalesischen Bevölkerungsmehrheit eine breite Unterstützung genoss…“ Artikel von Hannah Ellis-Petersen im Guardian vom 6. April 2022 externer Link (engl.)
  • Regierungskabinett tritt aufgrund anhaltender Proteste zurück
    Thomas Berger schreibt in der jungen Welt am 4. April 2022 in „Nicht alles neu in Sri Lanka“ externer Link: „… Am Montag versuchte die politische Führung, mit dem Rücktritt des gesamten Kabinetts zumindest ein wenig Druck aus dem Kessel zu nehmen. Ausgenommen war lediglich Premierminister Mahinda Rajapaksa, selbst Expräsident und älterer Bruder des heutigen Staatschefs Gotabaya Rajapaksa, der zuletzt immer stärker direkt unter Druck geraten war. Am Freitag abend hatte er den Notstand verhängt. Die über das Wochenende geltende Ausgangssperre wurde aber vielerorts gebrochen. Nicht nur in Colombo, auch in anderen Städten waren vor allem Studierende auf den Straßen. Die Demonstrierenden wollen sich nicht mit einer Interimslösung samt einiger neuer Köpfe zufriedengeben. Einer derjenigen, die gehen mussten, war Finanzminister Basil Rajapaksa, ein weiterer Bruder des Familienclans. Geplant war eine Reise Basils in die USA, um mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein mögliches Hilfspaket zur Überwindung der Wirtschaftskrise zu sprechen, wie die indische Agentur PTI berichtete. Er soll im Zentrum eines Streits innerhalb der regierenden Koalition Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) gestanden haben – mindestens zwei Minister seien im vergangenen Monat aus dem Kabinett entlassen worden, weil sie Basil öffentlich kritisiert hatten. Sein Nachfolger soll nun der bisherige Justizminister Ali Sabry werden. Ebenfalls von seinem Posten zurück trat am Montag der Gouverneur der Zentralbank von Sri Lanka, Ajith Nivard Cabraal. Er hatte sich gegen eine Finanzhilfe des IWF im Austausch für Strukturanpassungsprogramme gestellt …“
  • Siehe für aktuelle Berichte #GoHomeGota #SriLankaCrisis #GoHomeRajapakshas
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=199591
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