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Guggenheim Museum in Bilbao: Seit dem 11. Juni 2021 streiken die ReinigungsarbeiterInnen gegen das Lohngefälle

Dossier

Guggenheim Museum in Bilbao: Seit dem 11. Juni 2021 streiken die ReinigungsarbeiterInnen gegen das LohngefälleNach mehr als 200 Tagen geht der Streik auch 2022 weiter. Auslöser des Streiks der kleinen Belegschaft von 19 Kolleg*innen, davon 14 Frauen, war das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen in der Branche. Der Lohn laut dem Tarifvertrag für die Straßenreinigung, in der mehrheitlich Männer arbeiten, ist fast doppelt so hoch wie der in der Gebäudereinigung, die hauptsächlich von Frauen gemacht wird. Die Differenz beträgt pro Jahr 7941 Euro. Die Putzarbeit im Museum ist seit mehr als 20 Jahren ausgelagert, zurzeit an das Unternehmen Ferrovial, das nicht auf die Forderung reagiert. Obwohl es sich um ein privat betriebenes Museum handelt, hat die Stadtverwaltung Arbeiter*innen aus dem öffentlichen Dienst für die Reinigung des Museums abgestellt. Eine Klage der Streikenden gegen die Firma Ferrovial, die drei Arbeiter*innen als Streikbrecher*innen eingestellt hatte, wurde abgewiesen. Die Verhandlungsrunden zwischen dem Unternehmen, der baskischen Regierung und der baskischen Gewerkschaft ELA, die den Streik unterstützt (auch finanziell), hatten bisher kein Ergebnis. „Nachdem wir wegen des Lohngefälles rausgegangen sind, ist es auch in anderen Betrieben aus dem gleichen Grund zu Konflikten gekommen. Das macht uns sehr stolz. Wir fordern nicht nur eine Lohnerhöhung, sondern eine Gleichheit, die die Unternehmen nicht anerkennen wollen. Und das ist eine politische Frage…“ Siehe eine Materialsammlung zum Kampf zusammengestellt und übersetzt von Alix Arnold am 3.1.2022 – wir danken – und die weitere Entwicklung:

  • Putzstreik im Guggenheim Museum nach neun Monaten erfolgreich beendet New
    Nach 284 Streiktagen endete am 21. März 2022 der Putzstreik im Museum Guggenheim in Bilbao. Die 13 streikenden Reinigungsarbeiterinnen konnten ihre Forderungen gegenüber der Putzfirma Ferrovial durchsetzen. Ihr Lohn wird bis 2024 um 20 Prozent erhöht, um 250 € monatlich. Der Jahresbruttolohn liegt dann bei 23500 €. Das Lohngefälle gegenüber den männlichen Kollegen ist damit verringert, aber nicht beseitigt. Die Gewerkschaft ELA kündigt an, dass es ab 2025 weitere Aktionen gegen das Lohngefälle geben könne.
    Außerdem bekommen die drei Kolleginnen mit Teilzeitverträgen wie gewünscht Vollzeitverträge. Auch bei weiteren Einstellungen soll es Vollzeitverträge geben. Die betroffenen Kolleginnen freuen sich nicht nur über den zusätzlichen Lohn, sondern auch über die Entlastung für die Kolleg:innen, die diese Stundenerhöhung bedeutet. Außerdem wurde wegen der Beschwerden der Kolleg:innen über zu hohe Arbeitsbelastung mit der Firma über eine Arbeits- und Personalbemessung verhandelt. Auch in Bezug auf Urlaub und Pausen wurden Verbesserungen ausgehandelt.
    „Wir sind zufrieden, wir haben erreicht, was wir schon nicht mehr erwartet hatten: dass alle Arbeiterinnen Vollzeitverträge bekommen, die jetzigen wie auch die in Zukunft eingestellten.“ Die Streikmonate „waren hart, aber es hat sich gelohnt“, erklärte Carmen Casas, eine der Streikenden. Auch die Gewerkschaft ELA wertet das Ergebnis als „sehr positiv“, da es gemeinsam mit anderen Streiks dazu diene, die Bedingungen im Putzsektor insgesamt zu verbessern.
    Die Arbeiterinnen feierten den Erfolg auf einer Pressekonferenz mit Sekt, tanzten zum letzten Mal auf den Vals del Obrero (Arbeiterwalzer) der Skapunkband SKA-P, der sie all die Monate begleitet hatte, und gaben den Staffelstab weiter an die Reinigungsarbeiterinnen der Gerichtsgebäude in Bilbao, die ebenfalls gegen das Lohngefälle streiken.
    Quellen:

  • Die Informationen im Anreisser beruhen auf dem (span.) Artikel von Cynthia Luz Burgueño vom 28.12.2021 in izquierda diario externer Link: A 200 días de huelga: “Los baños del Guggenheim se limpian con brecha salarial” (200 Tage nach Beginn des Streiks: „Die Guggenheim-Toiletten werden mit einem Lohngefälle gereinigt“)
  • Twitter-Account der Streikenden externer Link
  • Ein Ende des Lohngefälles, anständige Löhne, volle Arbeitstage, Betriebsvereinbarung
    Auch die Guggenheim-Toiletten werden mit einem Lohngefälle gereinigt
    Die Reinigungskräfte des Guggenheim-Museums streiken: Sie fordern die Anerkennung des Lohngefälles und die Anwendung des Tarifvertrags für die Straßenreinigung auf sie, um aus einer dauerhaften Situation der Arbeitsplatzunsicherheit herauszukommen. Sie befinden sich seit 65 Tagen in einem unbefristeten Streik.
    Kundgebung vor dem Guggenheim-Museum in Bilbao, um die prekäre Situation der dort Beschäftigten anzuprangern. Nichts definiert ein Unternehmen besser als seine Lohnpolitik. Susana Marcos, eine streikende Reinigungskraft im Guggenheim-Museum in Bilbao, sagt: „Am 8. März reden sie von Gleichheit, aber was wir hier jeden Tag haben, ist ein Lohngefälle“…“ Aus der (span.) Petition der Streikenden bei change.org externer Link
  • Wir Reinigungsarbeiterinnen und –arbeiter des Museum Guggenheim fordern die Beseitigung des existierenden Lohngefälles sowie eine Verbesserung von Löhnen und Arbeitsbedingungen
    „… Wieder einmal sind die feminisierten Arbeiten die prekärsten. Die meisten von uns in der Belegschaft sind Frauen, viele von uns arbeiten seit 20 Jahren im Museum. Der Durchschnittslohn einer Teilzeitarbeiterin liegt bei rund 600 Euro im Monat, und bei Vollzeitarbeit beträgt der Lohn weniger als 16000 Euro pro Jahr. Von so einem prekären Lohn kann niemand leben.
    Wenn wir diese Löhne mit denen des Personals der Straßenreinigung, das mehrheitlich aus Männern besteht, vergleichen, zeigt sich das Lohngefälle. Die Differenz beträgt jährlich 7941 Euro, das Gefälle liegt damit bei 49,81 Prozent. Das bedeutet, dass Männer fast das Doppelte verdienen.
    Um Kosten zu sparen und mehr zu verdienen wird weniger Personal als nötig eingestellt und wir arbeiten mehr als die vereinbarten Stunden, mit unmöglichen Schichten, die sich nicht mit dem Familienleben in Einklang bringen lassen.
    Wir Arbeiter*innen haben versucht, mit dem Museum und dem beauftragten Unternehmen zu verhandeln, aber weder das Guggenheim von Bilbao, noch das Unternehmen Ferrovial Servicios erkennen das Lohngefälle an, und sie weigern sich die Löhne und Bedingungen zu verbessern. Das Museum Guggenheim wäscht die Hände in Unschuld und behauptet, keinerlei Verantwortung zu haben. Deshalb haben wir Arbeiter*innen entschieden, nicht länger zu schweigen und in den Streik zu treten. Wir wollen unsere Situation öffentlich machen, und wir wollen würdige Arbeitsbedingungen…“ Übersetzung aus der Streikerklärung im Blog osoigo.com externer Link
  • Die streikende Reinigungsarbeiterin Susana Marcos aus dem Museum Guggenheim erklärt, dass es zwei Lohngefälle gibt, ein großes und ein kleines:
    „… Die Reinigungsbelegschaft besteht aus 15 Frauen und vier Männern, darunter zwei Vorarbeiter*innen. Nur ein Vorarbeiter und zwei Arbeiterinnen beteiligen sich nicht am Streik. Der Betriebsrat wird nur von ELA gestellt. Diese Gewerkschaft ist für ihre Streikkasse bekannt und hat lange Streiks wie den mehr als zwei Jahre andauernden Streik in den Altenheimen unterstützt. Der Streik im Guggenheim ist unbefristet.
    Das Streikkomitee möchte zwei Dinge erreichen: Dass das Unternehmen das Lohngefälle anerkennt und den Lohn an den Tarifvertrag der Straßenreinigung anpasst, der üblicherweise für Männer im Putzgewerbe gilt. Der Durchschnittslohn der Arbeiterinnen im Guggenheim liegt bei 15943 Euro, bei der Straßenreinigung sind es 23884 Euro, ohne Nacht- und Gefahrenzulagen. Abgesehen von dem Lohngefälle sind die drei Teilzeitbeschäftigten in der Belegschaft Frauen, wie Susana Marcos, deren Lohn bei 20 Wochenstunden (Vollzeit sind 35 Stunden) bei weniger als 630 Euro liegt. Diejenigen, die etwa 2000 Euro pro Jahr mehr verdienen, sind die vier männlichen Kollegen, die sich ebenfalls am Streik beteiligen. Sie bekommen Zuschläge für die maschinelle Reinigung der Außenwände aus Titan und Stein. „Dann sollen sie uns eben auch beibringen, mit den Maschinen zu arbeiten“, fordert Susana Marcos.
    Einer von ihnen ist Juan Manuel Lago. „Unser Lohn ist auch sehr prekär, deshalb sind wir hier und kämpfen zusammen, denn sonst hätte der Kampf nicht so viel Kraft.“ Lago arbeitet seit 16 Jahren im Betrieb und verdient inklusive der Zuschläge für Betriebsangehörigkeit 1210 Euro in einem Monat mit 31 Tagen. Bei einem Treffen bot das Unternehmen ihnen 20 Euro monatlich mehr an sowie jedes Jahr eine kostenlose Untersuchung beim Urologen. „Die machen sich über uns lustig.“…“ Aus dem (span.) Artikel von Gessamí Forner vom 14. August 2021 in elsaltodiario.com externer Link („Los baños del Guggenheim también se limpian con brecha salarial“)
  • Sind die streikenden Frauen die Vorbotinnen eines neuen Klassenfeminismus?
    Josefina L. Martinez sieht in ihrem (span.) Artikel vom 17.12.21 bei CTXT externer Link in den Streiks der Arbeiterinnen von Tubacex (https://www.labournet.de/?p=186914), in der ambulanten Pflege SAD (https://www.labournet.de/?p=193382) und im Museum Guggenheim eine globale Tendenz zu neuen Formen der Selbstorganisierung. Zu den Streikenden im Guggenheim-Museum schreibt sie:
    Die Unsichtbaren streiken. In ihrem Protest kommen Gender und Klasse zusammen. „Wir kämpfen für eine Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen, die prekär sind. Die Arbeitsbelastungen sind 2020 aufgrund der Pandemie gestiegen. Es gab keinen Ersatz für die Krankgeschriebenen und von Teilzeit können wir nicht leben“, erklärt Carmen, eine der Streikenden.
    Dieser Streik ist gleichzeitig ein Arbeitskampf und ein feministischer Kampf, weil die Arbeiterinnen gegen das Lohngefälle in dieser Branche kämpfen. Das multinationale Unternehmen Ferrovial betreibt das ausgelagerte Reinigungsgeschäft in dem berühmten Gebäude. Das ermöglicht es der Museumsleitung und der lokalen Verwaltung, die Arbeiterinnen einfach zu übergehen. „Die Museumsleitung will von alledem nichts wissen. Sie sagt uns, wir sollen das mit Ferrovial verhandeln, mit dem Subunternehmen, für das wir arbeiten. Und Ferrovial macht nur lächerliche Angebote. Die Gemeinde Bilbao und die baskische Regierung sind Förderer des Museums, aber wir sind ihnen nur lästig.“
    Die Pandemie hat die Prekarität für die ganze Arbeiter*innenklasse verschärft, besonders für die prekärsten Bereiche, für Frauen, Migrant*innen und Jugendliche. In den letzten Jahren haben wir große Proteste und Mobilisierungen der Frauenbewegung erlebt. Und wenn wir den Fokus auf die Intersektionalität zwischen Gender und Klasse richten, sehen wir verschiedene Kollektive von Arbeiterinnen die sich an den Streiks am 8. März beteiligt haben, im Spanischen Staat, in Frankreich, Italien, Argentinien, Chile und anderen Ländern. Die Arbeiterinnen haben die Verbindungen entdeckt zwischen dem Kampf gegen genderspezifische Gewalt und dem Kampf gegen die Prekarität, gegen den Machismus und sexuellen Missbrauch bei der Arbeit, für das Recht auf Wohnraum und gegen den institutionellen Rassismus…“
  • Siehe auch die Website der baskischen Gewerkschaft ELA externer Link und dort:
  • Guggenheim Museum: Ungleichheit ist billig und verlockend
    Während der Reinigungsdienst des Guggenheim-Museums in Bilbao mit Unterstützung der ELA weiter streikt, sind mehrere Nachrichten ans Licht gekommen, die die Schwächen und Ungleichheiten des Museums aufzeigen…“ (span.) Beitrag vom 07.07.2021 externer Link

Siehe auch unser Dossier: Nach Barcelona wird auch auf Ibiza und Formentera gestreikt: Reinigungsfrauen in Hotels – „die Kellys“ – machen mobil

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=196582
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